«Mund halten und Steuern zahlen, das sind die ersten Pflichten des Staatsbürgers. Die Mütter haben dann noch, wenn möglich, recht viele Kinder in die Welt zu setzen, damit der Staat ohne jede Verantwortung darüber frei verfügen kann und die heilige Staatsmedizin die nötigen Versuchskaninchen bekommt. Eine Mutter darf sich nur nicht einbilden, dass die Kinder ihr Eigentum sind.» (-Hugo Wegener)
LobbyControl - Aktiv für Transparenz und Demokratie
Unsere TOP-11-Erfolge 2024
Ein Jahr voll neuer Herausforderungen für uns alle geht zu Ende. Wir sind froh, dass wir so treue Unterstützer:innen an unserer Seite haben. Vielen Dank!
Mit der Reform des Lobbyregisters wurden viele Lücken und Schwachstellen ausgebessert. Wir konnten viele unserer Forderungen durchsetzen. Es gibt nun mehr Transparenz darüber, welche Gesetze Lobbys beeinflussen wollen und in welcher Hinsicht.
Wasserstoff-Affäre: Recherche mit KonsequenzenNachdem auch durch unsere Recherchen bekannt wurde, dass ein Abteilungsleiter im Verkehrsministerium bei der Vergabe von Wasserstoff-Fördergeldern Vetternwirtschaft betrieb, musste dieser seinen Hut nehmen. Das Ministerium stoppte die Wasserstoff-Förderung vorläufig vollständig.
Lobbyist:innen wurden Hausausweise entzogenAmazon entzog sich einer Anhörung im EU-Parlament. Nach Aufforderung von uns und einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis wurden den Amazon-Lobbyist:innen deshalb die Hausausweise entzogen – und damit der dauerhaften Zugang zum Parlament.
Lobby-Fußspur für Gesetze beschlossenNach jahrelangem Zögern beschloss die Bundesregierung endlich eine Lobby-Fußspur für Gesetze. Die Bundesministerien müssen nun zu jedem Gesetzentwurf Angaben zu Lobbyeinflüssen machen. Über 21.000 Menschen hatten unseren Appell dafür unterzeichnet.
Geschäfte wie Maskendeals jetzt strafbarAbgeordnete wirtschafteten sich mit Maskendeals Millionen in die eigene Tasche. Das Geld durften sie behalten, es war nach damaliger Gesetzeslage legal. Wir forderten deshalb eine Gesetzesverschärfung, die die Ampel-Koalition dann auch umsetzte.
Klage wegen CDU-Spende2020 spendete der Immobilienunternehmer Christoph Gröner über 820.000 Euro an die CDU, verbotenerweise geknüpft an politische Forderungen. Wir forderten die Parteien zum Handeln auf. „Die Partei“ hat inzwischen Klage eingereicht.
EU-Lobbyreport: Was in Brüssel getan werden mussKurz vor den Europawahlen bilanzierten wir mit dem EU-Lobbyreport die Politik in Brüssel und stellten fest: Die EU steht im Fadenkreuz von Machtinteressen. Wir zeigen auf, was die drei EU-Institutionen Parlament, Rat und Kommission nach der Europawahl für eine effektive Lobbykontrolle tun müssen.
Lobbyreport: Unsere Bilanz zur Halbzeit der AmpelregierungUnter dem Druck früherer Lobbyskandale hat die Ampelkoalition viele neue Lobby-Regeln auf den Weg gebracht. Wir schauen genau hin: Was hat sich getan und was muss dringend noch passieren? Unser Lobbyreport wurde in TV, Radio, Zeitungen und den sozialen Medien aufgegriffen.
Huawei-Lobbyismus beim Mobilfunk-Ausbau aufgedecktEs gibt starke Bedenken, ob der Mobilfunkausbau mit chinesischer Technik sicher ist. Dennoch hat der Lobbyeinfluss auf die Bundesregierung den Ausschluss chinesischer Netzbetreiber jahrelang verzögert. In einer gemeinsame Recherche mit ZDF und FragDenStaat deckten wir das auf.
Etikettenschwindel: Rüstung bald „nachhaltig“?Die EU-Kommission möchte Rüstung als nachhaltig einstufen – wegen ihres vermeintlichen Beitrages zum Frieden. Unsere Recherche gemeinsam mit der Taz belegte: Dahinter steckt eine massive Kampagne der Waffenlobby.
