Eine politische Pathologie: Kampfjets für den Frieden?
by Gerhard Mersmann / NEUE DEBATTE
Kampfjets sind genau die richtigen Investitionen für die im Grundgesetz vorgesehene Landesverteidigung. Ursprünglich, nach dem historisch einmaligen Desaster, war in dem Artikel 87a GG, der sich mit dem Thema befasste, exklusiv nur von der Situation ausgegangen worden, dass die Anwendung militärischer Gewalt dann gestattet sei, wenn das Territorium der Bundesrepublik angegriffen würde.
► Die Verformung des Grundgesetzes
1994, vier Jahre nach der Fusion mit dem Oststaat, kam dann eine Passage hinzu, die es erlaubte, im internationalen Kontext friedenserhaltender oder friedensstiftender Maßnahmen Streitkräfte zu entsenden. Der Sturz legitimer Regierungen und die Zerschlagung souveräner Staaten war damit nicht gemeint; darauf lief es in einigen Fällen hinaus.
Seither befindet sich die Politik in einer gravierenden Legitimationskrise. Sie spricht von Frieden, führt jedoch Kriege mit Absichten, die sie nicht öffentlich kommunizieren kann. Regime Change, die logistische Unterstützung von Terroristen, die Luftraumüberwachung bei gezielten Luftschlägen ebenfalls „bedrohter“ NATO-Partner, alles das gehört zum Besteck eines Alltags, der weder mit dem Geist des Grundgesetzes noch mit der öffentlich kommunizierten Politik zu vereinbaren ist.
Dass die gegenwärtige Bundesverteidigungsministerin sich bei dem Kotau gegenüber den USA mit dem Gestus in der Richtung vertan hat, passt zu ihrer insgesamt wirren Performance. Die geplante Beauftragung von Kampfjets aus dem Hause Boeing soll eine Loyalität gegenüber einem progressiv pathologisch agierenden US-Präsidenten und dessen Vorstellung einer gedeihlichen Zusammenarbeit in der NATO demonstrieren.
► Neue Perspektiven
Beides, die Ministerin wie die NATO passen schlichtweg nicht mehr in die Zeit. Wenn davon gesprochen wird, dass die Welt möglichst schnell eine andere werden soll, wenn sie denn die Existenz von Menschen als Perspektive beinhaltet, verlangt nach neuen Perspektiven.
Wenn die grundgesetzliche Ausgangslage, nämlich der Fall von Bedrohung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, ernst genommen werden soll, dann muss über Maßnahmen gesprochen werden, die tatsächlich der Landesverteidigung dienen.
Alle strategischen und militärischen Überlegungen müssen diesem Ziel folgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die NATO seit Jahrzehnten zu einem Expansionsorgan ausgewachsen hat, deren Ziel es ist, jenseits der eigenen Territorien von USA und BRD Drittstaaten zunehmend zu bedrohen. Die Vision, es potenziellen Gegnern auszutreiben, über einen Angriff auf die Mitgliedstaaten auch nur nachzudenken, könnte der Realität nicht fremder sein als jetzt.
Wenn Bündnisse militärischer Natur, dann nur mit Ländern, die
a.) in direkter Nachbarschaft liegen und
b.) ebenfalls mit der Expansion ihres eigenen Einflusses auf andere Länder, deren Souveränität zerstört werden soll, nichts zu tun haben wollen.
Die Aufgabe, die daraus erwächst, ist radikal anders, als die gegenwärtige. Sie verlangt eine Umsteuerung von Politik und Streitkräften. Ihr Vorteil wäre eine breite Unterstützung durch die Bevölkerung. Das Ziel der Landesverteidigung ist legitim, die Kumpanei mit der zunehmenden Warlord-Strategie der USA findet keine Zustimmung mehr.
► Neue Grundlagen für einen Politikwechsel
Klarheit und Mut wären das Entree zu einer Verteidigungsstrategie, die den Namen verdient. An den Regalen der Waffenlobbies entlangzulaufen und in Panik einzelne Artikel auszudeuten reicht da nicht.
Das mit der Entscheidung für Kampfjets die gegenwärtig Verantwortliche genau eine Waffengattung gewählt hat, die über fremden Territorien zur vollen Entfaltung kommt, ist kein Zufall und zeigt, dass weder die vorliegenden Konzepte noch das verfügbare Personal die Grundlage für einen Politikwechsel bilden können. Was nicht heißt, dass beides nicht möglich wäre oder nicht vorhanden ist.
Es verhält sich wie immer im Leben: Man muss nur wollen, dann finden sich auch Wege und Menschen, die sie beschreiten wollen.
Gerhard Mersmann
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Gerhard Mersmann studierte Politologie und Literaturwissenschaften, war als Personalentwickler tätig und als Leiter von Changeprozessen in der Kommunalverwaltung. Außerdem als Regierungsberater in Indonesien nach dem Sturz von Haji Mohamed Suharto. Gerhard Mersmann ist Geschäftsführer eines Studieninstituts und Blogger. Auf Form7 schreibt er pointiert über das politische und gesellschaftliche Geschehen und wirft einen kritischen Blick auf das Handeln der Akteure.
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1. Strichzeichnung eines Eurofighter-Taifuns, zeigt Ober-, Unter-, Seiten- und Frontansicht. Das Geschütz ist in rot dargestellt. Urheber: Inductiveload. Quelle: Wikimedia Commons. Der Urheberrechtsinhaber dieses Werkes, veröffentliche es als gemeinfrei. Dies gilt weltweit.
Der Eurofighter Typhoon ist ein zweistrahliges Mehrzweckkampfflugzeug in Canard-Delta-Konfiguration, das von der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, einem Konsortium aus Airbus, BAE Systems und Leonardo, gebaut wird. Die Beschaffung und Leitung des Projektes wird durch die NATO Eurofighter and Tornado Management Agency geregelt. In Deutschland und Österreich wird das Flugzeug oft nur Eurofighter genannt.
2. NATO (NORTH ATLANTIC TERROR ORGANISATION): WE ONLY BOMB FOR PEACE. Die NATO ist ein christlich, offensives und menschenrechtsverachtendes Militär- und Angriffsbündnis. Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Destabilisierung, Diffamierung, Osterweiterung u.v.m. gehören zum Repertoire. Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa).
3. Die NATO ist ein christliches, offensiv-aggressives und menschenrechtsverachtendes Militär- und Angriffsbündnis. Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Destabilisierung, Diffamierung, Osterweiterung und Verletzung der Souveränität ausgesuchter Staaten zwecks Regime-Change gehören zum blutigen Repertoire. Die meisten Mitgliedsstaaten sind selbst Kriegstreiber, Schurkenstaaten oder zumindest willfährige Unterstützer.
The NATO is a christian, offensive-aggressive and inhuman military and offensive alliance. War crimes, crimes against humanity, destabilization, defamation, eastward expansion and violation of the sovereignty of selected states for the purpose of regime change belong to its bloody repertoire. Most NATO member states are themselves warmongers, rogue states or at least compliant supporters.
L'OTAN est une alliance militaire et offensive chrétienne, offensive-agressive et inhumaine. Les crimes de guerre, les crimes contre l'humanité, la déstabilisation, la diffamation, l'expansion vers l'Est et la violation de la souveraineté de certains États en vue d'un changement de régime font partie du répertoire sanguinaire. La plupart des Etats membres sont eux-mêmes des bellicistes, des Etats voyous ou, du moins, des partisans dociles.
Textidee: Helmut Schnug. Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa). Bei Verwendung dieser Grafik ist die Namensnennung und Verlinkung auf Kritisches-Netzwerk.de erbeten.