Die Hartz-Vier-Rasse
Bertelsmann zur Züchtung von Langzeitarbeitslosen
"Jobverlust im Alter wird in Deutschland zunehmend zu einer Falle“, teilt uns Aart de Geus, der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung anlässlich einer Studie zur Langzeitarbeitslosigkeit mit. In Fallen, das weiß der Waidmann, tappen Tiere. Wer die Falle für die Arbeitslosen aufgestellt hat, weiß der Stiftungs-Chef offenkundig nicht. Die bildungsständische ZEIT erkennt, dass “Langzeitarbeitslosigkeit hartnäckig“ ist. Diese böse Arbeitslosigkeit ist einfach nur halsstarrig.
Die ähnlich hoch gebildete FRANKFURTER ALLGEMEINE meint sogar „Trotz Jobrekord bleibt Langzeitarbeitslosigkeit hartnäckig“. Beharrlich ist sie schon, die lange Arbeitslosigkeit. Und während die FAZ nur einen „Jobrekord“ sehen konnte, wußte die ZEIT sogar von einem „Jobwunder“ zu berichten. Das ist ehrlicher, denn man wundert sich immer wieder, für welche Hungerlöhne Menschen arbeiten müssen, um die Statistik zu verbessern.
Die nicht ganz so schlaue RHEINISCHE POST schließt sich der Bertelsmann-Analyse an: „Jobverlust im Alter wird zunehmend zu einer Falle“. Der gesichtslose Job-Verlust mutiert also irgendwie zu einer Fallgrube. Und Andreas Sankewitz (SPD), Vorsitzender des Sozial-Ausschusses, setzt noch einen drauf: „Langzeitarbeitslose in der Endlosschleife gefangen.“ Wer mag die Schleife gebunden haben? Für Arbeitslose halten die deutschen Meinungsmaschinen eine eigene Sprache bereit: Das Entpersönlichte, der fünfte Fall, der in die Falle führt.
Ein Unglück hat Lisa getroffen. Ihre Waschmaschine ist kaputt, für immer. Die war aus der guten Zeit, als sie noch Arbeit hatte und Geld. Eine neue? Nicht mal an eine neue Gebrauchte ist zu denken. Von Vierhundert Hartz-Euro monatlich, ohne Rücklagen? Aber Waschen muss sein. Sonst heißt es gleich Arbeitslose stinken. Zum Waschsalon? Auf Dauer zu teuer. Bei Freunden waschen? Die Zahl der Freunde ist geringer geworden. Seit Beginn der Arbeitslosigkeit. Gut, da wäre noch Heinz, aber Heinz geht ihr lieber an die Wäsche als dass er sie waschen ließe.
Die Bertelsmann-Studie nennt sich „Langzeitarbeitslosigkeit im europäischen Vergleich“ (siehe Kurzfassung als im Anhang!) und fängt schon gut an: „Vor allem in Südeuropa wird sie (die Langzeitarbeitslosigkeit) zunehmend zum Strukturproblem“. Irgendwie ist die Arbeitslosigkeit auf Dauer ein Problem für die Struktur. Arme Struktur. „Die sogenannte Langzeitarbeitslosenquote, betrug EU-weit 4,3 Prozent und lag damit fast doppelt so hoch wie vor Ausbruch der Krise“ schreiben die Bertelsmänner auf. Sogenannt? Das ist doch das Wort für angeblich, scheinbar oder eingebildet. Aber wenn die Krise ausbricht, so wie Vulkane ausbrechen oder wilde Tiere aus ihren Käfigen, dann sind die Randerscheinungen eben eher Schimären.
„Langzeitarbeitslosigkeit“ so setzt die gewöhnliche Bertelsfrau ihren Text fort, "ist eine der größten Herausforderungen für jeden Arbeitsmarkt.“ Da staunt der Markt: Hat er doch die Arbeitslosigkeit selbst hergestellt. Jetzt fordert die ihn heraus? Kann nicht wahr sein. „Durch die andauernde Beschäftigungslosigkeit kommt es zur Entwertung von Humankapital und Bildungsinvestitionen, sinkende Beschäftigungsquoten verringern die Arbeitsmarkteffizienz und das Wachstumspotenzial einer Wirtschaft.“ Da hatten doch die Konzerne, unter ihnen sicher auch der Bertels-Laden, so viel in das umherschweifende Humankapital investiert und nun mindert es die Profit-Effizienz? Undankbares Kapital.
