Panokratie (TOBIAS BREINER)

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Panokratie (TOBIAS BREINER)
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Panokratie

 

Autor: Dipl.-Informatiker Tobias "Blubb" Breiner

 

Verlag: Syntropia Spezialbuchversand, Darmstadt klick zur Verlagsseite
350 S. m. zahlr. Illustr., kartoniert, 20 €

 

`Panokratie` (Kompositum aus gr. pan (alles), ana (aufwärts) und kratein (regieren)) ist eine Weiterentwicklung und Konkretisierung der Anarchie. Die Utopie wurde zwischen 1977 und 1988 von Prof. Dr. Tobias Breiner entwickelt und wurde 1991 in seinem Buch `Panokratie` erstmals veröffentlicht.

Die Grundidee der Panokratie ist der konventionellen Anarchie nicht ganz unähnlich, denn auch in einer Panokratie gibt es keine Herrscher, keine Beherrschten, keine Gesetze, keine Justizbehörden und kein Geld. Die Panokratie macht aber da weiter, wo die Anarchie aufhört, so dass die Panokratie auch als moderne, hochkomplexe Gesellschaftsform existieren kann.

 

Den Darmstädter Dipl.-Informatiker Tobias "Blubb" Breiner zu lesen, könnte Euer Gehirn womöglich stark flexibilisieren! Die Sprache ist nicht zu sachlich, sondern direkt, ähnlich dem Ton in einem Gespräch über gesellschaftliche Ideen, es gibt viele Fußnoten und erklärte Wortneuschöpfungen.

Es gelingt ihm, seine Gesellschaftstheorie wissenschaftlich und zugleich sprachlich leicht provokant, vor allem jedoch mit Humor und Realitätsnähe gleichzeitig auszubreiten.

 

Grundzüge der Panokratie: lest bitte erst hier

 

deutsches Portal zu Panokratie: klickt hier

 

Meinungen zum Buch:

 

Sebastian Böth:

„Ein sehr gutes und immer noch aktuelles Buch. Mit viel Witz erklärt er die einzelnen Gesellschafts Formen und zeigt dabei die Schwächen und Stärken dieser Formen auf[..]“

 

Rezensent ohne Namen:

„Dieses Buch ist wohl eines der Besten Politbücher unserer Zeit. Es zeigt die Fehler unserer Politsysteme auf und zeigt Möglichkeiten auf, diese Fehler zu beheben. Dieses Buch sollte sich jeder politisch interessierte Mensch zu Herzen nehmen, der insgeheim vor der Weltpolitik resigniert hat. Dieses Buch wird sogar Menschen mit einer gefestigten Meinung zum Nachdenken animieren. Allerdings wäre ich froh, wenn es eine Neuauflage mit neuen Statistiken geben würde“.

 

kostenlose PDF-Version auf 446 Seiten zum Downloaden: klickt bitte hier

 

Rechtliches:

Der Text des Buches “Panokratie” darf nur nicht-kommerziell verbreitet werden. Die Verbreitung auf non-profit-Basis, egal auf welche Weise, ob gedruckt, elektronisch o.a., ist ausdrücklich erwünscht.

Bei Fragen wenden Euch per eMail an Tobias[AT]panokratie.de

 

Die HTML-Version 4.0 des Buches “Panokratie” wurde im August 2000 von Tobias B. erstellt, die PDF-Version im Februar 2003 von Sombra.

Die Benutzung des Originaltextes des Buches und der Bilder, die in dieser HTML-Fassung enthalten sind, wurde vom Autor der gedruckten Fassung autorisiert. Das Copyright verbleibt bei Tobi Blubb. Die HTML-Version sowie eine Word(R)-Fassung kann unter panokratie.de heruntergeladen werden.

 

Textauszüge aus dem Buch:

 

- Die Relativierung des Seins oder

Begrenzter HorrorZont unter grenzenlosem FirmaMent -

Sie kennen es mit ziemlicher Sicherheit auch, dieses schreckliche Leeregefühl. Sie fangen an, sich selbst zu hassen, möchten am liebsten tot sein, haben aber nicht den Mut zum Selbstmord. Wenn Sie Glück haben, können Sie noch heulen. Wenn Sie Pech haben, vermögen Sie sogar dies nicht mehr. Es ist dieses schwarze Loch, in das Sie regel-mäßig fallen, wenn Sie mal wieder realisieren, wie völlig unwichtig Sie sind. Jedes-mal, wenn Sie die Illusion Ihrer eigenen Wichtigkeit abstreifen und merken, daß Sie nichts sind, als ein wabernder intelligenter Fleischkloß. Eine unwichtige huma-noide Bioform unter fünf Milliarden anderer unwichtiger Fleischklöße, auf einem un-wich-tigen blauen Planeten, der um eine völlig unwichtige Durchschnittssonne kreist, die zwischen hundert Milliarden anderer ebenso unwichtiger Sonnen in einer unwich-tigen Milchstraße strahlt, die sich wiederum zwischen Milliarden anderer ebenso un-wich-tiger Galaxien in einem absolut unwichtigen Universum tummelt. Sie sind nichts als ein Staubkorn im Universum. Mal ganz ehrlich, würde es dieser Welt einen Unter-schied machen, ob Sie da sind oder nicht?

(Kleine, gut gemeinte Anmerkung: Bitte stürzen Sie sich nicht gleich aus dem Fenster, sondern lesen Sie erst mal weiter!)

In den Urgesellschaften konnte es dieses Gefühl nicht geben. Das Universum des bra-silianischen Amazonas-Indianers reichte noch nicht Milliarden von Lichtjahren in die unergründlichen Tiefen des Weltalls hinaus. Sein „UniverSümmchen“ endete einige Tages-märsche von seinem Dorf entfernt. Der Amazonas-Indianer war eine bedeutende Per-sönlichkeit in seinem subjektiv beschränkten Paradies. Menschen in archaischen Ge-sellschaftsformen waren also noch nicht zum intergalaktischen Staubkorn geschrumpft.

Wir sehen, daß das moderne Wissen beim Vorstellen des unvorstellbaren gigan-tischen Universums zu einer Sinnkrise führt. Allerdings wäre es falsch, dem Menschen dieses Wissen vorzuenthalten, um ihn vor dem Moloch der Sinnkrise zu bewahren. Es käme einer Entmündigung gleich. Politisch wäre es jedoch angebracht, dem armen Men-schenwicht wenigstens psychologisch sein Miniuniversum zurückzugeben. Wenn er schon im ganzen Kosmos unwichtig ist, sollte er in seinem privaten sozioökono-mischen Kosmos unersetzbar sein.

