Islam, Reform und Kulturkonflikte

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Verbunden: 02.10.2012 - 10:47
Islam, Reform und Kulturkonflikte
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Islam, Reform und Kulturkonflikte


Der vereitelte Anschlag auf eine rechte Gruppe, die aktuellen Hausdurchsuchungen und Verbote gegen Salafisten (März 2013) bieten mal wieder Anlass sich über eine Religion Gedanken zu machen, die aus den Negativschlagzeilen nicht herauskommt. Im Online-Magazin "B.Z -  News aus Berlin" ist in einem Artikel von 2002 folgendes zu lesen:


[...]„Der Islam ist mittlerweile in mehr als 40 Ländern Staatsreligion. Und damit gilt dort die Scharia, das islamische Recht. Ein Gesetz, das oft im Namen der Familienehre missbraucht wird. Und die Stammesjustiz straft mit Verstümmelung, Vergewaltigung und Mord.  […] Allein in Pakistan wurden 1998 deshalb rund 300 Frauen umgebracht. Alle zwei Stunden, so die pakistanische Menschenrechtsorganisation, wird in dem islamischen Land eine Frau vergewaltigt. Und das meistens zur Strafe. Massenvergewaltigungen sind in Punjab (Pakistan) an der Tagesordnung, ein- bis zweimal in der Woche.

So bedienen sich eifersüchtige oder über zu wenig Mitgift enttäuschte Männer in Bangladesch, wo 83 Prozent der Bevölkerung muslimisch sind, einer perfiden Strafe: Sie schütten ihren Frauen Säure ins Gesicht (2001 = 338 Säureattentate) - die Scharia sei "voll von Vorurteilen gegenüber Frauen". (Quelle: B.Z.)


Zwar wendet sich der Zentralrat d. Muslime gegen Gewalt, Extremismus und Frauengewalt, doch man lese dazu die Sure 4.

4.10 - Diejenigen, die den Besitz der Waisen ungerechterweise verschlingen, verzehren in ihren Bäuchen nur Feuer; und sie werden der Feuerglut ausgesetzt sein.

4.11 - Einem männlichen Geschlechts kommt ebensoviel zu wie der Anteil von zwei weiblichen Geschlechts.

4.14 - Wer sich aber Allah und Seinem Gesandten widersetzt und Seine Grenzen überschreitet, den läßt Er in ein Feuer eingehen, ewig darin zu bleiben; und für ihn gibt es schmachvolle Strafe.

4.15  - Und diejenigen von euren Frauen, die das Abscheuliche begehen, – bringt vier Zeugen von euch gegen sie. Wenn sie (es) bezeugen, dann haltet sie im Haus fest, bis der Tod sie abberuft oder Allah ihnen einen (Aus)weg schafft.

4.34 - Die Männer stehen in Verantwortung für die Frauen wegen dessen, womit Allah die einen von ihnen vor den anderen ausgezeichnet hat und weil sie von ihrem Besitz (für sie) ausgeben. Darum sind die rechtschaffenen Frauen (Allah) demütig ergeben und hüten das zu Verbergende, weil Allah (es) hütet. Und diejenigen, deren Widersetzlichkeit ihr befürchtet, – ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und SCHLÄGT sie. Wenn sie euch aber gehorchen, dann sucht kein Mittel gegen sie. Allah ist Erhaben und Groß.


Der Koran enthält Regeln, die die Lebenswelt aus dem 7. Jh. widerspiegelt und Gewalt legitimiert. Wegen dieser Verhaltensregeln und aktiven Auslegung gilt der Islam heute gemeinhin als rückständig. Der unreformierte Islam bietet die Bandbreite für menschenverachtende Verhaltensweisen, auf die sich die Extremisten berufen können. Doch wie im christl. Glauben auch hat er auf die Entwicklung im 21. Jh. in vielen Bereichen keine Antworten. Der Glaube kann die von Menschen erzeugten Probleme wie Umweltbelastung, Lebensmittelskandale, Arbeitnehmerschutz u. a. nicht abdecken. Gleichzeitig muss sich hier nach 2000 Jahren grundsätzlich die Überzeugungskraft des Glaubens in Frage stellen lassen. Ein Glaube kann sicher in manchen Situationen hilfreich sein, doch löst er nicht alles und sollte schon gar nicht noch mehr Probleme schaffen.

Im 7 Jh. benötigte das muslimische Recht scheinbar kein anderes Recht als den Koran und die Hadithe. Das ist im 21. Jh. ganz klar nicht mehr umsetzbar und Ursache aktueller Kulturkonflikte, denen wir heute weltweit gegenüberstehen. Doch obwohl es auch innerhalb des Islam Gegenströmungen gibt, die z., B. Frauen vor veralteten Traditionen schützen, scheint der Mut zum letzten konsequenten Schritt allgemein zu fehlen.