Mehr Transparenz in der EUMit der neuen Wahlperiode erhöht die Europäische Kommission die Transparenz massiv. Von nun an müssen mehr als 1.500 Beamtinnen und Beamte Lobby-Treffen und Protokolle offenlegen, 1.100 mehr als bisher. Vor 10 Jahren haben wir diese Forderung aufgestellt. Jetzt ist sie Realität. Beharrlichkeit wirkt.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => orange [image] => 118520 [headline_1] => Unterstützen Sie uns als Fördermitglied! [description_1] => Wir decken Missstände auf und setzen einseitigem Lobbyismus Grenzen. Zeigen Sie mit Ihrer Fördermitgliedschaft, dass Sie dabei an unserer Seite stehen. [button_text] => Jetzt Fördermitglied werden! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/foerdern/ [button_color] => lightorange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 )The post Unsere TOP-11-Erfolge 2024 appeared first on LobbyControl.
Wie sich Temu der Politik entzieht
Temu hat mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzer monatlich in Europa. Doch Lobbyarbeit gegenüber der Politik gibt die chinesische Handelsplattform nicht an. Obwohl der Konzern mittlerweile durch den Digital Services Act (DSA) der EU reguliert wird. Wie passt das zusammen?
Offenbar verfolgt der Techkonzern eine Strategie, die er bereits auf dem US-Markt erfolgreich angewandt hat: sich Politik, Behörden, Steuern und Regeln so lange wie möglich zu entziehen und dabei maximalen Profit herrauszuschlagen. Ziel von Temu ist es, die Präsenz in Europa auszubauen, Regeln spielen für den Tech-Konzern dabei keine Rolle.
Was macht Temu?Temu bietet in zahlreichen EU-Ländern Billigwaren auf seiner Onlineplattform an. Unter dem Motto „Shoppen wie ein Milliardär“ wirbt der in den USA gegründete, mittlerweile in Shanghai in China ansässige Techkonzern insbesondere um junge Kundinnen und Kunden in Europa. Produziert werden die Produkte ausschließlich in China, die Endproduktion findet in der Regeln nahe bei Flughäfen statt, sodass die Produkte möglichst schnell um die Welt geflogen werden können. Die Qualität der angebotenen Produkte steht zunehmend in der Kritik durch Verbraucherschutzorganisationen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband äußerte sich zunehmend besorgt über die Produktsicherheit bei Temu. Temu steht deswegen zu Recht in Europa und in Deutschland verstärkt in der Kritik.
Wird Temu von China subventioniert?Auch wenn die bei Temu anbietenden Unternehmen in China deutlich günstiger produzieren können, stellt sich gleichwohl bei den niedrigen Preisen die Frage, ob der chinesische Staat den Konzern in irgendeiner Weise subventioniert. Ein Interesse daran hätte er sicherlich, eine erfolgreiche Onlineplattform in Europa in Stellung zu bringen gegenüber der US-amerikanischen Konkurrenz von Amazon. Eine Studie des Weltwirtschaftsinstituts in Kiel geht davon aus, dass 99 Prozent aller börsennotierten chinesischen Unternehmen Subventionen vom chinesischen Staat erhalten.
Temus Lobbyarbeit: keine SpurTrotz seines Expansionskurs in Europa ist der Konzern schlecht erreichbar. Zunächst fällt auf, dass Temu weder Lobbybüros unterhält noch irgendwelche anderen Lobbytätigkeiten in Berlin und Brüssel in den jeweiligen Transparenzregistern angibt. Das gilt auch für den Mutterkonzern PDD Holdings und den an der Holding mit 15 Prozent beteiligten Tencent Konzern aus China. Tencent macht zwar Angaben in den Lobbyregistern in Berlin und Brüssel. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass der Konzern neben seinem eigenen Geschäft auch für Temu Lobbyarbeit betreibt. Auch die Firma Whaleco Technology Limited, unter der Temu in Europa angemeldet ist, weist keine Lobbyarbeit in der EU auf. Auf mehrfache Anfrage zu Aktivitäten in Deutschland von LobbyControl reagierte Temu bedauerlicherweise nicht.
