ACTA und Fiskalvertrag / ESM - eine kritische Analyse

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ACTA und Fiskalvertrag / ESM - eine kritische Analyse
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ACTA und Fiskalvertrag / ESM - eine kritische Analyse


Die beiden Vertragswerke ACTA und Fiskalvertrag / ESM möchten wir in einer Abhandlung zusammenfassen. Bei beiden besteht zumindest die Gefahr, daß demokratische Prinzipien ausgehebelt und nationalstaatliche Souveränitäten abgebaut werden. Während jedoch bei ACTA die Auswirkungen noch nicht so akut sind, haben wir es bei dem Fiskalvertrag und bei ESM schon mit einem von den Regierungen bereits beschlossenen bedrohlichen Vertragswerk zu tun, das nur noch durch die Parlamente abgesegnet werden muß.

A.    ACTA-Abkommen

Über ACTA wurde in den letzten Tagen in praktisch jedem Medium berichtet, die Proteste und Demos häufen sich. Die ACTA-Kritik schlägt hohe Wellen, was zum Teil auch berechtigt ist. Trotzdem ist eine gewisse Skepsis gegenüber dem Tenor angebracht, denn es ist auffällig, daß sich kaum einer der Kritiker der Mühe unterzogen hat, den Originaltext einmal zu lesen und die davon real ausgehenden Gefahren auszufiltern und zu analysieren. Diesen kritischen Ansatz verdanke ich Helmut Schnug, meinem Kompagnon von KN, denn auch ich zählte anfangs zu den eher pauschalen Verurteilern. Wir haben uns daher vorgenommen, dieser Thematik mit gründlicher Recherche nachzuspüren und wollen uns damit auch bewußt von oberflächlicheren Berichterstattern unterscheiden.


Grundsätzlich möchte ich hinsichtlich der Kritik an ACTA auf meiner Ansicht wesentliche Unterschiede in der Qualität von Urheberrechten / Patenten hinweisen. Es existieren zum einen

  • die Rechte für geschriebenes Wort und Musik sowie allgemeine Patentrechte, die respektiert werden müssen – aber auch hier gibt es Grenzen, die nicht überschritten werden sollten. Was dies im einzelnen heißen soll, betrifft komplizierte ethische, eigentumsrechtliche und soziale Gesichtspunkte, die an dieser Stelle nicht diskutiert werden können. Im übrigen sind die Ausführungen dazu in den nationalen Gesetzwerken enthalten; und zum anderen
  • Patente auf Gentechnik und lebenswichtige Medikamente, bei denen die ethischen und sozialen Gesichtspunkte noch in verschärfter Form anzuwenden sind. Deshalb sollten die einzelnen nationalen Vorschriften dazu kritisch unter die Lupe genommen werden.

Man sollte also zunächst einmal auf dem Boden der Tatsachen bleiben und konstatieren, daß

  • das das Handelsübereinkommen ACTA inhaltlich durchaus rechtlich sinnvolle Maßgaben enthält
  • es erst einmal von den einzelnen Nationalstaaten ratifiziert werden muß, bevor es in Kraft tritt
  • die nationalen Gesetze Präferenz vor ACTA besitzen
  • es ein Kündigungsrecht mit relativ kurzer Übergangszeit sowie ein Änderungsrecht gibt
  • wir als Bürger und Öffentlichkeit nur darauf achten müssen, daß unsere Politiker und Parlamentarier nicht leichtfertig Grundgesetz oder andere Gesetze und Ausführungsbestimmungen zu unserem Nachteil und zu Gunsten weniger verändern.

Das ist die eigentliche Bedrohung, denn aus der Erfahrung wissen wir, daß die Politik keine Hemmungen besitzt, über die Köpfe der Bürger hinweg demokratische Grundwerte zu verraten und abzubauen!

 

Bevor ich jedoch die Details aus dem ACTA-Abkommen präsentieren, sollten wir uns zunächst einmal die Frage stellen: Was ist ACTA eigentlich? Dazu folgende 6 Fragestellungen:

 

1. Was heißt und bedeutet ACTA denn genau?

 

Es handelt sich um die Abkürzung für Anti-Counterfeiting-Trade-Agreement, was auf deutsch heißt: "Handelsabkommen zur Abwehr von Fälschungen". Es ist ein internationales Abkommen zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen, wobei es in der Sache darum geht, Produktpiraterie - auch im Internet - zu bekämpfen. Dadurch sollen Internetdokumente mit Urheberanspruch besser geschützt werden, also auch Filme und Musik. Daran hat vor allem die Unterhaltungsindustrie und natürlich auch die Mainstreampresse ein großes Interesse.

 

2. Handelt es sich dabei um einen Kampf gegen Piraterie oder Zensur?

 

Der Sturm im Netz gegen SOPA und PIPA, die kritisierten Anti-Piraterie-Gesetze in den USA, war derart heftig, daß sie derzeit keine Mehrheiten finden können. Wikipedia und Google z. B. haben sich dagegen stark gemacht. Weitgehend unbemerkt wurde dagegen das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA unterzeichnet, wohl deswegen, weil die Verhandlungen im Geheimen stattfanden. Erst die Proteste in Polen rückten das Vorhaben ins Bewußtsein einer breiten Öffentlichkeit. Nach heftigen Protesten hat die polnische Regierung die Ratifizierung übrigens in den letzten Tagen ausgesetzt. Der Grund: Netznutzer seien bisher nicht zu Wort gekommen.


3. Welche Konsequenzen könnten sich aus der Anwendung von ACTA ergeben?


Beabsichtigt ist, daß Internetprovider dafür haftbar gemacht werden können, wenn ihre Kunden Verstöße gegen das Urheberrecht begehen - also etwa Filme oder Musik downloaden. Die Konsequenz für die Provider wäre, daß sie künftig stärker überwachen müssen, was ihre Kunden im Internet veranstalten, wobei dann im Zweifelsfalle den Usern ohne behördliche Anordnung der Zugang gesperrt werden könnte. Desweiteren ist angedacht, bereits die Beihilfe für Urheberrechtsverletzungen strafbar zu machen. Für Portale wie etwa youtube oder vimeo ergäben sich harte Zeiten, denn sie könnten sich  – streng genommen – nicht mehr halten.