Von unseren Marktwirtschaften können wir dies kaum behaupten. Der Horizont unseres sozioökonomischen Kosmos existiert noch nicht einmal, da derselbige Privat-kosmos rund wie die Erdkugel ist.

Hiesige ArbeiterInnen rivalisieren mit Robotern aus Fernost. Kinder aus Hinter-knottels-bach kennen sich bald in den Straßen von San Francisco besser aus als in den Gassen ihres Nachbardorfes. Und Computerfreaks flirten via Satellit mit Hacker-freund-Innen aus Neuseeland. Nichts dagegen! Internationale Kontakte erweitern den gei-stigen Horizont. Sie sind notwendig für die Völkerverständigung. Aber es wird ver-gessen, parallel zu dieser globalistischen Megalomanie dem Menschen eine überschau-bare persönliche Miniwelt anzubieten: Ein Gesell-schaftsfraktal, das der psycholo-gischen Kapazität Rechnung trägt; eine autonome und autarke Zelle; sozusagen ein „Psycho-schneckenhaus.“ Solch ein „Psychoschneckenhaus“ würde, für die Mitglieder die Welt bedeuten, auch wenn sie keineswegs die Welt ist.

- Sippenbedürfnis oder

Psycht die Schnecke im Haus, so ist’s kein Psychoschneckenhaus -

Um unter anderem solche „Psychoschneckenhäuser“ anzubieten, ist die panokratische Ge-sellschaft föderalistisch in kleine Gruppen aufgeteilt. Die TjonierInnen entscheiden aus freiem Willen, in welcher Gruppe sie leben wollen. Die kleinste Gruppeneinheit soll Moyzelle genannt werden.

Die Vorsilbe Moy- kommt von Minimal Organ of Yielding.

Zusammenschlüsse traditioneller Familien, erweiterte WGs, Kibbuze, schwule oder les-bische Gruppen, Sippen und jede andere freie soziale Gemeinschaft als Moyzelle ge-wertet. Es muß einzig und allein gewährleistet sein, daß jedes Mitglied aus freiem Willen diese Gemeinschaft gewählt hat. Das ist bei einigen Sekten nicht der Fall, die eine psychologische Abhängigkeit ihrer Jünger herbeiführen oder bei Familien, in denen die Kinder infolge psychologischer Abhängigkeit keine Möglichkeit haben, von zu Hause zu entfliehen.

Es ist anzunehmen, daß sich die Moyzellengröße jeweils zwischen 15 und 50 Personen bewegen wird. Diese Gruppenmächtigkeit von rund 25 Personen entspricht dem Grund-bedürfnis des Menschen aufgrund der biologischen Fixierung auf die Sippe in der Urzeit. Nur in Gruppen dieser Größenordnung fühlt sich der Mensch aufgrund der evo-lutionären Prägung wohl. Gruppen mit weit über 50 Personen werden als zu abstrakt und anonym erachtet. Es findet keine Identifizierung mit dieser übergroßen In-sti-tution statt. Gruppen unter 15 Personen werden dagegen auf die Dauer als zu been-gend klein empfunden. Es gibt kaum soziale Ausweichmöglichkeiten bei Konflikten zwischen verschiedenen Gruppenmitgliedern. Die Individuen werden sich einfach mit der Zeit auf die Nerven gehen. Dies ist unter anderem der Grund für die vielen Fa-mi-lien-streitigkeiten. In Gruppen dagegen mit einer Mächtigkeit zwischen 15 und 50 Per-so-nen fühlt sich jedes Individuum aufgehoben und geborgen.

In den heutigen Gesellschaften wird das Grundbedürfnis nach Gruppengeborgenheit igno-riert. Diese Negierung grundlegender psychologischer Gegebenheiten führt bei vielen Menschen zu einem Verlassenheitsgefühl. Sie suchen dieses Gruppenerlebnis statt dessen in Cliquen, Vereinen, Clubs, Gemeinden, Burschenschaften, Sportmann-schaften, Bürgerinitiativen oder im schlechteren Fall in zwielichtigen Sekten oder in kri-minellen Banden. Es liegt auf der Hand, daß auf Dauer diese Notlösungsgruppen ihre Mitglieder nicht befriedigen können! Denn schließlich deckt jede dieser Gruppen jeweils nur einen kleinen Teilbereich des Menschseins ab.

  • Die Sportmannschaft bewirkt nur das Gruppengefühl innerhalb des Sports.
  • Die Kirchengemeinde wirkt nur im Bereich der Religion.
  • Der Lions-Club reicht nur in den Bereich der humanitären Hilfe.

Zudem werden diese Notlösungsgruppen stets oberflächlich bleiben, da sie oft durch auf-gepfropfte Umstände gewechselt werden müssen. Es müssen sich OberschülerInnen morgens auf die Familiengruppe einstellen, vormittags auf sechs verschiedene Kurs-gruppen, mittags wieder auf die Familie, nachmittags auf die sich durch Wohnort-wechsel ständig verändernde Clique, am Abend auf die Basketballmannschaft und schließlich auf eine unbekannte Gruppe in einer fremden Diskothek.

Bei soviel Zerrissenheit kann sich naturgemäß ein Gefühl archaischer Geborgenheit und Gemütlichkeit nie einstellen. Geschweige denn, daß die zerrissenen SchülerInnen die Möglichkeit hätten, sich um die jeweiligen Gruppenmitglieder ausreichend zu küm-mern. Ein tiefes Gruppengefühl, wo die Gruppenmitglieder wie Pech und Schwe-fel zusammenhalten und sich aufeinander verlassen, finden wir daher nur noch selten.

- Die Moyzelle oder
Moy, Moy, Moy! -


Die Moyzelle besteht aus rund 15 bis 50 Personen und stellt eine Art Mixtur aus Fa-mi-lie, Freundesclique und Miniwelt dar.

Die soziale Verantwortung bedingt die Ähnlichkeit zur Familie. Die Moyzelle hat je-doch wesentliche Vorteile gegenüber der Familie: Die gesamte Kindererziehung, Be-hin-dertenbetreuung und Altenversorgung wird von allen Moyzellenmitgliedern ge-mein-sam ausgeführt. Dies entlastet insbesondere die Mütter von ihrer Erziehungsauf-gabe und hebt den Antagonismus zwischen Kindererziehung und Karriere auf. Jedoch sollte entweder der Vater oder die Mutter als ruhender Pol der Erziehung fungieren.

