Szenen sanfter Ausgewogenheit
Ein stiller Beobachter nähert sich in der nötigen Distanz den Menschen.
► von Thomas Eblen
Thomas Eblen, der Dichter aus der Isolierstation, zeigt hier Situationen, denen Menschen ausgesetzt sind und denen sie manchmal berechnend, oft aber nur hilflos gegenüber stehen. Es geht um das Bewahren und Festhalten, um Veränderung und die innere Leere, die dazu führt, dass sich Menschen in unserer Angestelltengesellschaft nur noch verhalten. Sie werden nie zur Person. Am Ende steht noch ein sehr dichter Text — zugegeben eine Zumutung — als Ausklang gedacht.
1
Eilenden Schrittes ging er davon. Er hatte gerade telefoniert und erfahren, dass man ihm kündigen wollte. Vierzig Jahre Arbeit lag hinter ihm, hatte ihn geprägt, seinen Körper in Form gebracht, seine Gedanken an den Vorgaben der Firma geschliffen und gespitzt. Nun war es zu Ende. Was ihm sofort einfiel, war, sich auf den Weg zu machen. Er wollte in Bewegung sein, obwohl er sonst ein recht träger Mensch war, seine Frau ihn immer anstoßen musste, damit er sich aus seinem Sessel bequemte.
Doch auf einmal drängte es ihn, Menschen zu sehen, Gebäude, Straßen und vorbeifahrende Autos. Es musste Lärm herrschen und ihm über den Kopf wachsen. Damit das WARUM, das in ihm kreiste wie ein glitzernder Planet, nicht aufbrach, sich ihm gegenüber positionierte und sein ganzes Leben infrage stellte. Ein innerer, fast porös gewordener Zweifel hatte schon immer in ihm genagt. Doch die Zeit, die Notwendigkeit, die Frau und die Kinder wirkten wie Seile, die, um seinen Körper gebunden, ihn am Sprung hinderten. Er wusste zugleich, dass dies nur eine faule Ausrede war. Sie schützte ihn, war ein Gefühl, das sich zwischen fast jedes Wort gedrängt hatte, das er sagte.