Anatomie der Ratlosigkeit - Kulturkonflikte im Schatten der Globalisierung (PETER ATTESLANDER)

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Helmut S. - ADMIN
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Anatomie der Ratlosigkeit - Kulturkonflikte im Schatten der Globalisierung (PETER ATTESLANDER)
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ANATOMIE DER RATLOSIGKEIT

 

Untertitel: Kulturkonflikte im Schatten der Globalisierung

Verlag: Nzz Libro (2007), kartoniert/broschiert, 176 Seiten

Kurzbeschreibung / Leseprobe aus Peter Atteslander's Buch:

Ratlosigkeit entsteht aus Mangel an Orientierung. Sie führt zu verbreiteter Anomie, will heissen: Für immer mehr Menschen versagen bisherige Erfahrungen und ganz alltägliche Verhaltensweisen gegenüber den neuen Herausforderungen der Globalisierung. Für Regierungen bedeutet das den Verlust der Fähigkeit, sozialen Wandel zu steuern und soziales Kapital zu aktivieren. Folge davon ist für viele Menschen eine existenzbedrohende Ratlosigkeit angesichts wachsender Kulturkonflikte.

Welche Leuchtfeuer gibt es noch? In einer Zeit satellitengesteuerter Ortung haben altbewährte Leuchttürme ausgedient. Automatische Zielführung hat uns gleichsam das Suchen abgenommen, und wir stehen kurz vor dem Verlust des sozialen Kompasses.

Immer schneller ändert sich das Verhältnis von Wissen zu Nichtwissen. Wir sind gleichzeitig überinformiert und unterorientiert. Im Alltag gibt es keine Trennung mehr zwischen Wissen als gesicherter Erkenntnis aus medialer Information und dessen gesellschaftlicher Wirkung. Immer drängender stellt sich die Frage, was orientierende
Kenntnis sein könnte: Welches Wissen eignet sich zur Erklärung gesellschaftlicher Konflikte, zur Regelung praktischer Probleme und, höchst wünschenswert, welches verspricht uns eine Zukunft angesichts steigender Komplexität, zunehmender Polarisierung und um sich greifender Hilflosigkeit? Dies wird besonders deutlich im gegenwärtigen Konflikt zwischen den Kulturen und dem gebetsmühlenartigen Appell zu gegenseitiger Toleranz, wobei Toleranz meist vom andern erwartet wird. Weitgehend unerforscht bleiben die Bedingungen für interkulturelles Zusammenleben.

Der rote Faden liegt in der Beachtung der vielfältigen lokalen Kulturen und deren überragender, bis heute kaum berücksichtigter Bedeutung. Die wesentliche Frage ist: Warum gelingt es der Mehrheit der Menschen nicht, wenigstens einen Teil der positiven Segnungen der Globalisierung zu nutzen? Welches sind die Widerstände, welches die Möglichkeiten? Bei aller Unsicherheit zukünftigen Geschehens ist eines gewiss, nichts in der Welt strebt derart flüssig und weitgehend unkontrolliert raschem Gewinn zu wie das Kapital. Dem gegenüber steht das Verhaftetsein der Menschen in Traditionen, ihre Suche nach Sicherheit im ehemals Bewährten. Die Menschen aller Kulturen zeigen in diesem Sinne angesichts immer neuer Herausforderungen ein konservatives, oft rückwärts gerichtetes Sozialverhalten.

Von besonderer Bedeutung ist die Wirkungsweise von lokalen Kulturen. Sie prägen Werte und Normen der Menschen, sind Hort ihrer Identität. Sie entscheiden über Annahme oder Ablehnung neuer Technologien und über die Einstellung gegenüber der Moderne. Lokale Kulturen sind entscheidend für den Ausgang des globalen Kulturkonflikts.

Bevor sich die heillos vernebelte Werte-Diskussion nicht aufklart, ist an einen erfolgreichen Dialog zwischen den Kulturen nicht zu denken. Wie sehen die reellen Chancen des einander Tolerierens aus?

Zunächst sind weitverbreitete Illusionen zu hinterfragen. Geht es um zentrale gesellschaftliche Werte oder um im Alltag erworbene soziale Normen und unbewusste Reaktionen? Normen sind veränderbar durch Dialog, Werte dagegen viel schwieriger zu beeinflussen, allenfalls durch langwierige Prozesse der Einsicht. Es wird an Beispielen illustriert, zu welch vermeidbaren Folgen das Nichtwahrnehmen gesicherter sozialwissenschaftlicher Befunde führen kann. Ein gefährliches globales «Titanic-Syndrom» ist im Anzug. Es ist notwenig, die bereitstehenden Warnsignale zu erkennen. auseinanderzusetzen.Welcher erwünschte oder unerwünschte soziale Wandel ist überhaupt noch steuerbar? Zwar hat mittlerweile der Ausdruck Humankapital in ökonomisches Denken Eingang gefunden, nicht jedoch der für die Zukunft ungleich wichtigere des vorhandenen, aber brachliegenden sozialen Kapitals, wie an wenigen erfolgreichen Beispielen zu belegen bleibt.

Dieses Buch ist ein Versuch, einige Leuchtfeuer zu setzen; es will Anleitung sein zu eigener Orientierung. Vor allem ist es ein Aufruf, sich mit zwölf Strategievorschlägen für einen konfliktarmen Umgang mit nicht bedachten, schädlichen Auswirkungen der Globalisierung