Der Parteienstaat als Sackgasse

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Peter Weber
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Der Parteienstaat als Sackgasse
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Der Parteienstaat als Sackgasse

Die deutschen Parteien haben m.M.n. in ihrem Auftrag vollständig versagt und auch in der selbsternannten Zielvorgabe, nämlich der Mehrheit der Bürger zu dienen und konsequent deren Interessen wahrzunehmen. Darauf haben im Bund die Mitglieder des Kabinetts (Kanzlerin / Minister) und auf Landesebene die Mitglieder des Landeskabinetts einen Eid geleistet. Meineid ist bekanntlich strafbar, aber Politiker stehen bei uns wohl außerhalb des Gesetzes und haben einen Persilschein.

Leider verfolgen die meisten Politiker primär ihren persönlichen Vorteil und lassen sich in vielerlei Hinsicht zum Machterhalt, zur Ausweitung von Macht und / oder zur Erlangung von lukrativen Posten nach Ausscheiden aus dem Dienst korrumpieren. Somit stellen sie letztlich nur noch Marionetten der Lobbyisten dar. Das wesentliche Mittel zur Durchsetzung dieser Ambitionen ist die Parteienstruktur, die undurchlässig ist und letztlich nur die Unfähigsten bis zur Spitze gelangen läßt (Peter-Prinzip !). Durch Methoden wie den Fraktionszwang wird die meist profillose Mehrzahl der Abgeordneten auf Linie getrimmt, um die Wünsche der einflußreichsten Lobbys zu erfüllen.

Natürlich gibt es auch den ein oder anderen Politiker, der gute Absichten hegt - zumindest zeitweise. Wahrscheinlich sind sogar die meisten dieser Apologeten zu Karrierebeginn mit der naiven Vorstellung gestartet, man könne demokratische Prozesse initiieren oder sogar die Welt verändern. Aber diese Hörner werden schnell abgestoßen, wenn lukrative Pöstchen winken und Anpassungszwänge überhand nehmen. Menschen mit Ecken und Kanten, die Zivilcourage und Rückgrat besitzen, kommen in der Politik meist nicht weit. Es sei denn, sie stellen ihr Durchsetzungsvermögen in den Dienst des Kapitals. Die Parteienbürokratie mitsamt Fraktionszwang sowie die Servilität gegenüber den Lobbyisten produziert stets immer noch faulere Kompromisse, so daß in der Sache kaum noch Fortschritte zu erzielen sind.

Kurz- oder mittelfristig gibt es keinen Anlaß und damit die geringste Hoffnung, daß die herrschenden Parteien/Politiker einsichtig werden, Verantwortung übernehmen und eine Kehrtwende auf ihrem Irrweg einleiten. Sie werden uns weiter mit ihren gebetsmühlenartigen Parolen füttern und uns anstelle eines neuen Diagnoseversuchs wegen bisherigen Mißerfolgs die Dosierung der bisher verabreichten bitteren Pillen steigern - bis zum Zusammenbruch.
 

Welche Alternativen bleiben uns Bürger eigentlich, um uns nachhaltig Geltung zu verschaffen?

  • Es bleibt als Basis aller Bemühungen nur noch der persönliche Ansatz. Das heißt, jeder muß für sich selbst einen Weg finden, wie er zwar auf rationale Weise aber doch schwerpunktmäßig mit menschlich-moralischen Ansätzen sein Leben (vor)lebt – mit dem Ziel einer solidarischeren Gesellschaft, die die Natur respektiert.
  • Dazu müssen neue Mittel und Wege geschaffen werden (da beginnt es, komplex zu werden), damit die bewußteren Menschen sich miteinander vernetzen, um Einfluß ausüben zu können. Wir dachten früher, daß wir mit dem Kritischen Netzwerk diese Entwicklung fördern könnten. Diese Vernetzung sollte zu einer Bündelung der gemeinsamen Nenner und schließlich zu einer Struktur führen, die auf den Gang der Politik Einfluß gewinnt. Soweit die Theorie!
  • Allerdings benötigt dieser Prozeß der Bewußtseinsveränderung in der Gesellschaft mindestens eine Generation Zeit, die wir aber nicht haben, denn die Uhr tickt und der Druck wächst.
  • Der Druck wächst auf vielen Ebenen – neben den ökonomischen und ökologischen Problemen z. B. durch die weltweiten Interessengegensätze Arme gegen Reiche oder durch den Kampf um Rohstoffe und Wasser. Die Dritte Welt klopft schon an unsere Haustür. Siehe Flüchtlingsdramen im Mittelmeer …
  • Da das Krisenpotential aber nicht linear anwächst sondern sich potenziert und die Spirale sich immer schneller dreht, werden unsere Möglichkeiten des Agierens immer mehr beschnitten. Dadurch werden wir zunehmend zu puren Reaktionen gezwungen, die nicht mehr aus einer sinnvollen Überlegung heraus resultieren, sondern die dem Zwang zum Handeln gehorchen und sinnfreien Aktivismus produzieren.

