Gesellschaft im Überfluß (JOHN KENNETH GALBRAITH)

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Gesellschaft im Überfluß (JOHN KENNETH GALBRAITH)
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Gesellschaft im Überfluß


Originaltitel von 1958: The Affluent Society

 

Autor: John Kenneth Galbraith

Verlag: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. (1959)

Hardcover, gebunden, 382 Seiten – antiquarisch zu bekommen, oder als Taschenbuch bei Droemer Knaur, 316 Seiten, es gab mehrere Auflagen


beginnen möchte ich mit drei Aussagen des Autors:

„Obwohl die moderne Industriegesellschaft die echten Bedürfnisse der Bevölkerung ohne weiteres befriedigen könnte, jagt sie weiter dem Wachstumsziel nach und schafft dafür neue, bis dahin ungeahnte Bedürfnisse.“ Ein hoher Aufwand an Marketing heizt den privaten Konsum an, während die Sozialausgaben auf der Strecke bleiben“

Anfang der siebziger Jahre forderte John Kenneth Galbraith anstelle einer ungezügelten Wettbewerbswirtschaft ein umfangreiches staatliches Planungswesen, um Probleme wie die Entwertung des Geldes, das Auseinanderdriften von Arm und Reich sowie die Umweltzerstörung in den Griff zu bekommen. Außerdem beschäftigte sich der Ökonom mit den Börsen und den Spekulanten. Er schrieb: „Die Menschen lassen sich immer wieder von scheinbar neuen Ideen dazu verleiten, auf höhere Kurse zu spekulieren – bis zum unweigerlichen Zusammenbruch.“

„Der Unterschied zwischen kein Geld und genug Geld ist riesig aber der Grenznutzen jeder zusätzlichen Million nimmt permanent ab.“



Inhaltsverzeichnis


Vorwort ……….9

Gesellschaft im Überfluß ……….11

Das Herkömmliche Konzept ……….17

Die pessimistische Tradtion in der Volkswirtschaft ……….32

Die Unsicherheit ……….46

Die amerikanische Variante ……….61

Das Marxsche Leichentuch ……….78

Die Ungleichheit ……….92

Wirtschaftliche Sicherheit ……….113

Die Vorrangstellung der Verbrauchernachfrage ……….155

Der Abhängigkeitseffekt ……….……….168

Die Illusion nationaler Sicherheit ……….177

Privileg und Produktion ……….198

Bezahlt werden muß auf jeden Fall ……….214

Die Inflation ……….227

Die monetäre Illusion ……….242

Produktion kontra stabile Preise ……….255

Die Theorie des Sozialen Gleichgewichts ……….267

Das Investitionsgleichgewicht ……….287

Der Übergang ……….298

Der Trennungsstrich zwischen Produktion und Sicherheit ……….309

Die Wiederherstellung des Gleichgewichts ……….325

Die neue Stellung der Armut ……….340

Arbeit, Freizeit und die Neue Klasse ……….352

Sicherheit und Fortbestand ……….366

Personenregister 375

Sachregister 377



Habe einen exzellenten Artikel über das Buch bei ZEIT ONLINE gefunden. Dieser wurde erstmals im Magazin DIE ZEIT am 02.12.1999 veröffentlicht.   

Der gute Staat. John Kenneth Galbraith: "Gesellschaft im Überfluß"


Von Katharina Kort


Der amerikanische Romancier, Präsidentenberater, Diplomat, Sozialkritiker und Ökonom John Kenneth Galbraith ist ein Freund satirischer Zuspitzung: "Die Familie, die ihr lilakirschrotes, automatisch geschaltetes, automatisch gebremstes, mit raffinierter Luftheizung und -kühlung ausgestattetes Auto aus der Garage holt, um einen Ausflug zu machen, fährt durch Orte mit schlecht gepflasterten und ungereinigten Straßen, verfallenen Häusern, scheußlichen Reklameschildern und Hochspannungs- oder Telegrafenmasten, deren Leitungen man längst schon unter die Erde hätte verlegen müssen." Die Familie genießt "am Ufer eines verdreckten Flusses die köstlichen Konserven aus der transportablen Kühlbox und übernachtet dann auf einem Parkgelände, das für die Volksgesundheit und öffentliche Moral eine Gefahr ist".

Dies ist nur ein Beispiel, mit dem der 1908 geborene Galbraith in dem Buch „The Affluent Society“ seine These vom Übermaß privater Güter und dem Mangel öffentlicher Dienste illustriert. Das 1958 erschienene Werk wurde gleich ein Bestseller, ein Jahr später erschien die deutsche Ausgabe unter dem Titel Gesellschaft im Überfluß. Nicht nur wegen seiner populärwissenschaftlich geschriebenen Texte, auch als linker Exponent ist der Autor ein Außenseiter der meist konservativ geprägten Ökonomenzunft.

Galbraith kritisiert, dass alles wirtschaftliche Handeln in den westlichen Industrieländern von Überzeugungen bestimmt wird, die der Vergangenheit angehören. Bis zum 19. Jahrhundert mag es sinnvoll gewesen sein, Hunger und Not durch steigende Produktion zu bekämpfen. Heute dagegen sei Hunger für die Menschen in den Vereinigten Staaten und Europa kein vordringliches Problem mehr. Die Güter werden im Überfluss produziert, und die Nachfrage nach ihnen müsse durch Werbung künstlich geschaffen werden. Das heißt, die Gesellschaft schafft die Bedürfnisse selbst, die sie dann glaubt befriedigen zu müssen.

