Respekt - Verbindung zwischen Fußball-Ausschreitungen und dem Massaker von Newtown

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Respekt - Verbindung zwischen Fußball-Ausschreitungen und dem Massaker von Newtown
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Respekt?  Wenn ja - vor wem und was?
 
Diese Frage stelle ich mir anläßlich der seit Jahren mit großem Medienaufwand betriebenen Fußballwerbefeldzügen der Fußballlobbyisten contra Rassismus und pro Respekt ebenso wie bei anderem menschlichem Fehlverhalten wie dem des aktuellen Massakers in Newtown, USA. Die Fußballkampagne hört sich auf den ersten Blick gut an und niemand könnte oberflächlich gesehen auf die Idee kommen, dahinter etwas Böses zu vermuten. Allerdings lohnt sich eine kritische Beleuchtung und Hinterfragung diese ach so menschenfreundlichen und selbstlosen Engagement der beteiligten Großverdiener und Profiteure.
 
Michel Platini, der Präsident der UEFA, meinte über die Bedeutung der Respekt-Kampagne - die Initiative zur sozialen Verantwortung der UEFA, die anlässlich der UEFA EURO 2008 vom UEFA-Präsidenten initiiert wurde und bis heute in allen Fußballstadien (siehe auch EU 2012 in Polen/Ukraine) fortgeführt wird: "Als Führungsinstanz des europäischen Fußballs hat die UEFA die Verantwortung, das Spiel und seine Anhänger zu schützen." und  "Mit ihrer Respekt-Kampagne unterstreicht sie ihr fortlaufendes Engagement im Kampf gegen jegliche Form von Diskriminierung, für barrierefreien Zugang für behinderte Fans, für eine gesunde Lebensweise durch körperliche Betätigung sowie für den interkulturellen Dialog zwischen Fans und Austragungsstädten."
 
So geht es doch bei dieser nach außen hin lauteren Kampagne kaum darum, daß sich einige Fanproleten beleidigender Äußerungen gegenüber dunkelhäutigen Kickern enthalten sollen oder das Werfen von Feuerwerkskörpern verhindert wird. Vielmehr wurde das Unterhaltungsphänomen Fußball als gute Basis dafür erkannt, politische Botschaften – ganz im Einvernehmen mit der politischen Elite - suggestiv an eine Massenbasis transportieren zu können, um als Ablenkungsmanöver für bürgerfeindliche politische Machenschaften ausgenutzt zu werden. 
 
Was allerdings für die Vereine, den DFB, die UEFA oder die FIFA hintergründig über allem thront, das ist Sorge um den kommerziellen Erfolg des weltumspannenden Fußballgeschäftes. Diese Art von Kampagnen sollen mit dem Vorwand der Gutmenschlichkeit letztlich nur dafür herhalten, daß das Image des Big Business in Gestalt des Fußballs nicht angekratzt wird. Jedenfalls wird durch die Heraufbeschwörung einer heilen Multi-Kulti-Welt sich nichts an den sozialen Grundlagen und Ungerechtigkeiten ändern, die die Basis für Intoleranz, mangelnden Respekt und Rassismus darstellen.
 
An dieser Stelle scheue ich mich nicht davor, das gewaltbereite Umfeld des Fußballs in Form von randalierenden und gewalttätigen Fans anzusprechen. Selbstverständlich kann ich dieses Verhalten nicht rechtfertigen, aber ich kann zumindest in Grenzen Verständnis aufbringen bzw. versuchen, eine Erklärung dafür zu finden. Denn mit Antifan-Gesetzen und empörten Aufrufen ist das Problem nicht aus der Welt zu schaffen. Könnte es nicht sein, daß diese Krawalle der „Fans“ sich nicht unmittelbar gegen den gegnerischen Verein wenden sondern ein Ausdruck sind von:
  • Wut gegen den Popanz und Instrumentalisierung des Fußballs, der Geschäftemacherei, Gegenreaktion auf die Rituale des Geldes und überzogener Gagen der Fußballstars?
  • allgemeiner psychologisch bedingter Zerstörungswut und Destruktion?
  • Frustration angesichts der in die Schieflage geratenen Gesellschaftsstruktur und der sozialen Ungerechtigkeiten?
  • somit ein Aufschrei nach Aufmerksamkeit abgehängter Schichten?
Diese Fragen sollte jeder für sich beantworten. Ich jedenfalls bin der Ansicht, daß an jedem der aufgeworfenen Punkte etwas dran ist, was aufgegriffen werden sollte. Denn mit Appellen, Gesetzen, Krokodilstränen, Verurteilungen und zum Alltag übergehen wird nicht ein einziges Problem gelöst, im Gegenteil: die Lage wird sich noch weiter verschlimmern.
 
