Euro-Krise als Resultat ungerechter Verteilung

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Peter Weber
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Euro-Krise als Resultat ungerechter Verteilung
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Euro-Krise als Resultat ungerechter Verteilung

 

Zur Zeit reden wir uns die Köpfe heiß über die Lösungsmöglichkeiten der Eurokrise. Die selbsternannten Experten haben Konjunktur, der Stammtisch kocht über und sogar der Mann und die Frau auf der Straße glauben, Ratschläge erteilen zu können. In der Regel wird dann auf die Griechen eingeschlagen oder die Bankmanager bzw. die Spekulanten sind schuld. Deutschland ist natürlich immer der Dumme und muß für alle anderen bluten – ja, und die DM müssen wir ganz dringend wieder haben! Und Kaputt-Sparen ist der große Renner, so als ob man einen Verhungernden mit Nahrungsmittelentzug retten könnte.

Irgendwie glauben die meisten doch noch an die Politik und die Merkel, die „es schon richten wird“. Die sog. Alternativlosigkeit, die uns die Politik bzgl. der von ihr getroffenen Entscheidungen vorgegaukelt hat,  ist nicht spurlos geblieben. Die Gehirnwäsche, uns die Systemrelevanz der Banken einzubleuen, wurde von den meisten geschluckt, so daß die Fütterung der Raubtiere auf keinen nennenswerten Widerstand gestoßen ist. „Too Big To Fail“ lautet die Parole, die wie ein Glaubensbekenntnis gehandelt wird.

  • Warum in alles in der Welt sollen wir (Finanz-)Unternehmen, die Mißwirtschaft betrieben haben und nur noch auf Kosten der Allgemeinheit weiter existieren können – also sozialisiert werden, nicht einfach pleite gehen lassen?
  • Ist es nicht das Prinzip der angebeteten Marktwirtschaft, daß gerade in diesem Falle der Konkurs zwangsläufig ist?
  • Und wurde und wird nicht der Sozialismus von den Verfechtern des Leistungsgedankens gerade wegen der öffentlichen Subventionen angeprangert? Aber wenn die Milliarden in die eigenen Taschen fließen, dann wird die Marktwirtschaft kurzer Hand außer Kraft gesetzt.
  • Warum werden die Geschäftsbanken nicht wieder auf ihr Kerngeschäft, die Versorgung der Realwirtschaft, reduziert?
  • Oder warum sollen eigentlich Großbanken nicht zerschlagen und auf kleinere, dezentrale und demokratisch kontrollierbare Einheiten beschränkt werden?

Fragen über Fragen – berechtigte Fragen, wie ich finde. Das Märchen vom Dominoeffekt und dem Totalzusammenbruch als Folge der Liquidierung von Banken ist wirklich lächerlich. Die Konsequenzen davon sind mit Sicherheit nicht so gravierend wie das Fortführen dieses destruktiven Systems. Was wir uns nicht leisten können, das ist der Schutz einer Finanzmafia wie der Deutschen Bank.

Nachdem ein Schuldenschnitt und damit zumindest eine kleine Selbstbeteiligung der Profiteure bisher ein Tabu war, will man uns nun im Falle von Griechenland damit ködern und uns glauben machen, daß damit das System gerettet wäre. Das Ganze stellt aber nur ein Feigenblatt dar und bedeutet nur Insolvenzverschleppung, die übrigens strafbar ist. Von einer wirklichen Haftung der Finanzwirtschaft ist immer noch nicht die Rede. Insbesondere die Regierung Schröder hat mit den Akteuren Weidmann und Assmussen, die vor kurzem in die höchsten finanzpolitischen Ämter hochgehievt wurden, die zahlreichen Deregulierungsgesetze erlassen, die es den Heuschrecken und den Bankstern erlaubten, sich satt zu fressen.

Wenn die Politik es wirklich ernst meinen würde mit einer effektiven Gegensteuerung zur Lösung der Krise, dann wären Entscheidungen angesagt wie

  • Dezentralisierung, Demokratisierung der Banken und Begrenzung auf Kerngeschäft
  • Einführung von strengen Haftungszwängen
  • Schuldenerlasse auf Kosten der Banken und Großzinsnehmer
  • Einstellung der neokolonialen Exportforcierung Deutschlands
  • Rücknahme sämtlicher Deregulierungsgesetze und –Erlässe
  • radikales Stopfen aller Steuerschlupflöcher und Schließung der Steueroasen
  • Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die den Namen verdient

Wie es mit den Absichten unserer Marionettenregierung tatsächlich bestellt ist, kann man daran erkennen, daß sie noch nicht einmal die Finanztransaktionssteuer auf die Beine bringt. Dafür hat sie nicht die Freigabe von Ackermann & Co.