Auch gehören Kindesmißhandlungen der Vergangenheit an, da die anderen Moy-zellen-mitglieder bei Ausschreitungen sofort intervenieren.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß SeniorInnen weiterhin fest am Leben in der Ge-meinschaft teilnehmen und einen würdevollen Lebensabend verbringen können. Eine Abschiebung ins Heim ist nicht mehr erforderlich. Behinderte würden darüber hinaus besser in die Gesellschaft integriert.

Das psychologische Engegefühl, das häufig ein Familienkrach provoziert, wird in der Moyzelle ausbleiben, da sich Kinder und Senioren nicht mehr bevormunden lassen müssen. Schließlich gibt es zu einer Bevormundung keinen Anlaß, da in einer Panokratie kaum Konkurrenzdruck besteht.

Insbesondere Kinder und Jugendliche bekommen keine Verhaltensmaßregeln oder Kleider-ordnungen verschrieben. Einer der Hauptgründe von Familienstreitereien fällt daher aus. Die Kinder haben innerhalb der Moyzelle weitere Bezugspersonen neben ihren eigentlichen Eltern, die sie bei Problemen aufsuchen können. Hat jemand Eltern, mit denen er nicht auskommt, wird dies weit weniger schroff und schlimm ausfallen als in Familien. Die Eltern werden weniger durch ihre Kinder genervt. Schließlich teilen die Eltern ihre Erziehungsaufgabe mit den anderen Moyzellenmitgliedern.

Hervorzuheben ist weiterhin, daß die Kinder mit vielen anderen AltersgenossInnen auf-wachsen. Kinder sind immer in engem Kontakt mit Gleichaltrigen und es besteht keine Gefahr der Vereinsamung. Geschwister und KameradInnen sind in der Kindheit mindestens ebenso wichtig für die seelische Entwicklung wie Eltern. Die Wichtigkeit des Aufwachsens mit Gleichaltrigen wird in der heutigen Pädagogik unterschätzt. Einzel-kinder laufen Gefahr, sich zu verzogenen Egoisten zu entwickeln.

Psychologische Reihenuntersuchungen bestätigen die positive Auswirkung von Ge-mein-schaftserziehung. Kinder, die in einem Kibbuz, einer familiären Wohngemeinschaft oder einer ähnlichen Erziehungsgemeinschaft aufwachsen, zeigen weniger ödi-pale Mutterbeziehungen, eine positive Identifizierung mit den verschiedenen Vätern, eine höhere Selbstbeherrschung und weniger Geschwisterrivalität. Darüber hinaus läßt sich im Erwachsenenalter eine Abkehr von materialistischen und eine höhere Affinität zu sozialen Werten feststellen. Die ehemaligen WG-Kinder werden, in Relation zu Ex-Fa-milien-kindern, allgemein als ausgeglichen, selbstlos und humorvoll deklariert.

Aber die Moyzelle hat, wie schon erwähnt, nicht nur eine familiäre Funktion, sondern ebenso eine Cliquenfunktion. Die einzelnen MoyzellistInnen werden eine Art Freundes-kreis bilden.

Es werden ja nur solche Personen eine Moyzelle gründen, die sich besonders sym-pa-thisch finden. Insofern existiert von vornherein ein Freundschaftsgefühl zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Moyzelle. Diese gegenseitige Freundschaft wird mit zu-nehmender Vertrautheit durch das Zusammenleben gefestigt. Die Freundschaft er-hält eine besondere Stärke, da die Moyzellenmitglieder aufeinander angewiesen sind.

Die letzte Moyzellarfunktion ist die Miniweltfunktion. Eine Moyzelle stellt ein völlig autarkes Gebilde dar soweit es die Grundnahrungsmittel betrifft. Handwerks- und spezialisiertere High-Tech-Güter werden dagegen intermoyzellar fabriziert.

Die Moyzelle stellt von den elementarsten Grundgütern her ein in sich geschlosse-nes Wirtschaftssystem dar und ist in dieser Beziehung ein in sich geschlossenes Öko-system.

Das ökologische und das ökonomische System bilden eine untrennbare Einheit. Eine Moy-zelle achtet strikt darauf, daß keine naturschädlichen Stoffe innerhalb der Moy-zelle fabriziert werden. Andernfalls würde der schädliche Stoff die eigene Vegetation ver-giften und nach der nächsten Ernte auf dem Essenstisch landen.

Die Autarkie hinsichtlich der Grundnahrungsmittel hat einen weiteren günstigen Neben-effekt. Die Moyzelle kann notfalls, beispielsweise in Katastrophensituationen, für einige Monate separat überleben.

Hier einige Tips für das Zusammenleben in einer Moyzelle: Die MoyzellistInnen können sich noch so gut verstehen, falls grundlegende architektonische Prinzipien miß-achtet werden, kommt es über kurz oder lang zu sozialen Konflikten. Jeder Mensch hat eine Intim- und Individualsphäre, darum sollte für MoyzellistInnen jeden Alters ein gemüt-liches, schallgedämpftes Zimmer eingerichtet werden, das von innen und außen ab-schließ-bar ist. Falls das Zimmer Fenster besitzt, müssen diese absolut licht-un-durch-lässige Rolläden haben. MoyzellistInnen können sich dadurch von allen Reizen der Mit-moyzellistInnen abschotten und alleine sein, falls sie genervt, gestreßt oder wütend sind. Es gilt als absolute Unverschämtheit, an dieses individuelle Zimmer anzuklopfen, ge-schweige denn, es zu betreten, selbst wenn es von Zimmerbe-wohnerInnen aus-drück-lich erlaubt wurde.

Die einen mögen’s sauber und blitzeblank, die anderen fühlen sich erst im Saustall sau-wohl. Die einen ticken Punk-Musik, die anderen lauschen Klassik. Die einen lassen sich mit Vorliebe in einer warmen Raumtemperatur anschmoren, die anderen sind eher als kühle Eisbären zu bezeichnen. Unterschiedliche Ansprüche an das Moyzellenleben müssen daher unbedingt vorher abgesprochen werden! Falls die Ge-schmäcker allzu unter-schiedlich sind, sollte gemeinsam mit den Nachbarmoyzellen über-prüft werden, ob die Personen nicht anders auf die Moyzellen verteilt werden sollten. Allerdings muß auch bedacht werden, daß Vorlieben sich sehr leicht ändern können. Bei längerem Zusammen-leben werden sich die verschiedenen Geschmacksrichtungen angleichen, sofern sie nicht total inkompatibel sind.