Trotzdem sehe ich keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, denn auch bei unseren Reaktionen haben wir Alternativen. Da der Mensch einen Verstand und freien Willen besitzt, ist er nicht zwangsläufig der Panik, der Untätigkeit oder der Unmoral ausgeliefert. Auch kann man selbst entscheiden, ob man einem Rattenfänger hinterher läuft oder nicht. Der Haken ist nur, daß die Sache mit dem freien Willen auch nur eine theoretische Möglichkeit ist. Denn die Menschen, die es verlernt oder nie gelernt haben, diesen zu gebrauchen, gehorchen ihren irrationalen und diffusen Ängsten oder Fremdeinflüsterungen.

Die Sache ist aus diesem Grunde nicht einfach. Es fängt ja schon mit der Frage der demokratischen Struktur an (bei uns die repräsentative Demokratie), auf der das Parteiensystem aufbaut. Bei einer repräsentativen Demokratie hat der Wähler sowieso nur noch 50 % (und das auch nur theoretisch) direkte Einwirkungsmöglichkeit. Wenn man von den restlichen 50 % den Lobbyisteneinfluß abzieht (und er liegt bei diesem Rest wiederum sicher bei weit über 50 %), dann bleibt dem Bürger an politischer Einflußnahme nicht mehr viel. Wenn man davon dann noch die unsinnigen Entscheidungen der Abgeordneten und Politiker abzieht, die aus Unkenntnis, Inkompetenz oder purer Egomanie und Machterhaltsgründen getroffen werden, dann braucht es schon die berühmte Nadel im Heuhaufen, um noch Rudimente demokratischer Spuren zu finden.

Eine Alternative wäre nur eine - wie auch immer geartete - direktere demokratischere Abstimmungsmethodik und Bürgereinflußnahme. Da man in einer Gruppe oder Gesellschaft niemals ohne eine Autorität auskommen und Entscheidungen gefällt werden müssen, bedarf es zumindest eines „primus inter pares“. Die Amtszeit von Mandatsträger sollte möglichst kurz sein, damit nicht der Hang zur Macht sich nicht breitmachen kann. Die Hierarchie muß möglichst flach gehalten werden und autoritäre Tendenzen sollten im Keime erstickt werden. Die große Frage ist jedoch: Wer soll das alles kontrollieren?

  • So lange die Parteienstrukturen so ausgerichtet sind, daß sie keine fähigen Querdenker zu lassen und grundsätzlich die kritischen und veränderungswilligen Kräfte mobben und herausekeln, so daß am Ende der Hierarchie (siehe Peter-Prinzip) nur noch die dümmsten, unfähigsten und machtgeilsten stehen, kann man diesem System nur mißtrauen. Ich war selbst in einer kleinen Partei Mandatsträger - aber aufgrund der Tatsache, daß selbst in kleinen politischen Organisationen derartige Fehlentwicklungen stattfinden, habe ich mein Mandat niedergelegt und bin aus der Partei ausgetreten.
  • Und so lange die Parlamente und deren Insassen zu reinen Abnickvereinen (siehe Fraktionszwang) degeneriert sind, haben die herrschenden Parteien kein großes Problem damit, im Weg stehende Hindernisse ganz einfach durch Änderung des Grundgesetzes oder dessen Negierung aus dem Weg zu räumen. Unter diesen Voraussetzungen gleiten wir langsam aber sicher in ein wirtschaftsfeudales autoritäres System ab.
  • Und so lange weiterhin die verantwortlichen Politiker über die Köpfe der Bevölkerung sowie der Parlamente hinweg einsame Entscheidungen (und zwar derart gravierende, deren Auswirkungen bis in nachfolgende Generationen hinein reichen) im Hinterzimmer ohne jegliche demokratische Kontrolle treffen, wird es nichts mit der Erhaltung oder Weiterentwicklung einer demokratischen Kultur.

Ergo: Wenn etwas überhaupt überholt ist und bis zum Himmel stinkt, dann "unser" Parteiensystem, das einerseits nur noch von egomanen Motiven zum Machterhalt getragen wird. Andererseits stellt es aber für die wirklichen Potentaten im Hintergrund, die mit dem nötigen Kapital ausgestattet sind, ein ideales Werkzeug dar, um deren Interessen zu wahren. Deshalb wird von dieser Seite dafür gesorgt, daß dieser Spielball funktionsfähig bleibt.

