Jean Klein: Ständigem Wechsel unterworfen, einem Erscheinen und Verschwinden

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Wilhelm Klingholz
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Verbunden: 07.09.2013 - 12:33
Jean Klein: Ständigem Wechsel unterworfen, einem Erscheinen und Verschwinden
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Jean Klein:

Ständigem Wechsel unterworfen, einem Erscheinen und Verschwinden


Jean Klein „Freude im Sein. Gespräche über das Bewußtsein.“


"Bewußtsein ist unser wahres Wesen. Wir können aller Empfindung und aller Gedanken ledig sein, nicht aber des Bewußtseins. Es kann nicht wie ein Objekt erlangt werden, denn es ist gegenwärtiges Erleben in Abwesenheit eines jeden Objektes. Es scheint mit dem Auftauchen eines Objektes zu verlöschen, jedoch immer wieder wird es für Sie dauerhafte Gegenwart, selbst während der Abwesenheit von Objekten.


Aus pädagogischer Sicht sollten jegliche Empfindungen und alles Denken wie etwas Objektives betrachtet werden, das einem ständigen Wechsel unterworfen ist, einem Erscheinen und Verschwinden. Das Bewußtsein, das eines Wechsels gewahr ist, steht innerhalb dieser Strömungen, und die Objekte, die eines Wesens mit ihm sind, entsteigen ihm. Ansonsten wäre es zum Beispiel unmöglich zu sagen: Ich war deprimiert, ich habe Angst etc. Nur ohne ein Durchschauen scheint das Bewußtsein ebenfalls dem Wechsel unterworfen zu sein, man entnimmt dies seiner eigenen Verbindung mit den Objekten. Das Bewußtsein als der ständige Wechsel kann niemals zum Objekt eines anderen Kenners werden; es ist die Kenntnis selbst. Es allein ist Sein, erlebtes Erkennen…

Wenn man Sie fragt: Sind Sie ein bewußtes Wesen? so antworten Sie, ohne zu zögern, mit Ja, ohne dass Sie sich dabei auf etwas Objektives beziehen. Der Mensch, der sich als den Denkenden, den Handelnden, als denjenigen, der leidet, als persönliches Ich, betrachtet, ist an die Objekte gehaftet und unterliegt deren Wechsel. Er versucht verzweifelt, durch die verschiedensten Mittel hieraus zu entkommen, ohne dass er sich gewahr ist, dass er reines Bewußtsein ist. Der auf das Objektive gelegte Schwerpunkt verlagert sich. Die Objekte sind nichts anderes als die Offenbarung des Bewußtseins".


„Bewußtsein ist unser wahres Wesen.“, sagt Jean Klein im ersten Satz und stellt damit schon klar, dass jedes scheinbare Bemühen, Bewusstsein zu werden, einfach nur absurd ist. Dann sagt er wenig später wieder etwas sehr Wesentliches: „Es scheint mit dem Auftauchen eines Objektes zu verlöschen, jedoch immer wieder wird es für Sie dauerhafte Gegenwart, selbst während der Abwesenheit von Objekten.“ Bewusstsein kann nicht verschwinden, nur weil es gerade nicht bewusst wahrgenommen wird.

 

Ich hab ja ein bisschen Schwierigkeiten mit dem Begriff Bewusstsein. Wenn ich mir bewusst werde, dass ich gerade ins Grübeln geraten bin, scheint das Bewusstsein, von dem Klein hier spricht, verloschen zu sein. Hier dreht es sich jedoch nicht um dasselbe Bewusstsein. Man müsste es sprachlich vielleicht kennzeichnen mit „absolutes Bewusstsein“ und „identifiziertes Bewusstsein“. Ich benütze eigentlich lieber die Begriffe „Gewahrsein“ für das absolute Bewusstsein und „Bewusstsein“ für das persönliche Bewusstsein. Gewahrsein ist unser wahres Wesen und dann werden Objekte bewusst, die im Gewahrsein erscheinen.

Kürzlich hatten wir den Satz von Klein: „Aus dieser Sicht wird die Unbeständigkeit weder fortagumentiert noch verschleiert, sondern in ihrem wahren Licht als ein Ausdruck der Permanenz des Selbst gesehen.“ Permanent ist nur das Selbst, da es unser wahres Wesen ist. Alle Objekte sind dagegen unbeständig und dem ewigen Kreislauf von Werden, Bestehen und Vergehen unterworfen. Wer hier auf permanente Glückseligkeit hofft, kann nur enttäuscht werden.

Hier nun sagt Jean Klein, dass die Objekte, die im Gewahrsein erscheinen, eines Wesens mit diesem sind. Sie scheinen jedoch vollkommen getrennt von ihm zu sein, wenn so etwas wie eine persönliche Identifikation mit den Objekten stattgefunden hat. Dann, so scheint es, ist auch unser Wesen, das Gewahrsein, ständigen Wandel unterworfen. Mal sind wir deprimiert, mal fröhlich, mal ausgeglichen und in Frieden. Wir, das meint hier unser persönliches Bewusstsein, das fälschlicherweise für unser Wesen gehalten wird.

Irgendwie hält sich ja hartnäckig das Gerücht, dass sog. Erleuchtete so im Sinne von „mens sana in corpore sano“ stets von strahlender Gesundheit, völliger Ausgeglichenheit und ewiger Glückseligkeit seien. Meistern, die etwa an Krebs gestorben sind, wurden nachgesagt, dass sie wohl wieder aus der Erleuchtung gefallen oder vielleicht doch nie wirklich drin gewesen seien. Eigentlich müssten diese Typen ja ewig leben. Tun sie aber nicht. Jean Klein zur Erinnerung: Aus pädagogischer Sicht sollten jegliche Empfindungen und alles Denken wie etwas Objektives betrachtet werden, das einem ständigen Wechsel unterworfen ist, einem Erscheinen und Verschwinden.“ „… das einem ständigen Wechsel unterworfen ist, einem Erscheinen und Verschwinden.“ Nichts Objektives ist von Dauer. Kein persönliches Leben, keine Gesundheit, kein Gedanke, keine Stimmung, … nichts. Vollkommenheit ist nicht in der Dauer irgendwelcher Objekte zu finden. Wandel ist Ausdruck der Vollkommenheit. Nur der Wandel.

Wilhelm K.

 



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