- Die Poyzelle oder
Gelegenheit macht Liebe! -


Jeweils um die 25 Moyzellen schließen sich zu sogenannten Poyzellen zusammen.

Die Vorsilbe Poy- stammt von Post Organic Yielding.

Wenn wir von einer durchschnittlichen Personenanzahl von 25 Personen pro Moy-zelle ausgehen, beherbergt eine Poyzelle ungefähr 625 Personen. Die meisten Personen einer Poyzelle werden sich daher zumindest vom Sehen her kennen. Die Poyzelle stellt kein anonymes Gebilde dar und das Identitätsgefühl wird schwächer sein als in der kleineren Moyzelle.

Auch auf die Poyzelle sind wir Menschen genetisch fixiert. In der Urzeit schlossen sich verschiedene Sippen (entspricht der Moyzelle) zu einem sogenannten Dialekt-verband zusammen. Jener Dialektverband beherbergte um die 500 Menschen, eine Größen-ordnung, die ungefähr der der panokratischen Poyzelle entspricht.

Es existieren keine definierten Beschränkungen oder Regeln, wieviel oder welche Moy-zellen sich zu einer Poyzelle zusammenschließen. Jede Moyzelle darf jederzeit in eine Poyzelle eintreten, wenn die MoyzellistInnen dies wünschen und die Mitglieder der Poyzelle damit einverstanden sind.

Dies wird durch zwei panokratische Volksentscheide ermittelt. Einen innerhalb der ein-tretenden Moyzelle und einen in der Poyzelle, in die eingetreten werden möchte. Ge-nauso wird verfahren, falls eine Moyzelle auszutreten wünscht. Ebenfalls durch einen poyzellenweiten Volksentscheid kann eine Poyzelle den Rausschmiß einer Moy-zel-le bewirken. Dies könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn eine Moyzelle als Schma-rotzer angesehen wird, wenn sie zu mächtig wird, sich mit anderen Moyzellen ver-schwört oder sich sonstwie unzulässig gegenüber den anderen Nachbarmoyzellen ver-hält.

Trotz fehlendem Personenlimit wird sich die Größe der meisten Poyzellen zwischen 15 und 50 Moyzellen bewegen. Bei weniger als 15 Moyzellen pro Poyzelle kann sich die einzelne Moyzelle nicht mehr ausreichend spezialisieren. Es erfolgt keine hand-werk-liche Arbeitsteilung mehr und damit schrumpfen manche Non-Tech-Güter zur Mangel-ware. Andererseits wird bei weit über 50 Moyzellen pro Poyzelle die Moy-zellen-pluralität zu unübersichtlich und damit unkontrollierbar. Für die PoyzellistInnen würde ihre eigene Poyzelle zu einem anonymen Riesengebilde. Bei mehr als 1.200 Per-sonen wäre es unmöglich, alle MitpoyzellistInnen zu kennen. Der Funktion als weiterer Freundeskreis könnte die Poyzelle dann nicht mehr nachkommen.

Das Optimum liegt daher bei circa 25 Moyzellen pro Poyzelle. Hier können sich die Men-schen noch mit ihrer Eigenpoyzelle identifizieren. Die Poyzelle bleibt trotz ihrer hohen Personenanzahl überschaubar, da sie in Moyzellen gegliedert ist. Andererseits ist sie für die Moyzellen aber groß genug, um eine vollständige Arbeitsteilung und Spe-zialisierung zu gewährleisten. Die Poyzelle stellt zur Moyzelle in gewisser Hinsicht das gleiche dar wie die Moyzelle zum Individuum. Die Poyzelle ist im übertragenen Sinn eine Art höhere Oktave der Moyzelle.

Entscheidungen, welche die gesamte Poyzelle betreffen, können auf zwei Arten ge-fällt werden: Zuerst wird durch normale Absprache versucht, zu einem Konsens zu gelan-gen. Sollte dies scheitern, da die Interessen zu weit auseinanderklaffen, kommt es zu einem panokratischen Volksentscheid.

Die Poyzelle hat vor allem fünf Funktionen:

1. Die wohl wichtigste Funktion der Poyzelle ist die Kumpanfunktion. Durch die vielfältigen intermoyzellaren Kontakte werden sich die rund 625 Poy-zellist-Innen fast alle kennen — zumindest vom Sehen. Dies heißt noch lange nicht, alle PoyzellistInnen verstünden sich untereinander. Die Bezie-hungen werden zudem viel oberflächlicher sein, als unter den Moy-zellist-In-nen. Trotzdem gilt, daß Bekannte einem nicht vollkommen egal sind. Im Ernst-fall würden folglich die PoyzellistInnen doch zusammenhalten, falls ein externes Problem auftauchte. Die Poyzelle ist infolge der Kumpanfunk-tion unter anderem dafür zuständig, die Bande zwischen dem PoyzellistIn-nen zu stärken. Etwa einmal pro Monat sollte daher ein poyzellenweites Fest organisiert werden.


2. Eng mit dieser poyzellaren Kumpanfunktion hängt die Poykulturfunktion zu-sammen. Dadurch daß der Bekanntenkreis aller PoyzellistInnen im großen und ganzen mit dem der jeweiligen Heimatpoyzelle übereinstimmt, ent-wickeln sich in jeder Poyzelle jeweils besondere Eigenarten. Es kristalli-sie-ren sich folglich in jeder Poyzelle spezielle Kleidungsarten, Schmuck-wei-sen, Kunstrichtungen, Musikstile, Literaturtypen, Mentalitäten, Philoso-phien, Architekturen heraus. Trotzdem hat die Kultur des einzelnen Indivi-du-ums Priorität vor seiner Poykultur. Die Poykultur wird durch die inter-poy-zellare Migration gefestigt.

Die Poykultur, die in einer Poyzelle anfangs nur tendenziell vorhanden ist, ver-stärkt sich mit der Zeit. Es können Klassik-, Popper-, Hippie-, Rocker-, Schwulen-, Lesben-, Oi-, Sharp-, Soul-, Gruftie-, Wichtelgruft-, Gothik-, Rock-abillie-, Mettaler-, Barock-, Rokoko-, Egerländer-, Straight-, Rudie-, Eso-terik-, Ritter-, Disko, Prolo-, Mod-, Ted-, Intellektuell-, Antik-, Hacker-, House-, Acid-, Tekkno-, Mittelalter-, Anarcho-,Ök-, Jugendstil-, Bauhaus-, Rastafa-, Indianer-, Limer-, Industrial-, Jodel-, Country-, Romantik-, Märchen-, Punk- und Gemischt-Poyzellen entstehen. In den meisten Poy-zellen wird es jedoch eine gänzlich neue Poykultur geben, für die bislang kein Name existiert. - Kurz gesagt, es dürfte auch für Ihren Geschmack ge-sorgt sein!

