Infragestellung neoliberaler Leistungsgesellschaft

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Infragestellung neoliberaler Leistungsgesellschaft
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Infragestellung neoliberaler "Leistungsgesellschaft"


Die Floskeln „Leistungsgesellschaft“ und „Leistung muss sich wieder lohnen“ sind einige der am häufigsten verwandten Zitate aus dem Wortschatz unserer Gesellschafts- und Wirtschaftselite.


Wie verschwenderisch Leistungen von Führungskräften und anderen Wohltätern der Menschheit belohnt werden, weiß jedes Kind. Bei der Vergütung von Leistungsentgelten für Arbeitnehmer sucht man meistens vergebens nach Leistungsgerechtigkeit oder Großzügigkeit. Der geringste Hungerlohn ist gerade gut genug – selbst für Tätigkeiten, die für die Gesellschaft unverzichtbar sind. In Wirklichkeit besteht der weitaus größte Anteil der Gesamteinkommen aus leistungslosen Einkommen wie Zinsen, Mieteinkünften, Provisionen, Kapitalerträgen sowie der Zahlung von unangemessenen Arbeitsvergütungen (Manager/Spitzensportler/Werbeikonen). Diese Einkommen sind dadurch gekennzeichnet, daß die Empfänger als Gegenleistung entweder nur den kleinen oder gar keinen Finger krumm machen müssen.

Niemand kann in einer vergleichbaren Zeit mehr als das 10- oder 100-fache dessen leisten, was ein „normaler“ Arbeitnehmer schafft. Nicht einmal Superman! Im übrigen sollte man mehr über die Bewertung von Tätigkeiten nachdenken in dem Sinne, was sie zum Allgemeinwohl beitragen. Wenn man dieses Kriterium ernst nähme, dann müßte so mancher Spitzenverdiener gerechterweise mit einem Mindestlohn zufrieden sein. Alleine die Heerscharen von kreativen Besserverdienern, die in der Werbebranche beschäftigt sind, stellen nicht nur eine Verschleuderung von Manpower dar, sondern sie sind eher zu den gesellschaftlichen Schädlingen zu zählen. Auf der anderen Seite werden soziale Berufe relativ schlecht bezahlt. Selbst die Milliardäre lassen sich im Krankheitsfall gerne von unterbezahlten Pflegekräften versorgen, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

Ein ganz besonderes Kapitel bildet in diesem Zusammenhang das Zinseinkommen, das durch seine kumulative und potenzierende Wirkung rasant anwächst und ein ungesundes Ungleichgewicht erzeugt. Die anfallenden Zinsen der Verschuldung sind als Kosten in allen Warenpreisen einkalkuliert und treiben die Spirale immer schneller an. Es gibt für Arme und Normalverdiener kein Entkommen – erst ab einem Guthaben von ca. 150.000 € bewegt man sich in einem ausgeglichenen Bereich.

Geschichtlich gesehen war Zinserhebung lange ein Tabu und wurde als Sünde eingestuft. Auch heute existieren Alternativen zur herkömmlichen Zinspraxis – z. B. Tauschhandel, Dienstleistungsaustausch und Regionalwährungen wie das „Rheingold“. Man muß nicht so weit gehen, daß man die totale Abschaffung der Zinsen fordert. Aber die Erhebung von Zinseszins ist genau genommen ungerecht, unmoralisch und unsozial. Zinserhebung sollte nicht zur Bereicherung sondern nur zur Kostendeckung dienen. Zu dieser Thematik kann ich wiederum die relevanten Ausarbeitungen und Vorschläge von Egon W. Kreutzer wärmstens zur Lektüre ans Herz legen.


MfG Peter A. Weber