Freihandelsabkommen CETA und TTIP
Ausverkauf der Demokratie
von Heinz-J. Bontrup
Bei den geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA – Comprehensive Economic and Trade Agreement) sowie den USA (TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership) [ADMIN: zu TTIP hier und hier] geht es in erster Linie nicht um den endgültigen Abbau von heute schon kaum noch vorhandenen Zöllen oder um Chlorhühnchen, Hormonfleisch, Genfood und um die Beseitigung nicht-tarifärer Handelshemmnisse wie unter anderem einer Produkt-Harmonisierung von einklappbaren Autospiegeln, sondern entscheidend um einen Investorenschutz. Ulrich Grillo, BDI-Präsident, bringt es auf den Punkt: »Für die deutsche Industrie ist dieses Instrument unverzichtbar, um ihre Auslandsinvestitionen gegen politische Risiken abzusichern.«
Man muß es ökonomisch richtig verstehen, was hier mit CETA und TTIP von einer neoliberal geprägten Politik intendiert ist. Der endgültige Kniefall vor den Kapitaleigentümern, vor den Shareholdern, und ihren Profitinteressen. Es soll die kapitalistische Logik im Duktus des Shareholder-Value-Konzepts endgültig auf den Kopf gestellt werden. Nicht mehr der Profit soll Restgröße bei der Verteilung der Wertschöpfung sein, sondern das Arbeitseinkommen der abhängig Beschäftigten. Die Profitrate der Shareholder wird dabei durch ein "Target return pricing" vorab bei jeder Investition festgelegt, und die Arbeitseinkommen sind danach (ex post) darauf abzustimmen und kleinzuhalten. Dieser Grundsatz soll jetzt durch das internationale Investitionsschutzabkommen innerhalb von CETA und TTIP rechtlich, vor allem für transnational agierende Konzerne, zementiert werden.
Dabei sind derartige Abkommen nicht neu. Allein Deutschland hat schon 130 solcher Abkommen auf bilateraler Ebene mit Konzernen abgeschlossen. Weltweit geht man von mehr als 3.200 Verträgen aus. Bis Ende 2012 hat es im Rahmen solcher Verträge bisher gut 500 Klagen und Schiedsverfahren gegeben. Damit wird es den Shareholdern ermöglicht, einen demokratisch verfaßten Staat vor einem außergerichtlichen »Sondertribunal« auf Schadensersatz zu verklagen, wenn den Kapitaleignern (Investoren) die demokratisch entstandenen politischen Entscheidungen (Gesetze) nicht passen, weil die Konzerne dadurch ihre maximal erwartete Profitrate gefährdet sehen. Auf diesem Wege verklagt gerade der schwedische Energiekonzern Vattenfall die Bundesrepublik Deutschland auf 4,7 Milliarden Euro Entschädigungszahlungen wegen des Ausstiegs aus der Kernenergie.
Dies bedeutet letztlich, daß in demokratischen Rechtsstaaten vom Volk gewählte Politiker eine »Paralleljustiz« zulassen wollen. Das ist ein ungeheuerlicher Angriff auf den demokratischen Rechtsstaat, der nach einem sofortigen Einschreiten des Bundesstaatsanwalts gegen Politiker verlangt, die das bestehende Verfassungsrecht und auch die einfache Gesetzgebung sowie die Gerichte (Judikative) in den einzelnen Mitgliedsstaaten beugen und aushebeln wollen. Völlig unverständlich ist, daß Richter