Lisa war in diesem Monat schon einmal im Kino, da war der erste Zehner weg. Zu gern wäre sie zum McCartney-Konzert gegangen. Als Paul jung war, da war sie noch jünger. Super Erinnerung. Aber die billigste Karte kostet 99 Euro. Das wären fast so viel wie zwei Monate Regelsatz-Anteil für Freizeit, Unterhaltung, Kultur. „It's been a hard day's night, and I've been working like a dog“, das war kein schlechtes Gefühl, nach einem harten Arbeitstag nach Hause zu kommen. Zu wissen, man wurde gebraucht, man hatte Geld in der Tasche, nie genug, aber genug für „make me feel alright, feel alright, feel alright“.
„Fast die Hälfte (43,1 %) aller Arbeitssuchenden sind schon mehr als ein Jahr erwerbslos, knapp ein Drittel sogar schon länger als zwei Jahre“ erfährt man aus der Studie. „EU-weit ist der Anteil der über 55-Jährigen unter den Langzeitarbeitslosen (13 %) deutlich höher als unter den Kurzzeitarbeitslosen (8 %). Besonders hoch ist der Anteil älterer Langzeitarbeitsloser in . . . Deutschland (26 %)“.
Wer längere Zeit arbeitslos ist, wer sich noch mal und noch mal beworben hat, wer noch mal und noch mal abgelehnt wurde, dem fehlt nicht selten die Kraft für die tausendste Bewerbung. Für diesen Fall weiß die Studie Rat: „Eine aktivierende Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist entscheidend, um das Entstehen von langfristiger Erwerbslosigkeit und Inaktivität zu verhindern, bzw. bestehende Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren.“ Nicht das Angebot von Arbeit verhindert Arbeitslosigkeit, sondern eine „aktivierende Politik“. Und die geht so: „ . . . etwa durch striktere Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen zum Bezug von Leistungen und der Zumutbarkeit von Jobangeboten.“ Mit der Peitsche drohender Arbeitslosigkeit werden jene, die Arbeit haben, zu mehr und schnellerer Arbeit angetrieben. Mit der Peitsche der Sanktion wird die Schwelle der Zumutbarkeit weiter gesenkt.
Alle halbe Jahre mindestens muss Lisa zum Job-Center. Das Job-Center heißt nicht Job-Center weil es dort einen Job gäbe. Und Lisa muß auch nicht da hin, weil man einen Job für sie hätte. Sie muß zur Kontrolle dahin. Weil? Weil, sie könnte ganz heimlich eine Arbeit begonnen haben und weiter Hartz Vier beziehen?
Nein, sie muß dahin, weil sie dahin muß. Aber das Amt nimmt ihr auch notfalls den Weg ab und besucht sie zu Hause. Wenn in ihrer Wohnung „Luxusgegenstände“ vermutet werden. Denn der „Leistungsbezieher“ darf nur über einen „angemessenen“ Hausrat verfügen und ist verpflichtet, Luxusgegenstände zu „verwerten“. Das meint verkaufen und den daraus resultierenden Ertrag zur Minderung der monatlichen staatlichen Alimente einzusetzen.
Einmal, gegen Ende der Bertelsmann-Studie, blitzt ein Satz von Wahrheit auf: „Wo Aktivierung zur Erwerbsarbeit zunehmend zur sozialpolitischen Norm wird, müssen dem Fordern auch entsprechende Angebote des Förderns gegenüberstehen.“ Selbst dieser Satz muss übersetzt werden: Wenn Arbeitslose mit Sanktionen zur Arbeit getrieben werden, sollte es Arbeit geben.
Welch eine Erkenntnis für eine Stiftung, die der deutschen Sozialdemokratie die „Agenda 2010“ geschrieben hat.
- Jene angebliche Sozial-Reform, die zu keiner Zeit Arbeit geschaffen hat, außer im Job-Center.
- Jene Reform, die eine neue soziale Rasse erschaffen hat: Unmündige, sozial isolierte und erniedrigte Wesen, die vom System verwaltet werden.Deren Züchtung kann Bertelsmann jetzt, 20 Jahre später, mit einer Studie begutachten. – Liz Mohn, die Herrin des Bertelsmann-Konzerns und der gleichnamigen Stiftung, ist eine gute Freundin der Frau Merkel.
