Der Zins als die Wurzel des Übels Kapitalimus

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Der Zins als die Wurzel des Übels Kapitalimus
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Der Zins als die Wurzel des Übels Kapitalismus

Diese Thematik taucht immer wieder auf und führt zu heißen Diskussionen. Ich habe bei den meisten Beiträgen von Fachautoren, die dem gemeinen Volk vom hohen Roß herab die Zusammenhänge und Auswirkungen beschreiben wollen, Verständnisprobleme bei ihren Ausführungen. Darüber hinaus kristallieren sich viele der selbsternannten Zinsexperten als Zinsbeschöniger heraus. Zu dieser Gesellschaft gehört Egon W. Kreutzer sicherlich nicht. Sein neuester wöchentlicher „Paukenschlag“ hat den Titel Die kurze  "Lange Bank" der USA … und der Zins fehlt doch!

Gleich zu Beginn ein prägnanter Satz, der darin vorkommt: „Diese Krankheit ist der Kapitalismus selbst - und das zehrende Gift des Kapitalismus ist der Zins in allen seinen Erscheinungsformen.“ Damit hat sich der Autor gleich exakt verortet. Der Text dieses Artikels wird von mir nachstehend komplett veröffentlicht – Egon W. Kreutzer sei Dank für die Genehmigung. Ich empfehle Euch die Lektüre von ganzem Herzen, denn damit eignet Ihr Euch eine optimale Argumentationsgrundlage an.




Die kurze  "Lange Bank" der USA … und der Zins fehlt doch!

Nach gewaltigem Theaterdonner ist gestern gelungen, was - nach allen bisherigen Erfahrungen mit amerikanischen Haushaltsstreitigkeiten - gelingen musste. Die USA können wieder Geld ausgeben. Zwar sind die Republikaner aus dieser Schlacht weniger gut herausgekommen, als ich anfangs angenommen hatte, doch sie werden ihr Nachgeben schon noch in einen Akt verantwortungsvoller Staatsbürger umdeuten. Gewonnen ist nichts. Nur ein paar Wochen Zeit. Doch schon während dieser paar Wochen wird die Staatsverschuldung weiter ansteigen, wird die FED nicht aufhören, die Symptome des Patienten USA mit 85 Milliarden-Frischgeld-Spritzen zu kaschieren, was die chronische Krankheit allerdings nicht heilt, sondern nur noch weiter intensiviert.  

Diese Krankheit ist der Kapitalismus selbst - und das zehrende Gift des Kapitalismus ist der Zins in allen seinen Erscheinungsformen.

Dennoch werden jene Menschen, die im Bemühen stehen, die Neutralität des Zinses, also seine "Unschuld" zu beweisen, offenbar nicht weniger, sondern mehr. Der Nachweis, dass das Geld für den Zins keinen zusätzlichen Kredit erforderlich macht, wird dabei mit allerlei Beispielrechnungen immer wieder aufs Neue geführt, und wer sich nicht intensiv mit der Thematik befasst hat, übersieht dabei leicht die Fehler und Lücken dieser Argumentationen.

Letzte Woche erreichte mich (wieder einmal) die E-Mail eines Lesers, der sich in den Argumentationen dieser Zinsbeschöniger verheddert hatte und von alleine nicht mehr herausfand. Ich habe ihm zunächst nur kurz und pauschal geantwortet - und versprochen, die Thematik, obwohl sie mir längst weit zum Hals heraushängt, noch einmal in Form eines Paukenschlages zu behandeln.

► Was ist der Zins?

Der Zins taucht in zwei sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen auf:

  • als eine Gebühr für die Nutzung von Eigentumsrechten und
  • als eine Prämie für die Stilllegung von Liquidität.


Die Formel:

Zins = Gebühr für die Nutzung von Eigentumsrechten ist noch nicht im allgemeinen Verständnis angekommen. Wir verwenden für die Bezeichnung von "Zinsen" sehr unterschiedliche Begriffe, die zwar einerseits die unterschiedlichen Formen der Eigentumsrechte zum Ausdruck bringen, andererseits aber die gemeinsame Basis verschleiern, nämlich das nicht aus Leistung sondern ausschließlich aus Eigentumsrechten generierte Einkommen. Der Begriff "Zins" steht im allgemeinen Sprachgebrauch für die Gebühr, die fällig wird, wenn die Nutzung des Eigentumsrechts an Geld übertragen wird, wenn also ein Gläubiger einem Schuldner Liquidität verschafft und sein Geld-Eigentum damit in das Eigentum an einer Forderung gegenüber dem Schuldner umwandelt.