Diese Poykulturpluralität wird unter anderem zur Folge haben, daß Rassis-mus keine Grundlage mehr hat. Schließlich ist die Zugehörigkeit zu einer be-stimmten Poykultur weit auffälliger als die Hautfarbe oder der Dialekt. Da-zu kommt, daß jeglicher Rassismus, egal in welche Richtung, schon im Keim durch die sogenannte Individualwacht verhindert wird. Das intrapoy-zel-lare Zusammengehörigkeitsgefühl auch zwischen PoyzellistInnen ver-schie-dener Rassen, könnte durch poyzellenspezifische Initiationsriten noch-mals verstärkt werden. Initiationsriten, die ebenfalls Bestandteil unserer archaotribalistischen Kollektivprägung sind, hätten darüber hinaus weitere Vorteile:

  • Initiationsriten prägen den InitiantInnen symbolisch ein, ein neuer Lebens-ab-schnitt beginne und sie werden in einem Zustand der Hyperästesie ange-hal-ten, sich mental darauf einzustellen.
  • Initiationsriten erleichtern die psychologische Loslösung von der ehemali-gen Poyzelle. Es wird ein symbolisch-markanter Schlußstrich über ein even-tu-ell verkorkstes Leben gezogen.
  • Initiationsriten verhindern weitestgehend eine spätere Aufsplittung in kleinere Gruppen, insbesondere Rassenunterschiede werden psychologisch sekun-där. Es entsteht ein fester Zusammenhalt zwischen den PoyzellistIn-nen verschiedenster Herkunft.
  • Durch den Initiationsritus müssen sich die InitiantInnen mit der Poyzellen-historik und der Poykultur auseinandersetzen.
  • Initiationsriten helfen InitiantInnen, sich in eine neue Chreode einzuklinken.
  • Initiationsriten verhindern eine ständige Poyzellenmigration, die sich de-struk-tiv auf die Panokratie auswirken würde. Es wird unmöglich, jede Woche seine Poyzelle zu wechseln.
  • Initiationsriten verhindern, daß die InitiantInnen erst nach langer Zeit als voll-wertige Moyzellenmitglieder anerkannt werden.

Jede Poyzelle entscheidet durch panokratische Volksentscheide, ob ein In-itia-tionsritus für den Eintritt in die Poyzelle eingeführt wird, und wenn ja, welche Form der zeremonielle Ritus hat. Natürlich muß die Initiationszere-mo-nie an die moderne Zeit angepaßt sein. Vor allem sollten bleibende körper-liche Spuren vermieden werden, damit die InitiantInnen beliebig oft die Poyzelle wechseln können.

3. Aber nicht nur in musischen Bereichen werden sich solch originelle Eigen-willig-keiten herauskristallisieren, sondern auch in der Sexualphilosophie be-sitzt jede Poyzelle seine spezifischen Vorlieben. Dies ist die poyzellare Sexualfunktion.

Es gibt prüde und sexbesessene, romantisch-zärtliche und sado-maso, hetero-sexuelle und homosexuelle, unisexuelle und bisexuelle, sexual-stereo-typische und verspielte, treue und promiske sowie monogame und poly-game Poyzellen.

In jeder Poyzelle herrschen andere Tabus, andere Freiheiten und andere sexuelle Riten vor. Auch dies sollte von jeder Poyzelle jedes Jahrzehnt durch einen Volksentscheid neu ermittelt werden. Ansonsten fällt es schwer, die tradierten Tabumauern einzureißen, da gerade bei diesem Thema aus den tiefsten Sphären des Unterbewußtseins sich ein wahres Gefühls-feuerwerk entfacht, das jede normal-objektive Auseinandersetzung überstrahlt.

Die Sexualvolksentscheide nehmen daher eine Sonderstellung innerhalb der panokratischen Volksentscheide ein. Sie werden streng geheim in der klas-sischen Art ohne die (in einem späteren Kapitel erklärte) Handurne ausge-führt. Die Wahlzettel müssen dabei alle nur denkbaren Möglichkeiten an-bie-ten und top secret in einer geschlossenen Wahlkabine ausgefüllt werden. Es muß anschließend unmöglich sein, die Herkunft der Zettel zu ermitteln. Nur auf diese Weise lassen sich die wahren Phantasien der PoyzellistInnen er-forschen.

4. Profaner ist die Versorgerfunktion der Poyzelle. Die einzelnen Moyzellen einer Poyzelle helfen sich materiell gegenseitig aus; dies gilt zumindest für die sogenannten Non-Tech-Güter. Der Begriff Non-Tech-Gut wird recht weit gefaßt. Er kann sich beziehen auf: Kleidung, Möbel, Spielsachen, ein-fachere Genußmittel, Heilmittel, exotische Pflanzen, Kunstwerke, Schilder, Steuerungs-programme, Moyzellenbau und -architektur, Sanitäreinrich-tungen, Toilettenartikel, leichtere Elektroinstallationen, medizinische Ver-sor-gung, Geschirr, Freizeitgestaltung

Jede der Moyzellen hat unterschiedliche handwerkliche Fähigkeiten. Die Auf-gabe der Poyzellen liegt in der geschickten Absprache und Verteilung der produzierten Non-Tech-Güter.

5. Eine weitere Aufgabe der Poyzellen liegt in der Aushilfe bei unverschul-deter materieller Not. Diese sogenannte Versicherungsfunktion funktio-niert deshalb, weil die in Not geratenen MoyzellistInnen den Personen in den Nachbarmoyzellen innerhalb der Poyzelle bekannt sind. Die verschon-ten Moyzellen treten dann einen Teil ihrer Ernte und Grundnahrungsmittel ab, um der Moyzelle zu helfen. Im Gegenzug dafür haben sie die Gewiß-heit, daß auch Ihnen im Katastrophenfall unter die Arme gegriffen wird. Die Inte-gration in eine Poyzelle ersetzt damit in unbürokratischer Weise die heutigen Versicherungsunternehmen. Über kleingedruckte Paragräfchen wird niemand mehr stolpern.