Die Formulierung des Abkommens ist allerdings ziemlich vage gehalten, und eine ausdrückliche Verpflichtung zur Überwachung von Nutzern und/oder Sperrung von Internetzugängen existiert nicht. Experten meinen daher,  daß die Umsetzung der Regelungen Auslegungssache ist. Wie bereits erwähnt haben die nationalen Gesetze Vorrang, so daß die einzelnen Staaten, die den Vertrag unterzeichnet haben, durchaus noch einen großen eigenen Spielraum besitzen.


4. Welchen Ablauf hatten die Vorverhandlungen und wer hat Einfluß auf die Texte genommen?


Die Gespräche zur Vorbereitung des Abkommens begannen bereits 2006 am Rande des EU-Gipfels in St. Petersburg, wobei schon seit 2007 auf Ministerebene Verhandlungen geführt werden, die dann 2010 in Sydney vorerst beendet wurden. Es ist zu beanstanden, daß die Gespräche unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden und Organisationen wie die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) sowie die Welthandelsorganisation (WTO) umgangen wurden.


Allerdings waren beherrschende Netzkonzerne wie Microsoft, Apple oder Google mit am Ball, die ihre Interessen weitgehend durchsetzen und auf bestimmte Vertragspassagen Einfluß nehmen konnten. Natürlich war die Picture Association of America (MPA) mit ihrem europäischen Pendant ebenfalls mitbestimmend. Da die Verhandlungen im Geheimen stattfanden, sind natürlich nicht alle Umstände und Teilnehmer aus Lobbykreisen bekannt. Sicher ist aber, daß Montsanto ein wichtiges Wort mitreden durfte und eine Menge Bedarf in Sachen Saatgut, Pestizide und patentiertes genetisches Erbmaterial angemeldet hat. Meiner Meinung nach hört der Spaß dort auf, wo es um ethische Angelegenheiten sowie die Versorgung der Menschheit mit lebensnotwendigen Medikamenten und Nahrungsmitteln geht.


Erst nachdem Teile des Entwurfs gegen den Willen der Verhandlungspartner veröffentlicht bzw. geleakt wurden, waren die Offiziellen bereit, Inhalte zu veröffentlichen. Die endgültige Fassung von ACTA wurde im Mai 2011 vorgelegt, und schon Mitte Januar segnete der EU-Rat die Vereinbarung so nebenbei während einer Sitzung des Fischereiausschusses ab. Am 26.1.2012 erfolgte bereits eine Ratifizierung von 22 der 27 EU-Staaten. Deutschland war noch nicht dabei, will die Unterschrift aber schnell nachreichen.


Wegen der  Intransparenz des Verfahrens trat der Berichterstatter im federführenden Haushaltsausschuss des Europaparlaments, Kader Arif, von seinem Posten zurück. Seine Entscheidung argumentierte er mit "nie gesehenen Manövern der rechten Parteien im EU-Parlament". Diese verfolgten die Absicht, das Abkommen im Hauruck-Verfahren über die Bühne zu bringen, "bevor die Öffentlichkeit alarmiert werden konnte". Er betonte, daß er bei dieser "Maskerade" nicht mitmachen wolle.


5. Welchen Zweck befolgt ACTA und wer zieht Nutzen daraus?


Mit dem Abkommen wollen die Unterzeichnerstaaten ein wirksames Instrument schaffen, um effektiver gegen Produktpiraterie vorgehen zu können. Nach den  Angaben des Europäischen Parlaments ist es nicht dafür geschaffen worden, um Urheberrechte neu zu definieren, sondern diese Rechte besser durchzusetzen.


Sämtliche ACTA – Beteiligten haben diese Absichten in einer gemeinsamen Erklärung auf den Punkt gebracht: "Bekämpft werden sollen insbesondere die ausufernde Nachahmung und Piraterie, die den rechtmäßigen Handel und eine nachhaltige Entwicklung der Weltwirtschaft untergraben." Somit ist das Ziel von ACTA sehr weit ausgelegt. Es werden eigentlich sehr unterschiedliche Problemstellungen miteinander verquickt - wie etwa Urheberrechtsverletzungen, die illegalen Herstellung gepanschter und damit gefährlicher Medikamente oder aber die ethisch problematischen Versorgungsgrundlagen der Menschheit.


6. Wo lassen sich kritische Ansatzpunkte finden?


Ein Hauptargument der Kritik ist zum einen das undemokratische Verfahren einer Verhandlungsführung hinter verschlossenen Türen unter der ausschlaggebenden Mitwirkung von Lobbyisten.  Der Kernsatz der Kritiker begründet sich jedoch in der Annahme, daß Provider zur Überwachung ihrer Nutzer gezwungen würden. Die  Regulierung der Meinungsfreiheit würde in die Hände der Wirtschaft gelangen und die fundamentalen Interessen der Allgemeinheit wie Datenschutz, Schutz der Privatsphäre oder die Meinungsfreiheit der Internet-User würden den Zwecken der Unterhaltungsindustrie untergeordnet, so daß es bereits bei geringen Vergehen eine Kriminalisierung zustande käme.


Befürworter von ACTA wie das Bundesjustizministerium halten diese Befürchtungen als nicht angemessen und erwarten keine Veränderung der geltenden Rechtslage. "ACTA enthält nicht die Möglichkeit, zum Beispiel Internetsperren oder Zugangssperren einzuführen", so läßt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verlauten. Auch bei der Auslegung des Patentschutzes gelte weiter der in der EU gültige Standard.


Ein weiterer bedenklicher Umstand ist die Tatsache, daß ACTA die Unterzeichnerstaaten ermutigt, ein Umfeld zu schaffen, in dem privatwirtschaftliche Unternehmen mit den Urheberrechtsinhabern Verträge abschließen, um die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zu privatisieren. Das heißt nichts Anderes als, daß hoheitliche Aufgaben, nämlich Herausgabe von IP-Adressen sowie richterliche Beschlüsse und dergleichen auf Privatunternehmen übertragen wird. Man kann in diesem Zusammenhang von kürzeren Wegen oder Entlastung der Gerichte sprechen. Aber wollen wir wirklich, ob wirtschaftliche Interessen darüber entscheiden können, ob es sich um einen Verstoß gegen das Gesetz handelt? Wir hätten es also mit einem weiteren Fall von Ökonomisierung der öffentlichen Belange zu tun.