Wir kennen den Begriff "Zins" auch noch aus den nicht mehr sehr häufig verwendeten Begriffen "Mietzins" oder "Pachtzins". Beim Leasingvertrag versteckt sich der Zins, zusammen mit anderen Kostenbestandteilen, hinter dem Begriff "Gebühr" oder "Rate". Bei der Nutzung von Patenten wird die Gebühr für die Nutzung des "geistigen Eigentums" üblicherweise als Lizenzgebühr bezeichnet, während den Urhebern von Texten oder musikalischen Kompositionen für die Überlassung der Nutzungsrechte "Honorare" gezahlt werden. Nicht zuletzt erhalten Geldgeber, die einem Unternehmen die Nutzung ihres Kapitals ermöglichen, indem sie Anteile erwerben, statt einer festgelegten Verzinsung Gewinnanteile oder so genannte "Dividenden". Der Zins als Gebühr für die Nutzung von Eigentumsrechten und der Zins als Prämie für die Stilllegung von Liquidität haben bei Kreditgewährungen unter Nichtbanken einen sehr direkten Zusammenhang. Hier zahlt der Schuldner seinem Gläubiger den Zins für ein Darlehen, das aus dem (Geld-) Eigentum des Gläubigers stammt.

Der Gläubiger tauscht einen eigenen Geldbetrag gegen eine Forderung an seinen Schuldner ein. Sein Vermögen ändert sich dadurch nicht, allerdings hat er weniger Liquidität zur Verfügung. Der Zinsaufwand des einen ist dabei zugleich der Zinsertrag des anderen, was üblicherweise als Prämie für seinen Verzicht auf Liquidität angesehen wird. Diese Argumentation dreht zwar ab einer gewissen Größenordnung der Vermögensverhältnisse vollkommen ins Absurde, weil es keine andere Verwendungsmöglichkeit für die Liquidität mehr gibt, als die verzinsliche Anlage, doch darum soll es heute nicht gehen.

Etwas anders verhält es sich, wenn der Gläubiger eine Bank ist. Dann stammt das Darlehen nämlich nicht aus der vorhandenen Liquidität der Bank. Sie vollzieht für den (für jeden) Kredit eine Geldschöpfung aus dem Nichts und erhöht damit die umlaufende Liquidität. Auch das Vermögen der Bank ändert sich dabei nicht. Dem aus dem Kredit stammenden Guthaben des Schuldners steht nämlich die gleich hohe Forderung der Bank an ihren Schuldner gegenüber. Beides saldiert sich zu Null. Die Bank riskiert allerdings, genau wie der private Gläubiger, einen Vermögensschaden für den Fall, dass der Kredit nicht oder nicht vollständig getilgt wird. Der Zinsaufwand des Schuldners ist in dieser Konstellation der Zinsertrag der Bank, der aber nun überhaupt nicht mehr als Verzicht auf Liquidität angesehen werden darf, weil die Bank durch die Kreditvergabe nicht auf Liquidität verzichten braucht.

So weit, so einfach.

Fehlt noch jener Zins, den der private Anleger von der Bank für sein dort geparktes Guthaben erhält. Mit der Geldanlage bei einer Bank wird Liquidität zunächst einmal stillgelegt. Der Zins, der dafür gezahlt wird, kann aus Kundensicht natürlich ebenfalls - und zumeist fragwürdig - als Prämie für Liquiditätsverzicht angesehen werden, aus Sicht der Bank hat er zweierlei Funktionen:

a) Durch die Stilllegung von Liquidität wird das Kreditgeschäft des Bankensystems insgesamt direkt - und das Kreditgeschäft der Anlagebank zumindest indirekt gefördert. Das heißt, Anlegergeld erzwingt die Aufnahme neuer Kredite, wenn die Gesamtliquidität erhalten werden soll.

b) Das bei der Bank angelegte Geld kann von dieser nach Belieben für das eigene Finanzgeschäft eingesetzt werden, zu einem geringen Teil werden damit die Mindestreserven bei der Zentralbank dotiert, zum größten Teil ermöglichen diese Gelder den Banken eigene, spekulative Geschäfte an den Devisen- und Warenterminmärkten, sowie im Wertpapier- und Derivatehandel.

Der Zins, den die Bank dem Anleger zahlt, zählt also ganz überwiegend zu den Kosten des Investmentbankings. Mit dem Zins, den die Schuldner an die Bank entrichten, hat er faktisch nichts zu tun.
 
Wie wirkt der Zins?

Die Auswirkungen des Zinses werden zumeist an zwei Kriterien beobachtet:

  • in seiner Wirkung auf das Wirtschaftswachstum,
  • und in seiner Wirkung auf die Inflation.

Dabei sollen - bei ansonsten unveränderten gesamtwirtschaftlichen Faktoren - sinkende Zinsen das Wachstum positiv beeinflussen und die Inflation in die Höhe treiben, während steigende Zinsen das Wachstum bremsen und die Inflation eindämmen. Diese Erfahrungswerte, die allerdings eher "Erwartungshaltungen" als sichere Funktionen des Zinses sind, sind zurückzuführen auf die eigentliche Wirkung des Zinses, die darin besteht, die Liquidität zu verändern. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einer primären und einer sekundären Wirkung des Zinses auf die verfügbare Liquidität. Die primäre Liquiditätswirkung beruht auf der Erwartung, sinkende Zinsen würden die Kreditnachfrage erhöhen, weil sinkende Zinsen die Rendite von Investitionen erhöhen und Konsumkredite leichter bedienbar erscheinen lassen - was bei steigenden Zinsen umgekehrt erwartet wird.

