Albert Einstein über den drohenden Faschismus im jüdischen Staat (1948)

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Albert Einstein über den drohenden Faschismus im jüdischen Staat (1948)
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Albert Einstein über den drohenden Faschismus im jüdischen Staat (1948)



Anlässlich des Besuches von Menachem Begin in den USA haben der bekannte Humanist, Friedensaktivist und Wissenschaftler Albert Einstein, die politische Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt, der Philosoph und Publizist Sidney Hook sowie über 20 weitere jüdische prominente Intellektuelle einen Brief an die New York Times geschrieben, der am 4. Dezember 1948 erschien.

In diesem grundlegenden Brief an die New York Times in 1948 erklärten Einstein und die Unterzeichner sehr eindeutig und aufrichtig, warum der Regierung Israels nicht vertraut werden kann und diese weder Geld noch Unterstützung durch die Amerikaner erhalten dürfe.

Durch den Brief sollen Amerikaner und die Welt vor den Gefahren gewarnt werden, welche durch die Emergenz von Rassismus, Faschismus, Terrorismus und religiösem Fanatismus besteht, die innerhalb der Regierung des neu gegründeten Staates Israel repräsentiert wird.

Von besonderem Interesse ist dabei die Erwähnung des Deir Yassin-Massakers, das im April 1948 geschah.

64 Jahre nach Veröffentlichung des Briefes dürfen unsere kritischen Stimmen nicht verstummen, auch und gerade weil die Pro-Israel-Liga Kritiker gerne mit der Antisemitismus-Keule zu ersticken versucht. Auch die aktuelle israelische Regierung führt einen rassistisch-faschistischen Staat, der auf die Palästinenser keine Rücksicht nimmt und durch widerrechtliche Neubesiedlung und Landwegnahme alles daran setzt, daß alle Palästinenser irgendwann verschunden sind und Israel eine Ethnokratie (= Herrenvolk-Demokratie) für Juden bleibt.     

Nachfolgend also ist der vollständige Brief wie er ursprünglich 1948 inhaltlich erschien. Er verdient es, so oft und weit wie möglich im Internet verbreitet zu werden. Der Brief sollte vor allem von Menschen gelesen werden, die noch immer zögern oder sich beharrlich verweigern, die israelische Regierung und ihre Schergen zu kritisieren.

Helmut Schnug  
 




Brief an New York Times, 4. Dezember 1948

An die Herausgeber der New York Times


Zu den beunruhigendsten politischen Phänomenen unserer Zeit gehört das Auftauchen der “Freiheitspartei” (Tnuat Haherut) im neu geschaffenen Staat Israel. Es ist eine politische Partei, die in ihrer Organisation verwandten Methoden, in ihrer politischen Philosophie und sozialen Anziehungskraft den Nazis und den faschistischen Parteien sehr ähnlich ist. Sie bildete sich aus der Mitgliedschaft und den Nachfolgern der früheren Irgun Zwai Leumi (IZL), einer terroristischen, rechtsradikalen, chauvinistischen Organisation in Palästina.

Der augenblickliche Besuch von Herrn Begin, dem Führer dieser Partei, in den USA ist offensichtlich wohl berechnet worden, um den Eindruck zu machen, dass Amerika seine Partei bei den anstehenden israelischen Wahlen unterstützt, und um die politischen Bindungen mit konservativen zionistischen Elementen in den USA zu festigen. Mehrere Amerikaner mit national gutem Ruf haben ihre Namen hergegeben, seinen Besuch willkommen zu heißen. Es ist unvorstellbar, dass diejenigen, die gegen Faschismus in aller Welt sind, ihren Namen und ihre Unterstützung dieser Bewegung, die Begin vertritt, geben - es sei denn, dass sie nicht korrekt über seine politische Vorgeschichte und seine Perspektiven informiert sind.

Bevor irreparabler Schaden durch finanzielle Unterstützung, öffentliche Bekundung zu Gunsten Begins und dem, was in Palästina geschaffen wird, angerichtet wird und bevor der Eindruck entsteht, dass ein großer Teil der USA faschistische Elemente in Israel unterstützt, muss die amerikanische Öffentlichkeit über Begins Vorgeschichte, Ziele und Bewegung informiert werden.

Die öffentlichen Erklärungen von Begins Partei sind kein Anhaltspunkt für seine aktuelle Eigenart. Heute sprechen sie von Freiheit, Demokratie und Anti-Imperialismus, wobei sie bis vor kurzem offen die Doktrin eines faschistischen Staates predigten. Es sind seine Aktionen, die  den wahren Charakter der terroristischen Partei verraten. Aus ihren früheren Aktionen können wir beurteilen, was man  in der Zukunft von ihr erwarten kann.

