„Global Wealth Report“: Super-Reiche werden noch schneller reicher

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„Global Wealth Report“: Super-Reiche werden noch schneller reicher
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„Global Wealth Report“

Super-Reiche werden noch schneller reicher

von Franz Garnreiter / isw (Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.)

Der Kapitalismus löst Probleme der Ultrareichen – aber nicht die der Armen!

Die Boston Consulting Group (BCG) veröffentlichte Mitte Juni ihren ”Global Wealth Report 2015: Winning the Growth Game“. (als Artikel oder PdF, siehe Anhang!) Der Bericht strotzt vor Erfolgsmeldungen. Die weltweiten privaten Finanzvermögen (Betriebsvermögen, Immobilien, Luxusgegenstände sind nicht dabei) stiegen von 2013 auf 2014 um 17,5 Billionen US$ (17.500.000 Millionen US$) auf 164,3 Bio US$. Dabei bedeutet “weltweit“ nur 62 Länder, etwa ein Drittel der knapp 200 UNO-Mitglieder. Weggelassen wurden vor allem alle afrikanischen Länder südlich der Sahara (außer Südafrika) und die meisten des früheren "Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe" (kurz RGW) der sich von Jugoslawien bis Vietnam erstreckte. Hier gibt es zwar viele Menschen, aber kein Finanzkapital. In den kommenden fünf Jahren bis 2019 soll das weltweite Finanzvermögen auf 222 Bio US$ steigen. Dies ist das 2,4-fache der vom Internationalen Währungsfonds (IWF) für 2019 erwarteten Welt-Wirtschaftsleistung, dem Welt-BIP, in Höhe von 93 Bio US$.

BCG notiert eine starke Alte-Welt- gegen Neue-Welt-Dynamik. Erstere besteht aus Nordamerika, Westeuropa und Japan; in ihnen lagern derzeit mit 105 Bio US$ noch 64 % des Weltvermögens, aber die Neue Welt – das sind dann alle anderen Regionen, insbesondere die asiatischen Schwellenländer – holen auf: 2019 sollen sie schon 43 % des Weltvermögens auf sich konzentrieren. Asien ohne Japan ist seit 2014 die Region mit dem zweithöchsten Vermögen und wird bis 2019 den Spitzenplatz einnehmen, vor Nordamerika und Westeuropa. Angesichts des viel höheren Tempos beim Wirtschaftswachstum ist das wenig verwunderlich.

Woher kommt das Finanzvermögen?

Bei dieser Frage diskutiert BCG nicht etwa die Marxsche Ausbeutungstheorie, sondern sie unterscheidet zwischen Neuem Reichtum und Erträgen aus bestehendem Reichtum. Im Weltdurchschnitt stammen etwa drei Viertel des Zuwachses von 17,5 Bio US$ in 2013/14, also 13 Bio US$, aus Erträgen aus bestehendem Reichtum (in Nahost und Lateinamerika etwas weniger, in Japan mehr). Der wesentliche Punkt hier sind Anlagen in Aktien und ähnliche Beteiligungen. Sie brachten 2014 über Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen eine Rendite von 11 %. Nicht zu verachten sind auch Schuldverschreibungen (Staatsanleihen usw.) mit einer Rendite von 6 %. Der so genannte Neue Reichtum brachte 2014 die restlichen 5 Bio US$. Sie resultieren laut BCG aus den Ersparnissen aus der gestiegenen Wirtschaftsleistung 2014. Das Welt-BIP betrug 2014 laut IWF 77 Bio US$. Aus diesem Wert wurden also die genannten 5 Bio US$ und ein wesentlicher Teil der obigen 13 Bio US$ für die Aufschatzung von Finanzvermögen verwendet – ungeheuer riesige Mengen an geronnener Arbeit, die denjenigen zukommen, die 2013 schon ein ordentliches Finanzvermögen hatten.

Wer besitzt das Finanzvermögen?

