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Lobbyreport 2024: Großer Fortschritt bei Lobbyregeln … und was die Ampel noch tun müsste

14. März 2024 - 11:00

Unter dem Druck der Lobbyskandale der vorigen Wahlperiode hat die Ampel viele neue Lobbyismus-Regeln auf den Weg gebracht.

Die Ampel-Koalition hat viele Vorhaben aufgeholt, die jahrzehntelang versäumt wurden. Trotzdem bleiben gravierende Missstände, die behoben werden müssen, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu stärken.

In unserem neuen Lobbyreport 2024 zeigen wir, wie diese neuen Regeln wirken: Verschärfungen beim Lobbyregister, bei der Parteienfinanzierung, bei Seitenwechseln oder gegen Korruption von Abgeordneten.

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In der vorherigen Legislaturperiode bis 2021 fügten eine Reihe von Lobby- und Korruptionsskandalen dem Vertrauen in die Politik und dem Ansehen des Bundestags schweren Schaden zu: Mehrere Unionsabgeordnete nutzten ihre Stellung, um sich private wirtschaftliche Vorteile durch Maskendeals mit Ministerien zu verschaffen, während Millionen Menschen aufgrund der Corona-Pandemie um ihre Jobs bangten oder in Kurzarbeit steckten. Zugleich wurden weitere Ermittlungen gegen Bundestagsabgeordnete im Zusammenhang mit Schmiergeldern aus Aserbaidschan bekannt.

Das verlangte nach einer entschiedenen Antwort der Politik, einem klaren Zeichen gegen Korruption sowie Maßnahmen zur Stärkung von Transparenz und Integrität in der Politik insgesamt. Unter dem Druck der Maskendeal- und Aserbaidschanaffären stimmte die Union 2021, kurz vor Ende der Wahlperiode, einem gesetzlich verpflichtenden Lobbyregister sowie einer umfassenden Verschärfung der Regeln für Bundestagsabgeordnete zu.

Doch sowohl in diesen beiden Bereichen als auch darüber hinaus, etwa bei der Parteienfinanzierung oder der Transparenz bei der Gesetzgebung, bestand weiter Handlungsbedarf. Da neben der SPD auch Grüne und FDP im Wahlkampf solche weitergehenden Schritte forderten, trat die Ampelkoalition in Sachen Transparenz und Lobbykontrolle Ende 2021 durchaus entschlossen und engagiert an.

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Der Koalitionsvertrag enthält dementsprechend Vorhaben in beinahe allen in diesem Lobbyreport betrachteten Feldern: von der Verschärfung des Lobbyregisters und dessen Ergänzung um eine Lobby-Fußspur für Gesetze über neue Regeln für die Parteien- und Wahlkampffinanzierung bis hin zur Reform des Strafgesetzes, um wirksam gegen Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit vorzugehen.

Die Bilanz der Ampelkoalition bei der Umsetzung der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag kann sich insgesamt durchaus sehen lassen: Alle angekündigten Vorhaben wurden entweder bereits umgesetzt oder befinden sich kurz vor der Verabschiedung. Die Ampelkoalition hat damit im Bereich Transparenz und Lobbyregulierung mehr vorangebracht als ihre Vorgänger. Dennoch bleiben gravierende Lücken und Missstände bestehen: Insbesondere mangelt es an einer effektiven Kontrolle und Durchsetzung der bestehenden Regeln, und zwar in allen hier betrachteten Bereichen. Große Defizite bestehen nach wie vor im Bereich der Parteienfinanzierung insbesondere durch die fehlende Höchstgrenze für Spenden und Sponsoring.

Zudem wurden in dieser Legislaturperiode die mangelhaften Regeln und Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten in den Ministerien besonders deutlich. Aber auch bei den umgesetzten Vorhaben blieb die Ampel zum Teil hinter ihren eigenen Ambitionen zurück. Zufrieden zurücklehnen kann sich die Koalition daher in keinem der betrachteten Bereiche.

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Unsere Bewertung der einzelnen Regelungsfelder im Vergleich zum Lobbyreport 2021

→ ROT: Großer Handlungsbedarf, die bestehende Regelung ist mangelhaft oder eine Regelung ist nicht vorhanden.
→ GELB: Es existieren unzureichende Regelungen, die verbesserungsbedürftig sind.
→ GRÜN: Aktuell kein Handlungsbedarf, eine angemessene Regelung wurde umgesetzt.

Transparenz der Interessenvertretung – Lobbyregister

Bei der Reform des erst Anfang 2022 eingeführten Lobbyregisters hat die Ampel an vielen Stellschrauben gedreht und in wesentlichen Punkten Verbesserungen erzielt. Lobbyist:innen müssen nun wesentlich umfangreicher Auskunft geben, worauf ihre Lobbyarbeit zielt, wie sie sich finanzieren und wer wen in welchem Umfang mit Lobbyarbeit beauftragt. Damit schließt Deutschland in Sachen Lobbyregister auch im europäischen Vergleich zur Spitzengruppe auf. Weiter bestehende Ausnahmen für einige Akteure wie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften bleiben aber problematisch.

→ Bei der Transparenz der Interessenvertretung springt unsere Bewertungsampel von Gelb auf Grün-Gelb.

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Die Bundesregierung beschloss Anfang März 2024 endlich eine Regelung für eine Lobby-Fußspur für Gesetze und setzte damit ein weiteres Vorhaben des Koalitionsvertrags um. Der Beschluss weist in die richtige Richtung, bleibt aber zugleich klar hinter unseren Erwartungen zurück. Die neue Regelung lässt den Ministerien viel Spielraum dabei, welche Angaben sie zum Einfluss von Lobbyist:innen tatsächlich machen müssen.

→ Auf Grund der neu eingeführten, aber nicht ausreichenden Regelung springt unsere Bewertungsampel von Rot auf Gelb.

Seitenwechsel – Karenzzeitgesetz

Beim Wechsel aus der Politik in Tätigkeiten bei Verbänden und Unternehmen kann es zu Interessenkonflikten kommen. Während die zu schwachen Karenzzeitregeln für Mitglieder der Bundesregierung unverändert blieben, hat die Ampel die Regeln für Seitenwechsel von hochrangigen Beamt:innen verschärft und damit Teile unserer Forderungen umgesetzt.

→ Dank der verschärften Regeln bei Seitenwechseln von politischen Beamten verbessert sich unsere Bewertungsampel von Gelb auf Grün-Gelb.

Parteien- und Wahlkampffinanzierung

Die Reform des Parteiengesetzes Ende 2023 ist ein großer Fortschritt. Parteien stehen künftig erstmalig in der Pflicht, Einnahmen aus Sponsoring offenzulegen. Ebenso gibt es erstmalig eine Regelung für Wahlwerbeaktionen zugunsten einer Partei durch Dritte. Die Transparenz bei Parteispenden wurde dagegen nur marginal erhöht und ein Deckel für die maximale Zuwendungshöhe noch nicht einmal debattiert. Zudem bestehen auch hier Umsetzungsdefizite.

→ Unsere Bewertungsampel springt aufgrund der bedeutsamen, aber nicht ausreichenden Fortschritte von Rot nur auf Gelb.

Abgeordnetenregeln

Nachdem die Große Koalition 2021 das Abgeordnetengesetz verschärfte, wurden in dieser Wahlperiode die Auswirkungen der Reform sichtbar. Neben positiven Effekten wurden jedoch auch Defizite bei der Umsetzung und Schwächen der neuen Regeln deutlich. Zur Reform des Strafgesetzes gegen Abgeordnetenbestechung legte die Ampel einen Gesetzentwurf vor.

→ Unsere Bewertungsampel bleibt auf Grund weiter bestehender Defizite in den Abgeordnetenregeln bei Grün-Gelb.

Interessenkonflikte in den Bundesministerien

Der Umgang mit Interessenkonflikten in den Bundesministerien gelangte durch eine Reihe prominenter Fälle auf die mediale und politische Agenda. Obwohl Vertreter:innen der Ampelkoalition Reformen ankündigten, sind diese nach unseren Informationen noch nicht in Gang gekommen.


→ Unsere Bewertungsampel steht auf Rot: Die bisherigen Regelungen und Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten reichen keineswegs.

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Kategorien: Externe Ticker

Lobbyreport 2024: Großer Fortschritt bei Lobbyregeln … und was die Ampel noch tun müsste

14. März 2024 - 11:00

Unter dem Druck der Lobbyskandale der vorigen Wahlperiode hat die Ampelkoalition viele neue Regeln für Lobbyismus auf den Weg gebracht. Der neue Lobbyreport 2024, den LobbyControl heute vorgestellt hat, zeigt den Fortschritt und wie die neuen Regeln wirken: Verschärfungen beim Lobbyregister, der Parteienfinanzierung, Seitenwechseln oder gegen Korruption von Abgeordneten.

Nach gut zwei Jahren hat die Ampel damit viele Vorhaben aufgeholt, die jahrzehntelang versäumt wurden. Trotzdem bleiben gravierende Missstände, die behoben werden müssen, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu stärken.

Deutschland endlich auf dem Weg zu zeitgemäßen Lobbyregeln

Timo Lange, Experte für Lobbyregulierung und Co-Autor des Lobbyreports:

„Die Bilanz der Ampelkoalition bei der Transparenz- und Lobbyregulierung kann sich nach gut zwei Jahren Regierungszeit durchaus sehen lassen. Das Lobbyregister ist reformiert und endlich gibt es auch eine Lobby-Fußspur für Gesetze, das sind zwei wichtige Elemente für transparentere Politik. Auch mit der umfassenden Reform des Abgeordnetenrechts und einigen Verbesserungen bei der Transparenz der Parteienfinanzierung ist Deutschland nun endlich auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Regelungsrahmen für Transparenz und Integrität in der Politik.

Trotzdem bleibt noch viel zu tun, denn weiterhin bestehen gravierende Lücken und Missstände. Vor allem werden die bestehenden Regeln nicht konsequent durchgesetzt und kontrolliert, und zwar in allen Feldern, die wir im Lobbyreport betrachten. Außerdem wurde in dieser Wahlperiode besonders sichtbar, dass wir eine starke, politisch unabhängige Aufsicht für Transparenz und Integrität brauchen. Dass es nicht genügt, dass Institutionen sich selbst kontrollieren, wird leider immer wieder deutlich.“

Verbesserungen bei Parteispenden – doch Geld bedeutet noch immer mehr Einfluss

Aurel Eschmann, Experte für Lobbyregulierung und Co-Autor des Lobbyreports:

„Mit der Regelung für das Parteisponsoring und den neuen Vorgaben für Wahlwerbekampagnen durch Dritte hat die Ampelkoalition zwei lang bestehende Missstände behoben. Auch dass mehr hohe Spenden unverzüglich veröffentlicht werden müssen, ist ein spürbarer Transparenzgewinn. Trotzdem bleibt die Transparenz bei den Parteispenden unzureichend. Doch das größte Defizit ist, dass es auch weiterhin keine Obergrenze für Spenden und Sponsoring gibt. Damit ist Geld in unbegrenztem Ausmaß an politischen Einfluss gekoppelt, das darf nicht sein. Negativbeispiele wie der Fall um die Parteispende von Christoph Gröner an die Berliner CDU machen diese Problematik allzu deutlich. Und auch hier zeigt sich: Regeln sind wertlos, wenn sie nicht durchgesetzt oder kontrolliert werden.“

Mangelhafter Umgang: Interessenkonflikte in Bundesministerien

In dieser Wahlperiode ist der mangelhafte Umgang mit Interessenkonflikten in Bundesministerien prominent in den Fokus gerückt. Das gilt für persönliche Verflechtungen wie im Fall Graichen oder Bonhoff, aber auch für finanzielle Angelegenheiten wie bezahlte Vortragstätigkeiten oder Unternehmensbeteiligungen von hochrangigen politischen Entscheidungsträger:innen. Es braucht dringend modernisierte Compliance-Regeln und -Verfahren in den Bundesministerien.

„Wer Compliance-Regeln aus größeren Unternehmen kennt, wird sich wundern, wie Compliance-Fragen in den Bundesministerien behandelt werden. Dass Mitglieder der Bundesregierung und politische Beamt:innen noch nicht einmal private finanzielle Interessen oder Unternehmensbeteiligungen anzeigen müssen, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Auch bei Besetzungs- und Bewilligungsverfahren kann es auf Grund privater Beziehungen zu potenziellen Interessenkonflikten kommen, wie prominente Fälle in dieser Wahlperiode zeigten. Der Umgang mit diesen Interessenkonflikten ist völlig unzureichend – und das gilt zum Teil auch für die Aufklärung und Aufarbeitung entsprechender Vorgänge, wie etwa bei der Wasserstoff-Affäre im Verkehrsministerium“, so Timo Lange weiter.

Effektive Lobbyregeln stärken Vertrauen in die Demokratie

Imke Dierßen, Politische Geschäftsführerin von LobbyControl:

„Der heutige Lobbyismus ist durch ein starkes Machtgefälle gekennzeichnet: Wer über weniger Geld und Zugänge zur Politik verfügt, steht im Zweifel hinten an. Das führt zu unausgewogenen politischen Entscheidungen. Die Bürger:innen sehen diesen starken Einfluss von Lobby-Gruppen als großes Problem und fühlen sich nicht repräsentiert. Das Vertrauen in demokratische Politik nimmt mit jedem Lobbyskandal weiteren Schaden. Dieses verlorene Vertrauen in unsere Demokratie muss wieder aufgebaut werden, deshalb sind effektive Lobby- und Transparenzregeln so wichtig. Außerdem braucht es eine politische Kultur, in der Offenheit und Integrität groß geschrieben werden und Regelverletzungen konsequent aufgeklärt werden.“

Hintergrund

Mit der Reihe Lobbyreport bilanziert LobbyControl seit 2013 die wichtigsten Entwicklungen in den Bereichen Lobbyismus und Lobbyregulierung in einer Wahlperiode.
Der Lobbyreport beleuchtet sechs Handlungsfelder:

  • Transparenz der Interessenvertretung: Lobbyregister
  • Transparenz der Einflüsse Dritter bei Gesetzesvorhaben: Lobby-Fußspur
  • Seitenwechsel von der Politik zum Lobbying
  • Parteien- und Wahlkampffinanzierung
  • Interessenkonflikte und Nebentätigkeiten von Abgeordneten
  • Interessenkonflikte in den Bundesministerien

Beim Lobbyreport 2021 zum Ende der letzten Legislaturperiode stand die Bewertungsampel noch in zwei von damals fünf Handlungsfeldern auf Rot, in zwei weiteren auf Gelb. Durch die Fortschritte in fast allen betrachteten Feldern sieht die Bilanz diesmal deutlich besser aus. Mit Rot, also ungenügend, wird nun nur noch das neu betrachtete Feld „Interessenkonflikte in den Bundesministerien“ bewertet. Beim Lobbyregister, Seitenwechseln und bei Abgeordnetenregeln steht die Bewertungsampel dank der jüngsten Reformen sogar auf Grün-Gelb. Trotzdem gibt es in allen betrachteten Bereichen weiteren Verbesserungsbedarf.

Material

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Kategorien: Externe Ticker

AI Act: Erneut drohende Einflussnahme durch KI-Start-ups

12. März 2024 - 8:10

Einen Tag vor der finalen Abstimmung über den AI Act im Europäischen Parlament warnen NGOs vor einseitiger Einflussnahme auf die anstehende Umsetzung der KI-Regeln.

Eine neue Recherche zeigt die problematische Nähe der Regierungen Deutschlands und Frankreichs zu den europäischen KI-Start-ups Mistral AI und Aleph Alpha sowie die Verflechtung der Start-ups mit internationalen Akteuren wie Google, Microsoft & Co. und deren Einflussnahme auf den AI Act. Der gemeinsame Bericht von Observatoire des multinationales, Corporate Europe Observatory (CEO) und LobbyControl zeigt, wie die umfassende Lobbykampagne der KI-Industrie bisher dazu geführt hat, dass Basis-Modelle wie Chat GPT, sogenannte „General Purpose AI“, weitgehend von den Regeln des KI-Gesetzes ausgenommen wurden. Zudem müssen diese nur wenige Transparenzpflichten erfüllen. Deutschland, Frankreich und Italien hatten sich in den Verhandlungen für diese Ausnahmen eingesetzt.

Die Gefahr ist daher groß, dass sich diese einseitige Einflussnahme bei der Umsetzung der Regeln fortsetzt. Viele Details des AI Act sind noch offen und müssen in zahlreichen Ausführungsgesetzen geklärt werden, z.B. in Bezug auf Standards, Schwellenwerte oder Transparenzpflichten. Auch die Zusammensetzung des Beirats des neuen KI-Büros der EU ist noch offen.

Privilegierter Zugang in den Verhandlungen

Die Recherche zeigt, dass Tech-Konzerne und Start-ups einen privilegierten Zugang zu den Verhandlungen hatten. Dieser führte in Brüssel dazu, dass 78 Prozent der Treffen hochrangiger Kommissionsbeamter zum Thema KI im Jahr 2023 mit Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden stattfanden.

Doch noch deutlich brisanter sind die Zugänge der europäischen KI-Start-ups auf die Regierungen zentraler EU-Mitgliedstaaten. Aleph Alpha CEO und Gründer Jonas Andrulis traf sich zwischen Juni und November 2023 mit hochrangigen deutschen Politiker:innen wie unter anderem Olaf Scholz, Robert Habeck und Volker Wissing.

Auch in Frankreich ist der Mitgründer des führenden KI-Start-ups Mistral AI Cédric O ähnlich gut vernetzt: Der ehemalige Staatssekretär für Digitales ist Vertrauter von Emanuel Macron und Mitglied des Komitees für generative KI der französischen Regierung. Dem Komitee gehört auch Arthur Mensch an, der zweite Mitbegründer von Mistral AI, sowie Vertreter:innen von Google und Meta.