- Die Fayzelle oder
Die Achillesferse in den faynen Docs! -


Die Fayzelle besteht aus rund 25 Poyzellen. Da Jede Poyzelle wiederum circa 25 Moy-zellen beinhaltet, beherbergt sie ungefähr 625 Moyzellen. Damit leben rund 15.625 Men-schen in der Fayzelle. Da es für FayzellistInnen unmöglich ist, über fünfzehn-tausend Menschen zu kennen, ist die Fayzelle schon ein anonymes Gebilde. Daher kommt auch ihr Name.

Die Vorsilbe Fay- kommt von First Anonymous Yielding.

Die Fayzelle kann infolge dieser Anonymität keinerlei soziale Aufgaben mehr über-nehmen. Dies bleibt den kleineren Moy- und den Poyzellen vorbehalten. TjonierInnen iden-tifizieren sich daher weit weniger mit der Fayzelle als mit ihrer Poyzelle oder gar ihrer Moyzelle.

Die Fayzelle hat vor allem Versorgerfunktion. Die Versorgung besteht hauptsäch-lich aus feinen Handwerksprodukten. Die Produktionsintegration der Handwerksgüter in einer gemeinsamen Fayzelle hat mehrere Vorteile. Der Hauptvorteil liegt in der so-ge-nannten Individualproduktion.

Bei der Individualproduktion ist das produzierte Angebot direkt auf die Nachfrage ab-gestimmt, da in einer Fayzelle die Herstellung und der Verbrauch räumlich und sozial eng beieinander liegen. Infolge der Begrenztheit der Fayzelle ist es sogar mög-lich, daß sich ProduzentInnen und KonsumentInnen gegenseitig vom Sehen her kennen und sich folglich direkt absprechen können.

Person A, die ein paar robuste feuerrote Docs mit Schuhgröße 47 und Stahlkappen möchte, wird in der Marktwirtschaft vergeblich suchen — trotz überquellendem An-ge-bot in den Schuhgeschäften. In der panokratischen Fayzelle genügt ein kurzer Wort-wechsel mit Schuster B aus der Poyzelle C, vielleicht noch eine Fußausmessung unter be-sonderer Berücksichtigung des lachenden Hühnerauges auf dem linken kleinen Zeh. Eine Woche später liegen die feuerroten Spezialdocs fertig und glänzend im Materio-port der Person A.

Es ist an diesem Beispiel ersichtlich, daß die Handwerksgüter in der Panokratie viel ge-zielter produziert werden können als in der Markt- oder Planwirtschaft. Das verhindert Fehl-, Über- und Unterproduktion. Die Produktion der Non-Tech-Güter werden viel individueller auf die Wünsche des Empfängers abgestimmt. Auch die aus-ge-fallensten Sonderwünsche können befriedigt werden. In der Individualproduktion ist jedes Kleidungsstück, jedes Kunstwerk, jedes Möbelstück und jedes andere Non-Tech-Produkt ein qualitativ hochwertiges Unikat, das speziell und liebevoll auf den Cha-rakter der BenutzerInnen abgestimmt ist.

Sie sehen, daß die Philosophie der Markt- beziehungsweise Planwirtschaft orthogo-nal zur panokratischen Wirtschaft steht. Dort wird auf niederwertigen Massenplunder in hoher Quantität abgezielt, der den KundInnen durch Werbung oder durch Schleuder-preise psychologisch aufgezwungen wird; hier liegt die Priorität auf langlebigen, indivi-duellen Unikaten in niedriger Quantität aber allerhöchster Qualität. Die Lang-lebig-keit, die Robustheit und die individuelle Abstimmung der Individualproduktion bewir-ken, daß die Personen in der Panokratie weit weniger Non-Tech-Güter be-nötigen als im Kapitalismus beziehungsweise im Kommunismus.

- Die Surzelle oder
Der irre Surzellrealismus -


Jeweils um die 25 Fayzellen sind wiederum zur sogenannten Surzelle zusammenge-schlos-sen. Eine Surzelle beherbergt damit rund 625 Poyzellen, 15.625 Moyzellen und un-gefähr 390.625 Menschen. Sie hat damit von der Personenanzahl her die Größe einer kleineren Großstadt. Auch hier können die Fayzellen frei per panokratischem Volks-entscheid abstimmen, welcher Surzelle sie angehören wollen. Die Surzelle kann eben-falls per surzellweitem Volksentscheid eine Fayzelle ausstoßen.

Die Aufgabe der Surzelle liegt hauptsächlich in der Produktion und Verteilung von Low-Tech-Gütern. Unter Low-Tech-Gütern wird verstanden:

  • Rohstoffgewinnung für den Moyzellenbau
  • Produktionsmaschinen wie Bohrmaschinen, Druckerpressen, Turbinen
  • Spezialwerkzeuge
  • ambulante medizinische Unfallversorgung
  • Sonnenkollektoren
  • elektronische Meßfühler
  • einfache elektronische Bauelemente
  • elektronische Geräte wie Computer, Stereoanlagen
  • Teile des Materioports
  • Computerprogramme wie Textverarbeitung, Publishing, Desktop, Compiler
  • umweltverträgliche chemische Produkte
  • akademische Ausbildungsprogramme
  • Diskotheken, Vergnügungsparks

Jede Fayzelle spezialisiert sich dabei auf einige Bereiche, stellt die Low-Tech-Güter her und verteilt sie an die bedürftigen Nachbarsurzellen. Jeder Fachbereich sollte dabei von mindestens zwei Poyzellen gleichzeitig beherrscht werden, damit sich keine Ab-hängigkeit von einer einzigen Poyzelle entwickelt. Die surzellaren Fachbereiche sind in etwa mit den Ingenieurswissenschaften vergleichbar: Maschinenbau, Elektrotech-nik, Informatik, Chemie, Physik, Geographie

Entscheidungen auf Surzellenebene werden per Volksentscheid getroffen. Eine ge-gen-seitige Absprache ist infolge der Fayzellengröße nicht mehr möglich.

- Die Hyperzelle oder
Hyper mal drüber! -


Rund 25 Surzellen schließen sich zu den sogenannten Hyperzellen zusammen. Eine Hyper-zelle besteht demnach aus circa 625 Fayzellen, 15.625 Poyzellen und somit etwa 390.625 Moyzellen oder ungefähr 9,77 Millionen Menschen.