Minibüro für einen Weltkonzern: Die Spur führt nach IrlandEine brisante Spur führt jedoch nach Irland. In Irlands Haupstadt Dublin sitzt Whaleco, das eben erwähnte Unternehmen, das hinter Temu in Europa steckt. Der Firmensitz ist kein Zufall. Im Niedrigsteuerland Irland zahlt der Konzern nur halb so viele Steuern wie in Deutschland, wo die Plattform aber eigentlich deutlich mehr Produkte absetzt. Auch die meisten großen US-Techkonzerne, wie Meta oder Apple, machen sich das EU-Steuerparadies zunutze und haben deshalb ihren europäischen Sitz in Irland.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => orange [image] => 114128 [headline_1] => Unterzeichen Sie jetzt für starke Digitalkontrolle! [description_1] => Google, Meta, Apple & Co. missbrauchen ihre Macht. Um sie daran zu hindern, braucht das DMA - Digitalmarktgesetz mehr Ressourcen. Jetzt Techkonzerne zur Kasse bitten! [button_text] => Jetzt unterzeichnen! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/macht-der-digitalkonzerne/europas-schutzschild-gegen-die-macht-von-big-tech-starken-114126/ [button_color] => orange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 )Die Chefin von Whaleco wiederum arbeitet bei Intertrust Management, einem niederländischen Unternehmen, das auf Steuervermeidung spezialisiert ist. LobbyControl vorliegende Unterlagen aus einer Recherche der ARD zeigen, dass die Chefin von Whaleco gleichzeitig 30 Unternehmen leitet. Darunter ist etwa auch eine Tochterfirma der Axa Versicherungsgruppe namen Avicdale Limited, die zwischen 2019 und 2022 mehr als 32 Mio. € Dividende an Shareholder auszahlte.
Irische Kolleg:innen vom Irish Council for Civil Liberties haben für uns vor Ort geschaut, wie die Büros von Temu aussehen. Das Ergebnis: ein kleines Büro scheint es dort zu geben. Was es zusätzlich gibt, ist ein Briefkasten, auf dem der Name Temu steht. Vieles deutet damit darauf hin, dass Temu an seinem europäischen Sitz in Dublin nur eine sehr kleine Dependance mit wenigen Mitarbeiter:innen hat. Das bestätigten uns auch Journalisten der ARD, die vor Ort waren. Was jedoch erneut fehlt, sind zugängliche Ansprechpartner. Auch wenn man ins irische Lobbyregister schaut, fehlt jede Spur von Temu.
Cargo: erfolgreiche Umgehung des Zolls Hauptumschlagsplatz von Temu ist der belgische Flughafen Lüttich.Der Großteil der von Temu in Europa verkauften und in China produzierten Produkte kommt direkt per Flugzeug in der EU an. Hauptumschlagsplatz von Temu, aber auch von anderen chinesischen Online-Plattformen wie AliExpress oder Shein, ist der belgische Flughafen Lüttich. Er ist zu einer Art Drehscheibe für chinesische Techplattformen geworden und wird auch aktuell weiter ausgebaut.
Durch die schieren Massen an Produkten, die Temu in Lüttich einführt, kommt der Zoll vor Ort überhaupt nicht hinterher. „Die massive Flut von teilweise gesundheitsgefährdender Billigware aus Fernost trifft an unseren Grenzen auf einen Zoll, der darauf nicht vorbereitet ist“, stellte NRW- Finanzminister Optendrenk gegenüber dem WDR fest. Anders als bei Containerware, etwa im Hamburger Hafen, wird Cargoware per Flugzeug nur stichpunktartig von den Zollbeamten geprüft.
Temus Dreistigkeit braucht GrenzenEs zeichnet sich bei Temu ein Muster ab: Der Konzern entzieht sich Behörden und Politik so weit und so lange er kann. Durch die Abwesenheit an Lobbyist:innen in Berlin, Brüssel und Dublin, gibt es keine unmittelbaren Ansprechpartner vor Ort für die Politik. Durch den Firmensitz in Irland, der nur aus einem kleinen Büro besteht, ist selbst dort nur ein eingeschränkter Kontakt möglich. Und durch den Cargotransport mit dem Flugzeug gelingt es Temu oft die Zollbehörden zu umgehen.
Der Fall Temu macht deutlich, dass Europa ein Problem mit der Durchsetzung seiner Gesetze hat. Weder die Qualität der Waren noch die Zollkontrollen hat Brüssel bei dem chinesischen Techkonzern im Griff – mit negativen Folgen für Verbraucher:innen und europäische Unternehmen, die sich selbst an Regeln halten und unter dem Preisdruck von Temu leiden. Temu kann mit Billigwaren von teilweise zweifelhafter Qualität den europäischen Markt überfluten.
- Eigentlich sollte bei der Produktqualität der Digital Services Act der EU greifen. Die EU-Kommission hat in diesem Rahmen ein Verfahren eingeleitet. Wir hoffen, dass dies bald Konsequenzen hat.
- Gleiches gilt für den belgischen Zoll, der dringend mehr Ressourcen für eine effektive Kontrolle am Flughafen von Lüttich braucht.
