Ratifizierung des ESM-Vertrages mit dem Brecheisen

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Peter Weber
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Ratifizierung des ESM-Vertrages mit dem Brecheisen
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Ratifizierung des ESM-Vertrages mit dem Brecheisen

 

Der ESM-Vertrag (Europäischer Stabilitätsmechanismus) verfolgt uns weiter. Über dieses Vorhaben wurde in den KN schon des öfteren wie zum Beispiel hier berichtet. Diese für uns alle relevante Thematik läßt uns aber nicht los, denn die Eurobürokratie und insbesondere die deutsche Regierung wollen das Projekt auf Biegen und Brechen durchdrücken. Das perfide an der heutigen Situation ist die Tatsache, daß die Bundesregierung nun versucht, den ESM-Vertrag am Bundesrat vorbei zu schmuggeln. Gemäß Veröffentlichungen des BdSt (LV-Bayern) und der Taxpayers-Europe handelt es sich dabei um„ Den brutalsten Anschlag auf die Demokratie sowie die nationale und finanzielle Selbstbestimmung aller freien Europäer seit dem 2. Weltkrieg“ sowie einen Putsch der Regierung gegen das Volk. Die von der Regierung aufgebotene böswillige winkeladvokatische Durchtriebenheit ist dabei nicht mehr zu überbieten. Auch unser Bundes-Gauckler hat bereits in dieser Angelegenheit einseitig Partei ergriffen und meint, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vorgreifen zu können. Noch bevor ESM und Fiskalpakt vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet und die avisierten Verfassungsbeschwerden eingereicht sind, hat Bundespräsident Joachim Gauck nämlich bereits selbstherrlich befunden, daß die Gesetze verfassungskonform sind. Ich zitiere ihn bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel: „Ich sehe nicht, daß die Bereitschaft der Regierung konterkariert werden wird vom Bundesverfassungsgericht.“ Damit mischte er sich in einer für einen Bundespräsidenten unzulässigen Art und Weise ein, in dem  er die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht als quasi aussichtslos hinstellte.

Die Bundesregierung befindet sich damit in bester Gesellschaft und flüchtet sich mit ihrer Argumentation in eine feudalistisch anmutende Phantasiewelt, denn lt. ihrer Interpretation ist der ESM ein völkerrechtlicher Vertrag, "der bewusst außerhalb der EU konzipiert wurde“. Aus diesem Grund weigert sie sich, die vom Bundesrat eingeforderten demokratischen Mitbestimmungsrechte anzuerkennen. Der Artikel 23 GG schreibt jedoch vor, daß die Länder mittels des Bundesrates an allen bedeutenden Entscheidungen in EU-Angelegenheiten zu beteiligen sind. Dies ist nur allzu konsequent: Denn es sind die Länder, die ihre Hoheitsrechte auf den Bund übertragen. Leitet der Bund nun seinerseits Rechte an eine über ihm stehende Einrichtung wie die EU weiter, müssen die ursprünglichen Inhaber dieser Rechte zwangläufig zumindest daran mitwirken. Deshalb steht es doch eigentlich in einem Rechtsstaat wie dem unseren außer Frage, daß der Bundesrat in dieser Frage gehört werden muß, denn die anstehende Entscheidung ist als ein Umbau Europas in Richtung einer Transferunion zu betrachten, was bedeutet, daß die finanzkräftigeren Länder für die Schulden der anderen Haftung übernehmen müssen.

 

Ich will nochmals die für die europäischen Bürger bedrohlichsten Elemente des ESM-Vertrages zusammenfassen:

  • der ESM-Bank  und ihren Gouverneuren wird praktisch eine unbegrenzte Machtfülle verliehen
  • zusammen mit ESM sollen Eurobonds und damit eine Haftungsverpflichtung besonders für die finanzstarken Mitgliedsländer eingeführt werden
  • es erfolgt daraus eine Zahlungsverpflichtung der Bürger ohne entsprechende Kreditgeberrechte
  • es wird  ein unübersehbares und unkontrollierbares Finanzgeschäftegebaren der Gouverneure zu Lasten der Bürger legitimiert
  • dieses Ermächtigungsgesetz entzieht Bürgern, Parlamenten, Regierungen und Gerichten jegliche Kontrolle über die Verwendung der zur Debatte stehenden unermeßlichen Geldsummen
  • damit verbunden ist der Verlust von demokratischer Kontrolle und Haftung der Gouverneure und ESM-Mitarbeiter sowie Verleihung von Immunitätsstatus, die diese Bankbehörde zu einem Staat im Staate befördern
  • die Folge davon sind unvorstellbare und unbegrenzte Haftungsrisiken, die jeder EU-Bürger tragen muß

mittel- und langfristige Konsequenzen:

Die bewußt ausgerichtete Konstruktion des ESM bedeutet eine Einladung an die weltweite Finanzoligarchie zur unblutigen Machtübernahme Europas sowie  zur Ausplünderung und Verarmung der europäischen Bevölkerung, Entmachtung der Nationalstaaten, totaler Deregulierung und Abriß des Sozialstaates.

