Adam Smith als Apostel des Neoliberalismus

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Peter Weber
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Adam Smith als Apostel des Neoliberalismus
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Adam Smith war Professor für Moralphilosophie und seine wirtschaftstheoretischen Aussagen sollte man der von ihm verfaßten „Theory of Moral Sentiments“ unterordnen. Dann kann man zu Erkenntnissen gelangen, die den neoliberalen und marktradikalen Ideologen gar nicht den den Kram passen und die die Rolle Smiths als Apostel des Neoliberalismus infrage stellen. Die Apologeten und Säulen der heute noch vorherrschenden Marktlehre wie von Hayek oder Friedman müßten unter diesen Gesichtspunkten ins Wanken geraten.

Wenn man dann noch die mißverständlichen Aussagen in Charles Darwins "Ursprung der Arten" und das daraus abgleitete "Recht des Stärkeren" einmal genau unter die Lupe nimmt, dann löst sich das theoretische Fundament des Neoliberalismus in Luft auf. Charles Darwin sagt über das 'Recht des Stärkeren': ...daß beim Überleben des Stärkeren, dieser Stärkere derjenige ist, der in der menschlichen Gattung eines Tages die Selbstlosigkeit entdeckt. Und das im Gegensatz zur landläufigen Vorstellung, der Stärkste, derjenige der siegt, der Sieger wie man sagt, der Kämpfer, die Menschheit vielleicht in den Rückschritt führt.

Ich habe in den letzten Jahren schon öfter Interpretationen gelesen, die sich den weniger publizierten Auffassungen Smiths widmen. Hier ist ein Auszug aus einer dieser Schriften, der ich – soweit mein Wissen reicht – nur zustimmen kann:

 

12.10.2002 | 00:00 | VON GEORG CAVALLAR (Die Presse)

Als "Vater" des Laissez-faire-Liberalismus wird der Philosoph Adam Smith oft gesehen. Dieses Bild ist revisionsbedürftig.

Smith leitet aus seiner Moraltheorie klare Folgerungen für Gesellschaft und Wirtschaft ab. Egoistischem Verhalten werden durch die Prinzipien Sympathie und Unparteilichkeit klare Grenzen gezogen. Smith wählt das Bild eines Wettrennens, bei dem jeder so schnell rennen darf, wie er kann, "um alle seine Konkurrenten zu überholen. Aber sollte er einen von ihnen niederrennen oder zu Boden werfen, wäre es mit der Nachsicht der Zuschauer ganz und gar zu Ende. Das wäre eine Verletzung des ,fair play', das sie nicht zulassen könnten."

Die Aufgabe des liberalen Rechtsstaates besteht darin, faire Spielregeln festzulegen und ihre Einhaltung durchzusetzen. Hauptproblem ist für Smith dabei nicht der Egoismus, sondern Parteilichkeit und Partikularismus, die das Prinzip der Unparteilichkeit verletzen. Wie Ballestrem gezeigt hat, bedeutet Smiths Kritik am Merkantilismus die Ablehnung der Strategie von Manufakturbesitzern und Händlern, die ihren politischen Einfluß mißbrauchen, um partikulare Interessen in der Außenhandelspolitik durchzusetzen.

Smith glaubte keineswegs an eine natürliche Interessenharmonie. Er sah sehr wohl die Interessengegensätze zwischen Unternehmern und Lohnarbeitern, wobei - um bei Smiths Bild zubleiben - die einen um Profit, die anderen ums Überleben rennen. Aufgabe der sichtbaren Hand des Staates ist es, annähernd gleiche Regeln für alle festzulegen und die unfairness der Stärkeren zu verhindern: etwa die Neigung der Unternehmer, Löhne trotz steigender Gewinne niedrig zu halten, oder der Kaufleute, den Wettbewerb einzuschränken.

Für Smith ist es ein Gebot der Gerechtigkeit qua Unparteilichkeit, daß die schwächsten Teilnehmer des Wettrennens durch Intervention des Staates wenigstens ansatzweise gleiche Chancen erhalten, etwa durch Volksschulbildung oder Überwindung der Armut. Denn es sei "nicht mehr als recht und billig, wenn diejenigen, die alle ernähren, kleiden und mit Wohnung versorgen, soviel vom Ertrag der eigenen Arbeit bekommen sollen, daß sie sich selbstrichtig ernähren, ordentlich kleiden und anständig wohnen können."