- Bei den niedrigen Preisen auf der Temu-Plattform stellt sich zudem insgesamt die Frage, ob sie ausreichend durch das Geschäftsmodell des Konzerns erklärt werden können oder ob der chinesische Staat im Hintergrund Temus Expansion in Europa unterstützt. Dem sollte die EU-Kommission zusätzlich nachgehen und prüfen, ob China Temu in irgendeiner Form subventioniert.
Wir brauchen endlich starke, durchsetzungsfähige Gesetze. Hierfür sind mehr Ressourcen, aber auch der politische Wille für eine konsequente Umsetzung erforderlich. Andernfalls büßt Europas Demokratie seine Glaubwürdigkeit und Integrität ein.
Weitere Infos:- Erfassung von Temu durch den Digital Services Act
- Beitrag „Temu – Ramsch oder Revolution?“ in der ARD vom 18.12.2024.
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1.500 EU-Beamt:innen müssen Lobbytermine veröffentlichen
Die neue EU-Kommission hat weitreichende Maßnahmen für mehr Lobbytransparenz beschlossen. Ab Januar 2025 sind 1.500 EU-Beamt:innen verpflichtet, ihre Lobbytreffen zu veröffentlichen. Dafür haben wir uns seit Jahren eingesetzt.
Während bisher nur die ca. 400 Spitzenbeamt:innen der EU-Kommission ihre Lobbytreffen veröffentlichen müssen, sind ab dem neuen Jahr alle Beamten bis zur Referatsleitungsebene dazu verpflichtet. Das ist ein enormer Transparenzgewinn: Statt bisher 400 legen nun 1500 Beamt:innen ihre Lobbytreffen offen.
Protokolle von jeder SitzungHinzu kommt, dass alle Beamten und die Kommissar:innen auch Kurzprotokolle veröffentlichen müssen. Das ist auch für die bisher veröffentlichten Lobbytreffen eine Neuerung. Da manche Titel von Lobbytreffen – z.B. „Austausch“ oder „Kennenlernen“ oft wenig aufschlussreich sind, ist auch diese Neuerung enorm hilfreich. Außerdem wurde uns in der Vergangenheit auf Nachfrage hin oft erklärt, es gebe kein Protokoll von einer bestimmten Sitzung – das dürfte nach den neuen Regeln nun nicht mehr möglich sein.
Bundesregierung muss sich ein Beispiel nehmenDie Öffentlichkeit kann dadurch ganz konkret sehen, wer bei Gesetzgebungsverfahren mitgemischt hat und ob verschiedene Interessengruppen ausgewogen beteiligt waren. Diese Transparenz geht weit über die Regeln in Deutschland hinaus: Hier müssen nicht einmal Mitglieder der Bundesregierung Angaben zu Lobbyterminen machen. Die nächste Bundesregierung muss sich ein Beispiel an der EU nehmen: Es gibt keinen Grund, warum nicht auch deutsche Politiker:innen in Regierungsverantwortung und wichtige Beamte Transparenz über ihre Lobbytreffen herstellen sollten!
Ein wichtiger Schritt für das EU-TransparenzregisterZu den erweiterten Pflichten gehört auch, dass diese 1.500 Beamt:innen explizit nur noch Lobbyakteure treffen dürfen, die im EU-Transparenzregister eintragen sind. Das ist ein ebenso wichtiger Schritt wie die Transparenz der Treffen, denn: Bisher konnten Lobbyist:innen alle Beamten unterhalb der Ebene der Generaldirektor:innen (vergleichbar mit den deutschen Staatssekretären) treffen, auch wenn sie den Eintrag ins EU-Transparenzregister verweigerten. Sie konnten sich damit problemlos mit den Fachbeamten über die Inhalte bestimmter Gesetzgebungsverfahren austauschen – ein enormes Schlupfloch im EU-Transparenzregister. Vor allem, weil das Register nicht rechtsverbindlich für die Lobbyist:innen ist und die Treffen mit der Politik das einzige Druckmittel sind, über die das Register verfügt.
Intransparente Lobbyarbeit wird erschwertIn Brüssel wird es jetzt also deutlich schwieriger für Lobbyist:innen, das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen. Seit 2014 die Europäische Kommission ihre Kommissar:innen und deren Kabinette verpflichtet hat, ihre Lobbytreffen offenzulegen und nur registrierte Lobbyist:innen zu treffen, haben wir eine Ausweitung dieser Regel auf viel mehr Beamte gefordert. Auch während der Wahlen zu von der Leyens zweiter Amtsperiode haben wir diese Forderung mit Aktionen und offenen Briefen groß gemacht. Nach zehn Jahren setzt die Kommission diese Forderung nun um, ein großer Erfolg beharrlicher Arbeit.