Warnung der Zivilgesellschaft

Felix Duffy von LobbyControl: „Die deutsche Regierung hat dem KI-Start-up Aleph Alpha bereitwillig die Türen geöffnet. Dadurch erhielt Aleph Alpha privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern. Die umfassende Lobbykampagne der KI-Industrie führt zu einer Verwässerung der Regeln. Angesichts der Dringlichkeit der KI-Regulierung ist bei der Umsetzung der Regeln mehr Transparenz und Ausgewogenheit nötig.“

Olivier Petitjean vom Observatoire des multinationales: „Die Debatte über die Regulierung von KI wurde in Deutschland und insbesondere in Frankreich von der KI-Industrie dominiert. Wichtige Regeln für KI dürfen jedoch nicht zugunsten von Unternehmensgewinnen geopfert werden. Eine ausgewogene Beteiligung an der Durchsetzung der Regeln muss sichergestellt werden.“

Bram Vranken von Corporate Europe Observatory: „Die große Lobbymacht von Big Tech darf nicht in der Lage sein, sich Zugang und Einfluss auf wichtige Gesetze zu erkaufen. Das KI-Gesetz ist ein wichtiges Instrument, um sicherzustellen, dass die Grundrechte der Menschen respektiert werden. Wir fordern die EU daher auf, nicht zuzulassen, dass Big Tech und seine Verbündeten den Umsetzungsprozess verwässern.“

Hintergrund
  • Gemeinsame Recherche der NGOs Observatoire des multinationales, Corporate Europe Observatory (CEO) und LobbyControl zu Verbindungen von Start-Ups in der EU
  • Artikel von Observatoire des multinationales
  • Artikel Corporate Europe Observatory

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Kategorien: Externe Ticker

AI Act: Von der KI-Industrie in die Zange genommen

12. März 2024 - 7:36

Wie sich zwei KI-Start-ups aus Frankreich und Deutschland mit Google, Microsoft & Co verbündet haben, um das KI-Gesetz der EU auszuhöhlen.

Am 13. März stimmt das Europäische Parlament über den Artificial Intelligence Act (AI Act) ab, mit dem die EU erstmals einheitliche Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz schaffen will. Sollte es dem Gesetz zustimmen, haben die Unternehmen Mistral AI aus Frankreich und Aleph Alpha aus Heidelberg Grund zur Freude. Denn es waren die europäischen KI-Start-ups, die sich dank der starken Unterstützung ihrer Regierungen bei den Regeln weitgehend durchgesetzt haben. Die endgültige Fassung des AI Act befreit sie von den meisten Auflagen und Regulierungen, die ihnen zu Beginn der Verhandlungen noch drohten. Da ihre KI-Systeme nicht als risikoreich eingestuft werden, unterliegen sie nur geringen Transparenz-Anforderungen.

Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen Observatoire des multinationales aus Frankreich und Corporate Europe Observatory aus Brüssel haben wir untersucht, wie Mistral und Aleph Alpha ihren privilegierten Zugang zu Entscheidungsträgern in Deutschland und Frankreich erfolgreich genutzt haben, um darauf zu drängen, dass sogenannte „General Purpose AI” weitgehend von der Regulierung ausgenommen wird. Während Google und Microsoft ihren direkten Zugang zur Kommission in Brüssel nutzten, nahmen die KI-Start-ups die Verhandlungen über die wichtigen Mitgliedsstaaten Deutschland und Frankreich in die Zange.

Was auf dem Spiel stand

Aleph Alpha CEO und Gründer Jonas Andrulis verhandelte im März 2023 über die zweitgrößte europäische KI-Finanzierungsrunde in Höhe von 500 Millionen Dollar. Für Andrulis stand also viel auf dem Spiel. Die Verhandlungen über das KI-Gesetz hätten das Potenzial gehabt, seinen zukünftigen Investoren, darunter SAP, das US-Unternehmen Hewlett-Packard Enterprise, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Bosch die Laune zu verderben, weil sie eine geringere Rendite in Aussicht gestellt hätten. Anbieter von „General Purpose AI” wie Aleph Alpha, das französische KI-Start-up Mistral, aber auch große Tech-Konzerne wie Google und Microsoft befürchteten, dass der AI Act sie für ihre KI-Systeme zur Verantwortung ziehen würde.

In dieser Situation beklagte sich Jonas Andrulis, dass es kaum Lobbyarbeit zu „General Purpose AI” gebe. Und er fügte trotzig hinzu: „Wahrscheinlich, weil wir hier die Innovation anführen, aber bisher null Lobbying betrieben haben.“

Erfolgreich von der KI- Industrie verwässert

Nur zehn Monate später war Andrulis sichtlich erleichtert über den Ausgang der Verhandlungen: „Das KI-Gesetz ist in Ordnung. Eine Menge Arbeit hat auf der Ziellinie zu deutlichen Verbesserungen geführt.“ Und auch der Gründer des französischen Unternehmens Mistral, Arthur Mensch, stimmte zu: „Der AI Act ist für uns einfach zu handhaben.“

Unter dem Vorwand, die Entwicklung potenzieller europäischer Champions nicht zu behindern, die in der Lage sein müssen, mit den großen Tech-Konzernen aus den USA oder China zu konkurrieren, hatten die KI-Unternehmen Verbündete in den Regierungen Frankreichs, Deutschlands und Italiens gefunden. In der heißen Phase der Verhandlungen über das KI-Gesetz zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten sprachen sie sich gegen strenge Regeln aus und forderten in einem gemeinsamen Papier, die Regulierung von „General Purpose AI” auf freiwillige Verhaltensregeln und mehr Transparenz zu beschränken.

Der Hype um ChatGPT

Als das Unternehmen OpenAI Ende 2022 den Chatbot ChatGPT veröffentlichte, löste dies weltweit einen großen KI-Hype aus. Bei ChatGPT handelt es sich um sogenannte „General Purpose AI” (auch Foundation Models oder Basis-Modelle), die aufgrund ihrer Fähigkeiten für verschiedene Zwecke eingesetzt werden kann.

Andere Konzerne, die ebenfalls ans Basis-Modellen arbeiteten, sahen sich besonders durch die enge Zusammearbeit von OpenAI und Microsoft unter Druck gesetzt. Google veröffentlichte nur wenige Monate nach OpenAI sein eigenes Basismodell BARD, das später in Gemeni umbenannt wurde.

In der allgemeinen Begeisterung rund um KI sahen sich KI-Start-ups wie Aleph Alpha plötzlich im Aufwind. Und nur kurze Zeit später wurde in Frankreich Mistral AI gegründet. Beide nutzten den Hype, um mehrere Millionen an Finanzierung einzusammeln.

Auch in Deutschland wollte die Politik den Hype für sich nutzbar machen. In einem internen Vermerk empfahl das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im April 2023 angesichts der breiten Berichterstattung, das BMWK im Bereich KI „sichtbar zu machen“.

Die Debatten um ChatGPT beeinflusste auch die Verhandlungen über den AI Act, der von der EU-Kommission bereits im April 2021 vorgelegt wurde. Schnell wurde in Brüssel die Forderung laut, dass der AI Act auch die neuen Basis-Modelle umfassen müsse. Eine Forderung, die bei den Anbietern dieser KI-Systeme auf wenig Begeisterung stieß.

Lobbyarbeit von Aleph Alpha in Deutschland

Wie sehr Jonas Andrulis vom Hype um ChatGPT profitieren konnte, zeigt die lange Liste hochrangiger Treffen zwischen Aleph Alpha und Vertretern der Bundesregierung. Allein in den sechs Monaten zwischen Juni und November, der Hochphase der Verhandlungen zum KI-Gesetz, gab es zwölf solcher Treffen zum Thema KI-Regulierung. Darunter mit Olaf Scholz, dreimal mit dem für den AI Act zuständigen Minister Robert Habeck, dreimal mit Volker Wissing und je zweimal mit dem zuständigen Staatssekretär im BMWK Udo Philip und der zuständigen Parlamentarischen Staatssekretärin Franziska Brantner. Brantner, die für die Grünen im Bundestag sitzt, hat ihren Wahlkreis in Heidelberg –dem Standort von Aleph Alpha. Darüber hinaus wurde Jonas Andrulis im August 2023 zur Kabinettsklausur nach Meseberg eingeladen und traf dort die gesamte Bundesregierung.

„Dies ermöglicht Aleph Alpha einen privilegierten Zugang, der die Lobbyarbeit deutlich erleichtert und den andere Akteure, etwa aus der Zivilgesellschaft, nicht in gleichem Maße haben“, bestätigt auch Matthias Spielkamp, Geschäftsführer von Algorithmwatch, der die Nähe zwischen Aleph Alpha und Robert Habeck bereits in der Vergangenheit kritisch kommentiert hat.

Einen Hinweis auf mögliche Inhalte, die bei den Treffen besprochen wurden, gibt die Antwort auf eine von uns gestellte IFG-Anfrage zu Positionspapieren, die Aleph Alpha an das BMWK geschickt hat. Diese Positionspapiere zeigen, wie detailliert das KI-Start-up versucht hat, die Position der Bundesregierung während der laufenden Verhandlungen zu beeinflussen. Aleph Alpha machte darin konkrete Änderungsvorschläge zum Gesetz und forderte beispielsweise, Basis-Modelle von der Regulierung auszunehmen.

Dabei wiederholten das Start-up und seine Vertreter immer wieder zwei zentrale Botschaften: Erstens solle nur die Anwendung von KI-Systemen reguliert werden, nicht die Systeme selbst. Diese Forderung wurde auch von Robert Habeck und Volker Wissing aufgegriffen. Etwa auf dem Digitalgipfel der Bundesregierung im November 2023. Auch das gemeinsame Papier von Frankreich, Deutschland und Italien, das gegen Ende der Verhandlungen in Brüssel für Aufsehen sorgte, argumentierte in diese Richtung.

Auch die zweite Botschaft von Aleph Alpha wurde von Deutschland und Frankreich geteilt, nämlich die Notwendigkeit, die KI-Industrie in Europa zu unterstützen, um mit den Tech-Konzernen in den USA und China mithalten zu können. Laut Robert Habeck hänge sogar die Wettbewerbsfähigkeit Europas davon ab, ob es gelinge, KI in Europa erfolgreich zu entwickeln. Dafür sei eine „innovationsfreundliche Regulierung“ notwendig.

Dem widerspricht Matthias Spielkamp von der NGO Algorithmwatch deutlich: Natürlich könne man KI regulieren und gleichzeitig Innovationen ermöglichen. Um die Gefahren von KI zu begrenzen, etwa bei der automatischen Gesichtserkennung, brauche es aber strengere gesetzliche Regelungen und keine Selbstverpflichtung der KI-Industrie.

Nicht nur bei seinen zahlreichen Treffen mit Mitgliedern der Bundesregierung, sondern auch bei zwei Anhörungen im Bundestag und in vielen Interviews verbreitete Jonas Andrulis seine Botschaften. In einem seiner Interviews ging der Chef von Aleph Alpha sogar noch einen Schritt weiter und drohte unverhohlen damit, Europa zu verlassen, sollte die KI-Regulierung seinen Handlungsspielraum zu sehr einschränken.

Lobbyarbeit von Mistral AI in Frankreich

Das erst im April 2023 gegründete französische KI-Start-up Mistral AI stieg relativ spät in die Debatte um den AI Act ein. Im Sommer 2023 eröffnete das Unternehmen ein Lobbybüro in Brüssel. Verantwortlich für die Beziehungen zur EU wurde der ehemalige französische Staatssekretär für Digitales, Cédric O. Der Vertraute von Emanuel Macron hatte für Frankreich bereits den Digital Markets Act (DMA) ausgehandelt und ist daher in Brüssel bestens vernetzt.

Cédric O war mitverantwortlich dafür, die französische Regierung davon zu überzeugen, sich ebenfalls gegen verbindliche Regeln für „General Purpose AI” einzusetzen. Gemeinsam mit René Obermann, Präsident von Airbus, und Jeannette zu Fürstenberg vom Technologie-Risikokapitalfonds La Famiglia, war Cedric O im Juni 2003 einer der Initiatoren eines von 150 europäischen Unternehmen unterzeichneten offenen Briefes. In diesem wurde davor gewarnt, dass der AI Act „die Wettbewerbsfähigkeit und die technologische Souveränität Europas gefährden“ würde.

Während Cedric O als Cheflobbyist von Mistral AI in Brüssel versuchte, Einfluss auf die Verhandlungen zum AI Act zu nehmen, wurde er im Oktober 2023 in das Komitee für generative künstliche Intelligenz berufen. Das Gremium berät die französische Regierung in Bezug auf ihre KI-Politik. Der Gründer von Mistral AI, Arthur Mensch, sowie Vertreter von Google und Meta wurden ebenfalls in das Komitee berufen.

Ende Oktober zeigte die Lobbyarbeit einen ersten deutlichen Erfolg. Bei einem Treffen der Wirtschaftsminister Frankreichs, Deutschlands und Italiens, an dem auch Unternehmensvertreter teilnahmen, sprachen sich alle drei im Sinne von Mistral und Aleph Alpha aus. Man wolle Hand in Hand mit der Industrie an einer innovationsfreundlichen KI-Regulierung arbeiten, kündigten die Minister an.

Nur drei Wochen später veröffentlichten die drei Länder ein gemeinsames Papier, in dem sie sich gegen gesetzliche Regelungen und für eine Selbstregulierung durch einen Verhaltenskodex aussprachen. Laut FAZ wurde dieses vom Europäischen Parlament als „Kriegserklärung“ aufgefasst.

Die fragwürdige Erzählung von europäischen Champions

Insbesondere in Frankreich ist die Debatte um die Regulierung von KI stark von der Forderung nach der Entwicklung europäischer Champions geprägt. Diese müssten in der Lage sein, mit den großen Tech-Konzernen aus den USA oder China zu konkurrieren und dürften daher in ihrer Entwicklung nicht behindert werden. Aber auch Wirtschaftsminister Habeck und Verkehrsminister Wissing bedienen sich dieser Argumente.

Diese Erzählung wurde deutlich in Frage gestellt, als Ende Februar 2024 bekannt wurde, dass sich Microsoft an Mistral AI beteiligt. Microsoft wird das Start-up mit 16 Millionen Dollar Kapital und Infrastruktur unterstützen.

Der Journalist Luca Bertuzzi vermutet, dass der Deal während der laufenden Verhandlungen über den AI Act ausgehandelt wurde. In diesem Fall wäre das Argument der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den großen Tech-Konzerne nur vorgeschoben. Laut Bertuzzi hätten viele am AI Act Beteiligte bemerkt, dass die Lobbyarbeit von Microsoft, Google & Co. gegen Ende der Verhandlungen nachgelassen habe, da Mistral die „Drecksarbeit“ für sie erledigt habe.

Als Reaktion auf die Zusammenarbeit von Mistral und Microsoft forderten mehrere Abgeordnete der Grünen die EU-Kommission auf, den Fall zu untersuchen. Sie sehen in der Zusammenarbeit einen möglichen Interessenkonflikt und eine mögliche Verletzung der Transparenzpflichten.

Lobbyarbeit von Big Tech in Brüssel

Während Mistral AI und Aleph Alpha über die Mitgliedsstaaten Deutschland und Frankreich die Verhandlungen zum AI Act in die Zange nahmen, waren die großen Tech-Konzerne besonders in Brüssel aktiv. Eine Studie unserer Partnerorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) zeigt, wie Big Tech während der Verhandlungen privilegierten Zugang zu hochrangigen EU-Entscheidungsträgern hatte und diesen nutzte, um die Regeln für „General Purpose AI” zu verwässern.

Die Forderung nach Selbstregulierung war auch eine der zentralen Botschaften bei den Treffen der EU-Kommission mit den Chefs von Google und Microsoft. Zahlreiche von CEO angeforderte Dokumente zeigen, dass die großen Tech-Konzerne mit intensiver Lobbyarbeit auf die Pläne der EU-Kommission für den AI Act reagiert haben. Insbesondere zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 gab es zahlreiche Kontakte mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager und dem für den AI Act zuständigen Binnenmarktkommissar Thierry Breton.

Ein Ungleichgewicht zeigte sich auch im Jahr 2023. Eine von CEO durchgeführte Analyse belegt, dass 78 % der Sitzungen, die von hochrangigen Beamten der Kommission zum Thema KI abgehalten wurden, mit Industrie- oder Wirtschaftsverbänden stattfanden.

Die Tech-Konzerne können dabei auf ein enormes Budget für ihre Lobbyarbeit zurückgreifen. Unsere Berechnungen zeigen, dass der Digitalindustrie mittlerweile 113 Millionen Euro pro Jahr für Lobbyarbeit in Brüssel zur Verfügung stehen. Das sind 16,5 Prozent mehr als noch bei unserer Analyse von 2021. Im Vergleich der zehn größten Lobbyakteure ist die Digitalindustrie damit die Branche mit den höchsten Lobbyausgaben in der EU und übertrifft sogar die mächtige Auto-, Pharma- oder Finanzlobby.

Wie geht es weiter mit dem AI Act?

Die Einflussnahme von Mistral AI, Aleph Alpha, Google, Microsoft & Co auf den AI Act verheißt nichts Gutes für die Umsetzung der Regeln, sollte das Europäische Parlament dem Gesetz wie erwartet am 13. März zustimmen. Zudem sind viele Aspekte noch offen und müssen in zahlreichen weiteren Rechtsakten diskutiert und geklärt werden. Das gilt sowohl für das beschlossene europäische KI-Büro als auch für die Transparenzpflichten für Basis-Modelle. Arthur Mensch von Mistral AI hat bereits Widerstand angekündigt. In einem Interview sagte er, der AI Act dürfe ihn nicht dazu zwingen, Geschäftsgeheimnisse preiszugeben, was Know-how und Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen würde.

Es ist zu befürchten, dass auch die Transparenzregeln des AI Act in der Umsetzung weiter verwässert werden. Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten, allen voran Deutschland und Frankreich, müssen bei der Diskussion um die Umsetzung der Regeln daher auf Ausgewogenheit achten. Wichtige Regeln für Künstliche Intelligenz dürfen nicht zugunsten von Unternehmensgewinnen geopfert werden.

Die für die Umsetzung zuständigen Ministerien haben aber bereits angekündigt, sich für eine bürokratiearme und innovationsfreundliche Lösung einzusetzen. Am Standort von Aleph Alpha in Heidelberg wird man zufrieden sein.

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Interessenkonflikte in der EU-Wettbewerbsbehörde: Die Fusion Bayer und Monsanto

7. März 2024 - 16:33

Bei der Mega-Fusion von Bayer und Monsanto 2018 spielte ein hochrangiger Beamter der EU-Wettbewerbsbehörde eine wichtige Rolle. Nur sechs Monate später wechselt er aus der Behörde zu der Wirtschaftsberatung, die eine zentrale Studie zu der Fusion verfasst hat. Das haben wir gemeinsam mit unseren Brüsseler Partnern von Corporate Europe Observatory recherchiert.