Desweiteren rechnen Gegner des Abkommens damit, daß eine Art von Goldstandard an internationalen Organisationen vorbei gesetzt werden soll. Die Nutznießer von ACTA könnten in diesem Falle andere Staaten - vor allem arme Länder - zwingen, diesem Verfahren zuzustimmen. Im Gegensatz dazu fehle eine gezielte Formulierung, die den Schutz der Privatsphäre und der Meinungsfreiheit ausdrücklich gewährleiste. Wie bereits erwähnt, sorgen sich insbesondere Ärzteorganisationen um einen günstigen Zugang zu Medikamenten und Generika für die notleidende Weltbevölkerung.


7. Wie verhält es sich mit der weiteren Vorgehensweise?


ACTA muß noch vom EU-Parlament und einigen nationalen Parlamenten abgesegnet werden, damit es in Kraft treten kann. Im Europaparlament breitet sich bereits Widerstand gegen die Verabschiedung aus – und die Ratifizierung in einigen nationalen Parlamenten ist nicht gesichert. Auch viele NGOs erheben sich gegen den Vertrag und rufen zu Protesten und Demos auf – so ist in Deutschland für den 11. Februar ein bundesweiter Aktionstag geplant.


 Sodann habe ich mir die Mühe gemacht, die einzelnen Artikel des Abkommens durchzugehen, um diejenigen, die mir nach meinem Verständnis als wichtig erscheinen, zitieren zu können. Ich muß jedoch betonen, daß ich kein Jurist bin und meine Auswahl nicht unbedingt verbindlich ist.
Ich zitiere Helmut Schnug in diesem Zusammenhang:


„Der Knackpunkt ist Artikel 27, Absatz 4: Hier steht (im englischen Original), daß die Vertragsparteien "may" (also "können" im Sinne von "wenn sie wollen"): Service Provider dazu zwingen, Informationen über User herauszugeben, wenn von Herstellerseite dazu aufgefordert wird, auf Verdacht einer Urheberrechtsverletzung. WICHTIG: Hier steht auch: "in accordance with its laws and regulations". Das bedeutet im Klartext: Solange das deutsche Gesetz, so wie es jetzt besteht, zu Überwachung und Datenschutz nicht geändert wird, passiert erstmal gar nichts. Erstens, da der Vertrag hier lediglich eine Richtlinie vorschlägt, und zweitens, weil dies in den bestehenden Gesetzen zu erfolgen hat, die damit auch nicht "übergangen" werden. Da die Gesetzeslage dazu in Deutschland eindeutig ist, wird sich zunächst nichts ändern.“


Da ich der Meinung bin, daß die einzelnen Artikel eigentlich für sich sprechen, werde ich diesen keinen Kommentar mehr hinzufügen.


offizielle Bezeichung:
Handelsübereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten, Australien, Kanada, Japan, der Republik Korea, den Vereinigten Mexikanischen Staaten, dem Königreich Marokko, Neuseeland, der Republik Singapur, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika


Artikel 2


(1) Jede Vertragspartei wendet dieses Übereinkommen an. Eine Vertragspartei darf in ihrem Recht eine umfassendere Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums festschreiben, als es dieses Übereinkommen vorschreibt, sofern die betreffenden Maßnahmen diesem Übereinkommen nicht zuwiderlaufen. Es steht jeder Vertragspartei frei, die für die Umsetzung dieses Übereinkommens in ihrem eigenen Rechtssystem und in ihrer Rechtspraxis geeignete Methode festzulegen.

(2) Dieses Übereinkommen schafft keine Verpflichtung hinsichtlich der Aufteilung von Mitteln für die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums und für die Durchsetzung des Rechts im Allgemeinen.


Artikel 3


(1) Dieses Übereinkommen lässt die im Recht einer Vertragspartei niedergelegten Bestimmungen über die Verfügbarkeit, den Erwerb, den Umfang und die Aufrechterhaltung von Rechten des geistigen Eigentums unberührt.

(2) Dieses Übereinkommen begründet für eine Vertragspartei keine Verpflichtung, Maßnahmen zu ergreifen, wenn ein Recht des geistigen Eigentums nach ihren Rechtsvorschriften nicht geschützt ist.


Artikel 6


(2) Dieses Übereinkommen begründet für eine Vertragspartei keine Verpflichtung, Maßnahmen zu ergreifen, wenn ein Recht des geistigen Eigentums nach ihren Rechtsvorschriften nicht geschützt ist.


Artikel 23


(1) Jede Vertragspartei sieht Strafverfahren und Strafen vor, die zumindest bei vorsätzlicher Nachahmung von Markenwaren oder vorsätzlicher unerlaubter Herstellung urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Waren in gewerblichem Ausmaß Anwendung finden. Für die Zwecke dieses Abschnitts schließen Handlungen in gewerblichem Ausmaß zumindest solche Handlungen ein, die der Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils dienen.

(3) Eine Vertragspartei kann in geeigneten Fällen Strafverfahren und Strafen vorsehen für das unbefugte Mitschneiden von Filmwerken während ihrer Vorführung in einer der Öffentlichkeit üblicherweise zugänglichen Filmwiedergabeeinrichtung.


Artikel 27


(1) Jede Vertragspartei sorgt dafür, dass die in den Abschnitten 2 (Zivilrechtliche Durchsetzung) und 4 (Strafrechtliche Durchsetzung) aufgeführten Durchsetzungsverfahren in ihrem Recht vorgesehen werden, damit wirksam gegen jede Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, die im digitalen Umfeld erfolgt, vorgegangen werden kann; dies umfasst auch Eilverfahren zur Verhinderung von Verletzungshandlungen und Rechtsbehelfe zur Abschreckung von weiteren Verletzungshandlungen.