und Staatsanwälte, die gesamte Justiz als staatliche dritte Gewalt in einer Demokratie, nicht gegen die politische Legislative aufbegehrt und sie in ihre Schranken verweist. Andreas Fischer-Lescano und Johan Horst vom "Zentrum für Europäische Rechtspolitik" (ZERP) an der Universität Bremen kommen in einem Gutachten zu CETA zu folgendem vernichtenden Befund: »Die Einführung von Investor-Staats-Schiedsgerichten im CETA verletzt das im Unionsrecht (Art. 19 EUV iVm Art. 263ff. AEUV) und im Grundgesetz verankerte richterliche Rechtsprechungsmonopol (Art. 92 GG). Der EU fehlt zudem die Kompetenz, ein solches Verfahren auf Portfolioinvestitionen und den Bereich der Finanzdienstleistung zu erstrecken.«
► Subsumierung von Politik und Gesellschaft unter Kapitalinteressen
Schon heute gibt es eine nicht akzeptable Machtasymmetrie zwischen Kapital und Arbeit in den jeweiligen Staatsverfassungen. So auch im deutschen Grundgesetz. Obwohl in der Ökonomie hinlänglich verifiziert ist, daß in einem wie auch immer gearteten Produktionsprozeß ohne den Einsatz des Menschen, der Arbeitskraft, ein Output und Wert nicht erzeugt werden kann, haben trotzdem das Kapital beziehungsweise deren Eigentümer in den Unternehmen das ausschließliche Sagen über ihre Beschäftigten. Final entscheiden nur die Unternehmer, ob sie Arbeitskräfte einstellen, wie diese unter vom Management organisierten straffen Hierarchien zu arbeiten haben, und wann sie zur Entlassung anstehen. Und bei Unternehmensverkäufen werden nicht nur die Assets, die Vermögenswerte, auf einen anderen Kapitaleigner übertragen, sondern auch die Beschäftigten werden mit verkauft. Was sollen sie auch machen, sind sie doch abhängig vom Unternehmer. Sie erhalten nur dann einen ökonomischen Wert, wenn ein Kapitaleigner, oder wie es heute heißt, ein Investor, sie am Arbeitsmarkt nachfragt.
Die Verfassung deckt das alles rechtlich ab und stuft hier die freie unternehmerische Entscheidung, abgeleitet aus der allgemeinen Berufsfreiheit (Art. 12 GG), in Verbindung mit dem Eigentum an den Produktionsmitteln (Art. 14 GG) höher ein als den arbeitenden Menschen, der letztlich die gesamte Ökonomie bewegt und einzig gesellschaftliche Neuwerte beziehungsweise ein verteilbares Mehrprodukt in Form von Mehrwert schafft.
Jetzt wollen die Kapitaleigner mit CETA und TTIP auch noch zusätzlich die Politik, also ganze Staaten, in »Geiselhaft« nehmen. Die bestehende und verfassungsrechtlich abgesicherte Machtasymmetrie zwischen Kapital und Arbeit in den Unternehmen reicht den Kapitaleignern für ihr schon bestehendes Lohnausbeutungsregime nicht mehr. Jetzt soll auch noch das private »Investitionsmonopol des Kapitals« (Erich Preiser) vor politischer Einflußnahme geschützt werden. Dies wird zwar heute schon durch einen Lobbyismus-Apparat versucht und auch vielfach durchgesetzt. Dazu ist jedoch ein hoher Aufwand notwendig. Da sind aus Kapitalsicht private Sondertribunale (»Schiedsgerichte«) wesentlich weniger aufwendig und in der Umsetzung ergebnissicherer.