Als „Hochzeit in der Hölle“ stellte die NGO Friends of the Earth die Fusion dar, um auf die Bedrohung für Ernährung und Landwirtschaft aufmerksam zu machen.

Der Verdacht steht im Raum, dass die Fusion auch deshalb zustande kam, weil ein lukratives Jobangebot für den Beamten in Aussicht stand. Die EU-Kommission trägt nicht zur Aufklärung bei, sondern verweigert bisher alle internen Dokumente, mit denen sich erkennen ließe, ob ein Interessenkonflikt vorliegt.

Bei einer Mega-Fusion wie der von Bayer und Monsanto 2018 muss sichergestellt werden, dass der Zusammenschluss von Konzernen dieser Größe nicht zu einer marktbeherrschenden Stellung führen und den Wettbewerb beeinträchtigen kann. Deshalb hat die EU-Wettbewerbsbehörde die Mega-Fusion von Bayer und Monsanto geprüft. Eine zentrale Auflage für die Genehmigung war, dass Bayer Teile seines Saatgutgeschäfts an den Chemiekonzern BASF abtritt.

Eine Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens Compass Lexecon hatte dargelegt, dass es in diesem Fall weiter ausreichend Konkurrenz auf den meisten Märkten geben werde – die marktbeherrschende Stellung weniger Konzerne über den Saatgut- und Pestizidmarkt spielte in der Bewertung keine Rolle. Kurz darauf wechselte unseren Recherchen zufolge einer der Beamten, der an dem Verfahren beteiligt gewesen sein soll, in eine Führungsposition bei Compass Lexecon.

Wettbewerbsbehörde weist alle Transparenzersuchen ab

Wir haben interne Dokumente bei der Wettbewerbsbehörde angefragt, die Aufschluss darüber geben könnten, ob damals ein Interessenkonflikt vorlag – beispielsweise zu der genauen Rolle, die der Mitarbeiter bei der Fusion gespielt hat und ob er die besagte Studie empfohlen hat. Doch unsere Fragen sind bisher unbeantwortet. Ein Verdacht auf einen möglichen Interessenkonflikt kann so nicht ausgeräumt werden. Im Gegenteil, er verhärtet sich durch fehlende Transparenz. Für uns bleibt unklar, ob der Beamte bei seiner Empfehlung für die Kommission für die Fusion aus Überzeugung oder aus persönlichem Interesse – dem Anreiz eines lukrativen Jobangebots – gehandelt hat.

Auch der Spiegel hat ausführlich über unsere Recherche berichtet und Fragen an die Behörde gestellt. Doch auch gegenüber dem Spiegel bestritt die Wettbewerbsbehörde jegliche Interessenkonflikte. Dabei geht es womöglich um mehr als nur einen Einzelfall. Wie LobbyControl bereits in mehreren Recherchen nachgewiesen hat, fehlt häufig der nötige Abstand zwischen Wettbewerbsbehörde und den Wirtschaftsberatungsfirmen, die Unternehmen bei ihren Fusionen beraten.

Seitenwechsel zeigen zu große Nähe zwischen Behörde und Beratungsbranche

Da wären zunächst die Seitenwechsel, bei denen Beamte ihre Kenntnisse aus dem Amt und politische Netzwerke in der Privatwirtschaft zu Geld machen. Zwischen der Wettbewerbsbehörde und den Wirtschaftsberatungsunternehmen gibt es problematisch viele davon. Die Wirtschaftsberatungen sind dabei in der Öffentlichkeit unauffällig, aber in der Fusionskontrolle extrem einflussreich. Dazu gehören etwa Compass Lexecon, Charles River Associates, Oxera oder RBB Economics. Seitenwechsel finden in beide Richtungen statt, wie wir bereits in einer früheren Recherche gezeigt haben.

So ist das Team des Chefökonomen der EU-Wettbewerbsbehörde regelmäßig mit Personal aus diesen Beratungsunternehmen besetzt. Aus öffentlich zugänglichen Informationen geht hervor, dass von den 29 Beamten, die für den Chefökonomen der Kartellbehörde arbeiten, fast die Hälfte (13) früher als Wirtschaftsberater in der Privatwirtschaft tätig waren. Neun Beamte der Generaldirektion Wettbewerb waren früher bei Charles River Associates (CRAI), einer der oben genannten Beratungsfirmen, darunter der Chefökonom selbst und die beiden Referatsleiter.

Während die Beratungsunternehmen über die Seitenwechsel in Pressemitteilungen frohlocken, sieht die EU-Bürgerbeauftragte durch die laxen Genehmigungen der Seitenwechsel die Integrität der EU-Verwaltung in Gefahr. Nach einer Untersuchung der Frage, ob die Kommission genug dagegen tut, dass Beamte ihre Kenntnisse und Netzwerke in der Privatwirtschaft zu Geld machen, hat sie die EU-Kommission 2022 zu einer härteren Gangart aufgefordert und speziell die Wettbewerbsbehörde als Problemfall benannt.

Studienflut legt Behörde lahm

Zugleich überfluten die Beratungsunternehmen die Wettbewerbsbehörde mit Studien. Im Auftrag von Konzernen liefern sie ökonomische Auftragsstudien, die rechtfertigen, warum es diesen gestattet sein sollte, ihre Monopolstellung noch weiter auszubauen. Hilfreich sind etwa Gutachten, die bescheinigen, dass der Verbraucherschutz nicht leide oder dass ihr Geschäftsgebaren unbedenklich für den Wettbewerb sei.

Als verantwortliche Kartellbehörde ist die Generaldirektion Wettbewerb dazu verpflichtet, bei der Prüfung von Fusionen alle eingereichten Unterlagen zu berücksichtigen. Aus dem Kreis der Kommissionsbeamt:innen der Generaldirektion Wettbewerb liegen Informationen vor, die darauf hinweisen, dass bei Prüfungsverfahren häufig so viele wirtschaftliche Bewertungen eingereicht werden, dass die Kartellbehörde ihr Pensum kaum bewerkstelligen kann.

Diese Taktik kann die Behörde durchaus an ihre Ressourcengrenzen bringen und sie in die Defensive drängen. Der ehemalige Chefökonom der EU-Wettbewerbsbehörde, Tommaso Valletti, hat dieses Vorgehen bereits öffentlich kritisiert, wie wir in unserem ausführlichen Blog zu der Problematik der Monopolmacht der Techkonzerne beschrieben haben. In der Techbranche ist der Erfolg der mächtigen Beratungsfirmen besonders gut zu sehen: Von den 1.000 Fusionen, an denen Big-Tech-Firmen in den letzten 20 Jahren beteiligt waren, sei kein einziger gestoppt worden, so Valletti. Darunter ist die Fusion von Facebook mit Instagram (2012) und Whatsapp (2014).

Kommission wollte wissenschaftliche Studie bei Beratungsunternehmen in Auftrag geben

Die EU-Kommission weigert sich auch hier, das Problem anzuerkennen. Wie gering das Problembewusstsein ist, zeigen weitere Beispiele: Im Jahr 2023 wollte die EU-Kommission einer der Beratungsfirmen, dem Unternehmen RBB Economics, gar die Überprüfung ihrer Fusionskontrollverfahren in Auftrag geben. Die Wirtschaftsberatung hatte kurz zuvor das Unternehmen Google bei einer umstrittenen Fusion unterstützt.

Nur durch die Skandalisierung durch LobbyControl und Corporate Europe Observatory zog Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager den Auftrag zurück. Das Politik-Magazin Politico enthüllte zudem, dass die Wirtschaftsberatungsunternehmen Beamte der Kommission regelmäßig zu Büroeröffnungen oder exklusiven Konferenzen einluden – und dabei deren Kosten übernahmen.

Die Nähe zwischen EU-Wettbewerbsbehörde und den Brüsseler Beratungsfirmen, die Konzerne bei ihren Fusionen unterstützen, ist viel zu groß. Die EU-Kommission sollte endlich anerkennen, dass dies gravierende Folgen haben kann: Nämlich Entscheidungen ihrer Wettbewerbsbehörde, die dem Gemeinwohl widersprechen. Um glaubwürdig und dem Gemeinwohl verantwortlich zu bleiben, muss sie dringend für mehr Abstand sorgen.

Wir fordern von der Generaldirektion Wettbewerb:

  • Es braucht ein entschiedeneres Vorgehen gegen die zahlreichen Seitenwechsel der Kartellwächter in die Beratungsbranche. Ein Ansatzpunkt wäre auch, weniger befristete Stellen für EU-Mitarbeiter:innen zu schaffen, weil diese Befristungen die Wechsel in die Privatwirtschaft befördern.
  • Die Auftragsstudien der Beratungsfirmen für Wettbewerbsverfahren werden bisher nicht veröffentlicht. Das ist fragwürdig, weil ein öffentliches Interesse an vielen Fusionsverfahren besteht. Mindestens sollte eine Liste der Studien veröffentlicht werden, mit Namen der Auftraggeber und der Autoren. So kann mögliches Spamming leichter offengelegt und kritisiert werden.
  • Die Regeln für Reisen ihrer Beamten hat die EU-Kommission inzwischen strenger gefasst. Es dürfen nur noch Flugreisen von Behörden von den Mitgliedstaaten, internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder öffentlichen und privaten Universitäten finanziert werden. Es bleibt aber unklar, ob diese Regeln eingehalten werden, da die Beamten ihre von Dritten übernommenen Reisekosten bisher nicht veröffentlichen müssen – das sollte sich ändern.
  • Die Wirtschaftsberatungsunternehmen sind politisch derart umtriebig, dass man sie als das einstufen sollte, was sie sind: Lobbygruppen, die oft Großkonzerne vertreten. Deshalb müssen sie ihre Aktivitäten endlich transparent machen. Sie müssen dazu verpflichtet werden, sich in das EU-Transparenzregister einzutragen. Nur so kann ihre Arbeit in den Blick der Öffentlichkeit gerückt werden.
  • Insgesamt würde der Generaldirektion Wettbewerb weniger Heimlichtuerei gut tun, schließlich verhandelt sie ein Thema, das für das Gemeinwohl von großer Bedeutung ist. Auch die Argumente, warum sie die Dokumente im Interessenkonflikt Bayer Monsanto nicht freigeben kann, weisen auf diese Heimlichtuerei hin. Wir haben sie mit Hilfe einer Anwältin inzwischen erneut beantragt.

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Wasserstoff-Affäre im Verkehrsministerium: Was folgt?

7. März 2024 - 11:43

Die desaströse Aufklärungsarbeit rund um die Wasserstoff-Affäre im Verkehrsministerium zeigt: Es braucht dringend einen neuen Umgang mit Interessenkonflikten in Ministerien.

Skikumpels, die sich gegenseitig Gelder zuschieben und ein Unternehmer, der einen Abteilungsleiter per privater Mail auf einen noch ausstehenden Förderbescheid hinweist – die Vorwurf der Vetternwirtschaft im Ministerium wiegt schwer. Angemessene Redaktionen kamen viel zu spät, doch mittlerweile musste ein Abteilungsleiter gehen, ein Referatsleiter wurde versetzt, die Wasserstoff-Förderung eingefroren und die hausinterne Aufklärungsarbeit zu den Vorwürfen komplett neu aufgerollt. Das ist ganz schön viel – und doch reicht es nicht. Wir werfen ein Blick zurück auf die Wasserstoff-Affäre und zeigen auf, warum es auch jetzt noch weitere Schritte braucht.

Zusammenfassung
  • Der Anschein der Vetternwirtschaft im Verkehrsministerium rund um die Vergabe von Wasserstoff-Fördergelden hat sich bestätigt. Auch das Verkehrsministerium räumte inzwischen Ungereimtheiten ein und zog entsprechende Konsequenzen.
  • Das Ministerium hatte die Vorwürfe zu nachlässig behandelt – und handelte zu spät. Es legte übliche Compliance-Empfehlungen viel zu eng aus. Zudem zeigte sich im Nachhinein, dass die Aufklärungsarbeit des Ministeriums völlig unzureichend und zahnlos war. Das wirft kein gutes Licht auf das Ministerium, weil es sich lange auf eine sehr gründliche Aufklärung berufen hatte und keine Zweifel an deren Ergebnissen zugelassen hatte.
  • Eine problematische Rolle spielte der Umgang des Ministeriums mit einem Teil-Widerruf des Handelsblatts zu den Vorwürfen gespielt. Das Verkehrsministerium berief sich immer wieder darauf und weckte den falsche Eindruck, dass damit alle Vorwürfe ausgeräumt seien – obwohl das Ministerium praktisch zeitgleich bereits einräumen musste, dass Abteilungsleiter Bonhoff mit seinem Skifreund und Wasserstoff-Lobbyisten zu dessen Fördergesuch zustimmend kommuniziert hatte.
  • Es braucht nun weitere Aufklärung und weitere Konsequenzen. Es stehen weitere problematische Interessenkonflikte rund um die bundeseigene NOW, die die Wasserstoff-Fördergelder koordiniert, im Raum. Zudem braucht es dringend eine neue politische Kultur, die angemessen mit Interessenkonflikten umgeht. Dazu braucht es auch weitere Schritte in Richtung modernisierter Compliance-Verfahren in den Ministerien.
Anschein der Vetternwirtschaft hat sich bestätigt

Im Juli berichtete Daniel Delhaes im Handelsblatt das erste Mal über Freundschaftsnetzwerke rund um die Vergabe von Fördergeldern für Wasserstoff-Projekte im Straßenverkehr. Der Vorwurf der Vetternwirtschaft stand im Raum. In den darauf folgenden Monaten erhärtete sich dieser Anfangsverdacht immer weiter. Klar ist inzwischen: Der Abteilungsleiter Klaus Bonhoff war mit den Chefs eines Lobbyverbands befreundet, der eine Millionenförderung aus Geldern des Verkehrsministeriums erhielt. Mailwechsel belegen, dass Bonhoff eng in die Kommunikation dazu eingebunden war.

Auch mit einem Unternehmer aus Bayern, der ebenfalls Wasserstoff-Gelder erhielt, stand er in sehr vertrautem Austausch, u.a. über einen noch ausstehenden Förderbescheid. Diese beiden Fälle wurden nach Veröffentlichungen von uns und im Spiegel breiter in der Öffentlichkeit thematisiert. Damit ist auch klar, dass Bonhoff in mindestens zwei Fällen nicht ausreichend zwischen privaten und dienstlichen Kontakten getrennt hat. Im Februar 2024 musste schließlich auch das Verkehrsministerium „Ungereimtheiten“ im eigenen Haus einräumen und zog entsprechende erste Konsequenzen, indem es u.a. den beschuldigten Abteilungsleiter entließ.

Damit fehlt ein wesentlicher Akteur in einem ganz Netz aus Freundschafts- und Lobbyverbindungen rund um die Vergabe von Wasserstoff-Geldern. ausführlichen Recherche haben wir weitere Netzwerke sichtbar gemacht: etwa rund um die bundeseigene Behörde zur Vergabe von Fördergeldern im Verkehrsbereich NOW und den Wasserstoff-Lobbyverband DWV sichtbar gemacht. Hier bestehen weitere problematische Verbindungen – etwa die enge Freundschaft zwischen Bonhoff und NOW-Geschäftsführer Knobelsdorff. Oder einem weiteren Skifreund von Bonhoff, der dem Beirat der NOW vorsitzt und dessen Lobbyverband und auch dessen Schwiegersohn ebenfalls von der Fördergeld-Vergabe profitiert. Hier braucht es dringend weitere Aufklärungsarbeit.

Allein der Anschein der Vetternwirtschaft ist bereits hochproblematisch und schadet der Glaubwürdigkeit des Ministeriums. Gerade in Zeiten des wachsenden Misstrauens gegenüber demokratischen Institutionen wiegen die Vorwürfe schwer. Das gilt besonders für den Bereich der Geldervergabe. Dieser scheint besonders anfällig für Vetternwirtschaft und sogar Korruption. Es sollte deshalb klar sein, dass hier besonders strenge Compliance-Regeln gelten sollten – und die Einhaltung dieser auch genau kontrolliert wird. Doch das ist hier ganz offenbar nicht passiert.

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  • 27.7.2023: Erste Veröffentlichung zum Fall Bonhoff erscheinen im Handelsblatt, weitere Berichte des Handelsblatt folgen.
  • 9.8.2023: FragdenStaat erhält Antworten auf IFG-Anfragen, die einen brisanten Mailwechsel zwischen Bonhoff und seinem Skifreund und Wasserstoff-Lobbyist Diwald enthalten. Die Dokumente sind zwar öffentlich, bleiben aber unbeachtet.
  • 24.8.2023: Das Verkehrsministerium legt einen nicht-öffentlichen Zwischenbericht der Innenrevision vor. Die Freundschaft zwischen Bonhoff und Diwald bestätigt sich, Bonhoffs Beteiligung an Kommunikation zu dessen Fördergesuch wird bekannt. Das Ministerium erklärt Bonhoffs Vorgehen dennoch weiterhin für korrekt. Der Bericht bleibt geheim, Journalist:innen werden dazu informiert.
  • 5.9.2023: Das Handelsblatt widerruft einige Aussagen aus seinen Veröffentlichungen (Aussagen zu einer mutmaßlichen Freundschaft zwischen Bonhoff und Unternehmer Brunner, zu Patenten und einer Honorarprofessur). Das Verkehrsministerium verweist Medien auf den Widerruf, zahlreiche Berichte folgen. Dadurch entsteht der fälschliche Eindruck, das Handelsblatt habe sämtliche Vorwürfe zurückgezogen.
  • 5.9.2023: In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion bestätigen sich die Vorwürfe rund um Bonhoff weiter.
  • 28.9.2023: Das Verkehrsministerium berichtet an den Bundestagsabgeordneten Victor Perli (Linke), dass Bonhoff ein Fördergesuch von Wasserstoff-Lobbyist Diwald „zuvor mündlich befürwortet“ habe und eine Mail dazu mit der Notiz „wie besprochen“ innerhalb seiner Abteilung weitergeleitet hat.
  • 7.12.2023: Das Ministerium legt den nicht-öffentlichen Abschlussbericht der Innenrevision vor. Dazu gibt es kein Pressebriefing. Auf Nachfrage heißt es weiterhin, es sei alles korrekt gelaufen.
  • Im Dezember 2023: Das Verkehrsministerium veröffentlicht hausinterne neue Compliance-Richtlinien. Darin heißt es an vorderster Stelle: „Bei Amtsbezug trennen sich bei uns dienstliche und private Wege“.
Zeitleiste Wasserstoff-Affäre im Verkehrsministerium (Teil 2, 2024)
  • 2.2.2024: LobbyControl und der Spiegel berichten zeitgleich über das Wasserstoff-Netzwerk im Ministerium und belegen die Beteiligung Bonhoffs an der Kommunikation zum Fördergesuch Diwalds.
  • 6.2.2024: Der Spiegel berichtet über brisante Mailwechsel zwischen Bonhoff und Wasserstoff-Lobbyist Diwald. Das Ministerium muss später zugeben, dass es diese Dokumente nicht kannte. Diese Dokumente lagen FragdenStaat bereits vor, LobbyControl liegen sie wenig später ebenfalls vor.
  • 7.2.2024: Das Ministerium leitet eine neue hausinterne Untersuchung ein.
  • 15.2.2024: Das Ministerium gibt bekannt, dass Abteilungsleiter Bonhoff entlassen ist und der für Wasserstoff zuständige Referatsleiter versetzt wurde. Es bestehe kein Vertrauensverhältnis mehr.
  • 20.2.2024 (morgens): LobbyControl erhält weitere brisante Mailwechsel zwischen Bonhoff und Wasserstoff-Unternehmer Tobias Brunner. Darin geht es um vertraute Mails über Bonhoffs Privataccount, Brunner verweist darin auch auf einen noch ausstehendes Fördergesuch. Der Spiegel und LobbyControl berichten zeitgleich über die Mailwechsel. Auch diese Dokumente waren nicht Teil der Untersuchung der Innenrevision, wie das Ministerium wenig später einräumt.
  • 20.2.2024 (abends): Das Ministerium kündigt an, die laufende Wasserstoff-Förderung einzufrieren.
  • 21.2.2024: Staatssekretär Schnorr wird im Haushaltsausschuss des Bundestags befragt, auch im Verkehrsausschuss ist die Affäre Thema.

