Das Dogma der Systemrelevanz - Too big too fail

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Helmut S. - ADMIN
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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Das Dogma der Systemrelevanz - Too big too fail
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Das Dogma der Systemrelevanz


Too big too fail


Die Sicherung der Systemrelevanz aller Instrumente, die dem Erhalt des herrschenden neoliberalen extrem kapitalbetonten Prinzips dient, ist oberste Kampfstrategie bei sämtlichen Profiteuren und ihren Handlangern. Wir haben es hier mit dem typischen Totschlagargument "There Is No Alternative", dem TINA-Prinzip der neoliberalen Demagogen zu tun, die uns einreden wollen, daß es keine anderen relevanten sachlichen Alternativen gäbe.

Merke: Es gibt immer eine oder mehrere Alternativen – wer anderes behauptet, ist ein Scharlatan!

Es bleibt festzuhalten, dass niemand eindeutige Kriterien für das Vorliegen von Systemrelevanz benennen, geschweige denn z. B. den Fall der seit 2009 verstaatlichte deutschen Bankenholding "Hypo Real Estate Holding AG" (HRE) unter diese Kriterien subsumieren kann. Systemrelevanz ist ein inhaltsleerer Begriff, der den Mitgliedern der politischen Klasse, gleich ob Ministerialbeamten oder Wissenschaftlern im Staatsdienst, nur dazu dient, dem politisch Gewollten den Anstrich von Seriosität zu verleihen. Ehrlicher wäre es allemal, wie die US-Amerikaner schlicht von „Too big to fail“ zu sprechen. Mit dieser Wendung wird jedenfalls nicht verschleiert, daß dem politischen Handeln Umstände zugrunde liegen, die nichts mit den Interessen der Bürger zu tun haben.

Wer „Systemrelevanz“ zum Dogma erhebt, muß sich die Frage gefallen lassen: Relevanz ja – aber bitte schön für wen?
 


► Systemrelevanz für kriminelle Finanzpraktiken?

Die Banken sollen gerettet werden, weil sie angeblich „systemische Bedeutung“ haben. Sonst würde die Volkswirtschaft zusammenbrechen, heißt es. Doch diese Darstellung ist sogar nach Ansicht etablierter Ökonomen wie Willem Buiter (ehemals u.a. Professor an der London School of Economics, seit Januar 2010 Chefvolkswirt des US-amerikanischen Finanzdienstleisters Citigroup Inc.) und dem Finanzprofessor Luigi Zingales (University of Chicago) ein „billiges Schauermärchen“. Damit werden die unwissend gehaltenen Gewerkschaften und die Bevölkerung erpreßt.

Solche Finanzpraktiken, fälschlich als „Investitionen“ bezeichnet, schaffen kurzfristig einige zehntausend Arbeitsplätze im Finanzsektor, zerstören aber Millionen Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor und in der Realökonomie. Die Zerstörung wird fortgesetzt, wenn diese Praktiken mit Staatshilfe gestützt werden. Die „systemische Bedeutung“ gilt also nur hinsichtlich solcher Finanzakteure selbst, während zur Gesundung der Realökonomie dieser toxische Riesen-Wasserkopf nicht gerettet, sondern abgeschnitten werden muß. Um die Realökonomie zu retten und weiterzuentwickeln, muss die bisherige Art der Bankenrettung verhindert werden!


► Wirkliche Systemrelevanz:

Einrichtungen der Grundversorgung (Energie, Wasser, Gesundheit, soziale Dienste, Rente, öffentlicher Nah- und Fernverkehr, Schulen und Bildung, kulturelle Einrichtungen) besitzen eine wirkliche Systemrelevanz, die den Interessen der Bürger dienen und die ein demokratischer Staat, sofern er diesen Status überhaupt für sich in Anspruch nehmen will, schützen und ausbauen muß.

Doch im Gegenteil dazu ist zu beobachten, daß „unsere“ in weiten Teilen korrupte und verantwortungslose Politikerclique gerade diese Elemente der Grundversorgung schleift und meistbietend verhökert. Diesen Prozeß nennt man üblicherweise und beschönigend „Privatisierung".
 



Bild- und Grafikquellen:


1. "Banken in die Schranken". "Es geht nicht um Banken, es geht um Menschen. Alternativlos." Foto: Jakob Huber / Campact. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).

2. Dr. Angela Merkel: "Keine Zeit verlieren mit unsinnigen Diskussionen über Alternativen . . .  das Bankwesen benötigt unser blindes Vertrauen!" Karikatur: Recbro Rogalist. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).