 

In der elektronischen Vorabfassung des Bundestages vom 16. Mai 2012 erteilt die Regierung den Forderungen der Länder nach weitgehenden Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrechten im Sinne des Grundgesetzes beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) eine schroffe Absage. Hier die wesentlichen Auszüge daraus:

 

A. Aufforderung des Bundessrates

8. Der Bundesrat erinnert an seine Stellungnahme in der BR-Drucksache 369/11 (Beschluss). Wie darin bereits dargestellt, ist der Bundesrat der Auffassung, dass es sich bei dem ESMVertrag um ein Vorhaben der EU handelt und daher Artikel 23 GG unterfällt. Er fordert die Bundesregierung auf, die sich daraus ergebenden Rechte des Bundesrates im weiteren Verfahren zu beachten. Zukünftige Änderungen des ESM-Vertrages wie auch die Nutzung der vertragsimmanenten Änderungsklauseln zum Stammkapital des ESM und zu den Arten der Finanzhilfeinstrumente bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

9. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Hinblick auf den Vollzug des ESM-Vertrages an sich schon die Mitwirkungsrechte aus Artikel 23 GG und den entsprechenden Zusammenarbeitsgesetzen in EU-Angelegenheiten Anwendung finden. Er fordert eine umfassende und fortlaufende Unterrichtung zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt über die beabsichtigten Entscheidungen des ESM (z. B. Gewährung von Finanzhilfen) und die Entwicklung in den unterstützten Staaten, damit der Bundesrat hierzu im Einzelfall Stellung nehmen kann. Der Bundesrat fordert eine gesetzliche Regelung dieses Informationsrechtes. Etwaige Stellungnahmen des Bundesrates sind von der Bundesregierung zu berücksichtigen. Die Bundesregierung ist verpflichtet, eine Abweichung von einer Stellungnahme des Bundesrates zu begründen. Das soll nach Möglichkeit vor einer Beschlussfassung im Gouverneursrat des ESM geschehen.

 

B. Stellungnahme der Bundesregierung

Zu Ziffer 8:

Die Bundesregierung teilt diese Ansicht nicht. Beim ESM handelt es sich nicht um ein EUVorhaben gemäß Artikel 23 GG, sondern um einen völkerrechtlichen Vertrag, der bewusst außerhalb der EU konzipiert wurde. Für eine Anwendung des Artikel 23 GG besteht schon deswegen keine Grundlage. Abgesehen davon werden mit dem ESM-Vertrag weder Hoheitsrechte auf die EU übertragen noch erfolgt eine sonstige „Veränderung der textlichen Grundlagen des europäischen Primärrechts“ (vgl. BVerfGE 123, 267 [355]). Das Gesetz zur Ratifizierung des ESM-Vertrags wird auf Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 GG gestützt. Für dieses Gesetz ist nach Artikel 105 Absatz 3 GG die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, da von den im ESM-Vertrag vorgesehenen Steuerbefreiungen für den ESM und seine Bediensteten auch Steuern betroffen sind, deren Aufkommen ganz oder zum Teil den Ländern oder Gemeinden zusteht.

Artikel 23 GG ist auch auf Zustimmungsgesetze zu Änderungen des ESM-Vertrags nicht anwendbar. Entsprechende Gesetze bedürfen daher nur dann der Zustimmung des Bundesrats, wenn dies aus den übrigen grundgesetzlichen Vorschriften folgt. Für die in Art. 2 des Entwurfs des ESM-Ratifizierungsgesetzes genannten vertragsimmanenten Änderungsmöglichkeiten ist dies im Einzelfall zu prüfen. Die einfachgesetzliche Normierung eines Zustimmungstatbestands ist jedoch verfassungsrechtlich nicht möglich.