Zum Weiterlesen• Hier finden Sie den Beschluss der EU-Kommission
• Online-Petition von LobbyControl für Transparenzmaßnahmen vor Ursula von der Leyens Wiederwahl im Juli 2024
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Abschied von Emily O’Reilly: Eine Lotsin geht von Bord
Kein EU-Bürgerbeauftragter hat dieses Amt so geprägt wie Emily O’Reilly. Nach 11jähriger Amtszeit kann sie nun nicht mehr antreten. Warum sie so wichtig für unsere Arbeit war.
In der vorigen Woche waren wir bei der EU-Bürgerbeauftragten Emily O’Reilly, um sie zu verabschieden. Schön, dass sie sich ausführlich für uns Zeit genommen hat, um über die kommenden Herausforderungen zu diskutieren. Wir werden sie vermissen! Sie ist eine Hoffnungsträgerin für Transparenz und ethische Regeln in der EU.
EU-Bürgerbeauftragte – was ist das?Aber was macht eine EU-Bürgerbeauftragte (in Brüssel nennt sie sich „Ombudsman“) überhaupt: Ihre Aufgabenbeschreibung lautet: Die EU-Institutionen und -Agenturen zur Rechenschaft ziehen und eine ordnungsgemäße Verwaltung sicherstellen. Einfacher formuliert: Wenn man sich von den EU-Institutionen und ihrer Verwaltung schlecht behandelt oder benachteiligt fühlt, kann man sich bei ihr beschweren. Das kann alles zwischen einer fehlenden Antwort und einer groben Ungleichbehandlung sein.
Keine ihrer beiden Vorgänger:innen hat dieses Amt bisher so engagiert und effektiv ausgefüllt wie Emily O’Reilly. Sie hatte einen Blick dafür, welche Themen für die Bürger:innen relevant sind, und nutzte viel häufiger als zuvor das Instrument der strategischen Untersuchungen. Das heißt, sie ist zwar erstmal selber darauf angewiesen, dass Bürger:innen sich bei ihr beschweren. Sie kann dann aber Fälle aufgreifen und ihre eigene Untersuchung aufnehmen. Dies hat sie in zahlreichen wichtigen und heiklen Fragen getan. Die EU-Institutionen sind dann verpflichtet, sie mit den benötigten Dokumenten zu versorgen.
Ein Gespür für heikle FälleWiederholt hat sie sich mit besonders verletzlichen Gruppen befasst. Sie untersuchte unter anderem, ob die Grenzschutzagentur Frontex 2023 alles was möglich war getan hat, um das Sinken des Fischkutters Ariana mit 600 Geflüchteten an Bord zu verhindern. Das Zerriebenwerden von Menschen zwischen den nationalen und den EU-Behörden und das Fehlen eindeutiger Verantwortung war ein wiederkehrendes Thema ihrer Amtszeit.
Emily O’Reilly (2. v. li.) im Gespräch mit LobbyControlEin ganz anderes Beispiel ist die Frage, welche Dokumente die EU-Kommission im Rahmen des Informationsfreiheitsrechts an Interessierte herausgeben muss – und welche nicht. Dieser Streit entzündete sich an den Textnachrichten, die Ursula von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla vor dem Kauf der für die EU-Bürger:innen so wichtigen Corona-Impfstoffe durch die EU-Kommission ausgetauscht hatten. Die EU-Kommission hatte sie für „kurzlebig und flüchtig“ erklärt und somit nicht von der Informationsfreiheit gedeckt. Eine Auffassung, der die Ombudsfrau klar widersprochen hat. Auch Chats müssten demnach offengelegt werden, sofern sie sich um politische Inhalte drehen. Dieser Streit liegt inzwischen beim Europäischen Gerichtshof.
Neben diesen bekannteren Fällen hat O’Reilly uns bei den Themen Lobbytransparenz und Ethikregeln immer wieder unterstützt. Ohne sie hätten wir in einer Reihe von wichtigen Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission auf Granit gebissen, hier einige Beispiele:
Ein Lobbyist und Ex-Beamter als Vorsitzender des Ethikkomitees?Alles begann mit Michel Petite, kurz nachdem O’Reilly im Jahr 2013 ihr Amt angetreten hatte: Der ehemalige Generaldirektor des juristischen Dienstes war durch die Drehtür zu einer Anwaltskanzlei gegangen, die Lobbyarbeit betrieb. Unter anderem beriet er dort den Tabakkonzern Philipp Morris und bekam privilegierte Lobbyzugänge für den Konzern zu seiner ehemaligen Abteilung. Nun wollte die EU-Kommission diesen Mann zum zweiten Mal zum Vorsitzenden des Ethikkomitees machen – ein Unding! Das Komitee überprüft Seitenwechsel ehemaliger Kommissar:innen darauf, ob dabei Interessenkonflikte entstehen. Die EU-Kommission ignorierte unseren Protest. Deshalb beschwerten wir uns bei der Ombudsfrau. Kurz bevor O’Reilly mit einer klaren Missbilligung herauskam, lenkte die Kommission ein und besetzte die Stelle neu – hier die ganze Geschichte zum Nachlesen.