Ministerium räumt Freundschaften ein, streitet aber Probleme viel zu lange ab

Die Empörung war zurecht groß, nachdem das Handelsblatt Mitte Juli 2023 erstmals die Vorwürfe der Vetternwirtschaft im Verkehrsministerium erhoben hatte. Viele Medien berichteten, wir griffen den Fall sofort auf. In Fachkreisen zeigten sich viele erleichtert, dass das Handelsblatt die Wasserstoff-Netzwerke endlich sichtbar machte, über deren problematische Rolle schon lange gemunkelt wurde. Auch das Ministerium reagierte auf die Vorwürfe und leitete recht zügig eine interne Untersuchung durch die sogenannte Innenrevision des Hauses ein. Doch im Rückblick wird deutlich: Diese verlief völlig unzureichend.

Bereits Ende August legte das Ministerium einen ersten Zwischenbericht ihrer Innenrevision vor. Das Ministerium räumte damals ein, dass Bonhoff mit den Chefs des Wasserstoff-Verbands tatsächlich sehr eng befreundet ist. Der zuständige Staatssekretär Schnorr berichtete außerdem, dass Bonhoff in die Kommunikation zu einem Förderantrag an einen Freund eingebunden war: Er hatte eine Mail mit einem Fördergesuch von seinem Ski-Freund an einen Referatsleiter in seiner Abteilung weitergeleitet.

Äußerst enge Auslegung von Compliance-Empfehlungen

Brisant ist auch, was Schnorr damals gegenüber den Journalist:innen nicht berichtete, aber bereits gewusst haben sollte: Bonhoff hatte den entsprechenden Förderbescheid seines Skifreundes nicht nur weitergeleitet, sondern vorab bereits befürwortet haben. Das stand in einer Mitteilung des Verkehrsministerium an den Bundestagsabgeordneten Victor Perli. Warum dieses wichtige Detail der Öffentlichkeit vorenthalten wurde, bleibt unklar. Als der Spiegel und wir darüber berichteten, kam erstmals Bewegung in die weitere Debatte.

All dies reichten Staatssekretär Schnorr und der Innenrevision allerdings nicht aus, um Bonhoff ein Verstoß gegen die Compliance-Regeln des Ministeriums vorzuwerfen. Als Begründung nannte Schnorr, dass Bonhoff bei der Vergabe von Fördergeldern formal nicht mitgezeichnet habe. Das ist allerdings eine sehr enge Auslegung dessen, was Compliance-Empfehlungen üblicherweise vorsehen. Im „Verhaltenskodex gegen Korruption“ der Bundesregierung heißt es wörtlich: „Trennen Sie strikt Dienst- und Privatleben. Prüfen Sie, ob Ihre Privatinteressen zu einer Kollision mit Ihren Dienstpflichten führen.“ Dass Bonhoff hier nicht wirklich streng getrennt hatte, war also seit Ende August bereits klar.

Desaströse Aufklärungsarbeit

Im Nachhinein wird immer deutlicher, dass das Ministerium nicht nur Compliance-Regeln äußert eng auslegte, sondern auch die Aufklärungsarbeit nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit durchgeführt hatte. Denn einige weitere brisante Informationen kamen erst durch Berichte vom Spiegel und von uns an die Öffentlichkeit. Parallel zu der Arbeit der Innenrevision erreichten das Ministerium ab Juli 2023 mehrere Anfragen zu den Vorfällen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) – so u.a. auch vom Spiegel und von uns. Auf diese Anfragen gab das Verkehrsministerium Dokumente heraus, die der Innenrevision nicht vorlagen.

Es stellte sich also heraus, dass die IFG-Anfragen offenbar gründlicher bearbeitet wurden als die Aufforderungen der Innenrevision. Und: Die Innenrevision wurde auch nicht über die Bearbeitung der IFG-Anfragen informiert. So passierte es, dass erste brisante Mails schon im September 2023 an die Organisation FragdenStaat und später an den Spiegel und uns herausgegeben wurden. Von diesen erfuhr die Innenrevision aber erst im Februar 2024, als der Spiegel darüber schrieb und wir Auszüge daraus veröffentlichten. Das ist erstaunlich und zeichnet gleichzeitig ein desaströses Bild der angeblich so gründlichen Aufklärungsarbeit.

Das Ministerium argumentiert mit einem Widerruf des Handelsblatts

Eine wichtige Rolle in der Debatte um die Wasserstoff-Affäre spielte eine veröffentlichte „Klarstellung“ des Handelsblatts. Diese erschien kurz nachdem das Verkehrsministerium den Fall auf Grundlage seines ersten Zwischenberichts für unproblematisch erklärt hatte. Anders als das Handelsblatt vermutet und entsprechend berichtet hatte, war der bayerische Wasserstoff-Unternehmer Tobias Brunner laut eigenen Aussagen nicht mit Abteilungsleiter Bonhoff befreundet oder in den Urlaub gefahren. Dazu legte auch Bonhoff dem Ministerium eine eidesstattliche Erklärung vor. Auch Berichte des Handelsblatt über weitere möglicher Interessenkonflikte und Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Patenten und einer Honorarprofessur stellten sich im Nachhinein in Teilen als nicht korrekt heraus.

Daraufhin veröffentlichte das Handelsblatt einen Teil-Widerruf und berichtete zunächst nicht mehr über den Fall. Abteilungsleiter Bonhoff setzte das Handelsblatt offenbar so weit unter Druck, dass dieses seinen eigenen Redakteur zwingen wollte, seine Quellen offenzulegen und er nicht länger über Verkehrsthemen berichten durfte. Es kam schließlich zu einem Vergleich zwischen Bonhoff und dem Handelsblatt. Den Widerruf des Handelsblatts verstanden viele so, als seien sämtliche Vorwürfe falsch gewesen. Diese Sicht legte auch die Kommunikation des Ministeriums nahe.

Das Ministerium erhöhte den Druck auf Medien weiter, indem es mehrere Medien auf die Klarstellung des Handelsblatt hinwies. So kam bei vielen nun an: Das Handelsblatt habe falsch berichtet, der Vorwurf der Vetternwirtschaft sei aus dem Raum. Die Medienresonanz mit der entsprechenden Botschaft war riesig: Der Deutschlandfunk etwa berichtete am 7. September 2023 fälschlicherweise, dass das Handelsblatt seine Vorwürfe „komplett“ zurückgezogen habe.

Das verzerrte die Debatte enorm. Denn der Hauptvorwurf des Handelsblatts, dass es rund um die Vergabe von Fördergeldern problematische Freundschaftsnetzwerke gegeben habe, blieb weiter bestehen, ging aber in der Berichterstattung verloren. Dabei hatten sich die Vorwürfe gegen Bonhoff hatten sich im Zuge der Untersuchung der Innenrevision bereits weiter verdichtet. Dennoch verwies das Ministerium immer wieder auf den Widerruf des Handelsblatts, um die Vorwürfe gegen sein Haus abzuwehren. Die Botschaft lautete: Der Fall sei doch nun ausgestanden.

Geheime Berichte: Aussagen lassen sich nicht überprüfen

Das Ministerium hat sich bei seiner hausinternen Untersuchung offenbar zu sehr auf eine gründliche Zuarbeit Mitarbeiter:innen verlassen. Die Ministeriums-Mitarbeiter:innen wurden schriftlich und mündlich aufgefordert, ihre Postfächer nach bestimmten Stichwörtern zu durchsuchen und entsprechende Ergebnisse an die Innenrevision weiterzuleiten. Das Ministerium betonte im Nachhinein auch, dass alle auf ihre Pflicht zur Beteiligung hingewiesen worden seien.

Weitere Kontrollen gab es aber offenbar nicht. Der für die Aufklärung zuständige Staatssekretär Stefan Schnorr teilte dem Haushaltsausschuss des Bundestags im Februar 2024 während einer Befragung mit, dass die Anhaltspunkte für eine tiefergreifende Untersuchung nicht ausgereicht hätten. Es habe gegolten, die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter:innen zu schützen.

Die Aussagen des Ministeriums zu den Berichten der Innenrevision lassen sich nicht überprüfen, weil diese nicht öffentlich war. Das Ministerium lud lediglich eine ausgewählte Runde an Journalist:innen ein, um erste Untersuchungsergebnisse vorzustellen. Aus einem Großteil dieses Briefings durften die anwesenden Journalist:innen nicht berichten. Selbst Bundestagsabgeordnete durften den Bericht nur unter hohen Auflagen in der Geheimschutzstelle des Bundestags einsehen – und auch keine Informationen daraus weitergeben. Entsprechend groß war die Kritik vor allem von Oppositions-Bundestagsabgeordenten wie Ulrich Lange (CSU) oder Victor Perli (Linke).

Äußerst erstaunlicher Umgang mit schweren Vorwürfen

Der nachlässige Umgang des Ministeriums mit dem Fall Bonhoff steht im Widerspruch zu Schnorrs Aussagen dazu. Der Staatssekretär hatte anlässlich der Veröffentlichung des Zwischenberichts und auch auf weitere Nachfragen hin immer wieder betont, wie gründlich die Untersuchung hausintern durchgeführt worden sei. Er bemühte sich, mit allen Mitteln, keinerlei Zweifel an der Aufklärungsarbeit und deren Ergebnissen zu wecken.

Als der Abschlussbericht der Untersuchung vom Dezember 2023 veröffentlicht wurde, war kaum jemand überrascht, dass dieser ebenfalls zu dem Ergebnis kam, dass es keinerlei Anhaltspunkte für Fehlverhalten gegeben hätte. Zu diesem Zeitpunkt interessierte sich sowieso noch kaum jemand für den Fall – die Kommunikation des Ministeriums hatte seine Wirkung bereits erzielt. Weitere Medienberichte gab es erst, nachdem der Spiegel und wir weitere Details zu den Vorwürfe an die Öffentlichkeit brachten. Dadurch wurde nun für alle sichtbar und nachvollziehbar, dass Abteilungsleiter Bonhoff Absprachen mit seinen Freunden und Bekannten zu weit gegangen waren. Das wiederum setzte das Ministerium unter Handlungsdruck.

Nicht der erste Fall von Interessenkonflikten in Ministerien

Der Fall Bonhoff ist kein Einzelfall. Die Vorwürfe der Vetternwirtschaft und problematischer Interessenkonflikte in Ministerien haben sich gerade im letzten Jahr gehäuft: Besonders prominent in den Medien war der Fall des Staatssekretärs Patrick Graichen im Bundeswirtschaftsministerium, dessen Trauzeuge Chef bei der DENA bekommen sollte und dessen Schwester einem Umweltverband vorsaß, der Gelder aus dem Ministerium bekam.

Brisant war ebenfalls ein Fall aus dem Bundesfinanzministerium: Abteilungsleiterin Gerda Hofmann erläuterte beriet auf einem Seminar für Hochvermögende, wie diese die Steuern vermeiden können, die ihr Haus gerade erarbeitet.

Diese und weitere Fälle zeigen, dass es weitergehende Konsequenzen braucht. Wir haben bereits nach dem Fall Graichen erste Eckpunkte mit Vorschlägen für den Umgang mit Interessenkonflikten in Ministerien erarbeitet. Nun muss das Verkehrsministerium handeln. Gleichzeitig braucht es eine neue Regeln und Verfahren für die gesamte Bundesregierung.

Unsere Forderungen an das Verkehrsministerium

Das Verkehrsministerium hat bereits erste Konsequenzen gezogen: Bonhoff wurde entlassen, ein zuständiger Referatsleiter versetzt und die Wasserstoff-Förderung eingefroren. Die bundeseigene NOW soll extern untersucht werden. Zusätzlich veröffentlichte das Ministerium bereits im Dezember hausintern einen „Compliance Leitfaden zu Interessenkonflikte“ und rollte die hausinterne Untersuchung durch Innenrevision ab dem 7.2.2024 neu auf. Das sind wichtige Schritte, doch sie kamen viel zu spät und reichen noch nicht aus. Nun muss das Ministerium endlich die notwendige Ernsthaftigkeit beweisen, um seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.

Dazu zählen folgende weitere Schritte:

  • Das Ministerium sollte in seiner Kommunikation zu dem Fall klar einräumen, dass es bei der Aufklärung des Falls schwerwiegende Fehler begangen hat. Hierfür müssen vor allem Staatssekretär Stefan Schnorr und Minister Volker Wissing die Verantwortung übernehmen.
  • Die erneute Aufklärungsarbeit sollte dieses Mal transparent sein. Es muss für die Öffentlichkeit, aber auch für die Bundestagsabgeordneten nachvollziehbar sein, wie diese durchgeführt wird und welche Berichte dazu verfasst werden.
  • Das Ministerium sollte sich externe Unterstützung für die Aufklärung besorgen – und zwar nicht nur wie bereits angekündigt für die Untersuchung der bundeseigenen NOW, die die Vergabe der Fördergelder koordiniert.
  • Es ist richtig, dass nun auch die Rolle der bundeseigenen NOW weitergehend untersucht wird. Im Zentrum der Untersuchung muss hier die Frage stehen, ob es auch hier problematische Interessenkonflikte gab und wie mit diesen umgegangen wurde.
Unsere Forderungen an die Bundesregierung

Es braucht aber auch für die gesamte Bundesregierung einen angemessenen Umgang mit Fragen von Interessenkonflikten, Compliance und Integrität. Das Thema muss in der Bundesregierung gut verankert werden – und nicht nur beim passenden Anlass dem politischen Gegner angekreidet werden. Hierfür braucht es eine entsprechende Kultur und Haltung in allen Teilen der Politik, die immer wieder neu gepflegt werden muss. Entsprechende Schulungen und das Ergreifen der Vorbildfunktion sind hier wichtig.

Die bestehenden Regeln haben sich als nicht mehr zeitgemäß erwiesen. Sie setzen zu sehr auf die Pflichttreue der Beamt:innen und auf deren Fähigkeit, mögliche Interessenkonflikte selbst einzuschätzen und anzuzeigen. Bestehende Regelwerke der Ministerien sollten entsprechend abgeglichen, angepasst und vereinheitlicht werden. Internationale Empfehlungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zur Korruptionsprävention sollten dabei als Vorbild dienen.

Als erste wichtige Schritte schlagen wir vor:

  • Kontrolle und Aufsicht: Es braucht eine zentrale, eigenständige und unabhängige Stelle zur Kontrolle und Aufsicht für Fragen der Transparenz und Integrität. Als Vorbild dient die Hohe Behörde für Transparenz im öffentlichen Leben in Frankreich. Diese nimmt Interessenerklärungen von hochrangigen Amtsträger:innen zentral entgegen, prüft und trifft Entscheidungen zum Umgang mit Interessenkonflikten. Die Behörde kann eigenständig Untersuchungen durchführen und Hinweisen auf regelwidriges Verhalten nachgehen.
  • Interessenerklärungen: Hochrangige Entscheidungsträger:innen in Ministerien sollten künftig verpflichtet sein, vor Amtsantritt und bei wesentlichen Änderungen eine sogenannte Interessenerklärung abzugeben. Diese sollte Angaben zu finanziellen Interessen wie Unternehmensbeteiligungen enthalten. Bei Bewilligungsverfahren sollten alle daran beteiligten Beschäftigten aktiv befragt werden, ob es private Beziehungen zu den Verfahrensbeteiligten gibt.

Ausführliche Informationen zum Thema Regelungsbedarf zu Interessenkonflikten in Ministerien und vielen anderen Entwicklungen und Neuerungen im Bereich Lobbyregulierung und was noch zu tun ist, finden sie in unserem Lobbyreport, der am 14.03.2024 erscheint.

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Offener Brief: Big Tech zur Kasse bitten für Durchsetzung des Digital Markets Act (DMA)

7. März 2024 - 10:07

17 zivilgesellschaftliche Organisationen aus ganz Europa fordern in einem offenen Brief mehr Mittel für die Durchsetzung des Digital Markets Act (DMA). Die EU-Kommission soll Google, Meta, Apple & Co. zur Kasse bitten und über eine Gebühr eine bessere Durchsetzung der Regeln finanzieren.

Der Digital Markets Act (DMA) der EU soll ab heute den Machtmissbrauch der große Techkonzerne begrenzen. Die sogenannten Gatekeeper Google, Apple, Microsoft, Amazon, Microsoft und Bytedance (TikTok) müssen sich damit an strenge Regeln halten, damit sie ihre Monopolstellung nicht mehr ausnutzen können.