Die sekundäre Liquiditätswirkung des Zinses beruht darauf, dass nicht nur die aus den Krediten fällig werdenden Tilgungsleistungen, sondern auch die Zinszahlungen nur über Neuverschuldung aufgebracht werden können. Gelingt dies, bleibt die in der Volkswirtschaft vorhandene Liquidität erhalten, gelingt es nicht, sinkt die Liquidität und die Volkswirtschaft gleitet in eine Depression. Genau diese sekundäre Liquiditätswirkung ist es, die von den Zinsbeschönigern vehement bestritten wird.

Die sekundäre Liquiditätswirkung des Zinses

Die sekundäre Liquiditätswirkung des Zinses ist mit rein finanzmathematischen Modellen nicht beschreibbar, es braucht dazu Elemente der Spieltheorie, weil sehr unterschiedliche Gruppen von Individuen sehr unterschiedliche Strategien entwickeln, um die sekundäre Liquiditätswirkung des Zinses abzufangen oder sich positiv nutzbar zu machen.
Grob vereinfacht lassen sich diese unterschiedlichen Mitspieler zu fünf ähnlich und jeweils in die gleiche Richtung wirkenden Charakteren zusammenfassen:

1. Der Staat

2. Die Unternehmen der Realwirtschaft

3. Die Unternehmen der Finanzwirtschaft

4. Die privaten Haushalte mit Netto-Zinseinkommen

5. Die privaten Haushalte mit Netto-Zinslasten

Diese Charaktere verfolgen - jeweils summarisch für die von ihnen vertretenen einzelnen Wirtschaftssubjekte betrachtet - folgende Kern-Strategien:
 
Der Staat

Der Staat versucht seine gesetzlichen Aufgaben und die Steuereinnahmen in Übereinstimmung zu bringen. Die aus den Staatsschulden resultierenden Zinslasten schmälern das staatliche Leistungsvermögen und schwächen damit das BIP. Zum Ausgleich stellt sich die Frage: Steuererhöhungen oder Neuverschuldung? Steuererhöhungen, die sich vor allem in Lohnsteuer und Konsumsteuern auswirken, schmälern den privaten Konsum und schwächen damit ebenfalls das BIP, Steuererhöhungen, die sich auf hohe Einkommen und Vermögen auswirken, wirken sich kaum auf das BIP aus, stoßen jedoch auf hohen Widerstand der privaten Haushalte mit Netto-Zinseinkommen.

Die Regierung wird also in aller Regel bei Liquiditätsmangel zum Mittel der Neuverschuldung greifen und nur bei massiven Liquiditätsüberschüssen darauf verzichten oder gar Netto-Tilgungsleistungen erbringen. Der Weg über die Netto-Neuverschuldung erhöht die Zinsbelastung im Staatshaushalt Jahr für Jahr.
 
Die Unternehmen der Realwirtschaft

Die Unternehmen der Realwirtschaft versuchen ihre Rendite zu optimieren. Vorausgesetzt, die erforderliche Nachfrage erscheint erreichbar, werden sie Teile des betriebsnotwendigen Kapitals durch Kreditaufnahme bereitstellen. Zinsaufwände werden in den Preisen weitergegeben. Je höher der Zinsaufwand, desto höher die Notwendigkeit, andere Kostenfaktoren zu minimieren. Die in den Preisen letztlich an die Konsumenten weitergereichten Zinslasten wirken doppelt negativ auf das BIP. Einerseits binden hohe Preise ein höheres Maß an Liquidität, andererseits reduzieren Kostensenkungen stets auch die Kaufkraft der Konsumenten und die Einnahmen des Staates.
 
Die Unternehmen der Finanzwirtschaft

Finanzwirtschaftliche Unternehmen versuchen ihre Rendite zu optimieren. Je schwieriger die Wirtschaftslage, desto geringer ist ihre Neigung, neue Kredite auszureichen, stattdessen wird "überflüssige" Liquidität in immer neue und immer spekulativere Finanzanlagen verschoben. Je prosperierender die Volkswirtschaft, desto bereitwilliger wird zusätzliche Liquidität bereitgestellt. Der gewünschte jährliche Zinsertrag aus dem Kreditgeschäft wird - abhängig vom aktiven Kreditvolumen - über die Zinssätze der Neukredite realisiert. Das Bestreben, möglichst viel Liquidität von Anlegern abzuziehen, bleibt dabei - unabhängig von der Wirtschaftslage - stets gleich intensiv.

Die privaten Haushalte mit Netto-Zinseinkommen Netto-Zinsempfänger versuchen, ihre Kapitaleinkünfte zu optimieren. Das heißt, sie wechseln in Niedrigzinsperioden tendenziell in spekulative Anlageformen und suchen bei stagnierenden Wirtschaftsdaten eher wieder den sicheren Hafen der festverzinsten Geldanlage. Die privaten Haushalte mit Netto-Zinslasten versuchen, mit dem Einkommen auszukommen. Sie werden in Zeiten hoher Zinsbelastung den Konsum zurückfahren (müssen) - und in Zeiten billigen Geldes wieder ausgabefreudiger.

Wo bleibt der Zins?