Aber natürlich hat der moralische Aufruf nach Respekt noch ganz anderen Facetten als die von den Fußballverbänden in den Vordergrund gerückten. Die Forderung nach Respekt ist vielleicht das umfassendste menschliche Thema überhaupt, wobei der fußballerische Aspekt nur einen Randbereich streift.  Zunächst einmal möchte ich weitergehende Alternativen und Möglichkeiten vorstellen, vor denen Respekt angebracht ist, wie z. B.:
  • vor dem Leben allgemein, dem eigenen sowohl als auch dem der anderer
  • vor der Seele als übersinnlichem Teil des Lebens
  • vor der Würde des Menschen und der der Tiere
  • vor der Heiligkeit der Natur als Gesamtkunstwerk
  • vor Wundern oder wundersamen, erstaunlichen und geheimnisvollen Phänomenen
  • vor Schönheit und Ästhetik
  • vor anderer Meinungen und Weltauffassungen, einem anderen Glauben oder einer anderen Religionen
  • anderen Hautfarben, anderem Aussehen und Geschlecht
  • vor Kindern, Kranken, Minderheiten, Alten und Gebrechlichen
  • vor anderen Lebensgewohnheiten im Bereich von Kleidung, Vorgarten, Einrichtung, Musikgeschmack, Nahrungsaufnahme oder sonstigem Verhalten und Präferenzen vor Leistungen anderer Menschen, die tatsächlich einen Sinn haben und der Allgemeinheit dienen
  • vor wirklichen sachlichen Autoritäten, die von ihrer Persönlichkeit und ihren Handlungen her Anerkennung verdienen
Dem gegenüber sollten dann aber auch die Objekte genannt werden, gegenüber wir oftmals einen unangebrachten Respekt aufbringen, wie z. B.:
  • vor falschen Idolen und selbsterschaffenen Götzen(bildern)
  • vor irrationalen Autoritäten und Vorbildern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie anderen fragwürdigen Figuren
  • vor oberflächlichen Stars und Sternchen sowie millionenschweren Bubis in kurzen Hosen
  • vor Ideologien, Unwahrheiten, Lügen, falschen Werten und Göttern, fundamentalistischen Institutionen und nationalistischen Inhalten

 

Das Massaker von Newport

 

Nun der Übergang zu einem anderen Thema mit dem gleichen Inhalt, dem Massaker von Newport. Die nachfolgende Karikatur von Klaus Stuttmann bezieht sich zwar auf den kürzlichen Klimagipfel von Doha, aber die Aussagekraft und Symbolik des Bildes ist genau so auf den weltweit verbreiteten Wahnsinn von Krieg und Gewalt als auch auf die Thematik meines heutigen Beitrags anzuwenden:

 

© Klaus Stuttmann, Berlin

 

Wie schon weiter oben in dem Phänomen der gewalttätigen Fußballfans erwähnt, greifen wir bei Mißständen, Attentaten, Amokläufen und anderen kriminellen Hintergründen zu kurz, wenn wir nur auf die Tränendrüsen drücken und jammern. So wie Barack Obama nach dem aktuellen Massaker von Newtown (USA), als er sagte: 
 
„Wir müssen zusammen kommen und etwas tun, um Tragödien wie diese zu verhindern“
 
Mit dieser Bemerkung drückt Obama explizit seine Hilfflosigkeit aus. Er erwähnt in diesem Zusammenhang noch nicht einmal den fragwürdigen Waffenliberalismus. Wenn ich hämisch wäre, würde ich nun lachen. Aber die Sache ist zu ernst, um sich darüber lustig zu machen. Ich kann mich nur wiederholen und konsistieren, daß derartige Vorfälle, die sich mehren und deren Intervalle sich verkürzen nur durch Veränderung  der sozialen, wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und – vor allem der Wertebasis – verhindert oder vermindert werden können.
 