Doch bereits jetzt zeichnet sich ab, dass sich die Tech-Konzerne nicht ohne weiteres an die neuen Regeln halten werden. Ein zentrales Problem ist, dass der EU-Kommission die nötigen Ressourcen fehlen, um die Einhaltung der Regeln gegen die Tech-Konzerne durchzusetzen. Statt der geforderten 220 Stellen hat die Kommission bisher nur 80 Personen zur Verfügung, um den Digital Markets Act durchzusetzen.

Felix Duffy von LobbyControl kommentiert:

„Gemeinsam mit 17 Organisationen aus ganz Europa fordern wir die EU-Kommission auf, mehr Ressourcen zur Durchsetzung des Digital Markets Act (DMA) auf den Weg zu bringen. Die Tech-Konzerne selbst sollen durch eine Gebühr für eine bessere Aufsicht sorgen.“

Bereits während der Gesetzgebung hatten Politiker:innen und Zivilgesellschaft die unzureichenden Ressourcen für die Durchsetzung des DMA kritisiert. So forderte der DMA-Berichterstatter Andreas Schwab (CDU) bereits im Februar 2022 eine Personalausstattung von 220 Personen für die Kommission, um den mächtigen Tech-Konzernen mit ihren gigantischen Ressourcen Paroli bieten zu können.

Eine finanzielle Beteiligung von den Tech-Konzernen wurde hinter den Kulissen wiederholt diskutiert. Angesichts der Ankündigungen von einzelnen Gatekeepern, sich nur begrenzt an die Regeln halten zu wollen, bekommt die Forderung nach einer finanziellen Beteiligung der Tech-Konzerne Aufwind. Zuletzt hat auch Staatssekretär Sven Giegold vergangene Woche auf der Internationalen Kartellkonferenz in Berlin mehr Ressourcen für den DMA gefordert. Das sollte die Kommission aufgreifen und sich zu eigen machen.

Duffy weiter:

„Der DMA darf kein zahnloser Tiger werden. Die EU-Kommission muss jetzt sofort hart reagieren, wenn sich Tech-Konzerne nicht an die neuen Regeln halten. Und sie muss entschieden mehr Ressourcen für den DMA bereitstellen, damit die Tech-Konzerne die Regeln ernst nehmen.“

Hintergrund

Offener Brief der Zivilgesellschaft mit der Forderung nach einer Gebühr für Big Tech zur Durchsetzung des DMA

LobbyControl Petition für mehr Ressourcen zur Durchsetzung des DMA

Brief kleiner und mittelständischer Techunternehmen zu Apples Umgang mit dem DMA

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Ampel-Regierung beschließt endlich Lobby-Fußspur

6. März 2024 - 12:24

Ab Juni 2024 werden die Bundesministerien verpflichtet, den Lobbyeinfluss auf Gesetzentwürfe darzustellen. Das ist ein Erfolg und die Ampel setzt damit nach der Reform des Lobbyregisters und verschärften Regeln für die Parteienfinanzierung ein weiteres Transparenzvorhaben um. Doch im Detail wirft die neue Regelung Fragen auf und bleibt hinter unseren Erwartungen zurück.

Das Bundeskabinett hat heute eine Regelung für eine Lobby-Fußspur für Gesetze beschlossen. Demnach sollen die Bundesministerien ab Juni 2024 zu jedem Gesetzentwurf darstellen, inwieweit Interessenvertreter:innen wesentlich zum Inhalt des Gesetzentwurfs beigetragen haben.

Die Ampelkoalition setzt damit endlich das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um, mit dem das Lobbyregister sinnvoll ergänzt werden soll. Die neue Transparenzvorschrift bleibt aber in wesentlichen Punkten hinter unseren Erwartungen zurück. Sie lässt den Ministerien viel Spielraum, in welchem Umfang sie künftig Lobbyeinflüsse tatsächlich offenlegen. Damit wird es stark vom politischen Willen abhängen, wie transparent die Gesetzgebung letztlich wird. Mehr konkrete Vorgaben wären besser gewesen, auch um den Erfüllungsaufwand für die zuständigen Ministerialbeamten zu erleichtern.

Ein Beschluss, der Fragen aufwirft

In der vergangenen Wahlperiode hatten Union und SPD bereits über eine Regelung zu einem exekutiven Fußabdruck auf gesetzlicher Grundlage verhandelt. Das Bundesjustizministerium hatte einen durchaus überzeugenden Entwurf erarbeitet. Dieser scheiterte aber letztlich am Widerstand der Union. Die nun von der Ampel beschlossene Regelung sieht keine gesetzliche Grundlage vor, sondern lediglich eine Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien und bleibt auch inhaltlich deutlich hinter dem Entwurf aus der letzten Wahlperiode zurück. So enthält er etwa keine Verpflichtung Gesprächstermine umfassend offenzulegen.

Statt ausgiebig Informationen über schriftliche Eingaben und Gesprächstermine zu einem Gesetz zu dokumentieren und zu veröffentlichen, beschränkt sich die Bundesregierung darauf, nur dann Angaben zu Lobbyeinflüssen zu machen, wenn sie sich tatsächlich auf den Rechtsakt ausgewirkt haben, also gewissermaßen „erfolgreich“ waren.

So ergibt sich aber kein Gesamtbild der Beteiligung und des Einflusses Dritter auf ein Gesetz. Für den Bundestag und die Öffentlichkeit ist es durchaus relevant zu wissen, welche Argumente nicht berücksichtigt wurden und wie ausgewogen Interessengruppen beteiligt waren. Die Bundesregierung sollte ihre Regelung daher zumindest um eine Pflicht zur Veröffentlichung von Lobbyterminen auf Leitungsebene ergänzen, so wie es die EU-Kommission seit Jahren vormacht.

Regierung will Lobbytermine nicht veröffentlichen

Der große Interpretationsspielraum macht die Anwendung der neuen Regeln in den Ministerien nicht unbedingt leichter. Die Beamt:innen müssen permanent abwägen, inwieweit Interessenvertretung sich wesentlich in einem Gesetzentwurf niedergeschlagen hat oder ob dadurch der Inhalt in zentralen Fragen geändert wurde.

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Aus unserer Sicht wäre es konsequenter und für die Ministerien letztlich leichter zu handhaben, Angaben zu allen Lobbyterminen und schriftlichen Eingaben zu machen. Die Beantwortung der Frage, was wesentlich ist oder welche Fragen zentral sind, könnten sie dann dem Bundestag und der Öffentlichkeit überlassen. Auf der anderen Seite bietet der Spielraum auch Chancen: Zumindest prinzipiell lässt die neue Regel zu, dass die Ministerien den Interesseneinfluss tatsächlich umfassend darstellen. Welcher Einflusskanal, eine Stellungnahme, ein persönliches Gespräch oder auch ein Telefonat dabei relevant war, ist unerheblich, solange davon ein wesentlicher Einfluss auf das Gesetz ausging. Wir werden jedenfalls ab Juni 2024 sehr genau hinschauen, welche Ministerien einen hohen Transparenzstandard umsetzen und wer die großen Spielräume der Regelung in gegenteiliger Richtung ausnutzt.

Der vollständige Beschluss zur Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien ist hier zu finden.

Ausführlichere Informationen zur Fußspur, den vielen anderen Neuerungen im Bereich Lobbyregulierung und was noch zu tun ist, finden sie in unserem Lobbyreport, der am 14.03.2024 erscheint.

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Bundesregierung beschließt Lobby-Fußspur für Gesetze

6. März 2024 - 12:23

Das Bundeskabinett hat heute die Einführung eines sogenannten „exekutiven Fußabdrucks“ beschlossen. Demnach sollen die Bundesministerien ab Juni zu jedem Gesetzentwurf darstellen, inwieweit Interessenvertreter:innen wesentlich zum Inhalt des Gesetzentwurfs beigetragen haben. LobbyControl begrüßt, dass die Ampelkoalition damit endlich das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umsetzt, mahnt aber weitere Verbesserungen an.

Timo Lange von LobbyControl:

„Es ist gut, dass die Bundesregierung nun endlich eine Lobby-Fußspur für Gesetze und Verordnungen beschlossen hat. Die neue Transparenzvorschrift ergänzt das Lobbyregister, bleibt aber in wesentlichen Punkten hinter unseren Erwartungen zurück. Der heutige Beschluss lässt den Ministerien viel Spielraum, in welchem Umfang sie künftig Lobbyeinflüsse offenlegen. Damit wird es stark vom politischen Willen abhängen, wie transparent die Gesetzgebung letztlich wird. Hier wären mehr konkrete Vorgaben besser gewesen.“

Ein Beschluss, der Fragen aufwirft

In der vergangenen Wahlperiode hatten Union und SPD bereits über eine Regelung zu einem exekutiven Fußabdruck auf gesetzlicher Grundlage verhandelt. „Das Bundesjustizministerium hatte einen durchaus überzeugenden Entwurf erarbeitet“, so Lange. Dieser scheiterte aber letztlich am Widerstand der Union. Die nun von der Ampel beschlossene Regelung sieht keine gesetzliche Grundlage vor, sondern lediglich eine Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien und bleibt auch inhaltlich deutlich hinter dem Entwurf aus der letzten Wahlperiode zurück. So enthält er etwa keine Verpflichtung Gesprächstermine umfassend offenzulegen.

Lange: „Die Ampel verfolgt damit einen anderen Ansatz als wir uns das gewünscht hätten.“

Statt umfassend Informationen über schriftliche Eingaben und Gesprächstermine zu einem Gesetz zu dokumentieren und zu veröffentlichen, beschränkt sich die Ampel darauf, nur dann Angaben zu Lobbyeinflüssen zu machen, wenn sie sich tatsächlich auf den Rechtsakt ausgewirkt haben, also gewissermaßen erfolgreich waren.

„So ergibt sich aber kein Gesamtbild der Beteiligung und des Einflusses Dritter auf ein Gesetz. Für den Bundestag und die Öffentlichkeit ist es durchaus relevant zu wissen, welche Argumente nicht berücksichtigt wurden und wie ausgewogen Interessengruppen beteiligt waren. Die Bundesregierung sollte ihre Regelung daher zumindest um eine Pflicht zur Veröffentlichung von Lobbyterminen auf Leitungsebene ergänzen, so wie es die EU-Kommission seit Jahren vormacht“, sagt Lange.

Regierung will Lobbytermine nicht veröffentlichen

Weiterhin bemängelt LobbyControl den großen Ermessens- und Auslegungsspielraum der nun beschlossenen Regelung. Demnach müssen die Beamtinnen und Beamten in den Bundesministerien permanent abwägen, inwieweit Interessenvertretung sich wesentlich in einem Gesetzentwurf niedergeschlagen hat oder ob dadurch der Inhalt in zentralen Fragen geändert wurde.

„Hier wäre es aus unserer Sicht konsequenter und für die Ministerien leichter zu handhaben, Angaben zu allen Lobbyterminen und schriftlichen Eingaben zu machen und die Beantwortung der Frage, was wesentlich ist oder welche Fragen zentral sind, dem Bundestag und der Öffentlichkeit zu überlassen. Stattdessen bleibt vieles im Ungefähren und erfordert Abwägungen im Einzelfall“, so Lange.

Lange weiter: „Positiv ist hingegen, dass die Transparenzvorschrift prinzipiell zulässt, dass die Ministerien den Interesseneinfluss tatsächlich umfassend darstellen. Zwar wären konkretere Vorgaben besser gewesen. Aber in der Offenheit der Vorschrift liegen auch Chancen, den entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt. Wir werden jedenfalls ab Juni sehr genau hinschauen, welche Ministerien einen hohen Transparenzstandard umsetzen und wer die Spielräume der Regelung in gegenteiliger Richtung ausnutzt.“

Hintergrund

  • Der heutige Beschluss sieht eine Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien vor. Demnach müssen die Bundesministerien ab 1. Juni 2024 in der Begründung zu jedem von ihnen federführend behandelten Gesetzentwurf darstellen „inwieweit Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter sowie beauftragte Dritte wesentlich zum Inhalt des Gesetzentwurfs beigetragen haben“ (Hervorhebung von LobbyControl). Insbesondere die Wöter „inwieweit“ und „wesentlich“ führen dabei zu einem erheblichen Interpretationsspielraum und können so zu einer uneinheitlichen Anwendung der neuen Regeln führen. Wird die Wesentlichkeitsschwelle sehr hoch angesetzt, besteht das Risiko, dass Ministerien kaum mehr relevante Angaben zur Beteiligung von Interessengruppen machen als bisher. Zusätzlich hat die Bundesregierung eine Synopsenpflicht für alle Gesetzentwürfe beschlossen. Den vollständigen Beschluss finden Sie hier.
  • Die Ergebnisse der heutigen Kabinettssitzung finden Sie hier.
  • Den in der letzten Legislaturperiode im Bundejustizministerium entwickelten Gesetzentwurf für einen „exekutiven Fußabruck“ haben wir hier veröffentlicht.
  • Um das Thema Lobby-Fußabdruck und weitere Transparenz- und Lobbyregeln geht es auch in unserem Lobbyreport 2024, den wir nächste Woche auf einer Online-Pressekonferenz vorstellen werden. Die Pressekonferenz findet am Donnerstag, 14. März 2024, 10 Uhr statt. Anmeldungen unter den untigen Kontaktdaten.

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Europas Schutzschild gegen die Macht von Big Tech stärken

5. März 2024 - 11:05

Google, Meta, Apple & Co. missbrauchen ihre Macht. Um sie daran zu hindern, braucht das DMA – Digitalmarktgesetz mehr Ressourcen. Jetzt Techkonzerne zur Kasse bitten!

Die EU hat mit dem Digital Markets Act (DMA) wichtige Regeln zu unserem Schutz geschaffen, von denen wir alle profitieren werden. Doch für deren Einhaltung braucht sie mehr qualifiziertes Kontrollpersonal als aktuell vorhanden. Das freut Konzerne wie Apple, die bereits angekündigt haben, sich kaum an die Regeln halten zu wollen. So ein Verhalten ist Gift für unsere Demokratie.

Nur mit zusätzlichen Ressourcen kann die Durchsetzung des DMA gestärkt und wir effektiv vor dem Machtmissbrauch durch Big Tech geschützt werden. Die EU soll darum Google, Meta, Apple & Co. zur Kasse bitten und von ihnen Gebühren erheben, um ihre Kontrolle zu finanzieren!

Sehr geehrte Kommissarin Vestager,
sehr geehrter Generaldirektor Guersent,

die EU hat mit dem Digital Markets Act (DMA) ein wichtiges Schutzschild gegen den Machtmissbrauch durch Big Tech geschaffen. Doch die Stärke von Regeln steht und fällt mit deren Durchsetzung. Schützen Sie uns Bürgerinnen und Bürger gegen den Machtmissbrauch der Tech-Konzerne und sorgen Sie dafür, dass sich Google, Meta, Apple & Co. an die Regeln des Digitalmarktgesetzes halten.

Wir fordern Sie darum auf:

Stärken Sie jetzt die schwache Personaldecke der EU. Setzen Sie sich dafür ein, dass eine finanzielle Selbstbeteiligung von Big Tech nach dem Verursacherprinzip über eine Monitoring-Gebühr im DMA ergänzt wird.

Mit freundlichen Grüßen

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Warum ist die Macht von Big Tech ein Problem?

Techkonzerne wie Amazon oder Google sind zu groß und zu mächtig. Ihre Macht führt dazu, dass sie praktisch unregulierbar geworden sind und sich verhalten, als gäbe es keine Gesetze.

Sie sammeln ungehindert und unbegrenzt unsere Daten, nutzen sie für unterschiedliche ihrer Dienste (Whatsapp/Facebook/Instagram). Sie beanspruchen diese Daten für sich und teilen sie nicht mit anderen, sondern vermarkten sie beispielsweise über angepasste Werbung und machen so Megaprofite.

Ebenso bevorzugen sie ihre eigenen Produkte in Suchmaschinen (Google), sie drängen kleine und mittelständische Unternehmen aus dem Markt (Amazon) oder kaufen sie auf, wenn sie ihnen Konkurrenz machen könnten, wie der Kauf von Whatsapp und Instagram durch Meta belegen.

Wie bedroht die Macht der Internetplattformen unsere Demokratie?

Google, Meta, Apple & Co. gehören zu den mächtigsten und einflussreichsten Konzernen der Welt. Mehr als 113 Millionen Euro jährlich gibt die Digitalindustrie allein für Lobbyarbeit in Brüssel aus. Mit dieser Lobbymacht versuchen Google, Meta, Apple & Co. strengere Regulierung zu verhindern und ihre wirtschaftliche Macht auszubauen.

Auch die Marktmacht der großen Plattformen ist enorm groß. Sie haben in den letzten Jahren unzählige Konkurrenten aus dem Markt gedrängt oder aufgekauft, und nichts deutet darauf hin, dass sie damit freiwillig aufhören werden. Daraus resultieren schon jetzt monopolartige Stellungen: Googles Suchmaschine organisiert das Wissen im Internet, die hauseigene Videoplattform Youtube hängt das traditionelle Fernsehen ab. Amazon dominiert den Onlinehandel, Facebook kontrolliert mit Instagram und Whatsapp den Großteil der sozialen Netzwerke. Die öffentliche Verwaltung und die meisten Unternehmen sind abhängig von Microsoft-Produkten, während der Markt für mobile Apps von Google und Apple beherrscht wird.

Ihre dominante Stellung nutzen die Unternehmen zu ihren Gunsten aus. Sie missbrauchen die Kontrollmöglichkeiten ihrer Plattformen (die sogenannte „Gatekeeper“-Macht), um ihre wirtschaftliche Stellung noch weiter auszubauen und gesetzliche Regelungen zu verhindern. So kommt es zu einer immer stärkeren Machtkonzentration und letztlich einer Bedrohung der Demokratie.

Was ist der Digital Markets Act (DMA) genau?

Das Digitalmarktgesetz DMA soll verhindern, dass die großen Techkonzerne ihre Macht missbrauchen, um ihre Monopolstellung zu festigen und auszubauen.

Der DMA greift dazu direkt in die Geschäftsmodelle von Big Tech ein. Diejenigen, die als sogenannte Gatekeeper (Türsteher) definiert wurden, müssen mit dem DMA ab dem 7. März Änderungen an ihren Diensten vornehmen.

