Suchen ohne Finden, Finden ohne Suche - Harmonie der Suche

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Martin Bartonitz
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Verbunden: 19.06.2013 - 18:50
Suchen ohne Finden, Finden ohne Suche - Harmonie der Suche
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Suchen ohne Finden, Finden ohne Suche - Harmonie der Suche


von Stefan Posselt


Dem Fortschritt sei Dank, ohne ihn gäbe es das Internet nicht und ohne das Internet gäbe es nicht die Möglichkeit zahlreiche Weltsichten, Ansichten, Meinungen, Theorien, gute und schlechte Ratschläge, Wahrheiten und Widerlegungen, Bilder, Geschichten, neue Kontakte, … zu finden und zu entdecken. Die verfügbare Informationsmenge explodiert exponentiell, das ganze Leben wird beschleunigt, wird oberflächlicher und tiefgründiger. Für jede Theorie und Anschauung finden sich Belege und Gegenargumente, kulturelle und historische Eigenheiten vermischen sich. Alles wird angezweifelt und bestätigt, millionenfach Wahrheiten propagiert und Lügen entlarvt.

Mit der gleichen Beschleunigung scheint die „Bewusstwerdung“ der Menschen voran zu schreiten, mehr und mehr Menschen folgen ihrer Intuition und stellen gewohnte Denk- und Lebensweisen auf den Prüfstand, erkennen neue Zusammenhänge und lösen alte auf. Ratgeber und „Gurus“ für bessere und erfüllte Leben, für mehr Erfolg oder weniger Stress und alle weiteren Facetten unseres täglichen Lebens oder der unsterblichen Seele geben Hilfestellung für jedes Problem oder verwirren durch widersprüchliche Denkweisen. Wie soll sich MENSCH da zurecht finden, seine Wahrheit(en) finden? Wie mit all den Informationen umgehen, die unbewusst auf einen einströmen oder die bewusst gesucht und gefunden werden können? Sich Treiben-Lassen mit den Strömungen oder aktiv auf die Suche gehen? Ist diese „Polarität der Suche“ eine andere Ausdrucksform der Frage des Lebens, kann MENSCH den „Sinn des Lebens“ finden oder wird er von ihm gefunden?


Treiben-lassen oder aktiv Wirken?

Die Ausdrucksformen der beiden „Pole der Suche“ sind Spiritualität (Sich-Treiben-Lassen) und Fortschritt (Aktive Suche nach Erkenntnis), die im Widerspruch zueinander stehen. Spiritualität verhindert Fortschritt und Fortschritt zerstört Spiritualität. Der spirituelle Mensch lässt sich treiben auf dem Fluss des Lebens, nimmt die Natur als gegeben und lebt im Einklang mit ihr. Immer mit der Hoffnung den Ozean („Erlösung“) eines Tages zu erreichen. Er wird die Hügel und Berge des Lebens (WISSEN) sehen und bestaunen, aber nicht erforschen. Das Bild eines spirituellen Menschen kann man sich als den Yogi vorstellen, der als Eremit im Einklang mit allem lebt. Der aktive Mensch wandert durch das Leben, ersteigt die Hügel und Berge oder durchschwimmt die Bäche und Flüsse. Er beginnt die Berge abzutragen, um zu sehen was darin verborgen ist, er baut Dämme in die Flüsse und versucht den „Ozean zu verstehen“ im Versuch, das Leben so zu bauen, wie es sein sollte. Wie man sich einen entwickelten aktiven Menschen vorstellen kann, beschreibt Dan Simmons in seinen Romanen „Olympos“, „Ilium“ oder „Hyperion“ („wissenschaftlich optimiert“ in selbst geschaffenen Umwelten). Wir können den Polaritäten des SEINS, wie z.B. in den „Streifzügen durch den Ring“ erläutert, eine weitere Polarität hinzufügen – Spiritualität/Fortschritt. Und genau wie bei anderen Polaritäten ist die Harmonie der Suche die Balance der Pole, der spirituelle Fortschritt oder die fortschrittliche Spiritualität. Beide Pole sind in uns Menschen veranlagt (die Veranlagung zum Fortschritt könnte ein/das Kriterium sein, welches den Mensch vom Tier unterscheidet, ein Bewusstsein kann und sollte den Tieren zuerkannt werden – aber das ist ein anderes Thema), die Balance zu wahren ist die Schwierigkeit. Über das Nicht-Vorhandensein auch dieser Balance braucht nicht weiter referiert zu werden….

