Religion und absolute Wahrheitsansprüche

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Peter Weber
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Religion und absolute Wahrheitsansprüche
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Religion und absolute Wahrheitsansprüche

Dieser Beitrag ist ursprünglich eine Anwort auf einen Kommentar eines Users zu dieser Thematik. Da dieses Thema aber für mich von solch grundlegender Bedeutung ist, poste ich es an dieser Stelle nochmals:

Lieber .....,

es freut mich, daß Du Dich in unser Forum eingeloggt und einen Beitrag geschrieben hast. An dieser Stelle halte ich es aber aufgrund Deiner etwas eng ausgerichteten religiösen Einstellung für angebracht und nötig, daß ich auf die Prinzipien in diesem Forum hinweise. Für mich und die Macher dieses Forums gibt es  übergeordnete Prinzipien, die da lauten:

  • Ansprüche auf die alleinige Wahrheit gibt es nicht
  • Wahrheiten sind immer relativ und subjektiv, gelten also (wenn überhaupt) nur aus der subjektiven Sicht des einzelnen
  • religiöse Alleinvertretungsansprüche von institutionellen Religionen oder aus Einzelperspektiven lehnen wir grundsätzlich als demokratiefeindlich ab
  • fundamentalistische und kreationistische Ansätze halten wir für gefährlich
  • verbreitete sog. Wahrheiten sind dementsprechend nur persönliche Meinungen, über die diskutiert werden muß, wenn sie nicht total gegen humanistischen Ethos sowie die natürlichen Kreisläufe gerichtet sind
  • sollte es keinen Konsens geben, so muß das akzeptiert werden , denn die Welt besteht in der Regel aus Gegensätzen, die nicht bekämpft sondern integriert werden sollen
  • in letzter Konsequenz hat aber immer der Admin Recht (ha ha ha). Anmerkung: ich bin - leider - kein Admin mehr.

Helmut und ich vertreten die Ansichten eines evolutionären Humanismus, wobei ich den Elementen des Spirituellen mehr Bedeutung zumesse als er. Institutionellen Religionen gegenüber sind wir sehr kritisch eingestellt, und wir sind der unbedingten Meinung, daß Religion Privatsache bleiben muß. Das bedeutet, daß jeder seine persönliche Religion - sofern er eine besitzt - durchaus ausleben kann und darf, aber nur bis zu dem Punkt, wo er andere nicht damit beeinträchtigt.

Abschließend komme ich nicht umhin, noch ein paar grundsätzliche Dinge speziell zum Christentum und zur Bibel zu äußern - speziell hinsichtlich Deiner Ansichten dazu:

  • Die Bibel ist eine Mythologie wie die anderer Kulturen auch (nicht besser oder schlechter), deren Texte von sterblichen Menschen geschrieben wurde, die Irrtümern unterliegen können und die die Dinge aus subjektiver Sicht auf der Basis der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse geschildert haben. Diese Verhältnisse und die daraus abzuleitenden Konsequenzen sind in den wenigsten Fällen auf die heutige Zeit zu übertragen und nur teilweise zu transformieren.
  • Die Aussageverluste hinsichtlich des Inhaltes und Bedeutungen sind durch die vielfachen Übersetzungsprobleme und -fehler (die bewußt oder unbewußt  gemacht wurden) beträchtlich.
  • Wenn Menschen glauben machen wollen, daß sie im Namen Gottes sprechen, dann ist Vorsicht geboten, denn Menschen vertreten ihre eigenen Interessen und instrumentalisieren "Gottes Wort" meistens nur, um sich Vorteile zu verschaffen. Glaube ist Glaube und kein Wissen!
  • Besonders im Alten Testament gibt es große Widersprüche hinsichtlich eines friedvollen Zusammenlebens und der Toleranz anderen, andern Völkern und anderen Religionen gegenüber. Mord und Totschlag ziehen sich eigentlich wie ein roter Faden durch das AT.
  • Das offizielle römische Christentum bildet die Speerspitze der Heuchelei: Wasser predigen und Wein trinken! Mit seiner Heilsbotschaft und Vertröstungsstrategie auf das Glück im ewigen Leben hat das institutionelle Christentum sich immer mit den weltlichen Machthabern jeglicher Couleur verbunden mit dem Ziel, die Menschen zum eigenen Nutzen auszubeuten und ihnen dafür die kostenlosen Segnungen im Himmelreich zu versprechen.
  • Letztlich steht und stand seit jeher in Wirklichkeit hinter der Botschaft des offiziellen Christentums die Absicht, die Menschen unmündig und abhängig zu machen, damit die konzertierten kirchlichen und staatlichen Obrigkeiten ungestört vom Pöbel ihr Süppchen kochen können.
  • Die Saat des Christentums ist in den letzten 2000 Jahren weniger durch Menschlichkeit als durch (Völker-) Mord, Gewalt, psychische und physiche Gewaltanwenung, Vergewaltigung, Unterdrückung, Krieg, Hetze, Intolerenz, Haß und durch fundamentalisch-ideologisches Vorgehen gekennzeichnet. Insofern würde ich das Christentum als die größte Geißel der Menschheit bezeichnen und behaupte, daß die menschliche Gemeinschaft ohne diese imperialistische Institution besser gefahren wäre.
  • Fairerweise muß zugestehen, daß das Christentum dort, wo es sich sozialen Aufgaben im Interesse der Menschen gewidmet hat - besonders der Armen, Kranken und Hilflosen - sicher auch segensreich tätig war.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die einzig "wahren" Christen sind für mich diejenigen, die nicht christliche Werte predigen, sondern humanistische oder sozialistische Werte wie Liebe, Toleranz, Mitgefühl und Mitverantwortung in der Praxis leben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Menschen offiziell dem Christentum oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehören oder ob sie sogar Nicht- bzw. Atheisten sind. Nur mit solchen Menschen - über alle Grenzen hinweg - fühle ich mich verbunden.

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Christoph Messner
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Verbunden: 25.01.2011 - 11:28
Einteilung in kritische Denker und unkritische Nichtdenker?

Klingt alles sehr vernuenftig und kritisch denkfaehig, was Du da zum Thema Christentum und absolute Wahrheitsansprueche sagst, Peter. Ein Hoch auf den aufgeklaerten Geist, der auf keine Dogmatik mehr hereinfaellt und engstirnige Glaubensritter trotzdem noch milde behandeln und zum Essen einladen kann! Ich frage mich aber nun, ob hier auf dem Forum also nur solchermassen kritische, meta-religioes denkfaehige Leute schreiben koennen, oder ob auch dogmatische Positionen Platz haben. Vieles nehmen ja die Deutschen oft zu kritisch und manchmal ist unkritisches Nichtdenken auch mal die beste Anwort auf all das Chaos und die Meinungsmache in dieser Welt, nicht wahr? Weitergefragt: was ist eigentlich ein "kritisches" Netzwerk"?

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Ein Hoch auf die Toleranz

Was ist eigentlich das Kritische Netzwerk? Eine gute Frage - unsere Ansprüche sind ja auf der Startseite formuliert. Aber bekanntlich kann es zugegebenermaßen zwischen Anspruch und Wirklichkeit Diskrepanzen geben. Auf der einen Seite muß man als Admin eine Kontroll- und Filterfunktion ausüben, was nicht zur Gesichtskontrolle ausarten sollte, auf der anderen Seite gehe ich als Kommentator das Risiko ein, daß ich - zumindest mit provokativen Thesen - als intolerant und überheblich bezeichnet werde. Aber damit kann und will ich leben.

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