Lisa hätte sooooo gern ein Kind gehabt. Aber sein Vater sollte nicht Job Center heißen und es sollte nicht von 237 Euro monatlich leben müssen.
Ulrich Gellermann, Berlin (bitte weiterlesen und runterscrollen!)
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► "Das Hohelied der SPD (Lied der Sozialdemokraten)" - von Christoph Holzhöfer. Liedtext und Infos bitte weiter scrollen!
⇒ "BVerfG weist Richterklage zu den ALG-II-Sanktionen zurück" - von Laurenz Nurk, Dortmund - 7.06.2016 - weiter.
⇒ "Kinderarmut: Jedes siebte Kind in Deutschland von Hartz IV abhängig" - von Marianne Arens - 4.06.2016 - weiter.
⇒ "Einkommensarmut, Arbeitsarmut, Beschäftigungsarmut, working poor" - von Laurenz Nurk, Dortmund - 26.03.2016 - weiter.
► Wie Andrea Nahles Arbeitslose um ihre Rechte bringen will - Veröffentlicht am 17.05.2016 ARD/Report Mainz (Dauer: 6:22 Min)
► Quelle: RATIONALGALERIE > Artikel vom 16.06.2016.
► Liedtext:
Das Hohelied der SPD (Lied der Sozialdemokraten) - Christoph Holzhöfer
Wir sind Sozialdemokraten & singen
"Wann wir schreiten Seit' an Seit'"
Wir fassen uns an die Hände
"Brüder zur Sonne, zur Freiheit"
Doch, was wir singen, das ist das eine
Das andere ist, das was wir tun
Ja, wir singen so gern die alten Lieder
& schwenken rote Fähnchen dazu
Wir sind Sozialdemokraten
& sehr geübt im Verrat
Wir ficken die kleinen Leute
& lecken den Bonzen den Arsch
Wir woll'n ja nicht, dass sich groß was ändert
Denn dann, bräucht 's ja uns nicht mehr
Drum sind wir Lakaien der Reichen
& schwafeln blass-rot daher
Ja, & wenn wir die alten Lieder singen
Ja, dann sind wir Genossen nicht still, ja, nicht still
Weil ein jeder sich nach der Macht so sehr sehnt
Die er gern einmal gesehen haben will
Wir sind Sozialdemokraten & stolz
Auf unsere Vergangenheit
Der dicke Ebert, der Noske & der Scheidemann
Die haben 's den Proleten gezeigt
Massakrierten das rote Gesindel
Den Karl & die Rosa dazu
Deutschland vor dem Kommunismus gerettet
Im Vaterland da herrschte wieder Ruh'
Wir sind Sozialdemokraten
& scheißen auf die Moral
Wir sind die Genossen der Bosse
& der alte Bebel ..., ach scheißegal
Kapitalismus ist doch was feines
Wer oben mitschwimmt, dem geht 's doch so gut
Wir hartzen die Menschen in Armut
& lachen ganz laut dazu
Ja, & wenn wir die alten Lieder singen
Ja, dann sind wir Genossen nicht still, ja, nicht still
Weil ein jeder sich nach der Macht so sehr sehnt
Die er gern einmal gesehen haben will
Wir sind Sozialdemokraten
& steigen mit jedem ins Bett
Wenn wir mit regieren können
Dann ist auch der "Feind" so hübsch & so nett
Ach, wir haben doch so vieles gemeinsam
Da gibt 's kaum 'nen Unterschied
Vor der Presse haben wir 'ne große Fresse
Aber sonst sind wir handzahm & lieb
Wir sind Sozialdemokraten
& wenn Deutschland uns braucht & ruft
Dann muss es nicht lange warten
Schon stehen wir "Gewehr bei Fuß"
Für der Bonzen Bäuche opfern wir auch Deutschlands Kinder
In Kriegen, auf der ganzen Welt
Denn zuerst kommt das große Fressen
& danach das große Geld
Ja, & wenn wir die alten Lieder singen
Ja, dann sind wir Genossen nicht still, ja, nicht still
Weil ein jeder sich nach der Macht so sehr sehnt
Die er gern einmal gesehen haben will
Wir sind Sozialdemokraten & singen
"Wann wir schreiten Seit' an Seit'"
Wir fassen uns an die Hände
"Brüder zur Sonne, zur Freiheit"
Doch, was wir singen, das ist das eine
Das andere ist, das was wir tun
Ja, mit uns bleibt alles beim alten
& wir schwenken rote Fähnchen dazu
Ja, & wenn wir die alten Lieder singen