Die herrschenden, den Staat vertretenden, Politiker sehen das offensichtlich genauso und machen sich deshalb für die Freihandelsabkommen stark. In einer parlamentarischen Demokratie gibt es eben keinen »neutralen« Staat. Es ist immer entscheidend, welche Partei mit welchen Interessen im Parlament die Mehrheit hat und – auch in Koalitionen – die Regierung bildet. Vertritt diese, wie im Fall der geplanten Freihandelsabkommen, einseitig die Interessen des Kapitals, der Unternehmer, oder zumindest gleichberechtigt auch die Interessen der abhängig Beschäftigten und der ganzen Gesellschaft? Für Karl Marx ist diese Frage keine Frage: Im Kapitalismus setzt sich im bürgerlichen (interessenbesetzten) Staat final immer nur die in der Wirtschaft herrschende Kapitalklasse mit ihren einseitigen und letztlich aber das System selbstzerstörenden maßlosen Profitansprüchen durch. »Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuß«, so Marx, »der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.«
► Politikversagen und privilegierte Komplizenschaft
Dazu wurde einmal mehr am 25. September 2014 im Deutschen Bundestag ein Beweis erbracht. Die Fraktion der Linken zwang hier über einen Gesetzesantrag in namentlicher Abstimmung die ehemalige Arbeiterpartei SPD, ihre heute wahren Interessen offen zu legen. Gegen ihre eigenen Parteibeschlüsse, die sich zusammen mit der Position des DGB gegen einen Investorenschutz im CETA und TTIP öffentlichkeitswirksam wenden, stimmte die SPD-Fraktion im Bundestag dennoch für die Interessen des Kapitals, für den Investoren- beziehungsweise Kapitalschutz. »Im Kern ging es darum«, schreibt der wirtschaftspolitische Sprecher der Links-Partei im Bundestag, Michael Schlecht, »die Bundesregierung auf die Ablehnung von Schiedsgerichten in den Freihandelsabkommen festzulegen. Denn der Parteibeschluß nützt nichts, wenn er Parteibeschluß bleibt. Wirklich wirksam und verbindlich wird er erst, wenn ihn das Parlament beschließt. (…) Ergebnis der Abstimmung: Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt. Anders gesagt: Die SPD lehnte ihre eigenen Forderungen ab! Faktisch hat sie auch gegen den DGB gestimmt.«
So ist es halt, könnte man resignierend feststellen, im staatsmonopolistischen Kapitalismus, wo die herrschende Politik gemeinsame Sache mit den privaten Monopolen und Oligopolen macht und wo selbst, wie Theodor W. Adorno und Max Horkheimer betonen, die Aussagekraft des Klassenbegriffs an seine Grenze stößt. »Der Unterschied von Ausbeutern und Ausgebeuteten tritt nicht so in Erscheinung, daß er den Ausgebeuteten Solidarität als ihre ultima ratio vor Augen stellte: Konformität ist ihnen rationaler. Die Zugehörigkeit zur gleichen Klasse setzt längst nicht in Gleichheit des Interesses und der Aktion sich um.«
Der Politikwissenschaftler Kai Lindemann beschreibt vor dem Hintergrund der Grenzen des Klassenbegriffs in Anlehnung an den deshalb von Adorno und Horkheimer eingeführten »Racket-Begriff«, der ursprünglich den Zustand der Schutzgelderpressung von kriminellen Banden, wie der Mafia, definiert, den heutigen finanzmarktgetriebenen Neoliberalismus als ein Beutesystem von »Racketeers«. »Nicht ohne Grund hat der Racket-Begriff seinen Ursprung in der Schutzgelderpressung, denn Adorno und Horkheimer sehen fließende Übergänge zwischen der monopolkapitalistischen Praxis der Surplusaneignung und der ›außergesetzlichen‹ Herrschaft schutzgelderpresserischer Banden. Letztere betreiben die Aneignung lediglich mit Methoden, die zum Staatsmonopol – der ›physischen Zwangsgewalt‹ – in Konkurrenz treten können. ›Der Verbrecher‹, so Horkheimer, ›repräsentiert das unrationellere, primitivere Racket gegenüber dem vom Staat geschützten Klassenmonopol. Sein Beruf weist auf früh- und vorbürgerliche Formen der Herrschaft zurück; sie wuchern als Mafia und Camorra verachtet in der Gegenwart wie gestürzte Gottheiten, die vor der neuen Religion zu dämonischen Mächten geworden sind.«
Rackets sind heute »eine privilegierte Komplizenschaft, deren Strukturen durch die Festigkeit der internen, informellen Verbindungen und die Intensität der Verflechtung mit staatlichen und wirtschaftlichen, legalen und illegalen Strukturen bedingt ist. Die informellen Verbindungen sind dabei von der ideologischen Nähe der Mitglieder abhängig. Der Eintritt in das Racket ist das entscheidende Privileg, das über Macht oder Ohnmacht, Inklusion oder Exklusion entscheidet.«