Unterstellen wir genau das, was die Zinsbeschöniger nicht müde werden, zu wiederholen, dass nämlich der Zins nicht gehortet wird, sondern von den Zinsempfängern immer wieder so rechtzeitig als Konsum- oder Investitionsausgabe in den Markt kommt, dass der Zins aus der umlaufenden Liquidität aufgebracht werden kann, dann sollte sich theoretisch eine Situation einstellen können, bei der sich ein einmal erreichter Schuldenstand - bis auf kleine Schwankungen - vollständig stabilisieren müsste. Alle Tilgungsleistungen würden dann durch Neuverschuldung in gleicher Höhe kompensiert, alle Zinszahlungen flössen den Schuldnern aus "Einkäufen" der Gläubiger wieder zu. Es wäre stets genug Liquidität im Umlauf, um alle Transaktionen zu ermöglichen, es gäbe auch keinen Wachstumszwang.

Wir wissen jedoch, dass die Gesamtverschuldung von Staat, Unternehmen und privaten Haushalten genauso stetig steigt, wie auch das (Geld-) Vermögen der privaten Haushalte stetig steigt. Was, außer dem Zins, könnte dafür verantwortlich sein, dass das Geld-Vermögen der privaten Haushalte stetig steigt? Da gibt es sehr viele Faktoren. Hohe Gehälter hoher Angestellter, Gewinne aus Unternehmen, die an die Eigentümer ausgeschüttet werden, Miet- und Pacht-Einnahmen, denen nur geringe Kosten gegenüberstehen, Erträge aus Lizenzgebühren und Urheberrechten, realisierte Gewinne aus Spekulationsgeschäften, und so weiter.

Ein Wachstum des Geldvermögens ist aber - ganz unabhängig von der Einkommensart - immer nur dann zu erwarten, wenn die Ausgaben kleiner bleiben als die Einnahmen, wenn also so genannte "Sparvorgänge" stattfinden. Sparen ist also stets der Überschuss aus allen Einkommensarten (einschließlich Guthaben-Zinsen) über die Ausgaben. Was, außer dem Zins, könnte dafür verantwortlich sein, dass die Gesamtverschuldung von Staat, Unternehmen und privaten Haushalten stetig steigt? Auch hier gibt es die unterschiedlichsten Gründe. Die Vorfinanzierung privater Bauvorhaben zählt ebenso dazu, wie die Investition in neue Maschinen, der Ratenkredit für die Möbel, der Dispo-Kredit zur Bezahlung der Lebensmitteleinkäufe, die Kreditfinanzierung des Defizits im Staatshaushalt, und so weiter.

Ein Wachstum der Verschuldung ist aber - ganz unabhängig von der Zweckbestimmung der Kredite - nur dann zu erwarten, wenn die Einnahmen dauerhaft kleiner bleiben als die Ausgaben. Die Aussagen zum Wachstum von Vermögen und Verschuldung gleichen sich, wenn auch mit unterschiedlichem Vorzeichen. Doch sie erklären so noch nicht die dahinter stehende Dynamik - und die lässt sich wiederum nur unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Geldes beschreiben.

Hier noch einmal zur Erinnerung:

Geld entsteht durch einen einfachen Buchungsvorgang als Giralgeld. Geld bleibt, so lange es nicht zur Tilgung eines Bankkredits verwendet wird, als Bargeld oder Giralgeld existent. Es steckt also entweder im Safe oder als Guthaben auf einem Girokonto. Wurde es von einem Sparer auf ein "Sparkonto" verlagert, existiert die ihm zugehörige Liquidität immer noch auf dem Zentralbankkonto der Bank. Da alles Geld erst aus Bankkrediten entsteht, ist grundsätzlich alles Geld auch zinspflichtig, und zwar dem gegenüber, der den originären Kredit aufgenommen hat.

Die vorstehend angesprochene Dynamik sieht nun so aus, dass es einen im Kern stabilen, an seinen Rändern sich verändernden Kreis von privaten Haushalten gibt, deren Einkünfte ihre Ausgaben dauerhaft übersteigen. Dieser "Kreis der Sparer" saugt durch seine Ersparnisbildung permanent Liquidität von allen anderen Wirtschaftssubjekten ab. Einen Teil dieser Liquidität gibt er in den Wirtschaftskreislauf zurück, zum Teil für privaten Konsum, zum Teil für Investitionen in neue Real-Investitionen, der (große) Rest verbleibt in der Finanzsphäre und erhöht den nominalen Wert des Gesamtvermögens.

Diese "Finanzsphäre" ist nämlich bei genauerem Hinsehen nichts anderes als das in unterschiedlichsten Geld-Anlageformen "geparkte" und ständig "spekulativ umgeschichtete" Gesamtvermögen dieses "Kreises der Sparer" - ergänzt um die Anlagen jener Kleinanleger, die sich aus Aktien und Derivaten, aus Termingeschäften und Devisenspekulationen Gewinne - wie beim Glücksspiel - erhoffen, ohne selbst entscheidenden Einfluss auf das Geschehen ausüben können. Wo nichts ist, kann nichts abgesaugt werden. Mit dem Verbringen von Einkommensüberschüssen des Kreises der Sparer in die Finanzsphäre schrumpft im nahezu gleichen Maße die Liquidität der Realwirtschaft. Das heißt: In der Sphäre von Staat, privaten Haushalten und Unternehmen steht weniger Geld zur Verfügung, was zwangsläufig zu sinkender Wirtschaftsleistung, sinkenden Unternehmensgewinnen und sinkenden Arbeitseinkommen führt. Eine Situation, die weder für den "Kreis der Sparer" noch für die übrigen Wirtschaftssubjekte von Interesse ist.