Ja, dann sind wir Genossen nicht still, ja, nicht still
Weil ein jeder sich nach der Macht so sehr sehnt
Die er gern einmal gesehen haben will
► Christoph Holzhöfer | Musiker und Dichter
Christoph Holzhöfer wurde 1960 in einem kleinen Dorf im Sauerland geboren. Er lebt und arbeitete einige Zeit in Berlin und jetzt wieder im Sauerland. Er macht Musik, schreibt Gedichte (von denen einige bereits in Druck gegangen sind) und tritt damit gelegentlich auch bei diversen politischen und sonstigen Veranstaltungen auf. Neben vielen selbstverfassten und selbstkomponierten Liedern hat Christoph Holzhöfer auch eine Reihe von Vertonungen bekannter Dichter der deutschen Arbeiterbewegung, wie beispielsweise Erich Mühsam oder Kurt Tucholsky geschaffen, welche er mit eigenen Kompositionen umrahmte. Von einigen davon waren bislang gar keine musikalischen Vertonungen vorhanden.
Seine Gedichte und vor allem Liedertexte haben meist einen sozial- und gesellschaftskritischen Aspekt und umfassen viele historische aber auch brandaktuelle Themen. Sein Repertoire ist dementsprechend groß und kann sich auf jeden Fall sehen lassen. Da seine Lieder bisher auf keinem Tonträger erschienen sind, lassen sie sich auch nur via YouTube anhören. Er gibt auch Bücher heraus ... verdient aber nichts daran ... ist nur aus Idealismus & um die Bücher zu unschlagbaren Preisen anzubieten ... so dass jeder diese kaufen kann ... [Kontakt über KN-ADMIN H.S. - siehe Impressum].
► Bild- und Grafikquellen:
1. Langzeitarbeitsloser: Ende eines Siechtums - der Tod. Mehr als eine Million Erwachsene beziehen schon länger als neun Jahre Hartz IV. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor. Jeder vierte Hartz-IV-Empfänger ist demnach dauerhaft, vermutlich für den Rest seines Lebens, auf Sozialleistungen angewiesen.
Hinter diesen Zahlen verbergen sich millionenfaches, sinnloses Leid und Frustration, sowohl von Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern und Familien, als auch von zahllosen Rentnern und Arbeitslosen. Die grassierende Armut zerstört die Zukunftsperspektive ganzer Generationen. Foto: Harry Hautumm. Quelle: Pixelio.de.
2. "Arbeitslos, mittellos, hoffnungslos? RAUS AUS HARTZ IV mit nur einem Fingerschnipp!" Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de .
3. "Armut ist keine Schande, sondern ein unabdingbarer Indikator für das zuverlässige Funtionieren des Kapitalismus nebst seinen perversen Geldsystems!". Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de .
4. SPD: WIR HABEN EIN HARTZ FÜR KINDER. 150 Jahre SPD – von einer revolutionären Arbeiterpartei zur willfährigen Geschäftsführung der Monopole. Die SPD als revolutionäre Arbeiterpartei, wandelte sich zu einer bürgerlichen Arbeiterpartei und endete als staatstragende Monopolpartei. Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de .
5. SPD: 150 Jahre erfolgreich Arbeiter verraten und verkauft! Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de .
6. Gerhard Schröder beim BT-Wahlkampf 2005. Foto: André Zahn. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Deutschland“ lizenziert.
7. Aufdruck von T-Shirts bei Protesten gegen die SPD Politik bei Flüchtlingsthemen. Urheber: Francis McLloyd. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.
8. END HARTZ IV SANKTIONEN: BVerfG weist Richterklage zu den ALG-II-Sanktionen zurück. Weiterhin werden tausende Menschen in Existenznot geraten. Sanktion ist zugleich Strafe und Legitimation. Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa) / QPress .