EU-Kommissionspräsident darf Lobbyist bei Goldman Sachs werdenSpäter hatten wir dann den Fall des Ex-Kommissionspräsidenten Barroso und seinen unglaublich dreisten Gang durch die Drehtür zur Investmentbank Goldman Sachs. Das bereits erwähnte Ethikkomitee hat Barroso schlicht geglaubt, dass er keine Lobbyarbeit betreiben wird. Eine Beteuerung, die sich später als falsch herausstellte. Die Ombudsfrau konnte diesen Seitenwechsel zwar nicht rückgängig machen. Aber sie hat nach unserer Beschwerde die Arbeit des Ethikkomitees als viel zu handzahm kritisiert. Ein Zustand, den die Kommission leider nicht grundlegend geändert hat.
Mehr Transparenz im RatMit viel Energie hat die Ombudsfrau immer wieder deutlich gemacht, dass die Entscheidungsfindung der nationalen Regierungen in der EU viel zu undurchsichtig ist. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, welche Regierung beispielsweise welchen Standpunkt in Beratungen einnimmt. Denn wer nicht weiß, wofür die eigene Regierung im Rat eintritt, kann sie dafür auch nicht zur Rechenschaft ziehen. Das ist problematisch, denn in einem demokratischen System müssen sich alle gesetzgebenden Institutionen für ihr Handeln gegenüber der Öffentlichkeit verantworten, wie auch der Europäische Gerichtshof geurteilt hat.
Auch in den Trilogen, in denen EU-Kommission, Rat und Mitgliedsstaaten Gesetze final aushandeln, ist es extrem schwer zu erfahren, wer gerade was vertritt. Wir haben uns über diese Problematik auch bei der Ombudsfrau beschwert. Diese teilte unsere Kritik. Trotz ein paar Verbesserungen in Trippelschritten gab es hier aber enorme Beharrungskräfte bei den nationalen Regierungen. Das Thema sollte auch die künftige Bürgerbeauftragte im Blick behalten.
Interessenkonflikte bei der Vergabe von AufträgenEmily O’Reilly hat auch Interessenkonflikten bei der Vergabe von Aufträgen durch die EU-Kommission an Beratungsfirmen einen Riegel vorgeschoben. Wir hatten uns bei ihr über die EU-Wettbewerbsbehörde beschwert, weil wir bei einer Vergabe einen massiven Interessenkonflikt sahen: Die Überprüfung ihrer Fusionskontrollverfahren sollte die Wirtschaftsberatungsfirma RBB Economics übernehmen, die selbst Großkunden wie Google vertritt und deshalb keine neutrale Position bei der Bewertung einnehmen könnte. Nachdem die Ombudsfrau eine Untersuchung einleitete, beendete die EU-Kommission den Auftrag vorzeitig.
Die EZB und die FinanzlobbyDen 2018 noch amtierenden EZB-Chef Mario Draghi forderte sie auf, die hochkarätige Finanzlobbygruppe Group of 30 zu verlassen. Eine derart institutionelle Nähe des Chefs der Europäischen Zentralbank zur Finanzlobby untergrabe die Integrität der mächtigen geldpolitischen EU-Institution.
Viel erreicht trotz nicht bindender InstrumenteAuch wenn der EU-Bürgerbeauftragten als Instrumente nur Tadel – das schärfste Schwert davon: der Vorwurf von Missständen in der Verwaltungsarbeit – oder Empfehlungen zur Verfügung stehen: Emily O’Reilly wusste diese Instrumente wirksam einzusetzen und hat so unheimlich viel in Sachen Transparenz erreicht. Und wo sie nicht so viel erreicht hat, weil Institutionen auf stur gestellt haben, ist es ihr zumindest gelungen, innerhalb der Brüsseler Blase Debatten anzustoßen. Sie hatte keinerlei Skrupel, sich unbeliebt zu machen.