Laut BCG gab es 2014 weltweit 17 Millionen Millionäre. Auch wenn das mehr sind als Bayern Einwohner hat, so ist das im Verhältnis zur Weltbevölkerung ein verschwindend geringer Prozentsatz. Sie hielten mit 68 Bio US$ 41 % des privaten Finanzreichtums von 164 Bio US$. In nur fünf Jahren, bis 2019, soll ihr Anteil auf 46 % von 222 Bio US$ steigen. Weit übertroffen wird das noch von der Untergruppe der Ultra high-net-worth individuals (UHNWI), das sind die Leute mit mindestens 100 Millionen Vermögen. Es dürften etwa 20.000 weltweit sein, also wiederum ein winziger Bruchteil unter den Millionären. Ihr Vermögen soll von heute 10 auf 18 Bio US$ steigen, ein Anstieg um 80 %.

Geld in Steueroasen

Rund 10 Bio US$ liegen heute Offshore – das ist bei BCG ausländisches Geld, das den Banken und Vermögensverwaltern in den einschlägigen Steueroasen von der Schweiz bis zu den Britischen Jungferninseln zugeflossen ist (allein ein Viertel davon in der Schweiz). Leider gibt BCG keine Auskunft, auf welche Vermögenshalter diese 10 Bio US$ entfallen. Mutmaßlich der größte Teil auf die Millionäre, dann hätten sie ein Siebtel ihres Vermögens in Steueroasen angelegt. Bei den UHNW mag der Prozentsatz höher sein.

Statistik: Die 25 reichsten Menschen weltweit im Jahr 2015 (Stand 04. Juni) nach Vermögen (in Milliarden US-Dollar) | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista


Und der Rest der Gesellschaft …

Es gibt ziemlich viel mehr Menschen, die knapp am Verhungern sind, als es Millionäre gibt: 800 Millionen Menschen nach der Statistik der UNO-Organisation "Food and Agriculture Organization of the United Nations" (FAO). Anfang der 1990er Jahre wurden die Millenniumsziele der UNO formuliert, ein Katalog von hehren Zielen für die Jahrtausendwende, der bis 2015 abgearbeitet sein soll. Ein Ziel war, den Hunger zu halbieren (eigentlich ein furchtbar anspruchsloses Ziel in einer so reichen Welt). 1991 hungerten gut 1 Milliarde Menschen – das Halbierungsziel ist also grandios verfehlt worden. In den letzten Jahren reduzierte sich die Zahl der Hungernden noch weniger als vorher. Von der Reduzierung um 215 Millionen zwischen 1991 und 2015 leistete allein China 165 Millionen.
 

Es ist gerade der G7-Gipfel in Elmau beendet worden. 7 Staatschefs und 7000 mitgebrachte Hiwis formulierten einen Text über die Klimaänderungen, der in der Presse bejubelt wurde. Das "Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V." (isw) hat bereits deutlich gemacht, wie völlig unzulänglich diese Lippenbekenntnisse sind. Inzwischen ist eine weitere Vorbereitungsrunde für die Pariser Klimakonferenz Ende 2015 ohne nennenswerte Ergebnisse, ohne nachhaltigen Konsens zu Ende gegangen. Inzwischen gehen immer mehr Experten in der Weltbank, UNO, IEA usw. davon aus, dass realistischerweise das 2°-Ziel nicht erreicht werden kann – unter den gegebenen politischen Umständen: Das ist in erster Linie der Umstand, dass die im Boden lagernden Energiestoffe in Hunderttausende Milliarden Dollar umgewandelt werden können, wenn man sie fördert. Ein Umstand, der die UHNWs mehr interessieren und elektrisieren dürfte als die Kollateral- und Folgeschäden, vor allem die in den armen Ländern (wo es eh kein Finanzkapital gibt) – vor allem, da man diese Probleme mit Militär (also wiederum Gewinnmöglichkeiten) bekämpfen kann, siehe den Weiterbau der Festung Europa (und der Festung USA) mit vorgelagertem Militäreinsatz gegen die Flüchtlinge, die es zu Hause nicht mehr aushalten.
 