Eine offene Frage bezüglich der Harmonie der Suche (oder auch der anderen Polaritäten) ist folgende: Wenn wir uns eine harmonische Welt vorstellen, eine Welt in Balance zwischen den Polen, ist dann die Balance in jedem Individuum vorhanden oder ist es mehr als eine „Gruppen-Balance“ zu sehen, eine Balance der Gesellschaft? Persönlich tendiere ich zur „Gruppen-Theorie“, da eine Gesellschaft aus durchweg harmonischen Menschen schwer vorstellbar ist. Andererseits hat es zu allen Zeiten verschieden „gepolte“ Menschen innerhalb der Gesellschaften gegeben, aber es hat bis heute nicht zu einer Balance gereicht.


Was ist mit dem Pendel?

Es scheinen sich viele Menschen, die sich mit den „Problemen der Welt“ befassen, darin einig zu sein, dass die natürliche Ordnung ihre Kräfte immer in Richtung des Gleichgewichts einsetzt, dass das Pendel sich wieder in die andere Richtung bewegen muss. Für „DIE MENSCHEN“ scheint es bestenfalls zwei Zukunftsoptionen zu geben, es zu nehmen wie es kommt oder aktiv im Prozess mitzuwirken. Aus zwei wesentlichen Gründen versuche ich “Option 2″ zu wählen, Angst und Verantwortung. Angst, weil Pendel die Eigenschaft haben, aus einem Ausschlags-Punkt nicht direkt in die Ruheposition zu fallen, sondern noch längere Zeit in beide Richtungen nachschwingen. Angst, weil die natürliche Ordnung ohne Emotionen und Rücksichten auf eine, unsere Spezies aufräumen wird. Und wofür? Vielleicht überleben die Menschen, und dann: same procedure every age? Verantwortung, weil ich meinen Kindern und deren Kindern und allen anderen nachfolgenden Menschen nicht einfach die gleiche Problematik hinterlassen möchte. Wir können von anderen Spezies (z.B. Wale, Elefanten) lernen und ein kollektives Gedächtnis entwickeln und weitergeben. Verantwortung, weil wir Menschen es waren, die das Pendel erst so weit haben ausschlagen lassen. Wir hatten die Energie, das Pendel soweit zu bewegen, also haben wir auch die Energie, das Pendel in seinen weiteren Bewegungen zu beeinflussen. Das Ohnmachtsempfinden des Einzelnen im Angesicht des Gesamtbildes – ein Pendel von der Größe des Universums hängt bedrohlich auf einer Seite – ist verständlich, aber die Erkenntnis, es waren auch Einzelne, die das Pendel dahin bewegt haben, kann einem Zutrauen geben: Ja, es kann gehen, wir brauchen das Pendel nur etwas zu bremsen!


Wie finden wir die Harmonie?

Wie könnte die Harmonie der Suche aussehen? Stellen wir uns eine indigene Gruppe vor, gern einen Stamm von Frühmenschen. In dieser Gruppe gibt es drei wesentliche Charaktere: die „Schamanen“, sie verkörpern das Spirituelle. Die „Denker“, das sind Diejenigen, die etwas verbessern wollen, die Wissen erwerben und nutzen, die neue Werkzeuge entwickeln, welche von der dritten Gruppe, den „Ernährern“ genutzt werden. Diese Gruppe sind diejenigen, die sich weniger einen Kopf um das eine wie das andere machen, die jagen und sammeln und einfach “leben” wollen (heutzutage gern als „Mainstream“ oder „Masse“ verunglimpft). Wenn wir diese Gruppe nun durch die Zeitalter schicken, wird sich eine Gesellschaft wie die unsere entwickeln. Damit die Harmonie der Suche gewahrt bliebe, müsste jede der drei Gruppen eine universelle Akzeptanz entwickeln. Die „Schamanen“ müssen den Fortschritt akzeptieren, die „Denker“ müssen die „Schamanen“ akzeptieren und die „Ernährer“ müssen akzeptieren, dass das was momentan vorhanden ist, genug ist. Ein Beispiel kann dies illustrieren.