Angriff auf ein arabisches Dorf

Ein erschreckendes Beispiel war ihr Verhalten im arabischen Dorf von Deir Yassin. Dieses Dorf, abseits von der Hauptstraße gelegen, und von jüdischem Land umgeben, hatte sich nicht an Kriegshandlungen beteiligt, ja hatte sogar gegen arabische Banden angekämpft, die dies Dorf zu ihrer Basis machen wollten. Am 9. April (The New York Times) griffen Terrorbanden ein friedliches Dorf an, das kein militärisches Ziel beim Kampf war, töteten die meisten seiner Bewohner (240 Männer, Frauen und Kinder) und nahmen einige lebend als Gefangene zu einer Parade durch die Straßen Jerusalems mit. Der größte Teil der jüdischen Gemeinschaft war über diese Tat erschrocken und die jüdische Agentur sandte ein Telegramm der Entschuldigung an König Abdullah von Transjordanien. Die Terroristen aber, weit davon entfernt sich ihrer Taten zu schämen, waren stolz auf dieses Massaker, veröffentlichten es weit und luden ausländische Korrespondenten, die gerade im Land waren, ein, um die Leichenhaufen und den allgemeinen Schaden im Dorf Deir Yassin anzusehen.

Der Deir-Yassin-Vorfall gibt ein Beispiel des Charakters und der Aktionen dieser Freiheitspartei.

Innerhalb der jüdischen Gemeinschaft hatten sie eine Mischung von Ultranationalismus, religiösem Mystizismus und rassistischer Überlegenheit gepredigt. Wie andere faschistische Parteien haben sie das Brechen von Streiks angewendet und sich selbst dahin gedrängt, die freien Gewerkschaften zu zerstören. An ihrer Stelle haben sie Vereinigungen nach italienisch faschistischen Modellen vorgeschlagen.

Während der letzten Jahre mit sporadischer anti-britischer Gewalt hat IZL und die Sternbande eine Terrorherrschaft in der jüdischen Gemeinschaft Palästinas ausgeführt: Lehrer geschlagen, weil sie sich gegen sie ausgesprochen haben, Erwachsene erschossen, weil sie verhinderten, dass sich ihre Kinder ihnen anschlossen. Mit Gangstermethoden, Schlägen, Fenster einschlagen und weit verbreitetem Diebstahl schüchterten die Terroristen die Bevölkerung ein und verlangten einen hohen Tribut.

Die Leute der Freiheitspartei nahmen nicht an konstruktiven Aufbauleistungen in Palästina teil. Sie haben kein Land erworben, keine Siedlungen gebaut und nur die jüdischen Verteidigungsaktivitäten beeinträchtigt. Ihre vielfach publizierten Einwanderungsbemühungen waren winzig. Sie bemühten sich vor allem darum, faschistische Mitstreiter zu bekommen.

Diskrepanzen

Die Diskrepanzen zwischen den kühnen Behauptungen, die jetzt von Begin und seiner Partei gemacht werden und der Vorgeschichte in Palästina trägt den Stempel keiner gewöhnlichen politischen Partei. Dies ist der unverkennbare Stempel einer faschistischen Partei, für die Terrorismus (gegen Juden, Araber und Briten gleichermaßen) und Verfälschung Mittel sind, und ein “Führerstaat” das Ziel ist.

In Anbetracht der vorausgegangenen Überlegungen muss die Wahrheit über Herrn Begin und seine Bewegung in diesem Land bekannt gemacht werden. Es ist um so tragischer, dass die oberste Führung des US-Zionismus sich weigert, eine Kampagne gegen Begins Bemühungen durchzuführen oder seinen eigenen Wählern die Gefahren aufzudecken, die Israel drohen, wenn Begin unterstützt wird.

Die Unterzeichner greifen deshalb zu diesem Mittel, einige herausragende Tatsachen, die Begin und seine Partei betreffen, öffentlich zu machen und alle Betroffenen sehr zu bitten, die letzte Erscheinung von Faschismus nicht zu unterstützen.

ISIDORE ABRAMOWITZ, HANNAH ARENDT, ABRAHAM BRICK, RABBI JESSURUN CARDOZO, ALBERT EINSTEIN, HERMAN EISEN, M.D., HAYIM FINEMAN, M. GALLEN, M.D., H.H. HARRIS, ZELIG S. HARRIS, SIDNEY HOOK, FRED KARUSH, BRURIA KAUFMAN, IRMA L. LINDHEIM, NACHMAN MAISEL, SEYMOUR MELMAN, MYER D. MENDELSON, M.D., HARRY M. OSLINSKY, SAMUEL PITLICK, FRITZ ROHRLICH, LOUIS P. ROCKER, RUTH SAGIS, ITZHAK SANKOWSKY, I.J. SHOENBERG, SAMUEL SHUMAN, M. SINGER, IRMA WOLPE, STEFAN WOLPE.

New York, 2. Dezember 1948
 




Quelle:  Jenny Lipow, Berkeley, CA, jennylipow[AT]netscape.net , 22. Mai 2002.

Deutsche Übersetzung:  Ellen Rohlfs. (Herzlichen Dank an Anneliese F. und Andreas N. für die nachträglichen Korrekturen)

Nach intensiver Recherche habe ich ein gescanntes Foto von dem Originalbrief Einsteins gefunden und darf dieses Fundstück allen Mitlesern zur Dokumentation zur Ansicht bereitstellen.  Klickt bitte diesen Link an !  Falls der Link irgendwann mal nicht mehr klappen sollte, habe ich den Scan hier unten in drei Einzelbilder hochgeladen.