Nun komme ich endlich zur eigentlichen Zielrichtung meines Beitrags, auf die mich ein Artikel in der TAZ mit dem Titel „Warum wird in der Krise nicht auch vom Kapitalschnitt geredet?“ gebracht hat. Denn nicht nur die Eurokrise sondern auch die Schieflage in der Gesellschaft ist das Resultat einer ungleichen Verteilung von Vermögen, (Zins-)Einkommen und Schulden. Aus diesem kühlen Grunde kann das Problem auch nur durch einen Kapitalschnitt und nicht nur durch einen Schuldenschnitt gelöst werden!

Die vorhandene Basis der Schuldenlasten ist (außer durch eine Inflation) überhaupt nicht abzutragen, da die Kapitalzinsen immer mehr explodieren. Wenn die Staaten nicht überbordende Vermögen abschöpfen und das Zinssystem nicht reformieren, werden sie handlungsunfähig und es kommt zum Zusammenbruch, der die Substanz des Normalbürgers als erstes zerstört.

Wir müssen uns also fragen, ob wir diese Art der Zwangsvermögensabgabe wollen oder nicht lieber als Prophylaxe bei denjenigen abgreifen, denen ein paar Milliarden nicht weh tun.

 

Hier der erwähnte TAZ-Artikel:

Warum wird in der Krise nicht auch vom Kapitalschnitt geredet? - Der Bundestag auf Speed

TAZ – 24.10.11

Kommentar von REINER METZGER

„Der Film läuft immer schneller ab, die Akteure der Eurorettung rennen immer hektischer über die Leinwand. So präsentiert sich das Bild dieser Tage, kurz vor dem Euro-Notgipfel: Irgendwie sollen die Banken zu 100 Milliarden Euro mehr Kapital kommen, Griechenlands Schulden werden halbiert, das entspricht einem halben Staatsbankrott (welche Länder folgen da noch?). Und beim Rettungsschirm wird in den Billionenbereich gehebelt. Der Bundestag soll flugs noch ein zweites Mal zustimmen.

Für die Bundesregierung und ihre EU-Mitstreiter ist die aktuelle Krisenbewältigung, dazu gehört auch der Schuldenschnitt, unvermeidbar. Aber sie entkommen der Eigendynamik des Dramas nicht mehr. So ging es häufig bei historischen Krisen, die Behebung der eigentlichen Ursachen ist zu weit weg vom politisch Möglichen. Bis es zu spät ist.

Im Fall der aktuellen Finanz-, Euro- und Staatsschuldenkrise handelt es sich um eine zunehmend ungleiche Verteilung von Vermögen und Schulden. Die Rohstofflieferanten, die Besitzer großer Vermögen, die Finanzindustrie und auch Teile der Bevölkerung in den reichen Ländern haben so viel Kapital angehäuft und erwarten eine entsprechende Verzinsung, dass die Schuldner nicht mehr zahlen können …“

REINER METZGER ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

 

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Heute ist mir nach der gestern erfolgten Abstimmung im Bundestag der folgende stimmige Artikel in Telepolis aufgefallen:

 

Das Finanzkapital pfändet das Sozialkapital - Wie lange noch?

Telepolis - 27.10.2011 von Alexander Dill

 

„Am 26. Oktober 2011 stimmten 503 der 596 Abgeordneten des Deutschen Bundestages für die Bereitstellung eines sogenannten Euro-Rettungsschirmes in Höhe von einer Billion Euro. Fernsehreporter fanden zuvor heraus, dass die Abgeordneten wenig oder nichts über die Materie wussten. Das ist keine Schande. Sie gilt als Expertenthema. Zum Glück leistet sich deshalb der deutsche Staat zehntausende Finanzexperten an den Hochschulen, in der Bundesbank, in den Landesbanken und den Finanzministerien …“

Der Beitrag von Alexander Dill endet mit dem folgenden treffenden Satz:

Nach der Abstimmung ….: „Ab jetzt sind die rund 2 Billionen Euro jährliche Steuern der Bürger in den 17 Euro-Staaten eine zwangsgepfändete Verfügungsmasse für jene angeblichen Marktteilnehmer, die bei Nichtzahlung mit dem Bankrott drohen können.

Hinter ihnen allerdings stehen weniger böse Spekulanten, sondern etwa 100 Millionen Rentner und Pensionäre in den USA, Frankreich, Österreich, Belgien, Holland, Finnland und Deutschland, die glauben, "das System" könne ihnen aus Steuermitteln anstatt 1.000 Euro monatlich 2.000-10.000 Euro monatlich plus Krankenversorgung bezahlen.

Unser Sozialkapital ist nicht weg - es hat jetzt nur ein anderer. Wie lange noch?“

 

Diese gute Frage sollten sich all diejenigen naiven Gläubigen einer kapitalgedeckten Lebens- oder Krankenversicherung stellen und sich bewußt machen, daß sie aufs falsche Pferd gesetzt haben. Wie wäre es einmal zur Abwechslung damit, sich für eine Stabilisierung und Aufbau der gesetzlichen (und einzig sozialen Lösung) Umlageversicherung stark zu machen?

 

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Peter A. Weber