Hier haben die abhängige Arbeit verrichtenden Massen nichts zu erwarten. Dies stellte schon 1776 Adam Smith fest, als er schrieb: »Der bedauernswerte Arbeiter, der gewissermaßen das ganze Gebäude der menschlichen Gesellschaft auf seinen Schultern trägt, steht in der untersten Schicht dieser Gesellschaft. Er wird von ihrer ganzen Last erdrückt und versinkt gleichsam in den Boden, so daß man ihn auf der Oberfläche gar nicht wahrnimmt.«
Das müßte aber nicht so sein. Dazu bedarf es jedoch kämpferischer Gewerkschaften, einer wirklich starken linken politischen Kraft im Parlament und auch einer merklichen außerparlamentarischen Opposition in Sozial- und Umweltverbänden sowie den Kirchen und nicht zuletzt an den Hochschulen. Die Wut der Bürger und Bürgerinnen hat schon das 1996 geplante "Multinationale Abkommen über Investitionen" (MAI) und 2012 das multilaterale "Anti-Piraterie-Abkommen" (ACTA) zu Fall gebracht. Die europäische »Bürgerinitiative Stop TTIP«, eine Vereinigung von fast 300 europäischen Organisationen, hat bereits mehr als 2.484.745 Unterschriften gegen TTIP gesammelt. [Admin: geändert und aktualisiert] Das macht Mut und Hoffnung auf eine Verhinderung der geplanten demokratiefeindlichen Freihandelsabkommen. [ADMIN: weitere KN-Artikel zu TTIP hier und hier]
Heinz-J. Bontrup
Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup ist Wirtschaftswissenschaftler an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen und Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik.
: Bitte um Beachtung der 5 angehängten -Text-Dokumente weiter unten!!
► Quelle: Erschienen in Ossietzky, der Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft - Heft 7/2015 > zum Artikel
Ossietzky, Zweiwochenschrift für Politik, Kultur, Wirtschaft, wurde 1997 von Publizisten gegründet, die zumeist Autoren der 1993 eingestellten Weltbühne gewesen waren – inzwischen sind viele jüngere hinzugekommen. Sie ist nach Carl von Ossietzky, dem Friedensnobelpreisträger des Jahres 1936, benannt, der 1938 nach jahrelanger KZ-Haft an deren Folgen gestorben ist. In den letzten Jahren der Weimarer Republik hatte er die Weltbühne als konsequent antimilitaristisches und antifaschistisches Blatt herausgegeben; das für Demokratie und Menschenrechte kämpfte, als viele Institutionen und Repräsentanten der Republik längst vor dem Terror von rechts weich geworden waren. Dieser publizistischen Tradition sieht sich die Zweiwochenschrift Ossietzky verpflichtet – damit die Berliner Republik nicht den gleichen Weg geht wie die Weimarer.
Wenn tonangebende Politiker und Publizisten die weltweite Verantwortung Deutschlands als einen militärischen Auftrag definieren, den die Bundeswehr zu erfüllen habe, dann widerspricht Ossietzky. Wenn sie Flüchtlinge als Kriminelle darstellen, die abgeschoben werden müßten, und zwar schnell, dann widerspricht Ossietzky. Wenn sie Demokratie, Menschenrechte, soziale Sicherungen und Umweltschutz für Standortnachteile ausgeben, die beseitigt werden müßten, dann widerspricht Ossietzky. Wenn sie behaupten, Löhne müßten gesenkt, Arbeitszeiten verlängert werden, damit die Unternehmen viele neue Arbeitsplätze schaffen, dann widerspricht Ossietzky – aus Gründen der Humanität, der Vernunft und der geschichtlichen Erfahrung.
Ossietzky erscheint alle zwei Wochen im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Berlin – jedes Heft voller Widerspruch gegen angstmachende und verdummende Propaganda, gegen Sprachregelungen, gegen das Plattmachen der öffentlichen Meinung durch die Medienkonzerne, gegen die Gewöhnung an den Krieg und an das vermeintliche Recht des Stärkeren.
Redaktionsanschrift:
Redaktion Ossietzky
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalderstr. 4, 10405 Berlin
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► Bild- und Grafikquellen:
1. TTIP = DEMOKRATIE. Foto entstand während der Demo "TTIP-stoppen" zum G7-Treffen am 04.06.2015 in München. Fotograf: © Frederick Dietze > seine Webseite: www.southvibez.de > Facebook. Die Rechte verbleiben beim Fotograf! Herzlichen Dank für die freundliche Freigabe zur Veröffentlichung im KN.
