Cayman Islands: Ein sonniger Ort für Ihr Geld

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Cayman Islands: Ein sonniger Ort für Ihr Geld
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Cayman Islands - Ein sonniger Ort für Ihr Geld


von Eric S. Margolis


Grand Cayman: Als Christoph Kolumbus 1503 diese abgelegene Inselgruppe zwischen Jamaica und dem mexikanischen Yukatan entdeckte, waren deren einzige Bewohner Krokodile, Schildkröten, Leguane und Insekten. Er gab ihr den Namen Las Tortugas.

Es dauerte nicht lange, bis Tortugas zum berüchtigtsten Schlupfwinkel der Piraten in den Westindischen Inseln wurde, von dem aus diese Jagd machten auf spanische Schatzflotten, die von Panama nach Kuba segelten – auf der legendären Seeroute, die als die Spanische Hauptroute bekannt war.

Sir Francis Drake tauchte hier 1586 auf und führte eine Flotte von 23 Freibeutern (von der Regierung genehmigte Piraten) an, welche Jagd auf spanische Händler machten. Vier Jahre danach wurde Tortuga zur britischen Kolonie Cayman und ist dies bis heute geblieben.

Als ich 1979 Cayman zum ersten Mal besuchte, hatte es nur 10.000 Einwohner. Es gab ein bescheidenes Hotel für Sporttaucher, das Galleon Beach. Dichte Sturmwolken blutrünstiger Moskitos machten es unmöglich, nach der Abenddämmerung aus dem Hotel zu gehen. Jeder, der das ohne einen DDT-Rauchtopf tat, wäre bei lebendigem Leib gefressen worden.

Zwei Dinge passierten, die Cayman aus einer Insektenhölle in den zweitwichtigsten Steuerhafen nach der Schweiz und in das fünftgrößte Bankzentrum verwandelten:

  • Erstens rotteten eine intensive Kampagne der Mückenkontrolle und die Trockenlegung der Sümpfe die meisten Insekten der Insel aus.
  • Zweitens führte die britische Krone eine Null-Steuer-Politik ein und entfernte alle Hindernisse für den freien Fluss von Geld.

Die New Yorker und Londoner Chefs der West Indies Port, Land and Shipping Group, für die ich damals arbeitete, sandten mich nach Cayman, um Banken zu eröffnen. Ich eröffnete drei, darunter mein liebstes Geistesprodukt, die German-Atlantic Bank.  

Wäre ich doch im Bankgeschäft geblieben. Meine Chefs hatten eine beachtliche Voraussicht. 44 Jahre später gibt es in Cayman fast 300 Banken, Versicherungen aller Art, und über 10.000 Hedgefonds, welche rund $36 Milliarden verwalten, sowie Registraturen für Schiffe und Flugzeuge.

Die Bevölkerung ist auf 56.000 angewachsen, fast ein Drittel davon sind zugewandert und im Finanzbereich tätig. Der Zustrom von Bankgeschäften hat ein Leben ohne persönliche Steuern und ein pro Kopf-Einkommen von $47.000 ermöglicht, wodurch Cayman den höchsten Lebensstandard in den West Indies aufweist. Über 50% der Regierungseinnahmen kommen aus der Finanzindustrie.

Mit seinen azurblauen Gewässern, schönen Stränden, feinen Hotels, gepflegten Restaurants, hoch entwickeltem Kommunikationssystem und öffentlicher Infrastruktur ist Cayman ein Paradies für Touristen und Finanzkapital.

Im Gegensatz dazu hassen die Steuertreiber in aller Welt Cayman.

Die ultradiskreten Banken der Insel sind überflutet mit heißem Geld, besonders aus Russland. In der Tat wird fast jedes größere Geschäft in Russland über Cayman abgewickelt, die Schweiz oder Zypern (obwohl das Pleite gegangen ist). Cayman ist ein  Weltzentrum für legales Geschäft, aber auch für zwielichtige Finanzgeschäfte und die Abschirmung von Geld vor Steuerbehörden, verärgerten Ex-Frauen und Gerichtsverfahren.

Was Cayman so attraktiv macht ist, dass es eine britische Kolonie bleibt, was heißt, keine Revolutionen oder Staatsstreiche durch augenrollende Fanatiker sind zu befürchten. Die Insel bietet nach wie vor undurchdringliche Geheimhaltung und einen sicheren Ort für Geld. Und, um Somerset Maughams wunderschöne Beschreibung von Monaco zu zitieren, „einen sonnigen Platz für zwielichtige Leute.“

Wie London gibt auch Cayman vor, echt britisch und total legal zu sein. Aber nicht weit hinter den Fassaden geht es zu wie in einem Piratennest wie Tortuga und Port Royal in Jamaica in den Tagen des berühmten Seeräubers Henry Morgan. Mit der Ausnahme, dass die westindischen Piraten von heute Banker und Hedgefonds-Manager heißen und gestreifte Hemden und Hosenträger statt Bandanas und Augenbinden tragen. An die Stelle von Entermessern sind Handys getreten.

Aber Cayman ist jetzt wie andere Steueroasen unter schweren Beschuss von außen geraten. Letztes Jahr griff Präsident Obama Cayman als bedeutenden finanziellen Übeltäter heraus. Geldhungrige Regierungen auf aller Welt nähern sich bedrohlich Cayman.

Die Europäische Union, der Britannien dann und wann anzugehören vorgibt, schlägt die Kriegstrommeln wegen des Steuerparadieses Cayman, aber die Regierung ihrer britannischen Majestät weigert sich, das EU-Recht auf Cayman auszudehnen. Einige Gesten der Kontrolle von heißem Geld werden gemacht, aber Cayman bleibt offen für das Geschäft in einer Zeit, in der viele andere Steueroasen langsam geschlossen werden.

Cayman war eine brilliante Erfolgsgeschichte. Kolumbus und Drake wären stolz. Was für ein Jammer, dass das Modell Cayman nicht von Jamaica nachgeahmt wurde, das kurz vor dem nationalen Bankrott steht und unter einer Arbeitslosigkeit von 50% leidet.

Eric S. Margolis


 



Quelle:  erschienen auf der Webseite des Autors > www.ericmargolis.com > Artikel

Die Weiterverbreitung dieses Artikels ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen! Die deutsche Übersetzung wurde dort freundlicherweise von Klaus Madersbacher / A zur Verfügung gestellt.


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Bildquellen:


1. "Smiley", a hybrid of two species of crocodile at Cayman Turtle Farm, Grand Cayman Island, British West Indies. Urheber: Lhb1239. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported lizenziert.


2. Rum Point auf den Cayman Islands (British West Indies). Nutzungsrechtsinhaber: Visa1410 aus der deutschsprachigen Wikipedia. Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported lizenziert.