Eine absolute Konterkarierung der Situation ergibt sich durch die Reaktion eines Großteils der US-amerikanischen Öffentlichkeit und natürlich der Waffenlobby. Sie fordern doch tatsächlich zur Lösung der Misere eine noch liberalere Freigabepraxis von Waffen und die Ausrüstung der Lehrer mit denselben. Man stelle sich das einmal realistisch vor: Der Lehrer baut sich vor den Schülern mit einer MP auf den Lehrertisch auf und fordert seine Autorität mit Waffengewalt ein. Wirklich ein Horrorszenario.
 
Aber ich hätte da noch eine kleine  Anregung an die US-Regierung, wobei ich mich wundere, daß sie selbst noch nicht auf diese geniale Idee gekommen ist: Man könnte die Schulen und Unis doch gleich als reales Übungsfeld und Kampfdschungel für zukünftige GIs deklarieren. Damit könnte man die Schüler rechtzeitig mit den Härten des Lebens vertraut machen und ihnen eine militärische Frühausbildung anbieten, die sie schon im Kindes- und Jugendalter zu funktionierenden und systemtreuen Kampfmaschinen für den US-Impererialismus drillt. Schüler im Guerilla- und Häuserkampf Schüler gegen Schüler und Schüler gegen Lehrer. Das bringt doch ein bißchen Leben in den tristen Schulalltag    und mischt den trockenen theoretischen Unterrichtsstoff auf. Selbstverständlich liefert die Waffenlobby das nötige Spielmaterial kostenlos in Erwartung späterer Folgekäufe und Profite.
 
Nun jedoch weg von der Ironie und zum erforderlichen Ernst zurück. Diesem totalen US-Wahn- und Irrsinn liegt ein gesellschaftliches Schizophreniesymptom zugrunde. Die militanten Kräfte handeln so, als ob sie einen Brand damit löschen wollten, indem sie Öl ins Feuer gießen! Armes Amerika – wie bist Du auf den Hund gekommen!
 

Peter A. Weber

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Die wirklichen Ursachen von Gewalt in den USA

Die wirklichen Ursachen von Gewalt in den USA
 
Endlich einmal eine Medienstellungnahme, die im Hinblick auf das Massaker von Newtown nicht nur auf die Betroffenheitsmasche setzt und sich auf Forderungen nach restriktiveren Handhabungen des Waffengesetztes reduziert. Prof. Norman Birnbaum, selbst Amerikaner und politischer Insider, hat in der TAZ die wirklichen Fakten und Ursachen aufgezeigt, an denen die USA kranken. Die extrem hohe Gewaltkriminalität und Gewaltbereitschaft kommt nicht von ungefähr und hat eine lange Tradition, die bisher nur mit riesigem aber vergeblichem Aufwand in den Symptomen bekämpft wurde.
 
Seit den Tagen des Wilden Westens, in denen Lynchjustiz an der Tagesordnung war und jeder mit einer Waffe in der Hand glaubte, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen, hat sich anscheinend noch nicht viel geändert. Nach der fast geglückten Ausrottung der indigenen Einwohner Amerikas, der Indianer und der Büffel, hat man sich an die Farbigen, die Latinos oder die Chinesen gehalten, die Sklavenarbeit verrichten und sich dadurch am Aufbau der glorreichen Nation verdient machen durften. Anschließend waren es die unzähligen Länder der Welt, in denen sich die USA durch Krieg, Staatsterror, Unterstützung von Diktatoren, illegale Geheimdienstaktionen und Handelskrieg zu Lasten der Ärmsten, die unter dem pathologischen Verfolgungs- und Sicherheitswahn von God’s own Country leiden mußten. Man hatte sich Demokratie auf die Fahnen geschrieben und fühlte sich berechtigt, als Lehrmeister der Freiheit in aller Welt zu predigen und andere zu bevormunden. Die Taten jedoch, die bis heute die Praxis sind, stellen sich als angewandter militärischer und wirtschaftlicher Imperialismus dar.
 
Vor kurzem habe ich irgendwo einen Kommentar zur kulturellen Entwicklung in den USA gelesen, der lautete: " Es gibt kein anderes Land, in dem die kulturelle Evolution direkt von der Barbarei in die Dekadenz geführt hat, ohne daß eine kulturelle Blütezeit dazwischen geschaltet war." Dazu kann sich jeden seinen Teil selbst denken. 
 