Whatsapp muss etwa künftig zulassen, dass man von anderen Messengern an eine Whatsappnutzer:in schreiben kann. Dadurch werden die Dienste geöffnet und die Nutzung von Alternativen erleichtert. Der DMA verhindert damit Ausgrenzung, er erhöht unsere Wahlfreiheit und sorgt dafür, dass Alternativen stärker zum Zuge kommen.

Verstoßen die Digitalkonzerne gegen die Regeln, drohen Strafen. Bei systematischen Verstößen könnte die EU-Kommission als letztes Mittel auch die Zerschlagung von Unternehmen anordnen.

Welche Techkonzerne fallen unter den DMA?

Erst ab einer bestimmten Größe und einer bestimmten Bedeutung für den europäischen Markt fallen Techkonzerne unter das Regelwerk des DMA. Zudem werden nicht die Konzerne selbst, sondern ihre Dienstleistungen reguliert. Bei Google sind das beispielsweise die Suchmaschine, Google Maps, Google Play, Google Shopping sowie die Onlinewerbung von Google und der Browser Chrome und das Betriebssystem Android.

22 Dienste von sechs Konzernen fallen unter die Regeln des DMA. Fünf der Unternehmen stammen aus den USA, eines aus China, keines aus Europa. Die Unternehmen in alphabetischer Reihenfolge sind:

  • Amazon
  • Apple
  • Bytedance (Tiktok)
  • Google
  • Meta
  • Microsoft

Folgende Dienste der Unternehmen werden geregelt:

  • Soziale Netzwerke: Tiktok, Facebook, Instagram, Linkedin
  • Videoplattform: Youtube
  • Suchmaschinen: Google Suche
  • Browser: Chrome, Safari
  • Betriebssysteme: Google Android, iOS, Windows PC OS
  • Messaging-Dienste: Whatsapp, Messenger
  • Vermittlungsdienste: Google Maps, Google Play, Google Shopping, Amazon Marketplace, App Store, Meta Marketplace
  • Onlinewerbung: Google, Amazon, Meta

Wie wollen die Techkonzerne den DMA umgehen?

Bereits während der DMA-Verhandlungen hatten sich die Technologiekonzerne dafür eingesetzt, die Durchsetzung der Regeln abzuschwächen. Das Ergebnis ist, dass die besonders harten Sanktionen, die bei Verstößen verhängt werden können, erst dann greifen, wenn ein Gatekeeper systematisch gegen die Regeln des DMA verstößt. Diese so genannte „systematic non-compliance“ liegt erst vor, wenn es innerhalb von acht Jahren zu drei Verstößen gekommen ist.

Insbesondere Apple hat bereits angekündigt, sich zwar auf dem Papier an die Regeln zu halten, diese aber so auszulegen, dass sich an den Machtverhältnissen kaum etwas ändert. So sollen Konsument:innen zwar in Zukunft die Wahl zwischen verschiedenen App-Stores haben, doch die technischen Hürden werden absehbar so groß bleiben, dass sie Anbieter und Nutzer:innen weiterhin abschrecken.

Eine weitere Gefahr besteht darin, dass Google, Meta, Apple & Co. Verstöße gegen die Regeln nicht nachvollziehbar machen. Durch den DMA sind die Unternehmen zwar verpflichtet, regelmäßig detaillierte Berichte zu veröffentlichen, in denen sie darlegen, wie sie die Regeln einhalten. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass solche Berichte unvollständig sind und daher eine rasche Reaktion der Kommission erfordern.

Was muss am DMA verbessert werden?

Um den DMA effektiv gegen die mächtigen Techkonzerne durchzusetzen, sind vor allem politischer Wille der EU Kommission und ausreichend Personalressourcen nötig.

Laut Kommission sind aktuell 80 Personen mit der Durchsetzung der DMA-Regeln befasst. Expert:innen schätzen, dass es 220 Personen bräuchte und auch das EU-Parlament hatte sich in den Verhandlungen dafür ausgesprochen, das nötige Geld für 220 Personen bereitzustellen. Davon ist die Kommission aktuell weit entfernt. Dass der DMA ein Ressourcenproblem hat, haben wir bereits in einem Rechtsgutachten im Februar 2022 festgestellt und als strategischen Fehler kritisiert.

Eine naheliegende Lösung des Problems wäre es, zusätzliche Mittel von den Technologieunternehmen selbst einzutreiben, indem sie nach dem Verursacherprinzip für die Missbrauchsaufsicht Gebühren zahlen. Dies ist bei anderen Gesetzen wie dem Digital Services Act (DSA) gängige Praxis und wurde beim DMA leider versäumt im Gesetz festzuschreiben. Wenn die EU-Kommission diese Idee der neuen Kommission ab Herbst als Arbeitsauftrag mitgibt, besteht die reelle Chance, dass der Vorschlag nach den Europawahlen umgesetzt wird.

Was braucht es zusätzlich, um die Macht der Digitalkonzerne zu begrenzen?

Der Digital Markets Act (DMA) ist ein wichtiger Baustein, um den Missbrauch der Macht durch Internetkonzerne zu verhindern. Um die jetzt schon zu große Machtkonzentration zu verringern, wären jedoch weitere Maßnahmen notwendig.

Eine solche strukturelle Maßnahme könnte die Zerschlagung von Unternehmen sein, beispielsweise die Herauslösung von Instagram aus dem Facebook-Konzern. Vor allem in den USA wird die Entflechtung der Digitalkonzerne schon seit Längerem intensiv diskutiert. Die Zerschlagung von marktbeherrschenden Konzernen ist dort nichts Neues – unter anderem in der Öl-, Eisenbahn- oder Telekommunikationsbranche hat es historisch solche Entflechtungen gegeben.

Auch ergänzende Maßnahmen zur Verhinderung neuer Unternehmens-Zusammenschlüsse können notwendig sein. Entweder braucht es die Stärkung der Fusionskontrolle innerhalb des DMA oder eine Reform der Fusionskontrolle im EU-Wettbewerbsrecht. In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass die EU-Kommission oder nationale Wettbewerbsbehörden brisante, monopolbildende Zusammenschlüsse oder Übernahmen bereits im Vorfeld effektiv unterbinden können.

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Saisonstart unserer lobbykritischen Stadtführungen

1. März 2024 - 9:59

Im Berliner Regierungsviertel haben sich viele Verbandsbüros, Unternehmensrepräsentanzen, PR-Agenturen und andere Lobby-Akteure angesiedelt. Jetzt zum bald beginnenden Frühling starten wir wieder mit unseren lobbykritischen Stadtführungen, bei denen wir spannende Einblicke in die Arbeit von Lobbyist:innen bieten.

Sightseeing in Berlin: Tourist:innen machen im Regierungsviertel Selfies vor dem Brandenburger Tor, auf der großen Wiese vor dem Bundestag oder Unter den Linden. Und manchmal fotografieren sie dabei zufällig auch Menschen im Businessdress und mit Aktentasche. Es könnten Geschäftsleute oder Politiker:innen sein, aber sehr oft sind es Lobbyist:innen, die hauptberuflich damit beschäftigt sind, die Politik in ihrem Sinne oder in dem ihrer Auftraggeber zu beeinflussen.

Wer sind diese Lobbyist:innen und was tun sie? Bei unseren lobbykritischen Stadtführungen im Berliner Regierungsviertel zeigen wir, wer sich hinter den Klingelschildern an vielen Bürogebäuden im Regierungsviertel tatsächlich verbirgt und was diese Lobbyist:innen dort genau tun. Denn vielen Menschen ist kaum bekannt, wie Lobbyakteute es schaffen, Politik zu beeinflussen. Dabei geht nicht nur um Hinterzimmergespräche, sondern auch um großangelegte Kampagnen, die gesellschaftliche Debatten verschieben. Es geht um die Nebenjobs der Abgeordneten und die Frage, wer die Parteien mit riesigen Spenden finanziert.

Wir besuchen u.a. die Lobby der Arbeitgeber, der Metall-Industrie, die fossile Gaslobby oder den Brauer-Verband. Wir drehen auch ein kleine Runde am Brandenburger Tor, denn auch dort am Pariser Platz sind Lobbyist:innen unterwegs: Waffenproduzenten, Bankenlobby und Superreiche. Wir beleuchten dabei, welche Regeln es für Lobbyismus in Deutschland bisher gibt und was sich unserer Meinung nach dabei ändern muss.

  • Unsere offenen Stadtführungen, an der jede:r einfach nach Anmeldung teilnehmen kann, starten immer am Samstag um 14 Uhr. Jetzt gleich anmelden!
  • Unsere Stadtführung gibt es auch angepasst für Schulklassen, die sich für Lobbyismus interessieren, z.B. wenn es um Lobbyismus in Schulen oder auch der milliardenschwerden Gams-Branche. Aber auch für Team- und Betriebsausflüge oder im Rahmen von Studienfahrten sind unsere Gruppentouren passen. Alle Info dazu gibt es hier:

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Neues Lobbyregister: Ein guter Tag für Transparenz und Demokratie

29. Februar 2024 - 7:00

Ab morgen gelten neue Regeln für Lobbyistinnen und Lobbyisten: Die von der Ampelkoalition letzten Herbst beschlossene Reform des Lobbyregister-Gesetzes tritt zum Monatswechsel in Kraft.

Timo Lange von LobbyControl kommentiert:

„Mit den neuen Regeln wird das Lobbyregister von Bundestag und Bundesregierung ab morgen deutlich aussagekräftiger. Die Ampel hat eine umfassende Reform verabschiedet, die viele Lücken und Schwachstellen des bisherigen Registers ausbessert. Künftig werden wir mehr Transparenz darüber haben, welche Gesetze Lobbyisten beeinflussen wollen und in welcher Hinsicht. Das ist ein guter Tag für Transparenz in der Politik und die Demokratie insgesamt.

Positiv ist auch, dass Angaben zur Finanzierung und zu Lobbyausgaben künftig für alle verpflichtend sind. Zudem müssen Lobbydienstleister, die für verschiedene Auftraggeber tätig sind, nun genau aufschlüsseln, was sie für ihre jeweiligen Kunden tun und wie viel Geld sie dafür erhalten. Insgesamt werden damit deutlich mehr relevante Informationen über Lobbyakteure und ihre Aktivitäten verpflichtend bereitgestellt, die sowohl den Politiker:innen als auch der Öffentlichkeit dienen.

Kritisch bleibt, dass die Ampel entgegen ihrer Ankündigung im Koalitionsvertrag die Ausnahmen von der Registrierungspflicht nicht zurückgenommen hat. Somit bleiben wichtige Interessengruppen wie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sowie Kirchen und Religionsgemeinschaften weiterhin außen vor. Wichtig bleibt zudem die Ergänzung des Lobbyregisters um eine Lobby-Fußspur für Gesetze. Diese Regelung soll die Politik verpflichten, Transparenz über die konkrete Beteiligung von Interessenvertretungen an der Ausarbeitung von Gesetzen herzustellen. Auch dieses Vorhaben ist im Koalitionsvertrag verankert, aber bisher nicht umgesetzt.“

Hintergrund

Hier eine Übersicht der wichtigsten Änderungen:

  • Lobbyakteure müssen verpflichtend Angaben machen, auf welche Gesetze oder Verordnung ihre Lobbyarbeit zielt und wesentliche Stellungnahmen direkt im Register hochladen
  • Lobbydienstleister müssen ihre Aufträge nach Inhalt und Finanzvolumen aufschlüsseln
  • Die Angaben zu Lobbyausgaben und zur Finanzierung können nicht mehr verweigert werden
  • Lobbyakteure müssen ihre Hauptfinanzierungsquellen verpflichtend offenlegen
  • Geltungsbereich des Gesetzes bei Lobbyarbeit gegenüber den Bundesministerien wird ausgeweitet
  • Kettenbeauftragungen werden durch eine Pflicht zur Benennung von Unterauftragnehmern besser nachvollziehbar
  • Ehemalige (und aktuelle) politische Amts- und Mandatsträger:innen sowie Beschäftigte in Parlament und Bundesverwaltung müssen im Lobbyregister für 5 Jahre gesondert ausgewiesen werden, wenn sie an der Interessenvertretung eines Lobbyakteurs unmittelbar beteiligt sind
  • Ab einer gewissen Erheblichkeitsschwelle muss neben Schenkungen und öffentlichen Zuwendungen auch die Herkunft von Mitgliedsbeiträgen transparent gemacht werden
  • Verbände und Vereine müssen Angaben zur Zusammensetzung ihrer Mitgliedschaft machen
  • Der Kreis der namentlich zu benennenden Personen wird erweitert, zum Beispiel wenn Aufsichtsräte als Lobbyist:innen auftreten
  • Die Anzahl der an der Interessenvertretung beteiligten Personen muss nun in Vollzeitäquivalenten angegeben werden, was die Vergleichbarkeit erhöht
  • Die Ausnahme für Rechtsanwält:innen ist enger gefasst
  • Die Bundestagsverwaltung als registerführende Stelle bekommt mehr Ressourcen und Kompetenzen

Weitere Informationen zu den Änderungen  (Stand Oktober 2023)

Offizielle Informationen der Bundestagsverwaltung zur neuen Rechtslage

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Hausverbot für Amazon-Lobbyisten: Zivilgesellschaft begrüßt Entscheidung des EU-Parlaments

28. Februar 2024 - 11:39

Das Europäische Parlament hat gestern beschlossen, den Amazon-Lobbyisten die Hausausweise und damit den dauerhaften Zugang zum Parlamentsgebäude zu entziehen. Nach Monsanto im Jahr 2017 ist dies erst das zweite Mal in der Geschichte des Europäischen Parlaments, dass einem Unternehmen die Hausausweise entzogen werden. Zuvor hatte ein breites Bündnis von mehr als 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften in einem offenen Brief an EU-Parlamentspräsidentin Metsola den Entzug der Hausausweise gefordert.

Anlass war das Verhalten des Konzerns, der sich im Januar 2024 weigerte, im Europäischen Parlament über die Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren des Konzerns zu diskutieren.

Reaktionen der Zivilgesellschaft

Max Bank (LobbyControl) kommentiert: „Mit seiner Entscheidung, Amazon die Hausausweise zu entziehen, sendet das Europäische Parlament ein klares Signal aus. Es zeigt den Tech-Lobbyisten die rote Karte, wenn sie die Rolle der demokratischen Institutionen missachten.“

Gianpaolo Meloni (italienischer Amazon-Mitarbeiter und Mitglied des Europäischen Betriebsrats) kommentiert: „Amazon behandelt unsere demokratischen Institutionen so, wie es uns als Mitarbeiter behandelt: mit Verachtung. Die Entscheidung des Europäischen Parlaments zeigt Amazon, dass es unsere demokratischen Institutionen nicht länger ohne Konsequenzen missachten kann. Und ich hoffe, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird, wenn es um unsere demokratischen Rechte geht: wie das Recht, einer Gewerkschaft beizutreten und für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne zu verhandeln.“

Bram Vranken (Corporate Europe Observatory) kommentiert: „Dies ist ein wichtiger Sieg gegen eines der größten und mächtigsten Unternehmen der Welt. Amazons völlige Missachtung der demokratischen Kontrolle seines ausbeuterischen Geschäftsmodells wird nicht toleriert. Wir fordern nun alle Mitglieder des Europäischen Parlaments auf, sich nicht mit Amazon-Lobbyisten zu treffen.“

Oliver Roethig (UNI Europa) kommentiert: „Das Europäische Parlament hat eine klare rote Linie gezogen: Amazons undemokratisches Verhalten wird nicht toleriert – weder gegenüber Gewerkschaften noch gegenüber Parlamenten. Für die Amazon-Beschäftigten und ihre Gewerkschaften in ganz Europa ist dies ein wichtiger Sieg im Kampf für gute Arbeitsbedingungen bei Amazon.“

Margarida Silva (SOMO) fügt hinzu: „Die Entscheidung zeigt, dass sich das Europäische Parlament für eine demokratische Kontrolle der Macht von Unternehmen einsetzt. Jetzt kommt die harte Arbeit, um sicherzustellen, dass das Unternehmen sie nicht umgeht. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments und ihre Mitarbeiter*innen müssen sicherstellen, dass sie den Lobbyisten von Amazon keine Hintertür öffnen und die EU-Institutionen müssen ihre Kontrolle der EU-Lobbyarbeit verschärfen.“


Hintergrund

Weitere Informationen zu den Reaktionen der Zivilgesellschaft in der englischsprachigen Pressemitteilung.

Mehr zum offnen Brief an Parlamentspräsidentin Metsola in unserer Pressemitteilung vom 12. Februar.

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Bayer Monsanto-Fusion: Interessenkonflikte in der EU-Wettbewerbsbehörde

23. Februar 2024 - 16:50

Bei der Fusion von Bayer und Monsanto im Jahr 2018 spielte möglicherweise ein Interessenkonflikt bei einem Mitarbeiter der EU-Wettbewerbsbehörde eine Rolle. Das legt eine gemeinsame Recherche von LobbyControl und Corporate Europe Observatory (CEO) nahe, über die der Spiegel heute berichtet. Seitdem sei das Problem von Seitenwechseln bei der Wettbewerbsbehöre DG Competition nicht beseitigt, sondern schreibe sich fort, so LobbyControl. Die Organisation fordert deshalb mehr Abstand und ein entschiedeneres Vorgehen gegen Interessenkonflikte.

2018 hat die EU-Wettbewerbsbehörde die Mega-Fusion von Bayer und Monsanto unter der Auflage genehmigt, dass Bayer Teile seines Saatgutgeschäfts an den Chemiekonzern BASF abtritt. Eine Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens Compass Lexecon hatte dargelegt, dass es in diesem Fall weiter ausreichend Konkurrenz auf den meisten Märkten geben werde – die marktbeherrschende Stellung weniger Konzerne über den Saatgut- und Pestizidmarkt spielte in der Bewertung keine Rolle. Kurz darauf wechselte nach den Recherchen von Lobbycontrol und Corporate Europe Observatory mindestens einer der Beamten, der an dem Verfahren beteiligt gewesen sein soll, in eine Führungsposition bei Compass Lexecon. Eine Antwort auf Anfragen von LobbyControl und Corporate Europe Observatory dazu verweigerte die Wettbewerbsbehörde.