Zu den Ziffern 9 bis 14:

Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Bundesrates nicht und lehnt seine Forderung ab. In Absprache mit den Fraktionen hat die Bundesregierung in ihren Gesetzentwurf keinen Vorschlag für die parlamentarischen Beteiligungsrechte aufgenommen. Nach Ansicht der Bundesregierung ist der im Antrag der Koalitionsfraktionen aufgenommene Vorschlag, den Bundesrat schriftlich zu unterrichten und Einzelheiten in einer Bund-Länder-Vereinbarung zu regeln, sachgerecht. Eine im ESM-Finanzierungsgesetz aufzunehmende und über die Unterrichtung hinausgehende Pflicht der Bundesregierung, Stellungnahmen des Bundesrates zu berücksichtigen und eine Abweichung von der Stellungnahme zu begründen, lehnt die Bundesregierung ab, da Länderinteressen in Angelegenheiten des ESM nicht betroffen sind. Dies wird durch die Ziffer 6 der Stellungnahme des Bundesrates deutlich, die explizit darauf hinweist, dass "eingegangene Zahlungsverpflichtungen und Garantien im Fälligkeitsfalle allein den Bundeshaushalt betreffen." Abgesehen davon, dass es sich ohnehin nicht um eine Angelegenheit der Europäischen Union handelt und Art. 23 GG daher nicht anwendbar ist, sind somit auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Artikel 23 Absatz 5 GG nicht erfüllt. Eine weitergehende Verpflichtung des Bundes, Stellungnahmen des Bundesrates zu berücksichtigen und eine Abweichung von dieser zu begründen, ist von der im Grundgesetz festgelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nicht vorgesehen.

Auch die Forderung einer ausdrücklichen Regelung einer Zustimmungspflicht des Bundesrates bei zukünftigen Änderungen des ESM-Vertrages im ESM-Ratifizierungsgesetz lehnt die Bundesregierung ab. Wie bereits zu Ziffer 8 näher ausgeführt, ist Artikel 23 GG auch auf Gesetze zur Änderungen des ESM-Vertrags nicht anwendbar. Eine Zustimmungspflicht ergibt sich auch nicht aus den übrigen grundgesetzlichen Vorschriften.

Der gesamte Text dieser Stellungnahmen ist zu lesen:  hier

 

In diesem Zusammenhang informiert ein Artikel der Welt Online ausführlich:

Welt Online - 30.05.12

Rettungsschirm - Der ESM hat mit Europa angeblich nichts zu tun

bitte lesen:  hier

 

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Marie-Luise Volk
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Verbunden: 28.10.2010 - 13:29
Albtraum ESM

Lieber Peter,

danke dafür, dass Du dieses Thema noch einmal aufgegriffen hast.

Derweil das abgelenkte Volk sich mit Fußball und allerlei anderen Nebensächlichkeiten beschäftigt, werden hinter unserem Rücken die Weichen für den größten Entdemokratisierungsprozess  gestellt, von dem wir nur albträumen können.  

Ganz nach der Devise von Jean-Claude Junker, Vorsitzender der Euro-Gruppe: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Der ESM-Vertrag sprengt alles bisher Dagewesene. Ungeheuerlich, dass Regierung und die rot-grüne Opposition  gemeinsame Sache machen.  Ja, Rot und Grün spielen bei diesem miesen Spiel einfach mit! Auch Gewerkschaften, Kirchen und weite Teile der Nichtregierungsorganisationen unterstützen die Vorgehensweise von Merkel & Co.  indem sie schweigen. Dabei müsste ihnen doch klar sein, dass der Fluss von Mitgliedsbeiträgen und Spenden vom Budget der Bürger/innen abhängt.  It’s the economy, stupids, möchte man ihnen zurufen.

Die deutsche Bevölkerung gerät in eine äußerst prekäre Lage. Wenn der Europäische Stabilitätsmechanismus greift, dann werden wohl  heutige Debatten um Hartz-IV-Sätze, Betreuungsgelder usw. als Luxusprobleme aus glücklichen Tagen anmuten. Defekte Straßen, geschlossene Bibliotheken und Schwimmbäder werden dann nicht nur im Ruhrgebiet, sondern überall anzutreffen sein. Es bedarf nicht viel Fantasie, um sich griechische und spanische Verhältnisse auch hierzulande vorzustellen.

Der Staatsrechtslehrer Prof. Hans Herbert von Arnim brachte anlässlich des Münchner Südkongresses der Zivilen Koalition am 2.5.2012 klar zum Ausdruck, was die jetzige „Euro-Rettungspolitik“ bedeutet, nämlich die Außerkraftsetzung unserer verfassungsmäßigen Ordnung. Dagegen hat jeder – verfassungsmäßig in Art. 20 Absatz 4 GG garantiert – das Recht, Widerstand zu leisten, so Prof. von Arnim.

Der Widerstand muss auf die Straße getragen werden. Nächste Gelegenheit: 16.06.2012 in Karlsruhe (12.00 Uhr/Marktplatz)
 

 

 

 

 

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