Das Ei des Kolumbus in Sachen neuer Gesellschaft kann auch ich nicht anbieten - das Rad ist ebenfalls bereits erfunden! Aber oberstes Gebot ist: Nicht aufgeben! Einen Versuch ist es (sind wir uns) jedenfalls wert! Über die möglichen Details zum Selbsthandeln wurde im Kritischen Netzwerk häufig nachgedacht, weshalb ich an dieser Stelle keine Wiederholungen bringe. Aber ein Prinzip muß man berücksichtigen, wenn sich Erfolg einstellen soll: Wir müssen die Taktik der Machtinhaber kopieren, die den Druck erhöhen, falls sie sich mit ihren Vorhaben nicht durchsetzen können. Auch wir müssen Gegendruck ausüben und diesen scheibchenweise erhöhen, bis wir siegen. Schließlich sind wir die Mehrheit! Rein theoretisch zumindest …

MfG Peter A. Weber



Bild- und Grafikquellen:

1. Persil ist eine Marke für ein Waschmittel des Henkel-Konzerns, benannt nach seinen ursprünglichen Hauptbestandteilen Perborat (Natriumperborat, als Bleichmittel) und Silikat (Natriumsilikat, als Schmutzlöser). Einen Persilschein zu besitzen oder zu erhalten, bedeutet eine weitreichende Erlaubnis, einen Freibrief, um einem lukrativen Geschäft oder einem zuvor moralisch oder rechtlich angezweifelten Interesse nachgehen zu können.

Der Begriff entstammt dem militärischen Sprachgebrauch und ist auf das Waschmittel Persil zurückzuführen. So war es üblich, dass Rekruten einen leeren Karton für die Rücksendung ihrer Zivilkleidung an ihre Familie zur Kaserne mitbringen mussten, wofür wohl oft Kartons mit einem Werbe-Aufdruck des weit verbreiteten Waschmittels Persil verwendet wurden. Im Soldatenjargon wurde so aus dem eigentlichen Gestellungsbefehl der Ausdruck Persilschein. Im späteren Sprachgebrauch wurde die Bedeutung des Begriffes Persilschein (in etwa der Bedeutung von „Freibrief”) auch verallgemeinert für Formulare und Bescheinigungen verwendet, deren Nutzen umstritten ist bzw. deren Beschaffung kein Problem darstellt.

Das Bild zeigt ein altes Emaille-Werbeschild der Fa. Henkel. Foto: Alf van Beem. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei wird unter der Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“ zur Verfügung gestellt.

2. NIE WIEDER PARTEI: Kritik am Parlamentarismus, den Politikern, dem Wahlsystem. Quelle: anarchismus.at

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Amtseid ist Volksverdummung


Amtseid ist Volksverdummung


Der sogenannte Amtseid eines Mitgliedes des Bundes- oder Landeskabinetts ist kein „gerichtlicher Eid“. Vielmehr handle es sich bei der Floskel „Ich schwöre“ lediglich um eine rein deklaratorische, also erklärende Formel. Diese hat nicht die Rechtsverbindlichkeit wie etwa ein vor Gericht abgelegter Eid oder eine Erklärung an Eides statt. Damit steht der Amtseid nicht unter der sogenannten Strafbewährung, das heißt - simpel ausgedrückt - selbst wenn man dem abgelegten Eid zuwider handelt, kann man nicht bestraft werden.
 

Damit stellt sich die Frage: Was hat dieser Eid überhaupt für einen Sinn? Die Antwort kann nur lauten: Volksverdummung. Den Menschen wird mit der Annahme, der abgelegte Eid sei verbindlich, etwas vorgegaukelt. Diese Verbindlichkeit ist in der geforderten Konsequenz aber letztendlich überhaupt nicht gegeben, denn der vorgenannte Personenkreis kann aus diesem Eid niemals ins Obligo genommen werden.

Der Eid ist reine Makulatur und nicht das mindeste wert!

Von den Politikern wird diese Unverbindlichkeit gerne damit begründet, daß sie im engen Sinne des Wortes gar keine Entscheidungsträger sind, sie von daher auch gar nicht in die Pflicht genommen werden können, denn jedes Gesetz oder jede wirklich wichtige Entscheidung müßte vom Parlament mehrheitlich abgesegnet werden. Damit trage dann eben auch das Parlament die letztendliche Verantwortung.

Damit stellt sich aber das nächste Problem. Wie will man ein Parlament in die Haftung nehmen?

Folglich ist in Deutschland, wie in den anderen Demokratien im übrigen auch, die wunderbare Möglichkeit gegeben, daß vom Volk gewählte Vertreter Politik machen, letztendlich aber keiner hierfür verantwortlich ist, zumal viele Entscheidungen geheim erfolgen. So what?

Helmut S.

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