Der Anti-G7-Alternativgipfel und die Anti-G7-Demos waren inhaltlich und optisch geprägt durch eine außergewöhnliche Breite an Organisationen und Themen, die alle die Sorge und das Bemühen einte: Wie können wir eine andere Welt schaffen, die in sozialer, umweltmäßiger und friedenspolitischer Hinsicht bewohnbar bleibt und ein gutes Leben auch für Nicht-Millionäre ermöglicht? Und überall fand sich die explizite Position oder auch nur die Ahnung, dass dieses Ziel zu den Finanzmaximierungszielen, die BCG bedient, absolut konträr steht. Mittlerweile ist sogar der Papst gesellschaftspolitisch auf unserer Seite. Das zeigt, dass in der breiten Gesellschaft die Meinung zunehmend Raum gewinnt, dass die Lebensinteressen der 99 % nur gegen die Finanzinteressen der Top 1 % durchzusetzen sind.

Franz Garnreiter



Mehr Informationen und Fragen zur isw:

isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.

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Das isw versteht sich als Wirtschaftsforschungs-Institut, das alternativ zum neoliberalen Mainstream Analysen, Argumente und Fakten für die wissenschaftliche und soziale Auseinandersetzung anbietet. Unsere Themen und Forschungen beziehen sich deshalb in besonderem Maß auf die "Bedürfnisse" von Gewerkschaften und von sozialen, ökologischen und Friedensbewegungen. Unser Anspruch ist, Wissenschaft in verständlicher Form darzustellen und anschaulich aufzubereiten. Deshalb sind isw-Ausarbeitungen auch besonders geeignet für Unterricht und Schulungsarbeit und als Grundlage für Referate und Diskussionen. Die Mehrheit unserer LeserInnen, AbonnentInnen und Förder-Mitglieder sind Menschen, die sich in Bewegungen und Gewerkschaften engagieren.

  • Im Zentrum unserer wissenschaftlichen Analysen und Forschungsarbeit stehen Fragen und Probleme der Globalisierung, der Bewegung des transnationalen Kapitals, der Rolle und Wirkungen der Multis und transnationalen Institutionen (IWF, WTO, OECD, G7, etc).
  • Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt bilden Verteilungsfragen: Einkommens- und Vermögensverteilung, Interdependenz von privatem / gesellschaftlichem Reichtum und Armut.
  • Im Rahmen der Friedensforschung befassen wir uns mit Aspekten der Rüstungsökonomie (z.B. Konzentration in der Rüstungsindustrie), der Militärstrategie und Auswirkungen von Rüstung und Krieg.
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Auf Veranstaltungen und jährlich stattfindenden isw-Foren werden Erfahrungen ausgetauscht, Gegenstrategien diskutiert und Alternativen erarbeitet. Wir freuen uns über Vorschläge und Anregungen, aber auch über solidarische Kritik.

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Bild- u. Grafikquellen:

1. Donald Duck, die berühmte Comic- und Zeichentrickfilm-Figur aus dem US-amerikanischen Disney-Studio, verkörpert die reichste Ente der Welt. Foto: Aaron Gustafson. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)   

2. QUEENS SPEECH 2015.  Queen: It's Time for a Republic. If we don't stand up to this government, more people are going to descend in to poverty, and worse, and this country will sink in to totalitarianism faster than you can say 'Iran'. Foto/Grafik: Byzantine_K. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0)

3. Tabelle: Die 25 reichsten Menschen weltweit im Jahr 2015 (Stand 04. Juni) nach Vermögen (in Milliarden US-Dollar) - Quelle: http://de.statista.com/

4. "BEKÄMPFT SIE BIS ZULETZT! Bis die Kinder der Armen besser essen als die Hunde der Reichen!" Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de

5. An aerial view of the world's largest refugee camp, Dadaab. Dadaab is currently supporting more than 450,000 people (October 2011), with up to 1,500 more coming in every day. Between the tents, people are walking to and from the water stations or simply wandering from tent to tent, hoping to find family, or people from their local communities. Despite the dangers, thousands of refugees every week are making the journey, walking for weeks across the African desert and braving attacks by armed robbers and wild animals.

Foto: Andy Hall / Oxfam International. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0)

6. "Was unterscheidet Mensch und Tier? Eine Minderheit von Menschen hält sich den Rest seiner Artgenossen als Nutzvieh!". Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de