Die islamischen Regierungen und Strömungen in den islamischen Ländern vom Mittleren Ostens bis Südostasien, der Iran und Saudi-Arabien, die auf einer grundsätzlich unterschiedlichen politischen Grundlage funktionieren; wie auch verschiedenen Auffassungen innerhalb religiöser Ausrichtungen (Sunniten/Schiiten) zeigen bereits die Möglichkeiten und Grenzen des Islams, die auch zu Kriegen untereinander führten. So wird z. B. die sunnitische und schiitischer Auslegung von der jeweils anderen Einstellung oft nicht anerkannt. Diese unterschiedlichen Interpretationen führen schon innerhalb der religiösen Organisationen zu großen Divergenzen und zeigen sich in Bezug auf Themen wie Frauen, Meinungsfreiheit und politische Herrschaft. Unter dem religiösen Mantel gibt es immer noch viele Gegner, die Frauen in der Öffentlichkeit ablehnen, ein konservatives Frauenbild predigen bis hin zur Möglichkeit der Verstümmelung und Mord. Schon von daher scheint ein Verbot der Verschleierung als Symbol der Unterdrückung angebracht. Das Hakenkreuz impliziert ja ebenfalls eine extremistische Gesinnung.

Während man schon seit Längerem das Christentum weltweit durch eine klare Reform zwischen Katholiken und Protestanten unterscheiden kann, kann sich der Islam immer noch nur als solcher kenntlich machen. Von daher für den einzelnen Außenstehenden erst durch Lektüre einigermaßen differenzierbar. Doch der Bedarf einer Reformierung scheint nicht erst jetzt aktuell zu werden: zu werden:


„Vielen muslim. Intellektuellen machte am Ende des 19. Jh. nicht nur die materielle Überlegenheit des Westens zu schaffen, sondern auch das Minderwertigkeitsgefühl, das sie angesichts der ideolog. Diffamierung der islam. Gesellschaften durch den Westen empfanden.

Die "Gründungsväter" des islam. Reformismus, Jamâl ad-Dîn al-Afghânî, Muhammad Abduh, Rashîd Ridâ und Abd ar-Rahmân al-Kawâkibî (1854-1902), die sich gegen diese  Herabwürdigung zur Wehr setzten, gingen von der Grundannahme aus, daß die vermeintliche intellektuelle Rückständigkeit ihre Ursachen in einem verkrusteten, inflexiblen Islamverständnis habe, welches v. a. auf einem blinden Gehorsam (arab. taqlîd) gegenüber den von der islam. Jurisprudenz ausgearbeiteten und mittlerweile überholten Normensystemen beruhe. Sie plädierten daher für eine innere Reform des Islams“ (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, bpb)

 

Die ewige Frage, wie Muslime in nicht-muslimischen Ländern leben sollen, kann nur von dieser Seite beantwortet werden. An einer westlichen Öffnung zu einem friedlichen Islam wird es nicht scheitern. Doch ist dies von Seiten der Imame und Rechtsgelehrten des Islam immer noch nicht eindeutig festgelegt und wird sich wohl auch noch hinziehen, wenn sich die Gläubigen weiterhin stumm verhalten. Im Verlauf ist damit absehbar, dass radikale Vereine diese Unklarheit für sich einnehmen und zu nutzen versuchen. Von daher ist es an der Zeit, dass sich die überwiegende Zahl der friedliebenden Muslime deutlich sichtbar artikuliert. Andernfalls muss sich kein gemäßigter Muslime beschweren, wenn die eigene Religion als gewalttätig verschrien wird. Äußerlichkeiten wie Kopftuch und Niqab tragen zur Verzerrung bei. Wie soll der Nicht-Muslim dabei erkennen mit welcher Gesinnung er es zu tun hat?

Hier ist zumindest eine klare öffentliche Distanzierung und eine deutlichen Abgrenzung zu Extremisten in den eigenen Reihen von islamischen Verbänden nötig, wie wir es ebenfalls mit Rechtsextremisten tun. Hilfreich könnte es hier sein, sich auch innerhalb der Verbände, die es ja nun eben dank demokratischer Grundregeln gibt, mit der europäischen Geschichte, dem Christentum oder mit der Demokratischen Ordnung zu befassen, wie wir es in den Schulen durch Einführung des Islamunterrichts und manch einer auch ganz privat umsetzen? So muss sich heutzutage - im 21. Jh. - keine Frau vor den Blicken eines Mannes schützen, auch sind Männer im Stande, sich zu regulieren. (Falls es für muslimische Männer bei der Umsetzung Schwierigkeiten geben sollte, sind hiesige Männer bestimmt gerne bereit, Hilfestellung zu leisten.)

Wenn es mit den gegenseitigen Anschlägen weitergeht, ist nicht nur ein zunehmender Rechtsruck, das muss nicht mal eine Radikalisierungsbewegung sein, sondern auch eine zunehmende Kontrolle und Regulierung der Privatsphäre zu befürchten, der Ausbau des Überwachungsstaats wird nötig sein, um uns vor extremistischen Anschlägen jeglicher Couleur zu 'schützen'.

Wollen wir aber in Europa - gemeinsam und friedlich - leben, müssen wir alle dazu unseren Beitrag leisten!