Wir sind mitten im Teufelskreis der sieben Todsünden

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Wir sind mitten im Teufelskreis der sieben Todsünden
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Wir sind mitten im Teufelskreis der sieben Todsünden

Die sieben Todsünden und die Geschichte

Von Gerhard Mersmann | Forum-M7.com

Wem sind sie noch präsent? Die sieben Todsünden? Neid, Völlerei, Habgier, Wollust, Hochmut, Trägheit und Zorn! Da die Legitimation unseres Daseins sich nur noch subkutan auf die christlich-abendländische Ethik bezieht, würde kaum noch jemand auf die Idee kommen, sich bei dem, was uns an menschlichen Handlungen umgibt, auf diese Liste Bezug zu nehmen. Obwohl, das leuchtet bei der bloßen Lektüre sofort ein, es genügend Anlässe gibt, um menschliches, zeitgenössisches Handeln unter dem Aspekt dieser sieben Todsünden auf den Index zu setzen:

• Neid – Kein Tag vergeht, ohne dass diese Regung spürbar würde. 

• Völlerei – Nur ein Blick auf die Werbung macht deutlich, dass es als schick gilt, dieser Sünde zu frönen. 

• Habgier – Muss darauf überhaupt geantwortet werden? Ist es nicht das Prinzip, das alles leitet? 

• Wollust – Ob ihre Befriedigung tatsächlich gelingt, sei einmal dahin gestellt. An sie appelliert wird unablässig. 

• Hochmut – Geschenkt, überall präsent. 

• Trägheit – Gilt als erstrebenswert und sie zu pflegen, gelingt nur den Privilegierten. 

• Zorn – Durchaus vorhanden, aber, im Gegensatz zu den anderen Todsünden zumindest kein Massenphänomen. An ihn wird gerne appelliert, aber er scheint sich nicht in der spätkapitalistischen Postmoderne so etabliert zu haben wie die anderen sechs ethischen Frevel.

Vielleicht ist der Zorn jedoch die Regung, die sich der Modernität durch eine Mutation perfekt angepasst hat. Es ist die Rachsucht. Sie geht weiter als der spontane Zorn, denn ohne eine meistens vielleicht auch langfristige Berechnung ist sie nicht zu haben. Welthistorisch gesehen ist das Phänomen zur Zeit hochaktuell. Die Demütigung von Nationen nach Niederlagen, die sie nicht selten selbst zu verantworten hatten, führt ziemlich sicher zu einer geballten Form der Ranküne [das Verfolgen von Rache aus erlittenem Schaden; H.S.]. 

Zorn - eine der 7 Todsünden (1904). Radierung von James Ensor.

Zorn_Jaehzorn_Ira_Satan_Echauffierung_Empoertheit_Entruestung_Erbostheit_Groll_Scheisswut_Stinkwut_Todsuende_Todsuenden_Rache_Rachsucht_Rachegefuehle_Rankuene_Kritisches-Netzwerk

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Es dauert in der Regel zwei bis drei Jahrzehnte, bis die nach der Niederlage Geschmähten zurückschlagen. Historiker nennen das Phänomen Revisionismus. So verhielt es sich mit Deutschland nach der Niederlage im I. Weltkrieg und den heute so genannten Pariser Vorortverträgen (früher schlicht nach Versailles benannt), in denen der einstigen Großmacht demütigende Bedingungen zugemutet wurden.

Die Reaktion kam mit dem Faschismus. Und so verhielt es sich mit Russland, das 1990 als Sowjetunion unterging und alles zu akzeptieren hatte, was die Ramponierung einer russischen Identität beinhaltete. Die Antwort darauf erhielt die Welt im Februar 2022. 

Habsucht - eine der 7 Todsünden (1904). Radierung von James Ensor.

Habsucht_Raffgier_Raffsucht_Raffke_Geldgier_Besitzstreben_Todsuende_Todsuenden_James_Ensor_Egoismus_Gewinnsucht_Masslosigkeit_Unersaettlichkeit_Neid_Pleonexie_Kritisches-Netzwerk

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Wie gesagt, Historiker haben auf derartige Zusammenhänge aufmerksam gemacht. Das konkret handelnde politische Personal hat das Wissen um das mögliche Entstehen von Rankünegedanken nicht auf dem Schirm. Das Unrecht des Moments bedeutet alles, die historische Demütigung hingegen nichts. Sie wird und wurde stets vom Tisch gewischt. Auf allen Seiten! 

