Mammographie – Flächendeckende Gesundheitsvorsorge?

1 Beitrag / 0 neu
Bild des Benutzers Marie-Luise Volk
Marie-Luise Volk
Offline
Verbunden: 28.10.2010 - 13:29
Mammographie – Flächendeckende Gesundheitsvorsorge?
DruckversionPDF version

Mammographie – Flächendeckende Gesundheitsvorsorge?


Wenn frau das 50. Lebensjahr erreicht hat, fällt sie unter das „Mammographie-Screening-Programm“. Ulla Schmidt, ehemalige Gesundheitsministerin, führte ab 1.1.2004 ein, dass alle gesetzlich versicherten Frauen zwischen 50 – 70 Jahren im Abstand von 2 Jahren „in den Genuss“ des Mammographie-Screenings kommen können. Ab dem 50. Lebensjahr bekommt frau eine Einladung zur sogenannten „Vorsorge“. Der Termin für das für sie „zuständige“ Röntgeninstitut ist bei der Einladung gleich vereinbart. Mit angehängt bei der Einladung kann auch noch ein Fragebogen sein, der folgende Daten erfasst:

  • Screening-Identifikationsnummer (Screening-ID)
  • Datum der Screening-Untersuchung
  • Persönliche Angaben wie Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift etc.
  • Angaben zum Frauenarzt/Frauenärztin
  • Angaben zum Hausarzt/Hausärztin
  • Angaben zu früheren Mammographie-Aufnahmen

Die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Röntgeninstitut klappt wie am Schnürchen. Sind die Daten einmal erfasst, kann Frau nicht kontrollieren, wie damit umgegangen wird.

Um Mammographie-Screening durchführen zu können, wurde im Jahr 2003 die Röntgenverordnung geändert. Bis dahin galt, dass „indikationsloses Röntgen“ den Straftatbestand der Körperverletzung darstellte. Massenhaftes Mammographie-Screening musste also erst einmal in Einklang mit der Röntgenverordnung gebracht werden. Über diese Hintergründe erfährt frau nichts.

Mit der Werbebotschaft: “Wir kommen Ihnen mit unserem „Mammobil“ entgegen und Wer klug ist, lässt nachsehen“, sollen Frauen für die Untersuchung der weiblichen Brust mit Hilfe von Röntgenstrahlen gewonnen werden.

Die nächste Botschaft lautet gar: „Bequemer kann Gesundheitsvorsorge nicht sein.“ Gesundheitsvorsorge? Ist die Mammographie der Vorsorge zuzurechnen? Eindeutig NEIN !

Bei der Mammographie geht es um „Erkennung“ / „Erfassung“ (Screening), d.h. um festzustellen, ob es Anhaltspunkte für eine gutartige oder bösartige Verdichtung gibt.

Aber als Vorsorge/Prävention wäre zu verstehen, wenn Aufklärung erfolgte über

  • eine gesunde Ernährungsweise (ohne Fabrikzucker und Auszugsmehlen, Vermeidung von Tiereiweiß etc.)
  • eine Lebensweise, die die Belastungen durch toxische Gesamtsituation (Chemisierung der Landwirtschaft, Atomkraft, Gentechnik, Nanotechnik, Antibiotika im Essen, Fluoridierung von Zahnpasta und Salz) minimiert.
  • einen Verzicht auf Hormonersatztherapien bei Wechseljahrsbeschwerden
  • ein Vermeiden von Schadstoffeintrag durch Kosmetika, Haarfärbemittel und sogenannten Pflegeprodukten
  • eine regelmäßige körperliche Bewegung
  • eine regelmäßige Information oder Besuch bei wirtschaftlich unabhängigen Einrichtungen wie z.B. die Gesellschaft für Gesundheitsberatung e.V., Dr. Max-Otto-Bruker-Str. 3, 56112 Lahnstein, Tel. 02621-917010-20 (mittwochs kostenloser ärztlicher Rat)

Die Besatzung eines „Mammobils“ wird diese Art der Aufklärung nicht erbringen.

frau wird auch nicht von ihr hören, dass

  • Röntgenstrahlen zu den ionisierenden Strahlen gehören,
  • Ionisierende Strahlen krebserzeugend wirken,
  • zwei Mammographien die Krebsrate auf das Doppelte erhöhen,
  • das weibliche Brustgewebe der strahlenempfindlichste Teil des menschlichen Körpers hinsichtlich der Krebsverursachung ist,
  • verdächtige Schatten im Röntgenbild nichts darüber aussagen, ob es sich um eine gutartige oder bösartige Verdichtung handelt,
  • Kontrolluntersuchungen wie nach der Abtastung (Palpation) nötig sind.

