Cyberwar und Überwachung: Freiheit stirbt mit Sicherheit

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Cyberwar und Überwachung: Freiheit stirbt mit Sicherheit
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Cyberwar und Überwachung


Freiheit stirbt mit Sicherheit


von Alex Mayer, Neue Internationale 199


"Wir werden nicht zulassen, dass technisch manches möglich ist, aber der Staat es nicht nutzt.“ (Angela Merkel, Januar 2008)

Mit den islamistischen Anschlägen [1] auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo Anfang Januar 2015 wurde in Deutschland das Thema „Vorratsdatenspeicherung“ (VDS) wieder aus der Mottenkiste geholt. Reflexartig reagieren Politiker und Exekutive auf Terroranschläge mit schrillen Vorschlägen für mehr innere Sicherheit. Oft genug wird so ein Anschlag einfach direkt genutzt, um neue Überwachungsmaßnahmen salonfähig zu machen und durchzusetzen.


Cyberwar und Überwachung

Die imperialistischen Mächte tragen ihre militärischen und Geheimdienstaktivitäten zunehmend im virtuellen Raum aus. Der „Cyberwar“ umfasst neben materiellen Angriffen (Sabotage, Zerstören von Hardware), Cyberattacken mit Viren (Stuxnet-Angriff auf iranische Atomanlagen), Veränderung von Websites „Defacement“ zur Verbreitung von Propaganda, „Social Engineering“ und im weitesten Sinne auch den Drohnenkrieg und selbstverständlich auch die flächendeckende Überwachung und Auswertung von elektronischen Daten und der Kommunikation. Auch Deutschland bereitet sich auf einen Einstieg in den Einsatz von bewaffneten Drohnen für Kriegseinsätze vor. Skandalös, aber eher unbekannt ist die Tatsache, dass die US-Drohneneinsätze ohne Stützpunkte in Deutschland nicht möglich wären, sehr wahrscheinlich nach deutschem Recht illegal sind und trotzdem praktiziert werden.

Der Cyberwar richtet sich also zum einem nach außen gegen andere imperialistische Staaten und asymmetrische Kriegsgegner („Separatisten“ in der Ukraine, IS in Nahost), aber auch nach innen gegen soziale Bewegungen, zur Aufstandsbekämpfung und Komplettüberwachung der Bevölkerung.

Ähnlich wie beim Thema Drohnen, wenn nicht sogar noch stärker, werden, was die Überwachung angeht, sämtliche Grundrechte und Menschenrechte ausgehebelt oder schlichtweg ignoriert, deren Einhaltung und Verteidigung den Demokratien doch angeblich über alles geht.

Im globalen Wettbewerb mit anderen Staaten (und Unternehmen) werden massive Überwachungsinstrumente gebraucht, ebenso wie gegen mögliche Aufstände, Widerstand, antikapitalistische und linke Bewegungen. Überwacht und unterwandert wird, bevor real etwas passiert ist, um schnellstmöglich reagieren zu können.

Am 6. Juni 2013 wurde erstmals in einem Artikel des „Guardian“ über das PRISM-Programm des US-Geheimdienstes NSA berichtet. Durch den Whistleblower Edward Snowden wurde die Dimension der Überwachung deutlich. Nach dem Bekanntwerden der NSA-Überwachung „PRISM“ wurden auch die Überwachungsprogramme anderer Nationen nach und nach bekannt. Deutschland ist massiv verstrickt darin und wirkt seit langem aktiv mit. Erst vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass der BND sogar im Auftrag der NSA nach deren vorgegeben Schlüsselwörtern BND-Überwachungsdaten durchsuchte.


Vorratsdatenspeicherung kommt

Nach Charlie Hebdo sind sich Union und SPD nun einig. Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung soll in Deutschland wieder eingeführt werden und dafür sorgen, dass höchst legal die Daten von 80 Millionen Menschen gespeichert werden, bevor diese überhaupt verdächtigt werden, etwas getan zu haben. Gespeichert wird für zweieinhalb Monate (10 Wochen), wer mit wem wie lange telefoniert, SMS geschrieben hat oder mit welcher IP-Adresse jemand im Internet unterwegs war. Immerhin noch vier Wochen lang wird gespeichert, ob sich ein Handy in einer bestimmten Funkzelle aufgehalten hat (war das entsprechende Handy am „Tatort“). Zugriff auf diese Daten soll nur die Polizei erhalten und angeblich nur bei schweren Straftaten wie Totschlag und Mord. Aber schon bei der Einführung von DNA-Dateien wurde behauptet, es ginge nur um schwere Straftaten. Mittlerweile werden DemonstrantInnen wegen angeblicher Angriffe auf die Polizei damit konfrontiert.

