Tauschring - Instrument zur sozialen Stadtentwicklung

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Tauschring - Instrument zur sozialen Stadtentwicklung
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Tauschring - Instrument zur sozialen Stadtentwicklung


"Tausche Marmeladekochen gegen Fensterputzen, Babysitting gegen Fachbücher, Umgraben gegen Mathe-Nachhilfe" - so oder ähnlich läuft es ab in einem Tauschring. Ein Tauschring ist organisierte Nachbarschaftshilfe. Tauschringe können gezielt eingesetzt werden, um Stadtteile oder Gemeinden aufzuwerten und zu beleben. Denn sie sorgen nicht nur dafür, daß Fahrräder oder Regale repariert werden oder neue Besitzer finden, sondern auch, daß sich Menschen treffen und Gemeinschaft entsteht. Hier liegt das große Potential der Tauschringe, welches sie eigentlich zum Standardwerkzeug in jeder Kommune machen sollte, um die Bewohner miteinander in Kontakt zu bringen und die Gemeinde oder den Stadtteil zu beleben.

Wie funktioniert das Tauschen?

Moderne Tauschringe benötigen drei Komponenten:

  • einem Marktplatz, in dem Angebote und Gesuche veröffentlicht werden
  • einem Verrechnungssystem, um neben dem Direkt-Tausch auch über zwei Ecken und zeitversetzt tauschen zu können
  • Treffen von Teilnehmern und Interessierten

Marktplatz und Verrechnungssystem werden heutzutage meist durch den Einsatz von Software im Internet realisiert. Dort können die Teilnehmer eintragen, welche Dinge oder Leistungen sie suchen oder anbieten. Dort findet auch die Verrechnung statt, indem jeder Teilnehmer auf ein Punktekonto zugreift, von dem aus er empfangene Leistungen durch die Übertragung von "Punkten" oder "Talenten" vergüten kann oder sich selbsterbrachte Leistungen gutschreiben lassen kann. Eine Liste aller Angebote und Gesuche kann in Form einer Marktzeitung ausgedruckt werden und die Verrechnung der Punkte kann auch über Verrechnungsblätter erfolgen. Dadurch sind auch Nicht-Computernutzer in der Lage, am System teilzunehmen. Die Treffen dienen dem persönlichen Kennenlernen, dem direkten Austausch auch über die Software-Plattform und den Tausch-Akt hinaus. Sie können mit Vorträgen angereichert oder als Markttag gestaltet werden.

Die sozialen Effekte

Obwohl ein Tauschring oberflächlich nach wirtschaftlichen Aktivitäten aussieht, zeigt die Erfahrung, daß es sich in erster Linie um ein soziales Werkzeug handelt. Die ökonomische Seite des Tauschens rückt in den Hintergrund, wenn man die sozialen Effekte betrachtet. Diese bestehen insbesondere darin, daß unterschiedliche Schichten von Menschen durch den Akt des Tauschens aufeinandertreffen:

  • jung & alt
  • Mütter, Väter & Kinder
  • Akademiker, Arbeiter & Arbeitslose

Der Marktplatz des Tauschringes zeigt, wer wo in der Gemeinde was zu bieten hat oder sucht. Jedes Gesuch und jedes Angebot ist die Aufforderung, miteinander in Kontakt zu treten. Durch die geografische Nähe der Teilnehmer in einer Gemeinde ist die Hürde relativ klein, zum Telefon zu greifen, sich tatsächlich zu treffen und die Waren oder Leistungen auszutauschen. Dadurch kommen Menschen miteinander in Kontakt, die dies ansonsten nicht tun würden, weil sie durch ihr eigenes soziales Umfeld oder ihre Interessen oft weit voneinander entfernt sind. Ein Tauschring setzt über den schon fast spielerischen Tausch der eigenen Talente Impulse, die Menschen einer Gemeinde enger zu vernetzen. Dadurch verdichtet sich das soziale Netzwerk, neue Bekanntschaften entstehen, neues Vertrauen entsteht und jeder Einzelne fühlt sich noch besser in der Gemeinschaft verankert.

Einsatz, Bereiche und Träger


Ein Einsatz eines Tauschrings ist dort möglich, wo schon Gemeinschaft existiert und sie ausgeweitet werden soll oder dort, wo Gemeinschaft entstehen soll und nach neuen Ansätzen gesucht wird, dies zu realisieren. In Gemeinden und Stadtteilen sind Tauschringe insbesondere nutzbar für und anschiebbar durch:

  • Vereine und soziale Projekte, die ihr Arbeitsfeld erweitern oder ihre Akteure intensiver miteinander vernetzen wollen
  • Wohnungsgenossenschaften, die ihren Mietern/Genossenschaftlern über den reinen Wohnraum hinaus soziale Aktivitäten anbieten und dadurch Mitglieder- und Umfeldpflege betreiben wollen
  • Stadt-/Gemeindeverwaltungen sowie Stadtteil- und Quartiersmanager, die das Sozialleben in einzelnen Stadtteilen oder der ganzen Kommune beleben wollen
  • Kirchgemeinden, die die Bindungen zwischen ihren Mitgliedern intensivieren oder ihr Wirkungsfeld erweitern wollen
  • Mehrgenerationenhäuser, um junge und alte Menschen miteinander zu verbinden
  • Letztlich sind Tauschringe für jede Gruppe oder Institution interessant, die sich ein stärkeres Miteinander von Menschen wünschen und die Vernetzungen und Verbindungen zwischen den Menschen verstärken wollen.

 

Aufwand & Kosten

Tauschringe sind ein vergleichsweise kostengünstiges Instrument, wenn die Teilnehmer zur Selbstorganisation aufgerufen werden und die Werkzeuge so ausgelegt werden, daß Selbstorganisation möglich wird. Notwendig zum Aufbau und Betrieb eines Tauschringes sind:

  • ein Träger und zentraler Ansprechpartner, der als Kopf des Systems fungiert
  • die Tauschring-Software
  • Einführungsveranstaltungen - andockbar an soziale oder kulturelle Projekte, die dieses Angebot mit bewerben und helfen, einen Kern an Tauschringnutzern zu formen
  • Einführung in die Nutzung des Tauschrings für Neulinge sowie Zugang-Schaffung für jene, die keinen Internetzugang oder mit der Technik Probleme haben
  • Wir beraten Sie gern zum Einsatz von Tauschringen in ihrem Projekt/in ihrer Kommune.


Ihr Ansprechpartner: Dipl. Wirt.-Inf. Norbert Rost