Stattdessen werden Bedenken wie folgt zerstreut:

  • Strahlenbelastung aufgrund moderner Röntgengeräte sei gering,
  • Strahlenbelastung aufgrund natürlicher Strahlung (Weltraum) ist höher als Strahlung durch Mammographie,
  • Geringe Strahlenbelastung durch Mammographie stünden in keinem Verhältnis zu dem Risiko, bei Verzicht auf die Untersuchung eine etwaige Krebserkrankung nicht oder zu spät zu erkennen

Kein Wort sicherlich auch darüber, dass es auch eine wirtschaftliche Seite gibt, die da lautet: Der Mammobil-Einsatz muss sich rechnen. Aus wirtschaftlichen Gründen also möglichst viele Screenings. Die Frage nach medizinischer Indikation wird ausgeklammert.

Über die Gefahren einer Strahlenbehandlung aufzuklären, wird nicht als erforderlich angesehen. Damit wiegt sich Frau in der falschen Vorstellung, dass die Mammographie-Untersuchung nur Vorteile hat. Und damit kann es zu keiner selbstbestimmten Abwägung über das Für und Wider kommen.
 

 

Frau Dr. Schmitz-Feuerhake brachte es bereits 1995 („strahlentelex“ Nr. 200-20) bei der umstrittenen Methode der Mammographie auf den Punkt:


„Wenn man eine Methode, die selbst kanzerogen ist, als „Vorsorgeuntersuchung“ einsetzen will, muss man sicherstellen, dass das Risiko dabei vernachlässigbar gering ist, und zwar nicht nur gegenüber dem erhofften Nutzen, sondern absolut. Denn wie will man die Induktion einer schweren Krankheit bei einer Gesunden rechtfertigen gegenüber dem Vorteil, den eine bereits Erkrankte durch Früherkennung hat?“


Auch das Deutsche Ärzteblatt weist bereits 2006 hin, dass es bemerkenswert sei, dass wie wenig sich beim Mammographie-Screening die in der Bevölkerung verbreitete Vorstellung mit den Fakten deckt. Die relative Risikoreduktion wird oft missverstanden, der erwartete Nutzen für die Teilnehmerinnen (und damit für das Kollektiv) regelmäßig überschätzt.

Die absoluten Zahlen sind: Verringerung von vier auf drei Todesfälle unter 1000 Frauen aller Alterstufen während zehn Screeningjahren. Die absolute Verringerung um 25 Prozent klingt beachtlich. Effektiv wird aber nur ein Leben pro 1000 Frauen gerettet.

Anders ausgedrückt: Von 1000 Frauen, die während zehn Jahren fünf Mal an einer Reihenmammographie teilnehmen und strahlenbelastet werden, werden 999 Frauen keinen Nutzen haben, da sie ohnehin nicht an Brustkrebs sterben (996 Frauen) oder weil sie trotzdem daran sterben (drei Frauen).

Die absolute Risikoverminderung beträgt also nur 0,1 Prozent.

Screening wird mitunter als solidarischer Akt betrachtet: Die vielen Gesunden haben einen kleinen Nachteil, während die symptomlos Erkrankten einen großen Vorteil haben, ein Prinzip, das jeder Solidargemeinschaft zugrunde liegt. Bei dieser Sichtweise wird aber übersehen, dass das Risiko unteilbar ist. Wenn eine Person untersucht wird, rettet das nicht das Leben einer anderen. Auch ist kritisch zu fragen, wie gering die Einbußen für Gesunde sind?

Als mögliche Nachteile des Screenings werden neben der Strahlenbelastung genannt:

  • falschpositive Befunde, die die Betroffenen in Angst und Schrecken versetzen und weitere belastende Untersuchungen nach sich ziehen können;
  • falschnegative Befunde, nach denen sich die Patientinnen in falscher Sicherheit wiegen;
  • das Auffinden eines Karzinoms, das nie klinisch relevant geworden wäre;
  • schließlich Verlängerung nur des „Lebens mit der Diagnose“, nicht aber das Leben an sich.

Dr. Max Otto Bruker (1909 – 2001), Ganzheitsarzt gab mehrere Gründe an, warum Mammographien nicht zu empfehlen sind. Er schreibt: Der wichtigste Grund ist, dass tatsächlich ionisierende Strahlen, und dazu gehören die Röntgenstrahlen, krebserzeugend wirken. In meiner Ausbildung zum Röntgenarzt habe ich gelernt, dass zwei Mammographien die Krebsrate um das Doppelte erhöhen.