Um auf die sieben Todsünden, die unseren Alltag in hohem Maße bestimmen, zurückzukommen: Das Auftauchen des Zorns in Form von Rachegefühlen ist nicht selten das Ergebnis von Hochmut auf der Gegenseite. Und, betrachtet man den Zusammenhang, dann sind wir mitten im Teufelskreis der sieben Todsünden. Alles hängt miteinander zusammen und das eine bedingt das andere. Ohne Habgier kein Neid, ohne Wollust keine Völlerei und keine Trägheit. Und ohne Hochmut kein Zorn. 

Der Tod beherrscht die 7 Todsünden (1904). Radierung von James Ensor.

Tod_beherrscht_Todsuenden_Todsuende_Death_Dominating_Deadly_Sins_Radierung_James_Ensor_Neid_Voellerei_Habgier_Wollust_Hochmut_Traegheit_Zorn_Kritisches-Netzwerk

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Hätten wir es mit einem ethischen Diskurs zu tun, dann müssten wir uns mit diesen Wechselwirkungen auseinandersetzen und dürften nicht, auf hohem Ross sitzend, hochmütig wie die Königin der Todsünden, über alles urteilen, was unter dem Blick der Auserwählten kreucht und fleucht. Ja, sind wir ehrlich, es ist beschämend. Und die Scham wäre vielleicht auch das erste Mittel, zur Linderung der Sünden. 

Gerhard Mersmann
________________

Ergänzungen von Helmut Schnug - bitte weiterlesen:

“Deutschland ist das einzige Land der Welt, 
in dem der Neid stärker ausgeprägt ist als der Geschlechtstrieb.” 

Stephan Reimertz (1962), deutscher Kunsthistoriker und Romancier
   
“Unter den sieben Todsünden ist der Neid die einzige, 
die überhaupt keinen Spaß macht.” 

Joseph Epstein (1937–1944), US-amerik. Autor, Essayist und Hochschullehrer
   
“Der Neider glaubt besser zu sein, wenn er andere schlechter macht.”
Stefan M. Gergely (1950), österreichischer Journalist und Sachbuchautor
   
“Nichts genügt demjenigen, dem das, was genügt, zu wenig ist.” 
Epikur, griechischer Philosoph, (* um 341 v. Chr. auf Samos; † 271 oder 270 v. Chr. in Athen)
   
“Es ist gut wenn man habgierig ist. Ich möchte sogar behaupten, dass es gesund ist, 
habgierig zu sein. Du kannst gierig sein und dich dabei gut fühlen.” 

Ivan F. Boesky, US-amerik. Börsenspekulat,  (* 1937 in Detroit, Michigan; † 2024 in La Jolla, Kalifornien)
   
“Mache Geld, mache mehr Geld, mache, dass Leute mehr Geld machen!”  
L. Ron Hubbard, Autor und Scientology-Gründer, (* 1911 in Tilden, Nebraska; † 1986 in San Luis Obispo, Kalifornien) 
    
“Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.”  
Mahatma Gandhi, (* 1869 in Porbandar, Gujarat; † 30. Januar 1948 in Neu-Delhi, Delhi)
   
“Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge.”  
Wilhelm Busch, Dichter und Zeichner, (* 1832 in Wiedensahl; † 1908 in Mechtshausen)
    
“Habgier im Alter ist eine Narrheit. Vergrößert man denn seinen 
Reiseproviant, wenn man sich dem Ziel nähert?” 
 
Marcus Tillius Cicero, Philosoph, Politiker, Anwalt, Schriftsteller, (* 106 v. Chr. in Arpinum; † 43 v. Chr. bei Formiae)
    
“Der Reichtum gleicht dem Seewasser: 
Je mehr man davon trinkt, desto durstiger wird man.”