Also wird die Liquidität wieder aufgefüllt. Ein erheblicher Teil dieses Auffüllens war bis vor wenigen Jahren dadurch gesichert, dass der Staat sich - über Pfandbriefe - das Geld direkt aus der Finanzsphäre wieder in die Kasse holte (und zwar Tilgung + Zinslast). Ein Weg, der wenigen großen Unternehmen über eigene Schuldverschreibungen auch offen steht. Kapitalgesellschaften bieten zu dem immer wieder Junge Aktien an der Börse an oder verschaffen sich überhaupt erst durch den Börsengang die benötigte Liquidität.

Pfandbriefe und ähnliche festverzinsliche Papiere definieren einen klaren Zinsanspruch, Anteile an Unternehmen sollen - entsprechend der Geschäftslage - eine variable Verzinsung, die "Dividende" genannt wird, abwerfen. Der Nominalwert der Pfandbriefe muss am Ende der Laufzeit zurückgezahlt werden, der Erlös aus der Aktienemission steht dem emittierenden Unternehmen als Eigenkapital zur Verfügung, eine Tilgung findet nicht statt, allerdings endet das Recht des Kapitalgebers auf Beteiligung am Unternehmensgewinn auch erst mit dem Untergang der Gesellschaft. Kleinere Unternehmen und die privaten Haushalte kompensieren in ihrer Gesamtheit ebenfalls einen Teil der abgesaugten Liquidität durch ihre Netto-Neuverschuldung bei Banken.

Die nächste Periode

Der Kreis der Sparer hat seine Ansprüche aus den Zinseinnahmen der erweiterten Gesamtverschuldung befriedigt. Erneut sind einerseits Vermögen gewachsen und andererseits Schuldenstände gestiegen. Um auch die nächste Periode mit Gewinn zu überstehen, ist erneut die Auffüllung der Liquidität erforderlich.

Die Zinsbeschöniger ziehen nun lächelnd auf die Bühne und wiederholen ihre ewig falsche Behauptung: Es ist nicht der Zins, der Zins ist unschädlich! Schuld ist die Hortung. Hortung und Zins sind so eng miteinander verwoben, dass die Situation dem "Henne-und-Ei-Problem" sehr ähnlich scheint. Doch sie ist nur ähnlich. Da, wo existentes Geldvermögen entstanden ist, wo also Hortung stattgefunden hat, kann, mit der Abtretung des Nutzungsrechts gegen Gebühr, Zins gefordert werden. Übersteigt der Zinsertrag die Ausgaben, ermöglicht er weitere Hortung - und so weiter.

In diesem Fall ist die Frage, wer zuerst da war, kaum mehr lösbar. Da, wo Geld aus dem Nichts, zusammen mit einer gleich hohen Schuld aus dem gleichen Nichts geschaffen wird, fällt die Antwort eindeutig aus: Es sind die Zinserträge der Banken, die Horte speisen, die es vorher nicht gegeben haben muss, um diese Zinserträge generieren zu können. Verwendet man den erweiterten Zinsbegriff, der alle "Gebühren für die Nutzung von Eigentumsrechten" umfasst, betrachtet man zum Beispiel die ursprünglichen Kaufpreise ererbter Immobilien und stellt die Einnahmen aus Mieten und Pachten gegenüber, sieht es vergleichbar aus. Aus einem eher geringen ursprünglichen Kapitalstock erwachsen Zinserträge, deren Jahressumme nicht selten die ehemalige Investitionssumme übersteigt. Auch hier speist sich der Hort aus den Zinsen, und nicht umgekehrt.

Betrachtet man zudem, mit welch geringen Summen Erfinder oft abgespeist werden, vor allem dann, wenn ihre Erfindung eine so genannte "Arbeitnehmererfindung" war, deren Nutzung per Gesetz dem Arbeitgeber zusteht, findet man auch hier eine Verzinsung vor, gegen die der ursprüngliche Einsatz verblasst. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass eine Geldreform ohne eine Eigentumsreform zum Scheitern verurteilt ist. Weiterdenken erwünscht …

Doch noch steht der finale Nachweis aus, dass das "Geld für den Zins" der Pferdefuß unseres Geldsystems ist. Indizien habe ich gesammelt und aufgezeigt. Indizien, die in jedem Fall für eine Verurteilung ausreichen würden, wäre da nicht noch jener Winkeladvokat, der eine neue Beispielrechnung aus der Tasche zieht, um das Gegenteil zu behaupten.

