Die zerstörerische Kraft des Überflusses

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Die zerstörerische Kraft des Überflusses
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Die zerstörerische Kraft des Überflusses


von Jens Blecker / iknews


Wir leben in einer Zeit, wo es in unseren Breitengraden fast alles im Überfluss gibt. Jede Woche ein neues Fest, ein neuer Rummel, es wird gefeiert als würde es kein Morgen geben. Leider führt all dieser Überfluss dazu, dass die Wertigkeit nicht mehr gegeben ist. Freuten sich die Menschen früher auf die einzelnen Festlichkeiten, ist jetzt mancher bereits über den nächsten Event genervt. Die Problematik mit dem Überfluss begrenzt sich allerdings nicht nur darauf.

Fast alles ist heute zur Massenware geworden, sogar die „Freunde via Facebook“ oder anderen sozialen Netzwerken. Dabei spielt es kaum noch eine Rolle, ob man den Menschen auch wirklich kennt, denn selbst die Nachbarn trifft man nur noch selten im realen Leben.

Die Beispiele für die zerstörerische Kraft des Überflusses sind mannigfaltig und eigentlich kennt sie auch jeder. Wie sich das jedoch auf die Psyche und natürlich den Körper auswirkt, das blendet man doch lieber aus. Wer kennt es nicht, sich auf Dinge zu freuen die selten oder rar sind? Gab es früher beispielsweise einen leckeren Lachs zum Frühstück wenn man Geburtstag hatte, war es ein besonderer Augenblick. Neben der Vorfreude, war auch der Genuss ein echtes Erlebnis. Liegt der Lachs allerdings jeden Tag auf dem Tisch, wird es einfach zu einem non Event. Dabei spielt es auch keine Rolle ob man ihn nun jeden Tag isst, alleine die Möglichkeit macht es uninteressant.

Die Nebenwirkungen vom Überfluss sind darum auch Unzufriedenheit und zum Teil sogar Stress. Natürlich fordert das Belohnungssystem des Hirns immer einen Nachschlag und je größer der Überfluss ist, umso schwieriger kann diese „Gier“ befriedigt werden. Das führt sehr schnell zur kognitiven Dissonanz und so in einen Kreislauf der die Unzufriedenheit potenziert. Wie so häufig habe ich auch an dieser Stelle ein Zitat parat, dass sehr gut passt wie ich finde:

„Wer nicht glücklich ist mit dem was er hat, wird auch nicht glücklich sein mit dem was er gerne hätte.“

Die meisten Menschen sind auch kaum noch in der Lage mit all den Entwicklungen Schritt zu halten, was zu weiteren Problemen führt. Durch die mediale Dauerberieselung fehlt jede Zeit um Eindrücke zu verarbeiten und somit zu verwertbaren Informationen zu strukturieren. Aus diesem Grund ist es auch nicht erstaunlich, dass die meisten Menschen bereits morgen vergessen haben, was heute an Informationen auf sie eingeprasselt ist. Genau diesen Umstand machen sich auch gerne die Medien und die Politik zu nutzen, die Masse an Informationen – ein Großteil davon ist überflüssig – nimmt stetig zu.

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel sind die E-Petitionen. Bereits nach der Einführung hatte ich mahnende Worte dafür gefunden. Ich hatte vermutet, dass es eine Schwemme geben würde und danach eigentlich kaum noch ein Erfolg zu erzielen ist. Früher musste man sich noch hinsetzen, etwas selbst ausfüllen, eine Marke draufkleben und zum Briefkasten wandeln. Das alles hat einen mit der Petition verbunden. Jetzt, wo täglich unzählige Petitionen eingereicht werden, nimmt man sich kaum noch die Zeit den Text zu lesen und wenn es nur wenige Zeilen sind. Durch die „Einfachheit“ und die Masse wird auch nur in den seltensten Fällen tatsächlich eine emotionale oder gedankliche Bindung aufgebaut, so dass man sich dort auf dem Laufenden hält. Das wiederum macht es der Politik relativ einfach, die Aktionen in einem Meer des Vergessens verschwimmen zu lassen.

Der Überfluss im täglichen Leben ist ein zerstörerischer Begleiter und man täte gut daran ihm nicht zu viel Platz einzuräumen. Bei vielen Dingen sollte man sich fragen ob man es wirklich braucht, sich die Veranstaltungen genau aussuchen und diese mit echten Freunden oder Familie besuchen. Ganz wichtig ist es die Dinge auch wirklich wahrzunehmen und zu genießen, denn das werden die Dinge sein, auf die man später einmal zurückblicken wird. So wie sich das heute entwickelt, werden Menschen später auf dem Sterbebett die Facebook-Chronik durchblättern, anstatt die schönsten Erinnerungen im Geiste noch einmal zu erleben.

Ohne eine Wertigkeit – die im Überfluss einfach nicht gegeben ist – kann auch nichts von Wert entstehen. Glück und Zufriedenheit entstammen aus den tiefen unserer Seele und nicht „Amazon“, „Ebay“ oder „Facebook“. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche im Leben und lernen Sie wieder glücklich und zufrieden zu sein. Kaufen Sie sich zum Beispiel eine Fernsehzeitung und versuchen Sie sich Sendungen heraus zu suchen, die Sie wirklich interessieren und nicht 400 Programme zu zappen um dann das am wenigsten Langweile zum totschlagen Ihrer Zeit zu nutzen. Nehmen Sie sich mal wieder ein gutes Buch zur Hand oder genießen Sie  auch einfach mal eine Stunde der totalen Ruhe. Ihr Geist und Ihre Seele werden es Ihnen Danken.

Jens Blecker
 



► Quelle:  iknews > Artikel

 

Foto Auge:  Lisa Spreckelmeyer / Pixelio.de

 

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