(2) Über die Bestimmungen des Absatzes 1 hinaus gelten die Durchsetzungsverfahren der jeweiligen Vertragspartei auch bei der Verletzung von  Urheberrechten und verwandten Schutzrechten über digitale Netze, was gegebenenfalls die widerrechtliche Nutzung von Mitteln zur Weiterverbreitung zu rechtsverletzenden Zwecken einschließt. Diese Verfahren sind so anzuwenden, dass rechtmäßige Tätigkeiten, einschließlich des elektronischen Handels, nicht behindert werden und dass – in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei – Grundsätze wie freie  Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre beachtet werden.

 (3) Jede Vertragspartei ist bestrebt, Kooperationsbemühungen im Wirtschaftsleben zu fördern, die darauf gerichtet sind, Verstöße gegen Marken, Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte wirksam zu bekämpfen und gleichzeitig den rechtmäßigen Wettbewerb und – in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei – Grundsätze wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre zu beachten.

(4) Eine Vertragspartei kann in Übereinstimmung mit ihren Rechts- und Verwaltungsvorschriften ihre zuständigen Behörden dazu ermächtigen, einem Online-Diensteanbieter gegenüber anzuordnen, einem Rechteinhaber unverzüglich die nötigen Informationen zur Identifizierung eines Abonnenten offenzulegen, dessen Konto zur mutmaßlichen Rechtsverletzung genutzt wurde, falls dieser Rechteinhaber die Verletzung eines Marken-, Urheber- oder verwandten Schutzrechts rechtsgenügend geltend gemacht hat und die Informationen zu dem Zweck eingeholt werden, diese Rechte zu schützen oder durchzusetzen. Diese Verfahren sind so anzuwenden, dass rechtmäßige Tätigkeiten, einschließlich des elektronischen Handels, nicht behindern werden und dass – in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei – Grundsätze wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre beachtet werden.

(5) Jede Vertragspartei sieht einen hinreichenden Rechtsschutz und wirksame Rechtsbehelfe gegen die Umgehung wirksamer technischer Vorkehrungen vor, von denen Autoren, ausübende Künstler oder Hersteller von Tonträgern im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Rechte an ihren Werken, Darbietungen und Tonträgern Gebrauch machen und die Handlungen in Bezug auf ihre Werke, Darbietungen und Tonträger einschränken, welche die betreffenden Autoren, ausübenden Künstler oder Hersteller von Tonträgern nicht erlaubt haben oder die nach dem Gesetz nicht zulässig sind.


Artikel 33


(1) Jede Vertragspartei erkennt an, dass internationale Zusammenarbeit für einen wirksamen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums unabdingbar ist und dass sie unabhängig vom Ursprung der rechtsverletzenden Waren oder vom Standort oder der Nationalität des Rechteinhabers gefördert werden sollte.

(2) Zwecks Bekämpfung der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, insbesondere der Nachahmung von Markenwaren oder der vorsätzlichen unerlaubten Herstellung urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Waren, fördern die Vertragsparteien, wo dies zweckdienlich erscheint, die Zusammenarbeit ihrer für die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums zuständigen Behörden. Dies kann auch eine Zusammenarbeit bei der strafrechtlichen Durchsetzung und bei den Maßnahmen an der Grenze einschließen, soweit sie unter dieses Übereinkommen fallen.

(3) Die Zusammenarbeit nach diesem Kapitel erfolgt im Einklang mit einschlägigen internationalen Übereinkünften und auf der Grundlage der Rechtsvorschriften, der Politik, der Ressourcenzuteilung und der Rechtsdurchsetzungsprioritäten der jeweiligen Vertragspartei.


Artikel 39


Unterzeichnung

Dieses Übereinkommen liegt vom 1. Mai 2011 bis zum 1. Mai 2013 aus zur Unterzeichnung durch die an seiner Aushandlung Beteiligten1 und andere WTO-Mitglieder, auf die sich die Beteiligten gegebenenfalls verständigen.

1 Australien, Königreich Belgien, Republik Bulgarien, Königreich Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Republik Estland, Europäische Union, Republik Finnland, Französische Republik, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Hellenische Republik, Irland, Italienische Republik, Japan, Kanada, Republik Korea, Republik Lettland, Republik Litauen, Großherzogtum Luxemburg, Republik Malta, Königreich Marokko, Vereinigte Mexikanische Staaten, Neuseeland, Königreich der Niederlande, Republik Österreich, Republik Polen, Portugiesische Republik, Rumänien, Königreich Schweden, Schweizerische Eidgenossenschaft, Republik Singapur, Slowakische Republik, Republik Slowenien, Königreich Spanien, Tschechische Republik, Republik Ungarn, Vereinigte Staaten von Amerika, Republik Zypern.


Artikel 41


Kündigung

Eine Vertragspartei kann durch eine an den Verwahrer dieses Übereinkommens gerichtete Notifikation von diesem Übereinkommen zurücktreten. Der Rücktritt wird 180 Tage nach Eingang der Notifikation beim Verwahrer wirksam.


Artikel 42


Änderung

(1) Eine Vertragspartei kann dem Ausschuss Änderungen an diesem Übereinkommen vorschlagen. Der Ausschuss entscheidet, ob er den Vertragsparteien einen Änderungsvorschlag zur Ratifizierung, Annahme oder Genehmigung unterbreitet.

(2) Eine Änderung tritt neunzig Tage nach dem Tag in Kraft, an dem alle Vertragsparteien ihre jeweiligen Ratifikations-, Annahme- oder  Genehmigungsurkunden beim Verwahrer hinterlegt haben.


Hier geben wir Euch die Texte der offiziellen Originalversion in Englisch , in französischer Sprache und natürlich auch in Deutsch an die Hand.


Bevor ich dann zum Kapitel Fiskalvertrag / ESM komme, noch ein Hinweis auf einen lesenswerten kritischen Beitrag zu beiden Themenbereichen ACTA und ESM, veröffentlicht im Blog von Gert Flegelskamp am 01. Februar 2012 - hier bitte weiterlesen

 


B.    Fiskalvertrag / ESM-Vertrag

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel am 30.1.2012 wurde unter dem Stichwort „Haushaltsdisziplin“ der sog. Fiskalpakt und der ESM-Vertrag abgesegnet. Dies bedeutet einen weiteren Riesenschritt hin zu undemokratischer Feudalbürokratie und den Abbau von nationalem Recht und regionaler Mitbestimmung. Wie auf unserer Seite bereits berichtet, hat Angela Merkel dort ihr „Meisterstück“ gemacht.