Der Beweis

Machen wir es ganz einfach: Guthaben und Schulden der Volkswirtschaft stehen zu Beginn der Periode bei 100. Es werden 5 Prozent Zinsen auf die Schulden fällig. Wo wird der Index am Ende der Periode stehen? Die fünf Prozent, die dem Markt zurückgegeben werden müssen, um die Zinsen bezahlen zu können, so argumentieren die Zinsbeschöniger, lassen sich leicht aus den im Laufe der Periode eingehenden Tilgungsraten darstellen. Das ist ein schwaches Argument, weil es z.B. endfällige Darlehen ignoriert und überhaupt Bedingungen an die Abfolge von Darlehensgewährung, Zins- und Tilgungsterminen stellt, die in der Realität nur auf einen Teil der Kredite zutreffen. Es ist aber darüber hinaus ein schwaches Argument, weil das Einkommen aus der Realwirtschaft nur einen Bruchteil des Umsatzes der Realwirtschaft ausmacht.

Die Zinsen müssen aber aus den Einkommen bezahlt werden, nicht aus den Umsätzen. Um neben den Zinslasten auch noch den notwendigen Konsum finanzieren zu können, sollten die Gesamt-Einkommen aus der Realwirtschaft vor Zinsen bei mindestens 50% der Umsätze liegen. 45 Prozentpunkte für den Konsum, 5 Prozentpunkte für die Zinsen. Das bedeutet aber, dass die Gläubiger, um fünf Prozent Zinsertrag einnehmen zu können, vorher für den zwanzigfachen Betrag in der Realwirtschaft "einkaufen" müssten.

Es ist gleichgültig, mit welchen Zahlenrelationen hier operiert wird, immer wird der Betrag, der in die Realwirtschaft abgeführt werden muss, um deren Zinszahlung an die Gläubiger zu ermöglichen, größer sein müssen, als der Betrag, der anschließend an Zinsen zurückkommt. Wäre es also wahr, dass der Zins am Ende des Tages in der Rechnung nicht fehlt, dann müssten stattdessen die Vermögen der Gläubiger abnehmen! Das wiederum ist schwierig, denn das zinstragende Vermögen der Gläubiger existiert in Form von Forderungen gegenüber den Schuldnern, ist also nicht liquide und kann gar nicht zum "Einkaufen" in der Realwirtschaft verwendet werden.
Auch das Einkaufen aus den Rückflüssen der Tilgung wird nicht ausreichen, um den für die Erwirtschaftung der Zinsen notwendigen Umsatz zu erreichen. Und selbst wenn es gelänge - stellt dieser Versuch ebenfalls eine Schmälerung des Vermögens der Gläubiger dar. Den getilgten Schulden stehen nun mal halt auch keine Forderung mehr gegenüber.

Folglich gilt:

Die Bereitstellung des Zinses durch die Gläubiger - in Form von wie auch immer gearteten "Einkäufen" bei den Schuldnern -führt zu einem Vermögensverlust, der den Zinsertrag übersteigt, weil der Zins aus dem Einkommen, nicht aus dem Umsatz der Schuldner stammen muss. Lediglich direkte Zahlungen - ohne Gegenleistung - an die Schuldner, um diesen die Zinszahlung zu ermöglichen, würden den Erhalt der Vermögen auf dem einmal erreichten Stand garantieren. Dann allerdings könnte man aber auch gleich auf den Zins verzichten.

Übrigens:

Diese Darstellung hat vollständig auf den eingangs vorgestellten, erweiterten Zinsbegriff verzichtet. Wird dieser mit einbezogen, stellt sich die Situation noch etwas klarer dar: Um 5 % Zins auf Kredite aus der Realwirtschaft holen zu können, müssen vorher ebenfalls nur 100 % "Einkäufe" bei der Realwirtschaft erfolgen.

Jetzt zeigt sich allerdings, dass die 50% aus dem Umsatz, die nicht Einkommen der Realwirtschaft sind, letztlich als "erweiterte Zinseinkünfte" der Gläubiger angesehen werden müssen, die in den Preisen als Mieten, Pachten, Rohstoffkosten, Lizenzgebühren usw. enthalten sind. Es fließen also faktisch nicht nur die 5% Darlehenszinsen, sondern weitere 50% sonstiger Einkünfte aus der Verwertung von Eigentumsrechten an den Kreis der Sparer und Gläubiger, doch damit werden diese immer noch keinen Cent reicher, sondern um - nun realistische - 45 % ärmer!

Warum also sollten sie mehr konsumieren, als sie ohnehin konsumieren? Das Leben eines Armen kostet, einschließlich der von den JobCentern bezahlten Miete und den Mietnebenkosten nicht mehr als 12.000 Euro im Jahr. Die Lebenshaltung eines Milliardärs (Geldvermögen) muss nicht wesentlich mehr kosten, kann im gleichen Zeitraum allerdings durchaus auch zwei, vielleicht 10 Millionen Euro verschlingen. Mehr aber geht kaum! Bei nur 5 Prozent Zinsen auf sein Geldvermögen müsste der "Sparer" 50 Millionen an die Schuldner verschenken (!), um sein Vermögen zu erhalten, oder er müsste eine Milliarde ausgeben, um davon 550 Millionen (nach dem erweiterten Zinsbegriff) zurück zu erhalten.

Nur Zinsbeschöniger halten Milliardäre für so bescheuert. Zinsen aller Art fließen in die Hortung und erzwingen damit Neuverschuldung. Schönstes Beispiel derzeit: Die USA.