Hier nun der  taz -Artikel, von dem ich den ersten Teil hier wiedergebe:
 
DAS MASSAKER VON NEWTOWN IST DAS ERGEBNIS EINER GEWALTKULTUR
 
Von Gewalt durchsetzt
 
- 17.12.2012  - Kommentar von Norman Birnbaum
 
1926 in New York geboren, lehrte als Professor für Soziologie an der Georgetown University und beriet Robert sowie Edward Kennedy. Er war Mitbegründer der New Left Review und arbeitet heute unter anderem für „The Nation“. Mitherausgeber der „Blätter für deutsche und internationale Politik“.
 
"Als am vergangenen Freitag das Massaker von Connecticut die Eilmeldungen bestimmte, lief gleichzeitig seit Tagen eine öffentliche Debatte über die Folter von Gefangenen, angestoßen durch den neuen Film „Zero Dark Thirty“ über die Tötung Osama bin Ladens.
Vielleicht ist das mehr als nur ein Zufall. Unsere Polizei hat schon lange Verdächtige beim Verhör gefoltert. In den Kriminalfilmen der 30er und 40er Jahre heißt das „der dritte Grad“. Unsere Polizeikräfte gehen mit den Bürgerrechten nicht zimperlich um. Bürgerrechtsorganisationen sind Vollzeit damit beschäftigt, um Entschädigungen für exzessive Polizeigewalt zu kämpfen. Indessen billigen die Gerichte der Polizei einen großen Interpretationsspielraum bei der Entscheidung darüber, was zulässig ist, zu. Gleiches gilt für die Häufigkeit, mit der die amerikanische Polizei zur Schusswaffe greift.
 
Von Feinden umzingelt
 
Allgemein wird das auf die Erfahrungen aus den Zeiten der Besiedlung zurückgeführt mit ihrer Selbstjustiz und dem Kampf gegen die Indianer. Diese Zeit ist mit Beginn des letzten Jahrhunderts von der Realität zur Erinnerung und schließlich zum Mythos geworden.
Mit dem Krieg gegen Mexiko von 1846 bis 1848 begann die militärische Expansion amerikanischer Macht, ging weiter mit dem Krieg gegen Spanien 1898 und schloss jede Menge Interventionen in Lateinamerika ein, genau wie unsere zu unserem Vorteil getimten Kriegseintritte in die zwei großen Kriege des 20. Jahrhunderts. Es folgten die Vorbereitung auf Atomkriege mit der alten Sowjetunion und China, Kriege in Korea, Vietnam, auf dem Balkan und im Mittleren Osten, die Stationierung von US-Truppen in so vielen Ländern, dass nicht einmal unsere Verteidigungsminister alle aufzählen können.
 
Geheimaktionen, die kaum geheim sind, die Organisation und Finanzierung von Kriegen durch Vasallen und Verbündete – wie etwa die Unterstützung des Irak gegen Iran – gehören schon so sehr zur Routine, dass jede Kritik daran völlig utopisch erscheint. Die Idee einer von Feinden umzingelten Nation entstand nicht am 11. September 2001, aber viele US-Amerikaner fanden sie an diesem Tag bestätigt.
 
Der Kampf gegen Gewaltkriminalität war immer und ist noch eine nur schlecht verschleierte Kampagne zur Kontrolle von Immigranten und Minderheiten. Eine perverse Interpretation des Zweiten Verfassungszusatzes – der das Waffentragen für öffentliche Zwecke wie lokale Milizen legitimierte – erlaubt es Privatpersonen, große Arsenale von Schusswaffen anzuhäufen. Es gibt in den USA genauso viele Waffen aller Art wie Einwohner: 300 Millionen. Eines der meistgenannten Motive für individuellen Waffenbesitz ist nicht etwa die Jagd, sondern der Schutz vor „Verbrechen“. Ergebnis ist ein riesiges Ausmaß häuslicher Gewalt. Der Mörder von Connecticut brachte erst seine Mutter mit deren eigenen Waffen um, bevor er sich zur Sandy Hook Elementary School aufmachte ..."
 
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Peter A. Weber
 
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