Anfangs muß Tjo ohne Hyperzellen auskommen, da wahrscheinlich nicht so viele Sur-zellen vorhanden sind, um sich zu Hyperzellen zusammenschließen zu können. Ein guter Richtwert ist, daß Tjo bei einer Bevölkerungsanzahl zwischen 156.000 und 3,9 Millionen Menschen mit einer Surzelle identisch ist und zwischen 3,9 und 97 Millionen Menschen eine einzige Hyperzelle bildet.

Die Hyperzellen kümmern sich um die Produktion und Verteilung von High-Tech-Gütern, sowie um die hochspezialisierte akademische Ausbildung.

Steht in einer Hyperzelle eine Entscheidung an, wird ein hyperzellweiter Volksent-scheid durchgeführt. Dies ist notwendig, da die Hyperzelle so gigantisch ist, daß Ab-sprachen nicht mehr möglich sind.

- Die Exozelle oder
Exo und Hop! -


Rund 25 Hyperzellen schließen sich zu Exozellen zusammen. Exozellen bestehen damit aus etwa 625 Surzellen, 15.625 Fayzellen 390.625 Poyzellen, 9,77 Millionen Moy-zellen oder 244 Millionen Menschen.

Die hohe Bevölkerungsanzahl von etwa 244 Millionen Menschen impliziert, daß sich Exozellen wahrscheinlich nie etablieren werden. Exozellen behandeln wir nur der Voll-ständigkeit halber. Sollte unerwarteterweise die Bevölkerungszahl Tjos auf über 60 Millionen anschwellen, muß die Teilung der Hyperzelle Tjo in 12 Hyperzellen unter dem Dach einer neuen Exozelle Tjo erwägt werden. Bis dato muß Tjo auf die Leistun-gen und Produkte der Exozellen verzichten.

Eine Aufgabe der Exozellen liegt in Hochtechnologiegroßprojekten, welche die Kapa-zität der einzelnen Hyperzellen übersteigen. Dies werden meist Geräte der Grund-lagen-forschung sein, wie zum Beispiel Raumfähren, Satelliten, Sternwarten, Teilchen-be-schleuniger usw.

Eine weitere Aufgabe der Exozellen liegt in der Normung verschiedener technischer Ge-räte, wo dies notwendig erscheint. Bei Produkten der Kommunikations- und Trans-port-infrastruktur sollte allerdings die Normierung auf ganz Tjo verlagert werden.

- Die Terrazelle oder
Terra X -


Rund 25 Exozellen schließen sich zu Terrazellen zusammen. Eine Terrazelle besteht so-mit aus circa 25 Exozellen, 625 Hyperzellen, 15.625 Surzellen, 390.625 Fayzellen, 9,77 Millionen Poyzellen, 244 Millionen Moyzellen und rund 6,1 Milliarden Men-schen. Von der ungefähren Dimension ist das die Bevölkerungszahl der Menschheit. Eine Menschheit mit rund 15 Milliarden Nasen wird für Mitte des 21. Jahrhunderts pro-gnostiziert. Auch sie wäre noch mit einer Terrazelle integrierbar.

Eine umfassendere Einheit ist daher zur Zeit nicht vorstellbar. Eine Terrazelle wird nur dann nötig, wenn ein Großteil der Menschheit in Tjo leben würde. Das heißt, eine Terra-zelle wird es wohl nie geben. Trotzdem wird sie hier der Vollständigkeit halber be-handelt.

Die Terrazelle umspannt etwa einen Planeten, respektive die liebe Erde. Terrazellen sind daher für globale Aufgaben verantwortlich.

Am wichtigsten ist der Schutz der Atmosphäre und der Aquasphäre. An diesen Auf-gaben scheitern die heutigen Marktwirtschaften bekanntlich in kindischer National-klüngelei kläglich. Die Terrazelle wäre indessen mittels des (später erklärten) panokra-tischen Volksentscheides in der Lage, schnell einen globalen Konsens zu finden und danach zu handeln. Nur die Panokratie wäre den heutigen planetaren Problemen ge-wachsen. Die globale CO2-Reduktion könnte durch eine Terrazelle leicht erreicht werden. Ebenso wären die FCKWs, nach Vermutung ihrer schädlichen Wirkung, sofort per terrazellweitem panokratischen Volksentscheid verboten worden. Treibhauseffekt und Ozonloch wären folglich nie in einer Terrazelle aufgetreten.

Die Terrazelle ist ein Gebilde, das den drohenden Globalkollaps verhindern hätte können. Da es dafür allerdings schon heute zu spät ist, könnte die Terrazelle höchstens die schlimmsten Folgen mindern. Aber das ist immerhin auch schon was.

- Die Subsidiarzellen oder
Ihr persönlicher Heimatschmierfilm! -


Der Sammelbegriff für Individuum, Moyzelle, Poyzelle, Fayzelle, Surzelle, Hyper-zelle, Exozelle und Terrazelle wird Subsidiarzelle genannt. Die verschiedenen Sub-sidiar-zellen sind ineinandergeschachtelt.

Eine Terrazelle setzt sich aus rund 25 Exozellen zusammen. Eine Exozelle setzt sich wiederum aus rund 25 Hyperzellen zusammen. Die Hyperzellen enthalten um die 25 Sur-zel-len, die Surzellen wiederum jeweils etwa 25 Fayzellen, die Fayzellen circa 25 Poy-zel-len, jene Poyzellen jeweils rund 25 Moyzellen und schließlich die Moyzellen jeweils ungefähr 25 Personen. Es entsteht eine Ineinanderschachtelung in folgender Reihen-folge:
Terrazelle - Exozelle - Hyperzelle - Surzelle - Fayzelle - Poyzelle - Moyzelle - Individuum

Die oberste Subsidiarzelle wird Hauptzelle genannt. Diese Hauptzelle ist mit Tjo iden-tisch.

Bei einer Bevölkerungsanzahl Tjos bis ~150 Personen ist die Hauptzelle eine Moy-zelle. Bei einer Bevölkerungszahl zwischen ~150 und ~7.500 Menschen ist sie eine Poyzelle, zwischen ~7.500 und ~375.000 Menschen eine Fayzelle, zwischen ~375.000 und ~18 Millionen Menschen eine Hyperzelle zwischen ~18 Millionen und ~einer Milliarde Menschen eine Exozelle und bei über einer Milliarde Menschen eine Terra-zelle. Die Hauptzelle ist also von der Bevölkerungsanzahl abhängig.