MfG Peter A. Weber

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Marie-Luise Volk
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Verbunden: 28.10.2010 - 13:29
Geldverwirrung


Lieber Peter,

ich bezweifle, ob der Beitrag von Egon W. Kreutzer dazu führen wird, die „Geldverwirrung“ zu beseitigen. Um zu verstehen, wie exponentielles Geldwachstum funktioniert, hat mir geholfen vorzustellen, dass sich

  • bei einem Zinssatz von 6 %  sich das anfängliche Kapital nach ca. 12 Jahren verdoppelt,
  • bei einem Zinssatz von 8 % sich das anfängliche Kapital nach ca. 9 Jahren verdoppelt,
  • bei einem Zinssatz von 12 % sich das anfängliche Kapital bereits nach 6 Jahren verdoppelt.

Die dafür zugrunde liegende Überschlagsformel lautet: 72 geteilt durch Zinssatz = ca. Dauer bis zur Verdoppelung des Kapitals (in Jahren).

In seinem Buch „Das Geldsyndrom“ bringt Helmut Creutz  es mit einfachen Worten auf den Punkt:


„Die Problematik besteht vor allem darin, dass der Zins demjenigen, der bereits übriges Geld hat und es verleihen kann, noch mehr Geld zuspielt, während er demjenigen, dem das Geld fehlt und der es sich deshalb leihen muss, noch zusätzlich Geld nimmt.

Dass dieser Mechanismus zu sozialen Spannungen zwischen Arm und Reich führen muss, wurde schon sehr früh erkannt. Denn die Schuldner, die über die Rückzahlung hinaus die zusätzlichen Zinszahlungen aufzubringen hatten, gerieten allzu oft in die Schuldenfalle, an deren Ende Leibeigenschaft und Sklaverei standen. Nahmen solche Entwicklungen Überhand, kam es schließlich zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenbrüchen, die wiederum Gewalt, Aufstände und Kriege zur Folge hatten.

Der Zins ist zusammen mit dem Tauschmittel Geld und dessen Vorteilen in die Welt gekommen. Und aufgrund dieser Gegebenheiten können diese Vorteile von denjenigen, die Geld übrig haben, zu Lasten der anderen Marktteilnehmer, denen Geld fehlt, in ein sachlich ungerechtfertigtes Dauer-Einkommen umgewandelt werden."


Und an anderer Stelle schreibt er:


„Das Zinsproblem kommt heute also einer Zwickmühle gleich: Mit Zinsen nehmen die sozialen Ungleichgewichte zu, ohne Zinsen bricht der Geldkreislauf zusammen.

Geht man jedoch den Ursachen dieser Zwickmühle nach, dann stellt sich heraus, dass nicht der Zins das eigentlich auslösende Problem ist, sondern die Möglichkeit Geld zurückhalten und damit nach Belieben verknappen zu können! Denn erst auf Grund dieser Verknappung und des Rechtes dazu, ergibt sich wiederum die Möglichkeit, für die Freigabe überschüssigen Geldes einen ständigen Tribut bzw. eine Freigabeprämie zu erpressen!“


Ich kann das Buch von Helmut Creutz „ Das Geldsyndrom“ nur empfehlen. Mit seinen außergewöhnlich gut gestalteten Grafiken ist das Geschriebene sehr einprägsam. Wer wissen will, warum wir uns in dem Geldkasino befinden, erhält exakte Auskunft.

Was mich obendrein beeindruckt hat, dass Helmut Creutz mit den richtigen Worten die richtigen Begriffe erläutert hat. Mit seinen einfachen Beispielen sorgt er ganz schnell zum "Aha"-Effekt.

Viele Grüße

Marie-Luise Volk

 

 

 

 

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Der Zins als leistungslose Geldvermehrung

Liebe Marie-Luise,

ich sehe zwischen Creutz und Kreutzer keine grundlegenden Widersprüche. Jeder erklärt es auf seine Weise, wobei der eine Leser hier einen besseren Zugang findet und der andere dort.

Einen Widerspruch oder besser gesagt Denkfehler sehe ich doch: Creutz meint, daß der Zins nicht das eigentlich auslösende Problem ist, sondern die Möglichkeit, Geld zurückzuhalten. Um damit einen relevanten Effekt zu erzielen, braucht man aber viel Geld, d. h. Abermilliarden. Und woher sollen die stammen, wenn nicht aus der Zins-Zinseszins-Spirale, denn durch seiner Hände Arbeit kann keiner so viel Geld ansammeln. Die wunderbare leistungslose Geldvermehrung gehört zu den zentralen Ungerechtigkeiten. Also ist es doch der Zins, der dem Übel zugrunde liegt.

 

MfG Peter A. Weber

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Marie-Luise Volk
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Verbunden: 28.10.2010 - 13:29
Umlaufgesichertes Geld


Lieber Peter,

Helmut Creutz empfiehlt, zu umlaufgesicherten Geld überzugehen. Damit wäre das Problem der Geldvermehrung absolut gelöst.