Mit einigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen gegenüber der EU-Kommission verärgerte sie die Europäische Volkspartei (EVP), die größte und einflussreichste Fraktion auf EU-Ebene (und die politische Heimat von Präsidentin Ursula von der Leyen) so sehr, dass die EVP aktiv versuchte, ihr zweites Mandat 2019 zu blockieren – ohne Erfolg. Die Neuwahlen stehen am 17. Dezember an. Es wird spannend, ob die rechte Mehrheit im Parlament diesmal eine handzahme Kandidatin durchsetzt. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
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Eine Spendenurkunde von LobbyControl als besonderes Geschenk
Zu Weihnachten können Sie unsere Demokratie stärken und ein weiteres Geschenk abhaken: Verschenken Sie einfach eine Spende! Sie erhalten eine Geschenkurkunde mit einer Glückwunschkarte, die Sie verwenden können. Dann heißt es nur noch ausdrucken, schnell personalisieren und ab damit unter den Weihnachtsbaum!
Oder machen Sie sich selbst ein besonderes Geschenk: Bitten Sie Freunde und Familie, anstelle von Präsenten eine Spende in Ihrem Namen zu tätigen. So schenken Sie doppelt Freude und stärken gemeinsam unsere Demokratie!
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- Eine Geschenkspende ist eine kreative Idee und passt auch für alle diejenigen, die sonst schon alles haben.
- Als perfektes Last-Minute-Geschenk steht die Spendenurkunde sofort zum Download bereit.
Ihre Spende ermöglicht es uns in diesen turbulenten Zeiten, schnell auf die dynamischen Entwicklungen in der Politik zu reagieren. Mit weiteren zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern tragen Sie und die Beschenkten dazu bei, unsere Schlagkraft zu erhöhen und einseitigem Lobbyismus entgegenzutreten.Ihre Spende gibt uns die Kraft, die wir jetzt brauchen.
Im Namen des ganzen Teams wünsche ich Ihnen gerade in diesen schwierigen Zeiten ein frohes Fest und einen zuversichtlichen Start ins neue Jahr!
Was ist eine Geschenkspende?
Sie suchen ein Geschenk, mit dem Sie immer richtig liegen? Sie können mit der Geschenkspende LobbyControl im Namen eines Familienmitglieds, einer Freundin oder eines Kollegen spenden. Die Finanzierung der Spende übernehmen Sie, die Spendenurkunde erhält die Person Ihrer Wahl.
Ist meine Spende über steuerlich absetzbar?
Ja, Sie können die Spenden von der Steuer absetzen. Sie erhalten nach Jahresabschluss von uns automatisch eine Zuwendungsbestätigung (Spendenquittung) zugesandt. Bei Spenden unter 300 Euro reicht der vereinfachte Spendennachweis, den Sie auf unserer Webseite finden, in Verbindung mit Ihrem Kontoauszug als Zuwendungsbestätigung (Spendenquittung) zur Vorlage bei Ihrem Finanzamt.
Wie setzen wir Ihre Spende ein?
1. Wir forschen nach und klären auf! Wir zeigen, wie Lobbyistinnen und Lobbyisten arbeiten, informieren über Strategien und Netzwerke und decken Fälle von fragwürdigem Lobbyismus auf.
2. Wir bringen das Thema Lobbyismus in die Medien! LobbyControl ist die Expertiseorganisation für Lobbyismus in Deutschland und Europa. Medienmitarbeitende, Politikerinnen und Politiker und andere gemeinnützige Organisationen fragen nach unserer Einschätzung und bitten um Vorträge oder Workshops. Damit Sie am Ball bleiben können, informieren wir über unseren E-Mail-Newsletter, auf unserer Webseite und in den sozialen Medien.
3. Wir vertreten Ihre Interessen in der Politik! Wir sprechen mit den Zuständigen in der Politik und überzeugen sie mit guten Argumenten. Dabei bringen wir unsere Forderungen ein und schlagen konkrete Verbesserungen vor.
4. Wir greifen ein und organisieren Protest! Wir sammeln Unterschriften, überreichen Petitionen und machen klar – die Stimme von jeder und jedem zählt. Wir nehmen an Diskussionen teil, vertreten unseren Standpunkt und gehen für unsere Forderungen auch auf die Straße.
Warum ist Ihre Spende gerade jetzt wichtig?
In den letzten Wochen herrschte politisches Chaos. Die Regierung zerbrach, Neuwahlen stehen bevor. In Wahlkampfzeiten schlägt die Stunde der Lobbys. Sie setzen alles daran, die Debatten zu bestimmen. Wir haben sofort reagiert und arbeiten seither auf Hochtouren. Das ist nicht unser erster Wahlkampf.