Die ausgewogene Ineinanderschachtelung in Subsidiarzellen wird Parzellierung ge-nannt. Die Parzellierung ist Grundvoraussetzung für das korrekte Funktionieren der so-ge-nannten Individualwacht, die später erklärt wird.

Es sollte darauf geachtet werden, daß sich die verschiedenen Subsidiarzellen jeweils aus mindestens 15 und höchstens 50 Untersubsidiarzellen gleicher Stärke zusammen-setzen.

Das Optimum der Untersubsidiarzellenanzahl liegt bei etwa 25. Unterschreiten die Unter-subsidiarzellen die Anzahl von 15, kann die Individualwacht außer Kraft gesetzt werden, da eine Untersubsidiarzelle ihre Nachbarsubsidiarzellen übertrumpft. Außer-dem ist keine ausreichende Arbeitsteilung mehr möglich.

Hat eine Subsidiarzelle dagegen mehr als 50 Untersubsidiarzellen, wird diese Sub-sidiar-zelle zu einem unübersichtlichen, anonymen Gebilde, mit dem sich die Bewohner nicht mehr richtig identifizieren können. Bei einer Größe über 50 Untersubsidiarzellen sollte daher ein sinnvoller Zellteilungsvorgang per Volksentscheid erfolgen.

Bei einer Anzahl von weniger als 15 Untersubsidiarzellen ist eine Fusion mit einer anderen Subsidiarzelle angebracht. Die fusionierenden Subsidiarzellen sollten sich sym-pathisch sein und sich in Bedürfnissen und Fähigkeiten gegenseitig ergänzen.

TjonierInnen haben genau jeweils eine Heimatmoyzelle, Heimatpoyzelle, Heimat-fay-zelle, Heimatsurzelle, Heimathyperzelle und eventuell eine Heimatexozelle und Hei-matterrazelle.

All diese den Menschen umschließenden Subsidiarzellen werden Heimatsubsidiar-zellen oder kurz Ich-Zellen genannt. Mit ihnen identifizieren sich die BürgerInnen.

Wo in herkömmlichen Staaten der Patriotismus oft fatale Konsequenzen zeitigt, da er blind vor Staatspogromen macht und oft außer Kontrolle gerät (siehe Drittes Reich oder Neonationalismus), wirken sich Heimatgefühle in einer parzellaren Panokratie gerade-zu positiv aus. Die kritische Heimatliebe zu seinen Ich-Zellen erhöht den Altru-is-mus und verbessert die Individualwacht.

Wo in konventionellen Staaten der Patriotismus bekämpft werden muß, um nicht außer Kontrolle zu geraten, wird der Patriotismus in der Panokratie automatisch bei Fehl-entwicklungen durch die Nachbarsubsidiarzellen in Schach gehalten. Der Stolz auf ihre Ich-Zellen wird mit ein Grund dafür sein, daß die Menschen gerne für ihre Hei-mat-subsidiarzellen arbeiten.

Ein weiterer Grund ist die freie Einteilung und Wahl der Arbeit ohne Sachzwänge, welche die Arbeit weniger zu einem Beruf macht als vielmehr zu einer Berufung oder zu-mindest zu einem Hobby.

Auch die Nächstenliebe wird eine Rolle spielen. Sie wird in der Panokratie stark aus-geprägt sein, da sie nicht — wie im Kapitalismus oder Kommunismus — unter-drückt wird. Ebenso spielt die Isolationsangst eine Rolle. Stark schmarotzende Sub-sidiar-zellen laufen Gefahr, von der übergeordneten Subsidiarzelle ausgestoßen zu werden. Zumindest ziehen sie den Zorn der Nachbarsubsidiarzellen auf sich. Die ver-schie-denen Subsidiarzellen werden versuchen, den Bedürfnissen der Nachbar-subsidiar-zellen einigermaßen gerecht zu werden.

Die einzelnen Subsidiarzellen verteilen diese Bedürfnisse gemäß den Fähigkeiten und den Wünschen in ihre jeweiligen Untersubsidiarzellen herab und diese verteilen ihre Aufgaben wiederum an ihre Untersubsidiarzellen usw. Dieser Vorgang wird retrogrative Motivation genannt.

(.....)

- Resümee oder So! -

Der Mensch ist in unseren heutigen demokratischen Marktwirtschaften zu einem ohnmächtigen Sklaven des rationalen Systems degradiert.

Leider sind sich die allerwenigsten dieser schrecklichen Tatsache bewußt, da sich das System höchst subtiler Unterdrückungsmethoden bedient und die Systemkomplexität die wahre destruktive Natur unserer vielgepriesenen demokratischen Marktwirtschaft verschleiert.

Unsere heutigen Wirtschafts- und Politsysteme haben längst eine Eigendynamik entwickelt, die sich nicht mehr stoppen läßt und sich langsam aber sicher in Richtung einer globalen Katastrophe bewegt. Kein Mensch und keine Gruppe kann den Kurs in den kollektiven Suizid umprogrammieren, da wir alle selbst integrativer Bestandteil dieses wahnsinnigen Systems sind.

Unsere einzige mögliche Rettung ist die Errichtung der Panokratie. Sie stellt nicht nur eine Art High-Tech-Arche-Noah dar, die Pflanzen, Tiere, Menschen, Zivilisation und Kultur vor anzunehmenden Katastrophen schützt, sondern ist gleichzeitig eine Alternative zu den aktuellen demokratisch-totalitaristischen Staatssystemen. Wir sollten keinesfalls so illusorisch sein und glauben, die Panokratie sei die Idealgesellschaft. Auch hier wird es interne Probleme und Zwietracht geben. Wichtig ist jedoch der Komparativ, daß die tjonische Panokratie menschenwürdiger ist als die pure konventionelle Demokratie. Hier haben Mensch und Tier erstmals akzeptabel freie Entfaltungsmöglichkeiten.

Vielleicht wird Tjo nie in die Praxis umgesetzt.
Vielleicht aber doch!!!
Vielleicht vermochte dieses Buch, Sie für die Panokratie zu begeistern.


Zugegeben, manches klingt utopisch. Eine Illusion ist die Panokratie jedoch nicht! Es liegt an Ihnen, ob aus der Utopie eine „Topie“ wird. Angesichts des Abgrunds, vor dem die Menschheit heute steht, kann die Frage nur heißen:


TOPIE OR NOT TO BE!

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Auszug aus: Tobi Blubb / Panokratie http://www.panokratie.de