2. NEIN zu TTIP. Foto entstand während der Demo "TTIP-stoppen" zum G7-Treffen am 04.06.2015 in München. Fotograf: © Frederick Dietze > seine Webseite: www.southvibez.de > Facebook. Die Rechte verbleiben beim Fotograf! Herzlichen Dank für die freundliche Freigabe zur Veröffentlichung im KN.
3. Buchcover: "Thilo Bode: Die Freihandelslüge. Warum TTIP nur den Konzernen nützt – und uns allen schadet." Verlag: DVA. ISBN: 978-3-421-04679-6. Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 272 Seiten, € 14,99 [D] | € 15,50 [A] | CHF 20,50 * (* empf. VK-Preis)
Der Staatsstreich der Konzerne
In Deutschland und Europa wächst der Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP. Thilo Bode schildert anschaulich und mit analytischer Schärfe, wie TTIP Verbraucherrechte und Umweltstandards gefährdet. Die Konzerne drohen über unsere Zukunft zu bestimmen – stärkere Arbeitnehmer- und Verbraucherrechte hängen ebenso wie ein wirkungsvoller Umweltschutz von ihrer Gnade ab. Dies gilt es mit aller Macht zu verhindern. Thilo Bode zeigt, was sich bei den Geheimverhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA ereignet und was für uns alle auf dem Spiel steht.
Thilo Bode, geboren 1947, studierte Soziologie und Volkswirtschaft. 1989 wurde er Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, 1995 von Greenpeace International. 2002 gründete er die Verbraucherorganisation Foodwatch.
4. Theodor Wiesengrund Adorno (rechts vorne im Bild) und Max Horkheimer (links daneben) am Max Weber-Soziologentag, Heidelberg, April 1964. Urheber: Jeremy J. Shapiro. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert. Namensnennung: Jjshapiro at en.wikipedia.
5. Adam Smith (getauft am 5. Junijul./ 16. Juni 1723greg. in Kirkcaldy, Grafschaft Fife, Schottland; † 17. Juli 1790 in Edinburgh) war ein schottischer Moralphilosoph, Aufklärer und gilt als Begründer der klassischen Nationalökonomie. Autor: Etching created by Cadell and Davies (1811), John Horsburgh (1828) or R.C. Bell (1872). The original depiction of Smith was created in 1787 by James Tassie. Quelle: Wikimedia Commons.
6. Buchcover siehe 3
ISDS, Genfood und Handelshemmnisse
Kritische Anmerkung:
Es geht neben der I"nvestor-State Dispute Settlement" (ISDS) sehr wohl um die Einführung von Genfood, Hormonfleisch und auch um die Abschaffung nicht-tarifärer Handelshemmnisse. Die Agrarlobby dieseits und jenseits des Atlantiks hat ein großes Interesse daran, dass der Warenverkehr ungehindert vonstatten gehen kann.
Lori Wallach: Rechtsanwältin in den USA und spezialisiert auf Handelsrecht, Direktorin bei Public Citizen, größte US-amerikanische Verbraucherschutzorganisation und Denkfabrik, sagte in der Sendung "Ware Welt" im Deutschlandfunk vom 9.12.2014:
„Die großen Lebensmittelhersteller haben offiziell für TTIP angekündigt, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel zusammen mit ganz normalen Lebensmitteln in der EU verkauft werden sollen, und Gen-Food soll nicht gekennzeichnet werden.
Ihr Dokument sagt: Der EU-Boykott von gentechnisch veränderten Lebensmittel ist schlecht und muss verschwinden. Die Hühnerproduzenten fordern, dass der Bann von Chlorhühnern bald aufgehoben werden sollte // und die US-Fleischproduzenten wollen auch für den Export ungehindert Medikamente in der Tiermast nutzen – Schweinen wird hier zum Beispiel in der Mast Ractopamin (Wachstumshormone) zugefüttert und Rindern werden künstliche Hormone gespritzt.