Max Bank von LobbyControl kommentiert:

„Da unsere Fragen von der EU-Wettbewerbsbehörde unbeantwortet blieben, konnte unser Verdacht zu einem möglichen Interessenkonflikt nicht ausgeräumt werden. Im Gegenteil, er verhärtet sich durch fehlende Transparenz. Für uns bleibt unklar, ob der Beamte bei seiner Empfehlung für die Kommission aus Überzeugung oder aus persönlichem Interesse – dem Anreiz eines lukrativen Jobangebots – gehandelt hat“.

Die EU-Kommission wies die Kritik gegenüber dem Spiegel zurück und verwies auf ihrer Meinung nach funktionierende Verhaltenskodizes. Wie LobbyControl in mehreren Recherchen nachwies, fehlt jedoch sehr viel häufiger als in diesem Fall der Abstand zwischen Wettbewerbsbehörde und den Wirtschaftsberatungsfirmen, die Unternehmen bei ihren Fusionen beraten. Seitenwechsel finden in beide Richtungen statt. So ist das Team des Chefökonomen der Generaldirektion Wettbewerb regelmäßig mit Personal aus diesen Beratungsunternehmen besetzt. Aus öffentlichen Informationen geht hervor, dass von den 29 Beamten, die für den Chefökonomen der Kartellbehörde arbeiten, fast die Hälfte (13) früher als Wirtschaftsberater in der Privatwirtschaft tätig waren. Neun Beamte der Generaldirektion Wettbewerb waren früher bei Charles River Associates (CRAI), einer anderen großen Wirtschaftsberatung in Brüssel. Drei von ihnen waren die hochrangigen Beamten der Abteilung: der Chefökonom selbst und die beiden Referatsleiter.

Max Bank: „Während die Beratungsunternehmen über die Seitenwechsel in Pressemitteilungen frohlocken, sieht die EU-Bürgerbeauftragte durch die laxen Genehmigungen der Seitenwechsel die Integrität der EU-Verwaltung in Gefahr.“

Wie gering das Problembewusstsein ist, zeigen weitere Beispiele: Im Jahr 2023 wollte die EU-Kommission einer der Beratungsfirmen, dem Unternehmen RBB Economics, gar die Überprüfung des Erfolgs der EU-Fusionskontrolle in Auftrag geben. Die Wirtschaftsberatung hatte kurz zuvor das Unternehmen Google bei einer umstrittenen Fusion unterstützt. Nur durch die Skandalisierung durch LobbyControl und Corporate Europe Observatory zog Wettbewerbskommissarin Vestager den Auftrag zurück. Das Politik-Magazin Politico enthüllte zudem, dass die Wirtschaftsberatungsunternehmen Beamte der Kommission auch regelmäßig zu Büroeröffnungen oder exklusiven Konferenzen einluden – und dabei deren Kosten übernahmen.

Max Bank weiter: „Die Nähe zwischen EU-Wettbewerbsbehörde und den Brüsseler Beratungsfirmen, die Konzerne bei ihren Fusionen unterstützen, ist viel zu groß. Die EU-Kommission sollte endlich anerkennen, dass dies ein Problem darstellt, weil es zu Entscheidungen ihrer Wettbewerbsbehörde führen kann, die dem Gemeinwohl widersprechen. Sie muss dringend für Abstand sorgen. Dazu braucht es unter anderem ein entschiedeneres Vorgehen gegen die zahlreichen Seitenwechsel der Kartellwächter in die Beratungsbranche.“

Hintergrund:

Artikel im Spiegel zu problematischer Nähe von DG Competition und der EU-Wettbewerbsbehörde

Pressemitteilung der EU-Bürgerbeauftragten von März 2022.

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Abgeordnetenkorruption: Ampel zieht Konsequenzen aus Maskenaffäre

22. Februar 2024 - 12:16

Der Bundestag debattiert heute erstmalig einen Gesetzentwurf der Ampelkoalition zu einem neuen Straftatbestand der unzulässigen Einflussnahme durch Abgeordnete.

Dazu kommentiert Timo Lange, Sprecher von LobbyControl:

„Vor knapp drei Jahren wurde bekannt, dass Abgeordnete sich während der Pandemie durch Maskendeals mit Ministerien Millionen in die eigene Tasche wirtschafteten. Zu Recht war die öffentliche Empörung groß. Es ist daher sehr gut, dass ein solches Verhalten künftig strafbar sein soll. Dass die Ampelkoalition diesen überfälligen Schritt nun endlich geht, begrüßen wir sehr.

Die betroffenen Abgeordneten konnten die millionenschweren Provisionen damals letztlich behalten, die Ermittlungen mussten eingestellt werden. Selbst vom Bundesgerichtshof wurde daher Kritik am völlig unzureichenden Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung im Strafgesetzbuch laut.

Mit der Einführung des neuen Straftatbestands der ‚unzulässigen Interessenwahrnehmung’ setzt die Ampel ein Versprechen aus ihrem Koalitionsvertrag um. Nach der Masken-Affäre hatte die große Koalition 2021 zwar das Strafmaß für Abgeordnetenbestechung erhöht, eine weitergehende Reform scheiterte damals aber am Widerstand der Union.

Der vorliegende Entwurf der Ampelfraktionen ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Wir fordern den Bundestag jedoch auf, bei der weiteren parlamentarischen Beratung sorgfältig vorzugehen, damit nicht beim nächsten Skandal erneut Strafbarkeitslücken sichtbar werden. Der Bundestag sollte entschieden handeln und die Strafbarkeit der Abgeordnetenkorruption umfassend reformieren.“

Hintergrund

Der Gesetzentwurf steht am heutigen Donnerstag in 1. Lesung um 21.00 Uhr auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums. Darin schlägt die Ampelkoalition den neuen Straftatbestand der „unzulässigen Interessenwahrnehmung“ als § 108f StGB als Ergänzung zum bisherigen und vielfach kritisierten § 108e StGB vor. Letzterer soll nach dem Willen der Koalition unverändert bestehen bleiben. Der Gesetzentwurf findet sich hier.

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Pressekommentar Wasserstoff-Affäre: LobbyControl fordert das BMDV auf, Verantwortung für lückenhafte Aufklärung zu übernehmen

21. Februar 2024 - 17:28

Zum Vorgehen des Bundesverkehrsministeriums in der Wasserstoff-Affäre kommentiert Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl:

„Die Entscheidung des Verkehrsministeriums, die Wasserstoff-Förderung einzufrieren, ist absolut richtig. Der Verdacht, dass bei der Vergabe freundschaftliche und private Kontakte eine Rolle gespielt haben, hat sich immer weiter erhärtet. Doch es braucht weitere Konsequenzen.

Die bisherige Aufklärungsarbeit erweist sich als zunehmend desaströs. Es ist schon jetzt ein enormer Schaden für die Glaubwürdigkeit des Ministeriums entstanden. Das Ministerium hatte in den letzten Monaten alle Vorwürfe mit großer Vehemenz gegenüber Medien und weiterer Öffentlichkeit zurückgewiesen. Das Ministerium hat sich hier sehr weit aus dem Fenster gelehnt – entsprechend konsequent müssen nun auch die nächsten Schritte sein. Das gilt auch für die Kommunikation zu dem Fall.

Es braucht endlich ein klares Eingeständnis aus dem Ministerium und aus dem Kanzleramt, dass die bisherige Aufklärungsarbeit völlig unzureichend war. Zusätzlich braucht es eine Klarstellung, dass auch die Kommunikation gegenüber verschiedenen Medien, die über den Fall berichtet hatten, sich nun als teilweise falsch herausgestellt hat. Das Ministerium muss die Verantwortung dafür übernehmen, dass ihm schwerwiegende Fehler bei der Aufklärungsarbeit unterlaufen sind. Passiert dies nicht, kann auch das Vertrauen in die nun wieder laufende Aufklärungsarbeit nur schwer hergestellt werden.

Es braucht weitere umfassende Aufklärung. Ein wichtiger nächster Schritt wäre, dass sich Wissing und Staatssekretär Schnorr in einer öffentlicher Anhörung den Fragen des Bundestags stellen – so wie dies im Fall Graichen geschehen ist. Zudem sollte der Bundesrechnungshof eine Prüfung der Förderpraxis im Verkehrsministerium vornehmen. Außerdem braucht es endlich klare Signale, dass sich die Bundesregierung für modernisierte Compliance-Verfahren für die Bundesregierung einsetzt.“

Hintergrund

LobbyControl berichtete Ende Januar ausführlich über die Freundschaftsnetzwerke rund um die Wasserstoff-Förderung im Verkehrsministerium. Am Montag veröffentlichte LobbyControl einen bislang noch unbekannten Mailwechsel zwischen dem inzwischen entlassenen Abteilungsleiter Klaus Bonhoff und einem Wasserstoff-Unternehmer aus Bayern. Auch dieser verstärkte den Anschein, dass bei der Vergabe von Wasserstoff-Fördergeldern nicht ausreichend zwischen privaten und dienstlichen Kontakten getrennt wurde. Zudem lagen auch diese Mails – wie bereits zuvor andere Mails, über die zuerst der Spiegel berichtet hatte und die auch LobbyControl per IFG-Anfrage erhalten hatte – der Innenrevision des Verkehrsministeriums nicht vor und flossen entsprechend auch nicht in den Abschlussbericht zu dem Fall ein.

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Interessenkonflikt im Sachverständigenrat: Veronika Grimms Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy

21. Februar 2024 - 12:36

LobbyControl kritisiert die Wirtschaftsweise Veronika Grimm für einen potentiellen Interessenkonflikt, sollte sie wie geplant am Montag, 26.2., für den Aufsichtsrat von Siemens Energy kandidieren.

LobbyControl kritisiert die Wirtschaftsweise Veronika Grimm für einen potentiellen Interessenkonflikt, sollte sie wie geplant am Montag, 26.2., für den Aufsichtsrat von Siemens Energy kandidieren. Sie sollte Abstand nehmen von ihrem Vorhaben oder auf ihre Tätigkeit im Sachverständigenrat verzichten. Zudem fordert LobbyControl, die Unvereinbarkeitsvorschriften im Gesetz für die Wirtschaftsweisen zu erweitern, um solche Interessenkonflikte künftig auszuschließen.

Laut Medienberichten kandidiert die Wirtschaftsweise Veronika Grimm am kommenden Montag für ein Aufsichtsratsmandat von Siemens Energy. Die Aufsichtsratstantieme liegen bei jährlich 200.000 Euro. Das wird die Entlohnung für Grimms Professur deutlich übersteigen. Das gilt ebenfalls für die Aufwandsentschädigungen für die Arbeit im Sachverständigenrat. Sie verdient damit voraussichtlich künftig mehr bei einem Dax-Unternehmen als für ihren Beruf als Wissenschaftlerin und Beraterin der Bundesregierung.

Max Bank von LobbyControl kommentiert:

„Wenn Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy geht, dann sollte sie ihr Mandat als Wirtschaftsweise niederlegen. Wer die Bundesregierung in gesamtwirtschaftlichen Fragen berät, sollte nicht von einem Großunternehmen bezahlt werden und in dessen Gremien sitzen. Ein Interessenkonflikt liegt hier auf der Hand.“

Auch intern kritisierten die Mitglieder des Sachverständigenrats Grimm für ihr Kandidatur für den Aufsichtsrat von Siemens Energy und baten sie darum auf eines der Mandate zu verzichten, wie Table.Media zuerst berichtete.

Die bestehenden gesetzlichen Regeln verbieten zwar ein Aufsichtsratsmandat bei einem Dax-Konzern nicht. Gleichzeitig sehen sie bereits bestimmte Ausschlussgründe vor, die eine Unabhängigkeit insbesondere von wirtschaftlichen Interessen sicherstellen sollen. Konkret heißt es in der seit den Sechziger Jahren nicht geänderten Passage in §1 Absatz 3 SachvRatG: „Sie dürfen ferner nicht Repräsentant eines Wirtschaftsverbandes oder einer Organisation der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sein oder zu diesen in einem ständigen Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis stehen.“

Max Bank weiter:

„Die Lobbyarbeit einzelner großer Unternehmen spielte in den 1960er Jahren des 20. Jahrhundert gegenüber der Lobbyarbeit von Verbänden eine untergeordnete Rolle. Das ist heute anders, entsprechend sollte das Gesetz auch hochdotierte Posten in Unternehmen untersagen. Darüber hinaus sollten Bundesregierung und Sachverständigenrat über weitere Complianceregeln beraten.“

Weitere Infos:

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Mitglied aus dem Sachverständigenrat gleichzeitig eine solche Funktion wahrnimmt. Auch die ehemaligen Ratsmitglieder Wolfgang Franz, Jürgen Donges und Beatrice Weder di Mauro hatten vergleichbare Mandate bei Wirtschaftsunternehmen, die ebenso problematisch waren.

Berichterstattung bei Table.Media, Die Zeit oder Handelsblatt

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Wasserstoff-Affäre: Druck auf Verkehrsministerium wächst weiter

20. Februar 2024 - 12:12

Die Vorwürfe der Günstlingswirtschaft im Verkehrsministerium weiten sich aus. Neue Dokumente, die wir erhalten haben, verdichten das Bild einer unangemessenen Vermischung von privaten und dienstlichen Kontakten im Zusammenhang mit der Vergabe von Fördermitteln. Zudem erweist sich die Aufklärung der Vorgänge durch das Ministerium als zunehmend desaströs.

Bereits letzte Woche brachten neue Dokumente das Verkehrsministerium unter Volker Wissing in Erklärungsnot. Zuvor hatten wir eine umfassende Recherche zu einem offenbar eng geknüpften Freundschafts- und Lobbynetzwerk rund um Fördergelder für Wasserstofftechnologie im Verkehrssektor veröffentlicht. Im Zentrum der Vorwürfe steht der inzwischen entlassene Abteilungsleiter Klaus Bonhoff, der von Wissings Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) 2019 ins Ministerium geholt wurde.

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Bonhoff: Das Wasserstoff-Lobbynetzwerk im Verkehrsministerium
Unsere Recherche beleuchtet ein fragwürdiges Lobby-Freundschaftsnetzwerk rund um die Vergabe von Fördergeldern.

Das Verkehrsministerium hatte auf Grund der Vorwürfe eine interne Prüfung eingeleitet und kam zu dem Ergebnis, keinerlei Fehlverhalten oder Compliance-Problem erkennen zu können. Auf Grund neu aufgetauchter Dokumente musste das Ministerium letzte Woche seine Einschätzung zurücknehmen – und Abteilungsleiter Bonhoff wurde entlassen. Das Ministerium musste zudem eingestehen, dass der internen Prüfung eben jene brisanten Dokumente nicht vorgelegen haben.

Die heute veröffentlichten Dokumente, über die auch der Spiegel ausführlich berichtet, belegen nun noch weitere vertraute Kontakte zwischen Bonhoff und Fördergeldempfängern, zum Teil über private Mailadressen. Auch diese Dokumente hatte das Ministerium bei seiner Untersuchung nicht aufgespürt, wie es jetzt zugeben musste. Das vermittelt einen desaströsen Eindruck der Aufarbeitung durch das Ministerium selbst.

Unverständlich bleibt, dass das Ministerium eine solch lückenhafte Aufklärungsarbeit immer wieder als besonders gründlich dargestellt hat. Das ist nicht nur hochnotpeinlich, sondern auch angesichts der Schwere der Vorwürfe völlig inakzeptabel.

Verkehrsminister Wissing darf den Fall nun nicht weiter aussitzen. Wir fordern Wissing auf, sich endlich umfassend zu dem Fall zu äußern und Verantwortung zu übernehmen. Die Aufarbeitung des Falls muss vollständig neu aufgerollt werden. Dabei braucht es umfassende Transparenz und externe Unterstützung. Wissing und der für die mangelhafte interne Prüfung zuständige Staatssekretär Stefan Schnorr sollten sich in einer öffentlichen Anhörung dem Bundestag für Fragen zur Verfügung stellen.

Der Fall zeigt mehr als deutlich, dass die bestehenden Compliance-Regeln und Verfahren zur Sicherstellung von Integrität in den Ministerien nicht ausreichen. Wir fordern, dass sich Minister Wissing und die gesamte Bundesregierung nun für modernisierte Compliance-Verfahren für die Bundesministerien einsetzt.

Einige Eckpunkte dazu hatten wir bereits anlässlich der Graichen-Affäre an die Bundesregierung geschickt.

Weitere Informationen Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Alle News über Lobbyismus und Politik. [description_left_1] => Jetzt unseren Newsletter abonnieren! [template] => petrol [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 [move_code] => LCW0000 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription )

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Blockieren und profitieren: Ein Exklusivgipfel für die Chemieindustrie

20. Februar 2024 - 10:31

Heute findet auf dem BASF-Gelände in Antwerpen ein Chemiegipfel mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem belgischen Premierminister Alexander De Croo statt. Der Veranstaltungsort ist mehr als symbolträchtig, denn die Chemieindustrie hat es in den letzten Jahren dank privilegierter Lobby-Zugänge geschafft, die EU-Politik nach ihren Interessen zu formen.

BASF-Werk in Schwarzheide, Deutschland

Bei vielen mächtigen Industrien hat die EU in den vergangenen Jahren versucht, Regeln zum Schutz von Klima und Umwelt aufzustellen, teilweise mit Erfolg. Fast komplett davon ausgenommen ist allerdings die Chemieindustrie – sie hat sich mit aller Macht gegen Einschränkungen bei Produktion und Verkauf hochproblematischer Chemikalien und Pestizide gewehrt.

Umso größer ist die Empörung in der Zivilgesellschaft, dass ausgerechnet die Chemiebranche nun einen exklusiven Gipfel mit der Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen, dem belgischen Premierminister Alexander De Croo und hochrangigen Unternehmensvertreter:innen abhalten darf – organisiert von der derzeitigen Ratspräsidentschaft Belgien. Das ganze erinnert an die viel kritisierten Auto-Gipfel in Deutschland, bei denen der Bundesregierung Einseitigkeit und eine zu große Nähe zur Auto-Industrie vorgeworfen wurde.