Ein Harmonie-Beispiel

Der Denker geht zum Schamanen und erklärt ihm, dass er den Fluss anstauen möchte, weil man damit das Vieh besser tränken und die Felder bewässern kann. Der Schamane sagt, es geht nicht, du verstümmelst die Seele des Flusses. Also gräbt der Denker eine größere Grube, die durch den Fluss gefüllt wird, die „Ernährer“ können die Felder besser bewässern und der Fluss kann ungehindert weiter fließen. In heutiger Zeit könnte die Geschichte so aussehen: Du kannst das Wasserkraftwerk in diesem Fluss nur bauen, wenn du genug Wasser am Kraftwerk vorbei leiten kannst, so dass der Fluss genügend Wasser führt und sich seine in ihm wohnenden Lebewesen ungehindert bewegen können. Und die „Ernährer“ haben Strom um Werkzeuge zu betreiben.


Universelle Akzeptanz?

Was wir also tun könnten, ist die universelle Akzeptanz zu erkennen, zu leben und zu vermitteln. Jeder kann für sich selbst erkennen, ob er mehr der „Schamane“, „Denker“ oder „Ernährer“ ist (natürlich wird es mehr „Misch“- als „Reinformen“ geben) und die universelle Akzeptanz für sich selbst finden. Diejenigen, die sich zur „aktiven Option der MENSCHHEIT“ hingezogen fühlen, können mit ihren Mitmenschen über universelle Akzeptanz reden und diese mit entwickeln. Das geht vermutlich auch, ohne das „GROSSE GANZE“ vollständig und widerspruchsfrei erklären zu müssen. Das Schneeball-System wird auch „im GUTEN“ funktionieren. Es gibt zahllose Bücher und Webseiten, in denen Menschen sich mit „Problemen der Welt“ und/oder mit dem „GROSSEN GANZEN“  befassen und miteinander diskutieren. Zahllose Welterklärungstheorien oder konkrete Vorschläge zur „Verbesserung der Welt“ sind im Umlauf und jeder wird sich in einigen davon wiederfinden. Die universelle Akzeptanz ist bisher eher weniger zu erkennen, welches sich in zu vielen „Entweder-Oder“ Darstellungen oder gewichteten Gegenüberstellungen von Wahrheiten äußert. Könnte dies ein Beleg dafür sein, dass die universelle Akzeptanz nur ein Hirngespinst ist…?

(P.S. die Begrifflichkeit „universelle Akzeptanz“ trifft meine Wahrnehmung nicht 100%-ig, aber andere Begrifflichkeiten wie „universelle Toleranz“ oder „universelle Werte“ noch weniger, vielleicht findet sich noch eine bessere Beschreibung…)

Stefan Posselt

 



Quelle: dieser Beitrag wurde zuvor auf meinem Blog DER MENSCH - das faszinierende Wesen veröffentlicht > Artikel

Lesetip:


Titel: Abschied vom HOMO OECONIMCUS. Warum wir eine neue ökonomische Vernunft brauchen

Autor: Gunter Dueck – zur Webseite des Autors und weiteren Infos

Verlag: Eichborn Verlag, gebunden und als Ebook


 

Bildquellen:


1. Teile einer "Karte" des Internets, basierend auf Daten von opte am 15.01.2005. Jede Linie beschreibt zwei Knotenpunkte, welche zwei IP-Adressen repräsentieren. Die Länge der Linien beschreibt die Verzögerung zwischen den Knotenpunkten. Autor: The Opte Project Quelle: Wikipedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung 2.5 US-amerikanisch (nicht portiert) lizenziert.

2. Darstellung der Charakteranlagen und Fähigkeiten. Foto: scanned by de:Benutzer:Summi. Quelle: Friedrich Eduard Bilz (1842–1922): Das neue Naturheilverfahren (75. Jubiläumsausgabe), 1894. Gefunden bei Wikimedia Commons. Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.

3. Der Denker. Foto: Alwin Gasser. Quelle: Pixelio.de

4. Mann auf Karton sitzend, über die Zukunft nachdenkend. Foto: Bernd Kasper. Quelle: Pixelio.de