Der zweite Grund für die Ablehnung der Mammographie liegt darin, dass sie eine gute Abtastung der Brust mit der Hand nicht ersetzen kann. Das heißt mit anderen Worten, dass die Palpation (Abtastung) viel genauer und frühzeitiger Veränderungen erkennen lässt.

Verdächtige Schatten im Röntgenbild lassen nicht mit Sicherheit erkennen, ob es sich um eine gutartige Verdichtung oder um eine bösartige handelt. Dies gilt im selben Maße für den Tastbefund. Ob es sich um einen wachsenden Krebs oder einen gutartigen Knoten handelt, kann außer durch eine Probeentnahme mit Sicherheit nur durch Kontrolluntersuchungen festgestellt werden.

Wenn also der Verdacht auf eine krebsverdächtige Geschwulst besteht, muss eben in einiger Zeit noch mal untersucht werden. Dadurch kann festgestellt werden, ob es sich um eine wachsende Geschwulst handelt. Diese Tastuntersuchung kann ohne Gefahr beliebig oft wiederholt werden, während dies bei der Mammographie nicht der Fall ist. Es ist auch ein Irrtum anzunehmen, dass man bei einer einmaligen mammographischen Untersuchung feststellen kann, ob eine etwa verdächtige Stelle bösartig ist oder nicht. Auch dazu sind Kontrolluntersuchungen wie bei der Palpation nötig. Die Röntgenuntersuchung ist also kein spezifisches Verfahren.

Marie-Luise Volk
 



Quelle:  Erstveröffentlicht auf meinem Blog esgehtanders.de > Artikel


Literatur:

  • Unsinn in bester Qualität - Artikel im Magazin DER SPIEGEL 30 / 2014 (siehe -Anhang am Ende dieses Beitrages!)
  • Ärztlicher Rat aus ganzheitlicher Sicht, Dr. Max Otto Bruker, emu-Verlag
  • Reine Frauensache, Dr. Max Otto Bruker/Ilse Gutjahr, emu-Verlag
  • Heft „Der Gesundheitsberater“ „Mammographie-Screening“ von Cäcilia Zech, Juli 2008 - siehe PdF
  • Artikel im Ärzteblatt: "Mammographie-Screening: Rechtsfragen weitgehend ungeklärt" - weiter

 

Bildquellen:


1. Mammographie-Screening. 2003 wurde einfach die die Röntgenverordnung geändert, damit „indikationsloses Röntgen“ - nicht wie vor 2003 - den Straftatbestand der Körperverletzung darstellt. So einfach geht das. Foto: National Cancer Institute / PD-USGov. Quelle: US National Institutes of Health - National Cancer Institute / Wikimedia Commons. Dieses Werk ist in den Vereinigten Staaten gemeinfrei, da es von Mitarbeitern der US-amerikanischen Bundesregierung oder einem seiner Organe in Ausübung seiner dienstlichen Pflichten erstellt wurde und deshalb nach Titel 17, Kapitel 1, Sektion 105 des US Code ein Werk der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ist.

2. Röntgenstrahlen gehören zu den ionisierenden Strahlen und diese wirken krebserzeugend. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de

3. Mammobil. In solchen mobilen Einheiten werden Mammographie-Untersuchung auch in ländlichen Gegenden durchgeführt. Der Mammobil-Einsatz muss sich rechnen. Aus wirtschaftlichen Gründen also möglichst viele Screenings. Die Frage nach medizinischer Indikation wird ausgeklammert. Foto: Marie-Luise Volk. 

4. Max Otto Bruker (* 16. November 1909 in Reutlingen; † 6. Januar 2001 in Lahnstein) war ein deutscher Sachbuchautor, Arzt und Politiker. Er war ein Verfechter der Vollwerternährung, für die er einen eigenen Ansatz erarbeitete („vitalstoffreiche Vollwertkost“). Bruker leitete von 1974 bis 1977 als Chefarzt die psychosomatische Abteilung der Klinik am Burggraben in Bad Salzuflen. Von 1977 bis 1991 war er ärztlicher Leiter der Klinik Lahnhöhe in Lahnstein. In seiner Ausbildung zum Röntgenarzt hat er gelernt, dass zwei Mammographien die Krebsrate um das Doppelte erhöhen.

Bruker hielt 20 Jahre lang monatlich in seinem Gesundheitszentrum Lahnhöhe eine für die Öffentlichkeit zugängliche Sprechstunde mit dem Namen „Ärztlicher Rat aus ganzheitlicher Sicht“ ab. Bruker starb 91-jährig, erst ein Jahr zuvor hatte er sich in den Ruhestand begeben. Seine Bücher erreichten eine Auflage von über vier Millionen. Foto: © GGB e.V., Lahnstein