Dabei verlieren die Güter mit steigender Produktion an Wert. Nach der vorherrschenden Theorie vom abnehmenden Grenznutzen wird der zusätzliche Nutzen eines Produkts umso geringer, je mehr Exemplare die Menschen davon kaufen: Das Zweitauto hat einen geringeren Grenznutzen als das erste Auto. Trotz des nachlassenden Nutzwertes der Güter müsse in der Gesellschaft die Produktion immer weiter steigen, um die soziale Stabilität nicht zu gefährden. Steigende Produktion sichert Arbeitsplätze und Einkommen und bildet damit eine Alternative zur staatlichen Umverteilung: Statt von den Reichen zu nehmen, damit die Armen mehr haben, wird die Produktion gesteigert, damit es allen besser geht. Nicht davon profitieren würde allerdings die unterste Schicht der Gesellschaft, sagt Galbraith. Das bliebe jedoch weitgehend unbeachtet, weil die Ärmsten ohne Lobby seien.

Das eigentliche Ziel der Produktion, die Versorgung der Menschen, habe die Gesellschaft aus den Augen verloren. Längst sei Mehrproduktion zum Selbstzweck geworden. Er vergleicht dies mit Spendensammlern, die weiterhin um Geld für einst benötigte Krankenhäuser bitten, ohne zu merken, dass Chefärzte schon Menschen überfahren, um Betten zu belegen.

Bereits 1958 warnt der US-Ökonom vor den verheerenden Folgen des Wachstums für Natur und Menschen. Deshalb verlangt der Freund und Berater von John F. Kennedy Taten von den Regierenden: "Nichts ist in unserer Wirtschaftspolitik so stark ausgeprägt wie die Tendenz, abzuwarten und zu sehen, ob sich die Dinge nicht von selbst verbessern."

Besondere Aufmerksamkeit widmet Galbraith den Gefahren der Inflation - in einer Wirtschaft, die im Unterschied zu den Auffassungen der Neoklassiker nicht durch machtlose Unternehmen, die ihre Preise nur dem Markt anpassen können, sondern durch Preise setzende Großkonzerne geprägt ist. In seiner Fürsorge für die wirtschaftlich Schwächeren plädiert er für Lohn- und Preiskontrollen als angemessenes Mittel - er weiß, dass er mit dieser Forderung auf ideologische Vorbehalte trifft.

Nach der heute vorherrschenden ökonomischen Lehre hilft gegen Inflation nur eine Politik des knappen Geldes, das heißt der hohen Zinsen. Benachteiligt seien davon wiederum in erster Linie die kleinen und mittleren Firmen. Sie bekommen schlechtere Konditionen für Kredite und können höhere Kosten nicht auf Kunden abwälzen. Letztlich leiden aber auch große Unternehmen unter einer durch Geldverknappung verursachten Wirtschaftsflaute.

Würde der Staat die Steuerpolitik als Mittel gegen die Inflation nutzen, wären zwar große und kleine Firmen gleichermaßen betroffen. Doch während die Öffentlichkeit durchaus bereit ist, in einer Depression die Steuern zu senken, um die Wirtschaft anzukurbeln, würde sie Steuererhöhungen zur Bekämpfung von Inflation nicht akzeptieren.

Das Missverhältnis zwischen öffentlichen und privaten Gütern ist ein anderes zentrales Thema für Galbraith. In seiner Theorie des "sozialen Gleichgewichts" fordert er eine Balance zwischen dem, was eine Gesellschaft produziert, und dem, was sie konsumiert. Zudem müssen mit dem wachsenden Wohlstand auch die öffentlichen Ausgaben steigen. Es sei nicht einzusehen, warum die Gesellschaft einen Staubsauger für den Privathaushalt gutheißt, während sie die Gelder für die Straßenreinigung mit Misstrauen betrachtet. Der Staat sollte in Ausbildung und Polizei investieren, vor allem aber mehr Geld für Schulen und Universitäten bereitstellen. Galbraith will Bildung allen Schichten der Gesellschaft zugänglich machen und mit der wachsenden geistigen Potenz den Fortschritt sichern. Auf diese Weise können möglichst viele Menschen in die "neue Klasse" aufsteigen, die sich nicht mehr abplagen will, sondern in ihrer Arbeit Freude und Verwirklichung sucht.

Da die Steigerung der Produktion nicht mehr notwendig ist, spricht sich der Wissenschaftler auch für hohe Arbeitslosengelder aus. Er sieht darin ein Mittel, die soziale Sicherheit von der Produktion abzukoppeln. Eine Gesellschaft im Überfluss kann es sich seiner Ansicht nach leisten, auch jene zu bezahlen, die nicht arbeiten. Schließlich sei die Gesellschaft nicht auf ihre Arbeit angewiesen.

Die Rechte dieses Textes verbleiben natürlich beim Magazin DIE ZEIT !! Hier die Quelle des Originalartikels bei ZEIT ONLINE – klick


 




In dem oben empfohlenen Buch "Gesellschaft im Überfluß" von 1958 befaßte sich Galbraith bereits mit Fragen qualitativen Wachstums und der Lebensqualität. In einem zweiten richtungweisenden Buch "The New Industrial State" / "Die moderne  Industriegesellschaft" - analysierte Galbraith den Trend zur Unternehmenskonzentration und zur wachsenden Abhängigkeit des Staates von den großen Konzernen. 1968 bei Droemer - Knaur als gebundene Ausgabe mit 464 Seiten erschienen, hat auch dieses Werk absolut nichts an Bedeutung und Bezug zur Gegenwart verloren.

Im Magazin DER SPIEGEL Ausg. 14 / 1968 wurde dieses Buch vorgestellt – hier bitte weiterlesen


Informationen zu John Kenneth Galbraith, einem der einflußreichsten Sozialkritiker und Ökonomen der Nachkriegszeit, bei Wikipedia – klick hier