Protestbrief an den belgischen Premierminister Hat einen Protestbrief der Zivilgesellschaft bekommen: Premierminister Alexander De Croo Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Bleiben Sie informiert über Lobbyismus in der EU [description_left_1] => Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter. [template] => orange [pop_up_functionality] => hidden [pop_up_once] => 1 [move_code] => LCW0000 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription )

Dieser Gipfel symbolisiert auf besonders eindrückliche Weise die Problematik privilegierter und unausgewogener Zugänge von Konzernen zur Politik: Hier treffen sich hochrangige Politiker:innen mit Führungskräften aus der Chemiebranche, die kritische Öffentlichkeit muss dagegen draußen bleiben. Obendrein findet der Gipfel auch noch auf dem Gelände des größten Chemiekonzerns der Welt statt. Gemeinsam mit 72 anderen Organisationen haben wir dem belgischen Premierminister einen offenen Brief geschrieben. Proteste am Rande der Veranstaltung durch Nichtregierungsorganisationen sind angekündigt.

Beim Gipfel geht es um einen „Austausch über die Zukunft des Sektors“ und den Abschluss eines „EU Industrial Deal“, mit dem die „Wettbewerbsbedingungen innerhalb und außerhalb des Binnenmarkts“ verbessert werden sollen. Oder, wie es der deutsche Verband der Chemischen Industrie in einem Beitrag auf seiner Seite ausdrückt: „Für Belgien steht fest, dass der Green Deal auch eine Wachstumsagenda hat und nicht zu einer Deindustrialisierung in Europa führen darf“.

Die mächtigsten Politiker:innen der EU sprechen also mit Interessenvertreter:innen wahrscheinlich über das wichtigste umweltpolitische Projekt der EU – allerdings ohne Umweltorganisationen. Denn eingeladen ist nur die Industrie, von Zivilgesellschaft keine Spur. Solche Gipfel müssen vermieden werden, denn mächtige Akteure, die sowieso schon privilegierte Zugänge zur Politik genießen, können unwidersprochen Perspektiven auf politische Prozesse durchsetzen, die weit mehr Menschen als die Konzerne betrifft.

Wenn die Chemie-Lobby von einer angeblich drohenden Deindustrialisierung spricht, ist das exemplarisch für den Alarmismus der Chemiebranche in den letzten Jahren. Zu erwarten ist, dass sie von der Politik fordern wird, die Chemieindustrie nicht weiter mit Regulierung zu behelligen. Dabei hat sie sich schon in den vergangenen Jahren mit ihrer Blockade gegen bessere Schutzmaßnahmen vor giftigen Chemikalien auf ganzer Linie durchgesetzt. Hier die wichtigsten Beispiele:

Chemieindustrie verhinderte Verbot für schädlichste Chemikalien in Konsumgütern

Auf der Agenda des Green Deal, der Europa bis 2050 klimaneutral machen soll, stand ursprünglich auch der Plan, die schädlichsten Chemikalien in Konsumgütern bis 2022 zu verbieten. Dies sollte im Rahmen einer Reform der EU-Chemikalienverordnung REACH passieren, die reguliert, unter welchen Bedingungen Stoffe auf den europäischen Markt gebracht werden dürfen.

Doch die Reform wird in dieser Wahlperiode nicht mehr kommen. Die Chemieindustrie hat massiv dagegen lobbyiert und argumentiert, dass der Industrie angesichts von Krisen und gestiegenen Rohstoffpreisen keine „neuen Belastungen“ zuzumuten seien. Im Oktober 2022 warnte der damalige BASF-Chef Brudermüller gar, die von der EU vorgeschlagene Reform des Chemikalienrechts setze „ein großes Fragezeichen hinter die Zukunft der Chemikalien in Europa“.

Es ist zwar richtig, dass die Chemiebranche sich massiv vom billigen Erdgas aus Russland abhängig gemacht und durch den russischen Angriff auf die Ukraine unter hohen Energiekosten zu leiden hatte. Dennoch ist ihr Narrativ extrem einseitig und kurzfristig gedacht: Ihm zufolge seien Vorschriften zum Schutz von Umwelt und Verbraucher:innen überbordende Bürokratie und unnötige Belastung für die Wirtschaft. Doch erstens dürfte die Ausrichtung am Schutz von Umwelt und Gesundheit durchaus eine sinnvolle Investition in die Zukunft sein. Und zweitens sollte der Ball nicht im Spielfeld der Konzerne liegen, wenn es darum geht, zu beurteilen, ob diese Belastungen überflüssig sind.

So stellte die EU-Kommission in ihrer Folgenabschätzung für die REACH-Reform noch selbst fest, dass die Einsparungen im Gesundheitsbereich durch das Verbot von Chemikalien die Kosten für die Industrie um das 10-fache übersteigen würden. Und doch legte die Kommission auf Druck der Chemielobby am Ende keinen Entwurf mehr für die REACH-Reform vor. Besonders empfänglich für die Forderungen der Chemieindustrie zeigte sich die Europäische Volkspartei (EVP), allen voran die zu dieser Gruppe gehörige CDU/CSU. Dabei ist die Kommissionspräsidentin ebenfalls Mitglied der Partei und ihre Kommission hatte diese Regeln vorgeschlagen.

„Ewigkeits-Chemikalien“ – Industrie läuft Sturm gegen den Vorschlag der Umweltbehörden

Kommission und Rat hatten sich 2019 auf die Fahnen geschrieben, die Produktion und Nutzung der sogenannten „Ewigkeits-Chemikalien“ stark einzuschränken, es sei denn, ihr Einsatz ist absolut unerlässlich. Denn die Gruppe dieser Chemikalien ist besonders langlebig und reichert sich in Boden und Gewässern und über die Nahrung auch in Menschen und Tieren an. Die befürchteten Auswirkungen sind vielfältig: z.B. verminderte Wirkungen von Impfungen, verringerte Fruchtbarkeit, Schädigung von Leber und Schilddrüse und erhöhte Krebsgefahr.

Weil es schwierig ist herauszufinden, von welchen der Stoffe Gefahren ausgehen, hatten die Umweltbehörden aus fünf Ländern – darunter Deutschland – stellvertretend für eine Entscheidung des Rats der Umweltminister:innen aller Mitgliedstaaten ein recht umfassendes Verbot der sogenannten PFAS (Per- und polyfluorierte Chemikalien) beantragt. Die Industrie lief dagegen Sturm. Die Beratungen hierzu werden noch bis mindestens 2025 andauern, aber es zeichnet sich schon jetzt ab, dass das Verbot weit weniger umfassend sein wird, als ursprünglich von den Umweltbehörden empfohlen.

PFAS finden sich unter anderem auch in Batterien und Halbleitern und sind damit auch relevant für die Energiewende. Im August 2023 erklärten zahlreiche deutsche Industrieverbände, die EU-Klimaziele seien unter diesen Umständen gefährdet. Und kurze Zeit später, nach einem ebenfalls exklusiven Gipfel auf Einladung des Bundeskanzlers Olaf Scholz, sprach dieser sich gegen ein „pauschales, undifferenziertes Verbot ganzer Stoffklassen“ aus, ebenso wie der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck. Sie fielen damit der deutschen Umweltministerin Steffi Lemke in den Rücken, die sich hinter den Vorschlag der fünf EU-Mitgliedstaaten gestellt hatte.

Das ist schon eine Art Vorentscheidung, weil über die Frage am Ende ein Gremium der Mitgliedstaaten entscheiden wird, der so genannte REACH-Regelungsausschuss. Dabei hätte der Vorschlag lange Übergangsfristen und auch einige komplette Ausnahmen des Verbots vorgesehen.

Kommission verlängert Totalherbizid Glyphosat ohne Not direkt für zehn Jahre

Das Pestizid Glyphosat wurde von der EU-Kommission wieder genehmigt, obwohl die zuständige europäische Lebensmittelbehörde EFSA in ihrer Bewertung selbst auf die fehlenden Daten hingewiesen hat, welche Risiken dieser Wirkstoff für die Artenvielfalt birgt. Nachdem die Mitgliedstaaten kein eindeutiges Votum abgegeben haben, hat die EU-Kommission die Genehmigung für den Wirkstoff direkt im Anschluss gleich für 10 weitere Jahre gegeben. Dabei wäre angesichts fehlender Daten auch eine kürzere Genehmigung möglich gewesen.

Kommissionspräsidentin zieht Plan für Halbierung problematischer Pestizide zurück EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Blockadehaltung der Chemielobby nachgegeben

Auch den Plan, den Gebrauch schädlicher Pestizide bis 2030 zu halbieren, hat Ursula von der Leyen nach massiven Protesten von Bauern und Industrie zurückgezogen. Das meiste, was in puncto Agrarreformen und Chemieregulierung im Green Deal stand, steht nun mindestens infrage, wenn es nicht schon geplatzt ist. Auch hier hat die eigene Partei der Kommissionspräsidentin eine tragende Rolle eingenommen.

Die Lobbypower der europäischen Chemieindustrie

Und trotz dieser Blockadehaltung erhält die Chemieindustrie nun diesen zweifelhaften Exklusiv-Gipfel von der belgischen Ratspräsidentschaft. Warum lässt sich die Politik von der Chemieindustrie in derart augenfälliger Weise vereinnahmen? Die Gründe dürften vielfältig sein: Erstens sitzen in Europa die größten Chemiekonzerne der Welt, die natürlich auch eine stattliche Wirtschaftsleistung bringen und massiv mit dem Abbau von Arbeitsplätzen drohen können, von denen allein die BASF in Europa fast 70.000 schafft. Natürlich will man des Weiteren die europäischen Champions im internationalen Wettbewerb unterstützen.

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Und dann ist da noch eine massive Lobbypower. Sieben zentrale Lobbyakteure der Branche – darunter die deutschen Giganten Bayer, BASF und Industrieverbände wie der VCI – haben laut EU-Lobbyregister im vergangenen Jahr zusammen 33,5 Millionen Euro für Lobbyarbeit bei den EU-Institutionen ausgegeben. Das zeigt unsere Partnerorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) in einer Auswertung mithilfe unseres gemeinsamen Analyseportals Lobbyfacts.

Wie die Lobbyarbeit genau funktioniert, hat CEO im vergangenen Jahr anhand des weltgrößten Chemiekonzerns BASF in einer Studie gezeigt. Ein beeindruckendes Beispiel ist sicherlich die virtuelle Weinprobe, die das Unternehmen während Corona EU-Abgeordneten anbot. Den interessierten Abgeordneten wurde vorab ein Wein-Kit geschickt, der hauseigene Sommelier der BASF referierte, und im Anschluss „bestand die Möglichkeit“, über die Auswirkungen der EU-Agrarstrategie im Rahmen des Green Deal zu diskutieren – eine Strategie, die der BASF missfiel.

Gemeinwohl muss vor kurzfristigen Konzern-Interessen stehen

Der neuerliche Exklusiv-Gipfel in Antwerpen hat immerhin einen Vorteil: Er führt drastisch vor Augen, welch massiven Einfluss die Branche auf die Politik hat. Die Zivilgesellschaft kann und muss jetzt öffentlich skandalisieren, wie die EU-Kommission vor der geballten Lobbymacht der Chemieindustrie einknickt und ihre eigenen Vorschläge einen nach dem nächsten zurückzieht. Mit den Protesten gegen den Gipfel soll gezeigt werden, dass die Öffentlichkeit einem dermaßen einseitigen Netzwerken zum Nachteil der öffentlichen Gesundheit nicht tatenlos zusieht. Statt ihnen privilegierte Zugänge zu ermöglichen, müssen Politiker:innen Konzernen eine Absage erteilen, wenn sie mit Drohungen und Lobbytaktiken versuchen, das Gemeinwohl in Frage zu stellen. Gesundheit und Nachhaltigkeit müssen politischen Vorrang vor Konzern-Profiten genießen.

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Wasserstoff-Affäre noch nicht ausgestanden: weitere Konsequenzen nötig

20. Februar 2024 - 6:06

Die Vorwürfe der Günstlingswirtschaft im Verkehrsministerium weiten sich aus. Weitere Mails, die LobbyControl erhalten hat, belegen: Abteilungsleiter Klaus Bonhoff hat auf völlig unangemessene Weise private und dienstliche Kontakte im Zusammenhang mit der Vergabe von Fördermitteln vermischt – und zwar unter der Hausleitung von Minister Volker Wissing.

Auch darüber wusste das Ministerium trotz einer internen Untersuchung erneut nicht Bescheid. Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Aufklärungsarbeit des Ministeriums völlig unzureichend war. LobbyControl fordert nun Verkehrsminister Volker Wissing auf, weitreichende Konsequenzen zu ziehen.

Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl kommentiert:

„Die Vorgänge werden immer empörender: Abteilungsleiter Bonhoff war auch mit einem bayerischen Unternehmer in engem vertrauten Umgang, der von einer millionenschweren Förderung für ein Wasserstoffprojekt profitierte und gleichzeitig auf eine weitere Förderzusage wartete. Schon das ist höchst problematisch – und noch fragwürdiger ist es, dass auch dieser Vorgang dem Ministerium trotz angeblich umfassender Untersuchung nicht bekannt war. Erneut muss das Ministerium eingestehen, bei der Aufklärung der Vorwürfe rund um die Vergabe von Wasserstoff-Fördergeldern wichtige Dokumente übersehen zu haben.

Es wurde offenbar äußert schlampig oder nicht mit dem nötigen Nachdruck vorgegangen. Beides ist nicht nur hochnotpeinlich, sondern auch völlig unangemessen – insbesondere angesichts der Schwere der Vorwürfe, die sich nun immer weiter erhärten. Volker Wissing kann sich offenbar weder auf gründliche Aufklärungsarbeit noch auf einen angemessenen Umgang mit Compliance-Fragen und dienstlichen Mailwechseln in seinem Haus verlassen. Hier weiß offenbar eine Hand nicht, was die andere Hand tut. Das ist ein großer Schaden für das Ministerium.

Volker Wissing kann sich offenbar weder auf gründliche Aufklärungsarbeit noch auf einen angemessenen Umgang mit Compliance-Fragen in seinem Haus verlassen. Hier weiß offenbar die eine Hand nicht, was die andere Hand tut. Unverständlich bleibt, dass das Ministerium eine solch lückenhafte Aufklärungsarbeit immer wieder fälschlicherweise als besonders gründlich dargestellt hat. Das ist nicht nur hochnotpeinlich, sondern auch angesichts der Schwere der Vorwürfe völlig inakzeptabel. Der Schaden für das Ministerium ist groß.

Minister Wissing macht sich unglaubwürdig, wenn er den Fall weiter aussitzen will. Es braucht nun unbedingt weitere Konsequenzen. Wir fordern Wissing auf, sich endlich umfassend zu dem Fall zu äußern und weitere Verantwortung zu übernehmen. Er muss den für die mangelhafte Aufklärung verantwortlichen Staatssekretär Stefan Schnorr entlassen. Außerdem muss die Aufarbeitung des Falls vollständig neu aufgerollt werden. Dabei braucht es umfassende Transparenz und externe Unterstützung. Wissing und Schnorr sollten sich außerdem in einer öffentlichen Anhörung dem Bundestag für Fragen zur Verfügung stellen.

Der Fall zeigt überdeutlich, dass die bestehenden Compliance-Regeln nicht ausreichen. Wir fordern weiterhin mit großem Nachdruck, dass sich Minister Wissing nun für modernisierte Compliance-Verfahren für die Bundesministerien einsetzt. Unsere Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch.“

Hintergrund

Das Verkehrsministerium steht im Verdacht der Günstlingswirtschaft, weil ein Abteilungsleiter die Fördermittelvergabe an den Lobbyverband eines engen Freundes befürwortet hatte und eng in die Kommunikation dazu eingebunden war. Zudem hat LobbyControl in einer Recherche aufgezeigt, dass rund um die Fördermittelvergabe ein problematisches Freundes- und Lobbynetzwerk besteht. Das Handelsblatt hatte die Vorwürfe der Vetternwirtschaft erstmals im Sommer 2023 erhoben, woraufhin das Ministerium eine Untersuchung durch die hausinterne Innenrevision einleitete. Immer wieder beteuerte das Verkehrsministerium, dass der Vorgang intensiv untersucht worden sei und aus Compliance-Sicht nicht zu beanstanden sei.

Bereits Anfang Februar hatten Recherchen des Spiegels den Verdacht erhärtet, dass Abteilungsleiter Bonhoff enger in die Kommunikation zu der Fördermittelvergabe eingebunden war als bislang bekannt. Zusätzlich musste das Ministerium einräumen, dass relevante Mails zu dem Vorgang von der Innenrevision nicht berücksichtigt wurden. Daraufhin entließ Verkehrsminister Volker Wissing Abteilungsleiter Bonhoff und versetzte den für Wasserstoff-Förderung zuständigen Referatsleiter.

Neue Dokumente, die LobbyControl per IFG-Anfrage erhalten hat, zeigen nun, dass Bonhoff über seinen privaten Mailaccount mit dem Wasserstoff-Unternehmer Tobias Brunner aus Bayern zu Förderprojekten kommunizierte und entsprechende Mails an seine Abteilung weiterleitete. Diese Mails belegen einen sehr vertrauten Umgang der beiden: Beispielsweise lud Brunner gemeinsam mit seiner Frau und Geschäftspartnerin den Abteilungsleiter Bonhoff zu einem Glas Wein ein. Zusätzlich verband der Unternehmer eine Einladung zu einer Eröffnungsveranstaltung eines vom BMDV-geförderten Wasserstoffprojekts mit dem Hinweis, dass dort doch auch gleich ein Förderbescheid für ein noch laufendes Fördergesuch für eines seiner weiteren Unternehmen überreicht werden könne. Zuvor hatte Brunner in einer privaten Mail an Bonhoff bereits über seine „Leidenszeit“ bezüglich des Fördergesuchs geklagt. Der Förderbescheid wurde wenige Monate später tatsächlich überreicht.

Auch dieser Mailwechsel sei der hausinternen Innenrevision nicht bekannt gewesen, teilte das Ministerium mit. Es sei beim Abschlussbericht zu den Vorwürfen rund um die Wasserstoff-Förderung nicht berücksichtigt worden. Noch auf der Regierungspressekonferenz am 7.2.2024 hatte ein Ministeriumssprecher behauptet, dass alle Mailwechsel bekannt gewesen seien.

Der Fall Bonhoff erinnert mittlerweile nicht mehr allein an die Vorgänge rund um den Staatssekretär Graichen. Die Nutzung eines privaten Mailaccount für dienstliche Kommunikation erinnert zudem auch an die Kommunikation von Wissings Vorgänge Andreas Scheuer im Maut-Skandal. LobbyControl hatte im Frühjahr sieben Eckpunkte für modernisierte Compliance-Verfahren vorgelegt.

Zeitgleich zu uns berichtet auch der Spiegel.

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