Dieses Machwerk ist es jedoch wert, daß wir nochmals näher darauf eingehen, denn es zieht derartig schwerwiegende und nachteilige Konsequenzen für den Normalbürger nach sich, daß wir das Inkrafttreten, das zum 1. Januar 2013 geplant ist, mit allen Mitteln verhindern müssen. Denn beim Fiskal-/ESM-Vertrag (im folgenden FEV genannt) handelt es sich um nichts anderes als um einen klammheimlichen systematischen Kurswechsel. In Anbetracht der Tatsache, daß die EU-Regierungschefs sich davor hüten, diesen sog. fiskalpolitischen Pakt, den man auch mit einem Ermächtigungsgesetz gleichsetzen muß, durch eine Änderung des Lissabon-Vertrages einzuführen. Weil dies jedoch nur über Volksabstimmungen zu realisieren wäre, wählt man diesen im FEV vorgegebenen Weg, um das europäische Recht zu umgehen. Das Inkrafttreten des FEV würde bedeuten, daß

  • die EU-Staaten in ihrer Fiskalpolitik total entmachtet würden, weil ihnen die Mittel für eine souveräne Staatsführung entzogen werden
  • dem ESM das Eigentum der EU-Bürger zu uneingeschränkten Verwendung übergeben wird
  • dem ESM und seinen Mitglieder Vollmachten zur grenzenlosen Anforderung (unter Sanktionsandrohungen) von finanziellen Mitteln ohne parlamentarische oder Regierungskontrolle der einzelnen Mitgliedsländer verliehen werden
  • die Justiz der Nationalstaaten außer Gefecht gesetzt und entmachtet wird, so daß keinerlei rechtliche Handhabungen gegen willkürliche Entscheidungen des ESM möglich sind
  • dies alles durch Übergabe einer unbeschränkten Immunität an den ESM, seine Mitglieder und seine Einrichtungen bewerkstelligt wird – also letztendlich durch einen feudalen Akt!

Damit jeder Leser die Chance besitzt, sich selbst vom Inhalt der antidemokratisch verfassten Vertragstexte machen zu können, bieten wir Euch an dieser Stelle den Text des ESM-Vertrages an - bitte beschäftigt Euch mal damit.


 

Die von mir aufgeführten ungeheuerlichen Fakten werden in einem Artikel von Eugen Hardt mit dem Titel „ESM-Vertrag: Ermächtigungsgesetz zur Diktatur des Finanzkapitals“ anschaulich und überzeugend dargelegt. Der Beitrag beginnt folgendermaßen:


ESM-Vertrag : Ermächtigungsgesetz zur Diktatur des Finanzkapitals, veröffentlicht von Eugen Hardt bei Linke Zeitung am 02. Februar 2012:

  
„Der deutsche Imperialismus versucht, die Schuldenkrise Europas mit der offenen Errichtung einer Fiskaldiktatur zu lösen. Merkels Forderung eines Sparkommissars für Griechenland war nur ein Ablenkungsmanöver vom Ermächtigungsgesetz ESM-Vertrag, den der EU-Gipfel beschloss.

Dieser Vertrag lässt die bürgerlich-demokratische Maske fallen und errichtet offen ein diktatorisches Regime der Ausplünderung Europas zur Sicherstellung der Forderungen von „Gläubigern" „Investoren" und zur Wiederherstellung des Vertrauens der „Märkte".

Selbiges war verloren gegangen nach der Forderung nach einem Schuldenschnitt im Falle Griechenlands, die die „Märkte" mit Zinserhöhungen für Spanien und Italien sowie Abstufungen im Bonitätsranking beantworteten. Die Botschaft wurde verstanden. Jetzt lautet die unmissverständliche Ansage an alle Staaten: Zuerst sind von den Staatseinnahmen die Schulden zu bedienen und was dann noch übrig bleibt kann für Löhne und andere Staatsausgaben ausgegeben werden.

Um diese Vorgabe umzusetzen müssen nationale Verfassungen, parlamentarische und juristische Instanzen abgeschafft bzw. entmachtet werden. Insbesondere muss die Kontrolle über die nationalen Haushalte zentralisiert und jedweder demokratischen Kontrolle entzogen werden…“


Der schon erwähnte Gert Flegelskamp hat auch darauf hingewiesen, daß in der Einleitung in Abschnitt 5 des ESM-Vertrages die zukünftige Einführung eines sog. SKS-Vertrages festgeschrieben wird:


„Am 9. Dezember 2011 vereinbarten die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets Schritte in Richtung auf eine stärkere Wirtschaftsunion, die einen neuen fiskalpolitischen Pakt und eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung umfasst und im Rahmen eines zwischenstaatlichen Übereinkommens, des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion („SKS-Vertrag“), umgesetzt werden soll. Mit dem SKS-Vertrag wird zur Entwicklung einer engeren Koordinierung innerhalb des Euro-Währungsgebiets beigetragen, um eine nachhaltige, solide und robuste Verwaltung der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten und so einer der Hauptursachen für Finanzinstabilität entgegenzuwirken. Der vorliegende Vertrag und der SKS-Vertrag ergänzen einander bei der Förderung von fiskalischer Verantwortung und Solidarität innerhalb der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Es wird anerkannt und vereinbart, dass die Gewährung von Finanzhilfe im Rahmen neuer Programme unter dem ESM ab 1. März 2013 die Ratifizierung des SKS-Vertrags durch das betreffende ESM-Mitglied und nach Ablauf der in Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags genannten Umsetzungsfrist die Einhaltung dieses Artikels voraussetzt.“


Jetzt weiter mit Zitaten von Gert Flegelskamp:


„Was mir weiterhin aufgefallen ist, ist der in Artikel 32 angeführte Eigentumsbegriff. Das verstehe ich nicht, denn der ESM hat kein Eigentum, sondern ist Bestandteil eines ausschließlich aus Steuergeldern finanzierten Instrumentes der EU. Die EU ist aber lediglich ein aufgrund von Verträgen zusammengefasster Verbund von Einzelstaaten, wobei jeder dieser Staaten kein Eigentum der jeweiligen Regierung ist, sondern die Gesamtheit seiner Bürger, die ihn mit ihren Steuerzahlungen finanzieren. Auch wenn die Einzahlungen für den ESM nur durch die Aufnahme neuer Kredite dieser EU-Staaten überhaupt gewährleistet werden kann, ist es letztendlich der jeweilige Bürger, der diese Kredite durch seine steuerlichen Leistungen incl. der Zinsen tilgt. Wie also kann der ESM hier von seinem Eigentum reden und es, wie in dem Artikel vorgesehen, für etwas Immunität fordern, das er nicht besitzt?