Arthur Schopenhauer, Philosoph und Hochschullehrer, (* 1788 in Danzig; † 1860 in Frankfurt am Main)
    
“Wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt.”
Arthur Schopenhauer, Philosoph und Hochschullehrer, (* 1788 in Danzig; † 1860 in Frankfurt am Main)
    
“Die Begehrlichkeit kenn keine Schranke, nur Steigerung.”
Lucius Annaeus Seneca, Philosoph, Politker, Stoiker, (* etwa im Jahre 1 in Corduba; † 65 n. Chr. in der Nähe Roms)
    
“Geld ist die einzige Macht, vor der die gesamte Menschheit auf die Knie fällt.”
Samuel Butler, Schriftsteller, Komponist, Gelehrter  (* 1835 in Langar bei Bingham, Nottinghamshire; † 1902 in London)
    
“Die Leidenschaft des Geldmachens beherrscht alle anderen Leidenschaften.”
Alexis de Tocqueville, frz. Publizist, Politiker, Historiker, (* 1805 in Verneuil-sur-Seine; † 1859 in Cannes)
    
“Wenn's um Geld geht, gibt’s nur ein Schlagwort: "Mehr!"”
André Kostolany, Journalit, Schriftsteller, (* 1906 in Budapest, Österreich-Ungarn als Endre Kosztolányi; † 1999 in Paris)
    
“Sich mit wenigem begnügen ist schwer, sich mit vielem begnügen unmöglich”
Marie von Ebner-Eschenbach, österr. Schriftstellerin und Freifrau, (* 1830 in Mähren; † 12. März 1916 in Wien)
    
“Menschen sind Säugetiere. Jeder saugt den andern aus.”
Gerhard Uhlenbruck, Immunologe und Aphoristiker, (* 1929 in Köln; †  2023)
    
“Geld ist nichts. Aber viel Geld, das ist etwas anderes.”
George Bernard Shaw, Dramatiker, Politiker, Satiriker, Musikkritiker,
(* 1856 in Dublin, Irland; † 1950 in Ayot Saint Lawrence, England)

♦ ♦ ♦ ♦

Ein kleiner Dialog zwischen den 7 Todsünden, in dieser Reihenfolge:

Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut): 
“Bin ich es, der den Mensch beherrscht, in Hochmut getränkt?”

Geiz (Habgier, Habsucht): 
“Oder habe ich den Mensch durch Geiz gelenkt?”

Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren, Unkeuschheit): 
“Nein, dass kann nicht sein, die Lust zum Wollen, ist nicht verschollen!”

Zorn (Jähzorn, Wut, Rachsucht): 
“Ich bin es, der den Mensch regiert, ihr werdet mir Vergeltung schon zollen!”

Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Selbstsucht): 
“Doch wer, der trägt die Sucht nach sich selbst….”

[Neid unterbricht Völlerei]

Neid (Eifersucht, Missgunst): 
“Ist dem Neid nicht Wert, oder sehe ich das verkehrt?”

Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Überdruss, Trägheit des Herzens): 
“Bin ich denn träge, wenn ich nur in meinem Bett rumläge?“

Alle zusammen: 
“Heil dem, der uns verehrt!!“
(-Dialog-Gedicht von Prinz V., Netzfund)

♦ ♦ ♦ ♦

Die 7 Todsünden werden oft durch spezifische Symbole o. Tiermetaphern dargestellt:

Hochmut (Superbia): Pfau, Adler, König
Habgier (Avaritia): Fuchs, Geizhals, Schlange
(manchmal)
Wollust (Luxuria): Ziege, Stier, Affe (manchmal)
Zorn (Ira): Wolf, Löwe, Drache
Völlerei (Gula): Schwein, dicker Mann, Bär
(manchmal)
Neid (Invidia): Schlange, Hund, Krähe
Faulheit (Acedia): Esel, Schnecke, Faultier
(manchmal)

♦ ♦ ♦ ♦

7 Fürsten der Todsünden

Die 7 Fürsten der Todsünden sind sieben sehr mächtige und hochrangige Dämonen, die jeweils besonders zu einer Todsünde versuchen und neben den 7 Prinzen der Hölle und den 4 Königen der Hölle die größte Machtposition einnehmen. Schon damals wurden den Hauptlastern bestimmte Dämonen zugeordnet. Am weitesten verbreitet sind jedoch die Zuordnungen des Peter Binsfeld aus dem 16. Jahrhundert. Er ordnet Luzifer den Hochmut, Mammon den Geiz, Leviathan den Neid, Satan den Zorn, Asmodeus die Wollust, Beelzebub die Völlerei und Belphegor die Faulheit zu.