Durch die weite Verbreitung von Smartphones werden Bewegungsdaten erstellt. Dies endet schon jetzt zunehmend in massenhaften Handy-Ortungen und Überwachungen z.B. bei den Protesten gegen die Nazi-Aufmärsche in Dresden 2011, bei den Aktivitäten gegen PEGIDA oder bei Blockupy. Darüber hinaus werden neue Möglichkeiten für flächendeckende Überwachung geschaffen (PKW-Maut, verpflichtender Einbau von GPS und Modems in PKW für angebliche Verkehrssicherheit und Industrieforschung - „eCall“ usw.). Dazu kommen altbewährte Überwachungsmethoden mit Anquatschversuchen und Spitzeleinsätzen von Staatsschutz, LKA, BKA, VS, Observation, systematisches Fotografieren von Briefsendungen, Öffnen von Post etc.) Die Stasi lässt grüßen!

Durch die rasant fortschreitende Anbindung von technischen Geräten aller Art an das Internet („Internet der Dinge“) sowie die elektronische Verarbeitung von Daten ist die flächendeckende Überwachung nebst der Nutzung für die Werbeindustrie und Missbrauch durch Kriminelle - nicht nur von sozialen Protesten, Bewegungen und kritischen Stimmen - längst Realität. Riesige Datensammlungen von de facto monopolistischen Konzernen wie Apple, Google, Facebook, Microsoft wecken bei staatlichen Behörden, Geheimdiensten, Werbeindustrie und kriminellen Begehrlichkeiten.


Massenbewegung gegen Überwachung? Fehlanzeige!

Der NSA-Skandal wurde erfolgreich heruntergespielt und schlussendlich totgeschwiegen. Faktisch gibt es momentan keine Massenbewegung gegen die Überwachung durch Geheimdienste und die Sammelwut der Konzerne. Eine solche wäre aber dringend notwendig gegen weitere Gesetzesverschärfungen wie für die Offenlegung aller Geheimabkommen und Aktivitäten, jeder staatlichen und privaten Überwachung (v.a. auf der Arbeit), die Abschaffung aller Geheimdienste und „Sicherheitsgesetze“.

Wir sollten uns dabei jedoch nicht täuschen - herrschende Klasse und bürgerlicher Staatsapparat werden sich jedes technisch möglichen Mittels zur Überwachung, Kontrolle und Unterdrückung bedienen. Sie werden sich dabei auch von ihren eigenen Gesetzen an der Verteidigung ihrer Interessen nicht hindern lassen.

Was wir brauchen, ist daher nicht nur ein Bewusstsein über technische Vorgänge und Möglichkeiten der Geheimdienste und deren Nutzung zur Repression, sondern v.a. auch ein Verständnis der Klasseninteressen, zu deren Verteidigung sie dienen.

Alex Mayer, Neue Internationale 199, Mai 2015

 


 

Anmerkung des KN-Admins H.S.: 

[1]  Woher nimmt Herr Verfasser des Artikels, Alex Mayer, das Wissen darum, daß es sich beim Paris Anschlag wirklich um einen "islamistischen Anschlag" handelte? Mit solch unbeweisbaren Behauptungen bringt man nur Menschen gegeneinander auf und spaltet die Gesellschaft. M.M.n. handelt es sich um gewaltbereite Straftäter, deren - ohne die verabscheuungswürdigen Taten rechtfertigen zu wollen - Motive nie wirklich hinterfragt wurden. Über die Ursachen solcher Handlungen wird meist hinweggeschaut - und aus gutem Grunde.

Aus islamistischer Sicht, oder sogar aus der Sicht des so genannten Islamischen Staates (IS), erfüllte der Anschlag keinen rationalen Zweck, im Gegenteil. Dagegen war der Anschlag für Regierungen, die den “Krieg gegen dem Terror” brauchen, sehr gelegen, um ihre interne und externe Politik zu rechtfertigen, insbesondere Frankreich und die USA.  

Ist dies nicht eine bewusst initierter Anschlag, ein synthetischer Terrorakt gewesen? Es waren also wieder mal die "bösen Moslems"? Bitte diesen Artikel lesen: "Unterschiede zwischen authentischem und synthetischem Terrorismus?" - weiter

Quelle: Gruppe Arbeitermacht - deutsche Sektion der Liga für die 5. Internationale > zum Artikel


Bild- und Grafikquellen:

 

1. Überwachungsstation - Foto: W.R. Wagner, Quelle: Pixelio.de

2. A 3D Representation of the GPS Satellite Constellation. Urheber: U.S. Govt Source / NOAA. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist gemeinfrei (public domain) weil sie Material enthält, das von einem Angestellten des National Oceanic and Atmospheric Administration im Verlaufe seiner offiziellen Arbeit erstellt wurde.

3. Pentagonaler Abfluss der Freiheit - Foto: Bernd Wachtmeister, Quelle: Pixelio.de