Artikel 34 nimmt die Bediensteten des ESM in ein Schweigegelübde, das mich irgendwie an die Bilderberger erinnert. Aber ich denke schon, dass in diesem Konstrukt so manches passieren wird, dass das Licht der Öffentlichkeit scheut. Eigentlich unvorstellbar, dass eine Institution, die ausschließlich mit Steuergeldern finanziert wird, jegliche Transparenz kategorisch vertraglich ausschließt. Nicht zu vergessen, dieser Vertrag muss von den Parlamenten abgesegnet werden und Transparenz öffentlicher Entscheidungen ist eigentlich ein Grundrecht.


Artikel 35 betont, dass es im "Interesse des ESM" läge, dass Gouverneursrat, Direktorium und Bedienstete in allen Bezugspunkten zum ESM absolute Immunität genießen. Das ist verständlich, denn somit haben sie Narrenfreiheit und brauchen auch keine gesetzlichen Schranken zu beachten. Das haben sie wohl dem IWF abgeschaut, mit dem sie ohnehin eng zusammen arbeiten wollen. Nur frage ich mich, wie es in einem angeblichen Rechtsstaat und einer angeblichen Demokratie sein kann, dass eine Finanzorganisation jeglichem Rechtszugriff entzogen wird.


Geht es noch schlimmer? Ja, natürlich. Artikel 36 setzt noch einen drauf, indem er dem ESM innerhalb aller beteiligten Staaten eine absolute Steuerbefreiung gewährt, mehr noch, dem ESM ein eigenes Steuerrecht zubilligt, dem alle beim ESM Beschäftigten unterliegen. Kauft der ESM innerhalb dieser Staaten etwas ein, müssen ihm alle darauf entfallenen Steuern ersetzt werden, also die indirekten Steuern ebenso, wie die Umsatzsteuer. Da kann man wohl spekulieren, dass alle Fahrten von ESM-Beschäftigten zu einer Tankstelle reine Dienstfahrten sind. Ob ich mich wohl um einen Job beim ESM bemühen sollte?...“

 


Auch Axel Troost - Abgeordneter der Linken im Deutschen Bundestag - hat sich zum Thema auf seinem Blog am 03. Febr. 2012 geäußert:


Europäischen Fiskalvertrag stoppen! Sozialstaat und Demokratie verteidigen - in Deutschland und Europa!

„Auf dem informellen Gipfel des Europäischen Rates am 30. Januar einigten sich die Regierungschefs der 17 Eurostaaten und 8 weiterer EU-Mitglieder auf den sogenannten „Fiskalvertrag“, mit dem die Eurokrise überwunden werden soll, und der eng mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verknüpft ist. Mit großem Druck auf die anderen Staaten hat die Bundesregierung ihre Forderungen durchgedrückt, die einseitig auf eine weitere Verschärfung der „Haushaltsdisziplin“ – d.h. auf vertraglich verankerte Sparrunden – setzen. Sie drängt nun auf ein schnelles Inkrafttreten bis zum 1. Januar 2013. Doch dieser Vertrag ist zur Krisenüberwindung völlig untauglich! Stattdes¬sen ist er ein massiver Angriff auf den Sozialstaat und die Demokratie in Europa! ….“

Bitte hier weiterlesen

 

MfG Peter A. Weber

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Kommentar zu ACTA

Wenn ich in meiner Analyse auch vor einer Hysterie gewarnt habe, so heißt das noch lange nicht, daß ich eine Unterzeichnung des Abkommens gutheiße. Bei eingehender und kritischer Betrachtungsweise bleibt zwar mein Einwand gegen eine Panikmache bestehen – und die bestehenden nationalen Gesetze bieten wie von mir erläutert zumindest theoretisch einen Schutz gegen ACTA. Dabei ist allerdings zu beachten, daß

  • theoretisch nicht gleichbedeutend mit praktischer Auslegung ist
  • die nationalen und internationalen Gesetzgebungen, über die ich im Detail nicht informiert bin, sicherlich einige rechtliche Ungereimtheiten, Ungerechtigkeiten und Vorteilsregelungen für das Kapital und die Rechteinhaber  beinhalten
  • auch das deutsche Recht nicht ausgegoren ist hinsichtlich eines ausgewogenen Schutzes – insbesondere gegenüber dem Verbraucher oder Inanspruchnehmer der Rechte
  • die juristische Auslegung aufgrund von Gummi-Formulierungen sowohl im nationalen Recht als auch bei ACTA für willkürliche Interpretationen und Auslegungen Tor und Tür öffnet
  • insbesondere der Aspekt drohender Zensurmaßnahmen im ACTA-Ansatz geradezu zur Ausnutzung dieser Schwächen auffordert
  • die möglichen rechtlichen Vorgehensweise nicht nur gegen potenziellen Rechteverletzern sondern auch gegenüber Dritten nicht klar formuliert und eine Basis für Mißbrauch bieten
  • die beiden Bereiche des Urheberrechts für geistiges Eigentum und allgemeine Waren und für Medikamente, Genpatente und  Produke/Dienstleistungen im Rahmen von existenziellen Versorgung der Menschheit nicht gleichgestellt werden dürfen – wie ich bereits in meiner Analyse herausgestellt habe. Aber leider tut der ACTA-Entwurf genau dies.

Insofern wäre also nicht nur ein Widerstand gegen bestimmte ACTA-Ausformulierungen sondern auch gegen bereits bestehendes Recht erforderlich bzw. dessen Revision nötig.  Aber hierzu wäre eine eingehende juristische Auseinandersetzung angebracht, für die ich als Laie in diesen Fragen nicht kompetent genug bin.