Es folgt eine Auflistung aller 7 Fürsten der Todsünden. >> bitte hier weiterlesen.

Mammon and His Slave - Mammon und sein Sklave

Mammon_und_sein_Sklave_slave_Great_Demon_of_Greed_Gier_Habgier_Habsucht_Geldgier_Geldsystem_Geldabhaengigkeit_Unterwerfung_Geldmacht_Kritisches-Netzwerk


► Quelle: Dieser Beitrag wurde am 30. Juli 2025 erstveröffentlicht auf https://form-7.com/ >> Artikel. Eigentümer, Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich ist Gerhard Mersmann.

ACHTUNG: Die Bilder, Grafiken, Illustrationen und Karikaturen sind nicht Bestandteil der Originalveröffentlichung und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten folgende Kriterien oder Lizenzen, siehe weiter unten. Grünfärbung von Zitaten im Artikel und einige zusätzliche Verlinkungen wurden ebenfalls von H.S. als Anreicherung gesetzt, ebenso die Komposition der Haupt- und Unterüberschrift(en) geändert.

► Bild- und Grafikquellen:

1.  ZORN - Radierung von James Ensor. Die sieben Todsünden, Zorn (1904), Radierung, 9,8 x 15 cm, Königliche Bibliothek von Belgien, Brüssel. Quelle: Wikimedia Commons. Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.  

James Sidney Édouard Ensor (* 13. April 1860 in Ostende; † 19. November 1949 ebenda) war ein belgischer Maler, Grafiker und Zeichner. Ensors Werk ist inhaltlich und stilistisch ausgesprochen vielseitig. Teile lassen sich dem Symbolismus zurechnen oder als Vorgriff von Expressionismus und Surrealismus verstehen. Über seine Karriere hinweg schuf er Landschaftsmalerei, Interieurmalerei, Stillleben und Selbstbildnisse. Religiöse Motive und Karikaturen verband er mit autobiografischen Bezügen. Bekannt wurde er insbesondere durch den Einsatz von fantastischen Elementen wie Masken und Skeletten, der ihm auch den Beinamen „Maler der Masken“ eintrug.

2. HABSUCHT - Radierung von James Ensor. Die sieben Todsünden, Habsucht (1904), Radierung, 9,8 x 15 cm, Königliche Bibliothek von Belgien, Brüssel. Quelle: Wikimedia Commons. Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.

Habgier, Raffgier, Habsucht oder Raffsucht ist das übersteigerte Streben nach materiellem Besitz, unabhängig von dessen Nutzen, und eng verwandt mit dem Geiz, der übertriebenen Sparsamkeit und dem Unwillen zu teilen. Habgier ist dem Egoismus, der Eifersucht und dem Neid verwandt. Im Katholizismus gehört die Avaritia, der Geiz, die Habsucht, als zweite zu den sieben Hauptlastern oder -sünden, die als die Wurzeln von Todsünden betrachtet werden. 

3. Der Tod beherrscht die Todsünden - Radierung von James Ensor, 1904.  Radierung, 9 x 14 cm, Königliche Bibliothek von Belgien, Brüssel. Quelle: Wikimedia Commons. Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.  

4. Mammon and His Slave - Mammon und sein Sklave. Artwork by Sascha Schneider (* 21. September 1870 in Sankt Petersburg; † 18. August 1927 in Świnoujście / dt. Swinemünde; eigentlich Rudolph Karl Alexander Schneider); created 1896, wood engraving, published by Johann Jacob Weber, Leipzig, 9.44 x 12.59 in. Collection of Hans-Gerd Röder. Quelle u.a. auf Wikimedia Commons. Der Urheber dieses Werks ist 1927 gestorben; es ist daher gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 95 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.

Mammon ist ein aus dem Aramäischen entlehnter Begriff, der ursprünglich „Besitz“ oder „Vermögen“ bedeutet. Das Wort wird in der Bibel von Jesus Christus verwendet und erhält dabei eine eher negative Deutung. Heute wird mit dem Begriff abschätzig das Geld im Allgemeinen bezeichnet („schnöder Mammon“). >> weiter.