Die Öl- und Chemische Industrie fordern zum Beispiel, das "EU-Vorsorgeprinzip" zurück zu drängen, denn die "REACH-Verordnung" verlangt, chemische Stoffe in Europa vorsorglich zu testen. Die Chemieindustrie sagt: Schluss damit! Schließlich zwingt der US-Kongress uns, die chemische Industrie seit den 70er-Jahren ja auch nicht mehr dazu. Lasst uns TTIP dazu nutzen, den chemischen Schutz abzubauen.
Und da sind die US-Finanzdienstleister und Internetfirmen, die am EU-Datenschutz, Privatrecht und Verbraucherschutz herumschrauben, und es gibt Klimaschutzgesetze für die Flugzeugindustrie, die aufgeweicht werden sollen...
Da gibt es 500 offizielle US-Berater im Handelsministerium. Diese Leute haben die höchsten Sicherheits-Zulassungen, also die nötige "Security-Clearence", die ihnen einen exklusiven Zugang zu den TTIPVerhandlungsdokumenten erlaubt. Auch greifen sie direkt in die Verhandlungen ein, indem sie sich direkt mit der US-TTIP-Delegation beraten können. Von diesen "500 offiziellen Handelsberatern" sind über 90 Prozent Mitarbeiter bei den großen Unternehmen.
Also Monsanto und andere Gentechfirmen der Agrarindustrie sind in einem Komitee für Landwirtschaft, in dem es auch um die Entwicklung der Biotechnologie geht. In diesem Komitee sitzt nicht ein Vertreter von Verbraucher-, Gesundheits- oder Umweltverbänden. Diese Gruppe formuliert aber in ihrer Funktion als "offizieller Berater" die Handelspolitik der Regierung der Vereinigten Staaten."
Zwischenzeitlich ist durchgedrungen, dass nicht mehr die USA die Verhandlungen führen, sondern die US-Konzerne selbst. In den USA sind Konzern und Regierung längst miteinander verschmolzen. Und genau darum geht es jetzt in Europa. Dazu braucht es auch das US-amerikanische Rechtssystem, damit die Konzerne und die Kapitalgesellschaften die Gewinner bleiben.
Findige Rechtsanwaltskanzleien haben es geschafft, dass der Begriff "Enteignung" nicht nur auf physische Enteignung von Unternehmen, sondern auch auf Investitionshemmnisse und entgangenen Profit ausgeweitet wurde. Seit 1995 gibt es deshalb ein signifikantes Ansteigen von ISDS-Klagen. Ein profitables Geschäft für US-amerikanische Rechtsanwaltskanzleien.
In dem Artikel von powershift "Europas imperiale Rohstoff- und Freihandelspolitik" vom 23.06.2015 wird folgendes ausgeführt:
"Erklärtes Ziel dieser Abkommen sind schließlich nicht lediglich regionale Handels- und Investitionsfragen, sondern das Festschreiben globaler Standards für das 21. Jahrhundert. Diese globale Standards heißen in Bezug auf Rohstoffe: Offene und globalisierte Rohstoffmärkte, in denen Großkonzerne möglichst günstigen Zugang zu ihrem „Lebensblut“ erhalten und diesen, wenn nötig, über rechtliche Mechanismen einklagen können. Neben den „klassischen Freihandelsbarrieren“, wie Zöllen oder Ausfuhrsteuern, die zwischen den USA/Kanada und der EU bereits weitgehend liberalisiert sind, stehen vor allem nicht-tarifäre Handelshemmnisse im Mittelpunkt. Zu diesen „regulatorischen Barrieren“ zählen beispielsweise Gesetze und Standards zum Schutz von Umwelt, Gesundheit oder Arbeitsrechten."
Für Industrie und Konzerne sind hohe Standards zum Schutz von Umwelt, Gesundheit und Arbeitsrechten ein Handelshemmnis. Und Handelshemmnisse schmälern die Gewinnerwartungen. Im Kapitalismus zählt aber nur der Kapitalertrag, dem alles andere unterzuordnen ist.
Marie-Luise Volk
Bitte schaut Euch diese beiden kurzen Videobeiträge an - LOHNENSWERT!
► TTIP - Freihandeslabkommen USA - EU - ohne Vorbehalte
► Geheimes Recht, Großkonzerne kippen politischen Willen