Man sieht also, daß die Diskussion um dieses wichtige Thema noch lange nicht beendet ist. Gerade wurde bekannt, daß die Bundesregierung die Unterzeichnung des ACTA-Abkommens aufgrund des immer stärker aufkommenden öffentlichen Protestes verschoben hat.

Hier einige aktuelle Pressestimmen zur Lage:

 

1.  Bundesregierung verschiebt Unterzeichnung

ACTA vorerst wohl auf Eis

TAZ - 10.02.2012

 

Deutschland wird das Abkommen Acta vorläufig nicht unterzeichnen. Der Protest zeigt Wirkung, das Auswärtige Amt hat die erteilte Weisung wieder zurückgezogen.

Bitte weiterlesen:  hier

 

2. Unausgewogenheit

 

„ACTA läßt eine Vielzahl von Schutzklauseln aus internationalem Recht vermissen, die ein Gleichgewicht zwischen dem Recht am geistigen Eigentum und dem Recht auf Gesundheit herstellen sollen. Um nur einige der Kritikpunkte zu nennen: Neben den besagten größeren Befugnissen für Zollbehörden sieht ACTA weiterreichende Schadenersatzforderungen vor, die abschreckend auf Generikahersteller wirken können. Zudem erlaubt es einstweilige Maßnahmen nicht nur gegen potentielle Rechtsverletzer, sondern auch gegen sogenannte Dritte. Das würde beispielsweise ein Vorgehen gegen Zulieferer von Generikaherstellern oder Händler erlauben. Da außerdem der Informationsschutz gelockert ist, hätten Rechtsinhaber auch leichter Zugriff auf Informationen über Zulieferer und andere Beteiligte in der Vertriebskette …“

Auszug aus: Junge Welt – 11.2.2012 – „Wirksame Schutzklauseln fehlen“  von Ralf Wurzbacher

 

3. Hebel für Zensur

 

„Prinzipiell sollte man es natürlich begrüßen, dass die internationale Gemeinschaft in Zeiten des weltweiten digitalen Netzes neue Formen des Urheberrechts finden will. Die regionalen und technisch unzulänglichen Formen des Schutzes geistigen Eigentums halten fast alle mit den Realitäten der neuen Medien nicht Schritt. Das Netz erlaubt den weltweiten und kostenlosen Austausch von Filmen, Musik, Bildern und Texten. Doch wo endet der Tausch, und wo beginnt die Raubkopie? Diese Frage würde das Abkommen nicht klären.

Das Problem von ACTA kann man schon an seinem Namen erkennen: "ACTA" steht für "Anti-Counterfeiting Trade Agreement", übersetzt: Anti-Fälschungs-Handelsabkommen. Es geht also darum, Grundlagen und Instrumente für Kontrolle und Strafverfolgung zu schaffen. Das aber ist auf einem Rechtsgebiet, das noch nicht klar geregelt ist, unmöglich. Jetzt schon wird das Urheberrecht ja nicht nur zum Schutz geistigen Eigentums eingesetzt, sondern auch als Hebel der Zensur. Nicht nur in Diktaturen.

Die "Church of Scientology" verfolgt Kritiker zum Beispiel auf diese Weise. Überträgt man die Unschuldsvermutung des Rechtsstaats auf die globale Ebene, muss man bis zu einer umfassenden Klärung der Rechtslage Bürgerrechte in jedem Fall über Besitzansprüche stellen. Das bleibt in juristischen Zwickmühlen die einzig richtige Möglichkeit.“

Auszug aus: Süddeutsche Zeitung – 11.2.2012 – „Warum ACTA mehr Probleme schafft, als es löst“ – von Adrian Kreye

bitte weiterlesen:  hier

 

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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
neueste Meldungen zu ACTA
  • Erst mal ad acta gelegt: Deutschland, Polen, Tschechien und Lettland rudern zurück: Sie ratifizieren das umstrittene ACTA-Abkommen zunächst nicht. Angst vor Zensur hatte Proteste ausgelöst.
  • "Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass die bürgerlichen Freiheiten und der freie Zugang zu Informationen in irgendeiner Weise bedroht sind", erklärte der tschechische Ministerpräsident Petr Necas. Zu den 37 Staaten, die das Abkommen vereinbart haben, zählen unter anderem die 27 EU-Mitglieder, die Schweiz, die USA und Japan.
  • Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte die Bundesregierung auf, das umstrittene Abkommen gründlich zu prüfen. Es sei mehr als wahrscheinlich, dass die in ACTA vorgesehenen Maßnahmen "gravierende Auswirkungen auf den Datenschutz" haben könnten, schrieb Schaar im "Datenschutz-Forum". So werde von Unternehmen gefordert, Nutzungs- und Verkehrsdaten von Internet-Nutzern offenzulegen, "die an Urheberrechtsverletzungen in irgendeiner Weise - also auch unwissentlich - beteiligt waren".
  • "Wenn man sich den ACTA-Text anschaut, dann findet man dort fast nichts, was nicht in Deutschland ohnehin schon geltendes Recht wäre", sagt der auf IT-Recht spezialisierte Fachanwalt Thomas Stadler in Freising. Die aktuelle Diskussion werde vielfach unsachlich geführt. Dabei gebe es gute Gründe, gegen ACTA zu sein. So werde mit ACTA "eine urheberrechtliche Richtungsentscheidung" zementiert, "die einseitig die Rechteinhaber begünstigt und wenig Rücksicht auf das Gemeinwohl nimmt". Nötig sei ein fairer Ausgleich der Interessen.
  • Auch die Internet-Enquete-Kommission des Bundestages betont in einem Zwischenbericht, "daß das Urheberrecht an vielen Stellen durchaus einer systematischen Anpassung bedarf, um in der digitalen Gesellschaft einen angemessenen Ordnungsrahmen für immaterielle Güter zu erhalten". Neben den berechtigten Ansprüchen der Urheber sei auch "das allgemeine Interesse an der Förderung von Kreativität, Innovation und Erkenntnisfortschritt zu berücksichtigen".
  • Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, hat das geplante internationale Urheberrechts-Abkommen ACTA als "unausgewogen" bezeichnet. "Das notwendige Verhältnis von beidem - Schutz des Urheberrechts einerseits, individuelle Grundrechte der Nutzer andererseits - ist in diesem Abkommen nur sehr unzureichend verankert", sagte Schulz. In seiner jetzigen Form sei es "nicht gut". Schulz kündigte an, dass die Beratungen über den ACTA-Vertragsentwurf im Europaparlament am 27. Februar 2012 beginnen werden.