In dem Kapitel "Geldumlauf - Geldkreislauf" ("Geldsyndrom)  wird mit einer hübschen Geschichte der Geldumlauf konkretisiert:

Ein Clown fand in der Manege ein 20-Euro-Schein. Er ging damit zum Pferdeknecht und sagte: "Ich bin dir ja noch 40 Euro schuldig; hier gebe ich dir einstweilen zwanzig zurück, dann schulde ich dir nur noch die Hälfte". Der Pferdeknecht bedankte sich, ging zum Stallmeister, von dem er ebenfalls 40 Euro geliehen hatte und sagte ihm dasselbe. Der Stallmeister ging zum Schulreiter und zahlte auch bei diesem die Hälfte einer Schuld von 40 Euro zurück. Ebenso handelte der Schulreiter beim Direktor des Zirkus, und der Direktor, der sich mal vom Clown vierzig Euro geliehen hatte, tat dasselbe bei dem: "Da August, hier hast du schon einmal zwanzig Euro, den Rest bekommst du später".

Mit dem erhaltenen 20-Euroschein beglich der Clown nun seine Restschuld beim Pferdeknecht, dier seine beim Stallmeister, der tat dasselbe beim Schulreiter und dieser wiederum beim Direktor, der dann erneut den Clown beiseite nahm, um bei ihm die restlichen Schulden von zwanzig Euro zu tilgen.

So bekam auch der Clown den gefundenen 20-Euro-Schein zum zweiten Mal zurück und alle waren ihre Schulden los!

Wie Du erkennen kannst, kommt es nicht auf die Geldmenge an, sondern auf die Umlaufgeschwindigkeit!

Wir können auch die Geschichte bemühen, nämlich die Brakteaten-Zeit. Ab dem 12. Jahrhundert gab es fast 300 Jahre lang bereits umlaufgesichertes Geld, das zu einer enormen Wirtschaftsblüte geführt hat. Erzbischof (tse,tse - mal ein kluger Mann!) Wichmann führte die sogenannten Brakteaten (Hohlpfennige) ein, die er von Zeit zu Zeit "verrief". Die Hansestädte sind ein Zeugnis dieser hochentwickelten Zeit. Alles im "Geldsyndrom" nachzulesen.

Interessant ist auch, dass es in diesem Zeitraum bis zu 70 Feiertage gab und auch der "Blaue Montag" wurde eingeführt, damit die Handwerker an diesem Tag ihre Kleidung waschen konnten. Der Ausbeutungscharakter des Geldes wurde in der Brakteatenzeit zum Stillstand gebracht.

Bitte beschäftige Dich auch mit dem "Wunder von Wörgl". (siehe bitte auch diesen Artikel bei Geldreform.de) Auch hier der Nachweis, dass umlaufgesichertes Geld in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts Wohlstand für alle brachte - bis die österreichische Regierung dem umlaufgesicherten Geld einen Riegel vorschob. Ab da gab es dann wieder Arbeitslosigkeit, Armut und Elend.

Viele Grüße

Marie-Luise

 

 

 

 

 

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Verteilungsgerechtigkeit und Geldumlauf


Liebe Marie-Luise,

ich möchte Dich weder belehren noch in Zweifel ziehen, daß die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes eine Rolle bei der Geldvermehrung spielt. Aber solche Verfahrensweisen sind nur theoretische Ansätze, die vielleicht in einem kleinen Rahmen schon einmal getestet wurden. Wenn es global, und nur darauf kommt es beim Geld an, eingeführt werden könnte, hätte ich keinen Einspruch vorzubringen. Aber leider ist mit Gleichnissen keine Geldpolitik zu machen um die systembedingte Geldbesitzgier und die Habsucht zu besiegen. Auch die regionalen Beispiele von gelebten Verhaltensänderungen beweisen nur, daß diese Möglichkeiten potenziell bestehen. Aber die Umsetzung auf einer höheren und umfassenden Ebene wird am massiven Widerstand der Systemverteidiger scheitern!

Der globale Verteilungsungerechtigkeit und das Phänomen von leistungslosen oder nicht leistungsadäquaten Einkommen (wie Zins, Mieteinahmen im großen Stil, Urheberrechtseinkünfte) ist nun einmal nicht durch Regulierung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes beizukommen. Wie man sieht ist es auch nicht alleine der Zins, der für die ungerechte Verteilung von Besitz und Geldvermögen verantwortlich ist.

Da beißt die Maus keinen Faden ab: Bevor wir uns an nachgelagerte Regulierungsversuche begeben, sind erst die beiden Haupthürden zu nehmen - der Systemwandel und entweder die Erübrigung des Zinses oder eine Verfahrensweise, den Zins sozusagen zu zivilisieren. Entweder in der Höhe oder dadurch, daß z. B. der Staat anstelle der Banken für die Kreditvergabe einspringt. Die Zinseinnahmen des Staates könnten dann anstelle von Steuererhebung für Erfüllung seiner Aufgaben verwandt werden.

Es ist völlig unmöglich, die vorhandenen Grundsatzprobleme im Sinne des Wohls der Allgemeinheit in den Griff zu bekommen, wenn wir nicht bei den Ursachen beginnen, sondern nur die Symptome behandeln. Alles andere ist vergebliche Liebesmüh.

 

MfG Peter A. Weber

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