öffentliche Proteste

  • Am 11. Februar waren deutschlandweit Zehntausende gegen ACTA auf die Straße gegangen. Allein in Berlin beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter 10.000 Menschen. Die Polizei sprach von 6000 Demonstranten. In München schlossen sich trotz eisiger Temperaturen nach Angaben der Polizei sogar 16.000 Teilnehmer den Protesten an. In Hamburg zählten die Polizisten 4100 Menschen, in Stuttgart 5000, in Bremen 2500, in Frankfurt am Main waren es 1500 bis 2000 Menschen. Laut der Veranstalter schlossen sich deutschlandweit mehr als 110.000 Menschen den Protestzügen an.
  • In Österreich protestierten nach Polizeiangaben 6000 Menschen gegen ACTA, die Hälfte davon in Wien. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia waren es mehr als 3000 Demonstranten, ebenso viele gingen laut Medienberichten in Tschechien auf die Straße, 2000 davon marschierten.
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Marie-Luise Volk
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Verbunden: 28.10.2010 - 13:29
ACTA & TRIPS


Wer sich mit dem ACTA-Handelsabkommen beschäftigt, sollte auch einen Blick auf das TRIPS-Abkommen (Trade Related Intellectual Property Rights) werfen, daß 1994 durch die USA durchgesetzt wurde.

TRIPS ermöglichte den Chemiekonzernen wie z.B. Monsanto & Co.  Pflanzen zu patentieren. Nur patentierte Pflanzen sind für Monsanto & Co. lukrativ. TRIPS war die Voraussetzung, um sich Allgemeingut (commons)  aneignen zu können. Es fand eine Neuregulierung der Patente im Bereich der Lebewesen statt. Eine neue Art des Agrarkapitalismus folgte.

Lest dazu bitte einen von der Greenpeace Redaktion am 03.09.2003 veröffentlichten Beitrag "Auf dem falschen Trip - Patente in der WTO"

den Text nochmal als
 

Im September 2003 kam es zum Internationalen Protokoll über die biologische Sicherheit, bekannt als „Cartagena-Protokoll“. Eine Art Schutzwall, um die Verbreitung von genetisch veränderten Organismen einzudämmen und die Artenvielfalt zu erhalten.

Die meisten EU-Staaten haben das Cartagena-Protokoll ratifiziert. Nicht ratifiziert haben: Argentinien, Australien, Kanada und natürlich auch das „perverseste, mörderischste, Völker vernichtende und unmoralischste Imperium, das dieser Planet bisher erlebt hat“ (Zitat: Chávez 30.01.2006) - die USA.

Lest bitte dazu einen von der Greenpeace Redaktion am 12.09.2003 veröffentlichten Beitrag: "Gentechnik: Wer vorsorgt, gewinnt!"
 

Die Agro-Gentechnik-Konzerne, haben naturgemäß kein Interesse an Artenvielfalt. Mit ACTA sollen auch die europäischen Staaten dafür gewonnen werden, mit am Strang zu ziehen. Was gibt es also günstigeres, als im Schlepptau der Unterhaltungs- und Pharmaindustrie auch das „Süppchen Patentierung von Lebewesen“ zu kochen?

Gibt es jetzt ein Problem für all die Parteien, die zwar bisher vorgegeben haben, gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren zu sein,  aber dem Vertrag von Lissabon“ (AEUV) zugestimmt haben? Im Artikel 118 AEUV steht:

Im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union sowie zur Einführung von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungs- und Kontrollregelungen auf Unionsebene.



In der 17. Erklärung zum Vorrang  AEUV steht: Die Konferenz weist darauf hin, dass die Verträge und das von der Union auf der Grundlage der Verträge gesetzte Recht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter den in dieser Rechtsprechung festgelegten Bedingungen Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten haben.

Im Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und FDP vom 26. Okt. 2009,  ist auf der Seite 39 nachzulesen: "Unabhängig vom Schutz des geistigen Eigentums wollen wir auf landwirtschaftliche Nutztiere und -pflanzen kein Patentrecht". Kaum anzunehmen, dass dieser Beschluss im Einklang mit dem Vertrag von Lissabon steht. Erstaunlicherweise ist in dem aktuellen Beschluss des Bundesvorstandes von Bündnis 90/Die Grünen vom 06.02.2012 kein konkreter Hinweis zu ACTA und Patentierung von Lebewesen zu lesen.

Klaus Faißner hat in seinem Buch „Wirbelsturm und Flächenbrand“ notiert, dass bis 2015 eine Transatlantische Freihandelszone bis 2015 geschaffen werden soll. Er beruft sich auf die „Rahmenvereinbarung zur Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftsintegration zwischen den USA und der EU. Diese Vereinbarung wurde am 30. April 2007 von Angela Merkel für die EU und George W. Bush unterzeichnet. „Der Fokus des Vertrags“, so schreibt Klaus Faißner, „liegt in der Abschaffung von Handelsbarrieren, die durch unterschiedliche Gesetze, Verordnungen oder Standards bestehen. Weiters wurden mehrere so genannte „Leuchtturm-Projekte“ genannt – eines davon ist der erweiterte Schutz der Patentrechte.“

ACTA ist die Fortsetzung des TRIPS-Abkommens. Hierbei geht es nicht nur um Produktpiraterie und Copyright-Verletzungen im Internet, wie es den Anschein hat, sondern es geht auch generell um geistige Eigentumsrechte im Rahmen von internationalen Handelsabkommen. ACTA geht über das TRIPS-Abkommen hinaus! ACTA ist die Stellschraube für Monsanto & Co., Geld für Patente einzutreiben. Es geht bei ACTA um die Harmonisierung des amerikanischen und europäischen Patentrechts!


Wie sagte einst der ehemalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger: “Beherrsche die Energie und du beherrscht die Nation. Beherrsche die Nahrung, und du beherrscht die Menschheit“

 

Marie-Luise Volk
 

 

 

 

 

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