Unser Ziel: Den Lobbyistinnen und Lobbyisten nicht das Wahlkampffeld überlassen! Statt verzerrtem Wahlkampfgetöse brauchen wir ausgewogene Debatten über echte Lösungen. Wir decken einseitige Lobbyeinflüsse auf, stellen uns übermächtigen Konzernen entgegen und setzen uns für klare Lobbyregeln ein. Wir machen in diesem Moment Druck auf die Parteien, damit unsere Forderungen in den Koalitionsvertrag und damit auf die politische Agenda der neuen Regierung kommen.
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Unsere Forderungen an die nächste Regierungskoalition
Anlässlich der Bundestagswahlen im Februar 2025 veröffentlichen wir hier unsere Forderungen an den nächsten Bundestag und die nächste Bundesregierung
LobbyControl setzt sich vor dem Hintergrund großer gesellschaftlicher Machtungleichgewichte für Transparenz und Integrität in der Politik ein und für eine ausgewogene Beteiligung an politischen Entscheidungen. Zu erreichen, dass sich besonders finanzstarke und gut vernetzte Interessengruppen nicht zu Lasten der Allgemeinheit in der Politik einseitig durchsetzen, bleibt auch nach der Bundestagswahl ein zentrales Anliegen. Die nächste Regierungskoalition sollte Transparenz und wirkungsvolle Regeln für den Lobbyismus und zur Stärkung von Integrität oben auf die Prioritätenliste setzen. Genau so wichtig sind eine ausgewogene Beteiligung verschiedener Interessen sowie Maßnahmen zur Begrenzung von Machtkonzentration durch Monopolisierung. Die zunehmende Monopolisierung in Teilen der Wirtschaft führt zu einer starken Konzentration von wirtschaftlicher Macht. Dies kann politische Machtungleichgewichte noch verstärken und demokratische Handlungsspielräume durch Abhängigkeiten von Konzernen einschränken.
Wir fordern, den von der Ampelkoalition eingeschlagenen Weg Richtung mehr Transparenz und Integrität und zur Begrenzung von Machtkonzentrationen entschieden weiterzugehen und somit unsere Demokratie zu stärken und zu verbessern. Aufbauen und anknüpfen sollte die nächste Regierungskoalition dabei an die zuletzt erreichten positiven Veränderungen und Reformen:
- das 2024 verschärfte Lobbyregister-Gesetz sowie der „exekutive Fußabdruck“ für Gesetzentwürfe,
- die neuen Regelungen zur Transparenz bei der Parteienfinanzierung,
- die verschärften Regeln für Seitenwechsel politischer Beamt:innen,
- das neue Antikorruptionsgesetz für Mandatsträger:innen.
- Die Reform des Kartellrechts und die Schärfung der Instrumente gegen Monopolmacht (GWB-Novelle)
Politischer Handlungsbedarf
1. Parteienfinanzierung
Insgesamt hat die Ampelkoalition in dieser Legislaturperiode gemeinsam mit der Union wichtige Fortschritte für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung erzielt. Dennoch bestehen auch nach der Reform noch Defizite. LobbyControl fordert vordringlich folgende Reformen:
Obergrenzen
Parteispenden und Parteisponsoring sollten auf maximal 50.000 Euro pro Spender:in oder Sponsor:in je Partei pro Jahr begrenzt werden.
Mehr Transparenz bei Parteispenden
Die Veröffentlichungsschwellen sollten deutlich gesenkt werden. Parteispenden ab 10.000 Euro sollten sofort nach Spendeneingang offengelegt werden müssen, statt ab 35.000 Euro wie bisher. Zuwendungen ab 2.000 Euro sollten in den Rechenschaftsberichten der Parteien transparent gemacht werden. Spenden an Untergliederungen einer Partei sollten als solche gekennzeichnet werden müssen, damit die gezielte Förderung einzelner Gebietsverbände oder Politiker:innen nachvollziehbar wird.
2. Integrität in der Bundesverwaltung
Das Regelwerk und die Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten in Bundesbehörden, insbesondere in Bundesministerien, sollten grundlegend überarbeitet werden. Es gab in dieser Legislaturperiode gleich mehrere Fälle, bei denen nicht ausreichend zwischen privaten und dienstlichen Interessen getrennt wurde. Handlungsbedarf besteht in folgenden Punkten:
Strengere Karenzzeit
Die derzeitige Regelung zur Karenzzeit für Mitglieder der Bundesregierung und Parlamentarische Staatssekretär:innen ist unzureichend. Die maximale Dauer, in der Beschäftigungen untersagt werden können, sollte von derzeit 18 auf 36 Monate verdoppelt werden. Zudem sollten Sanktionen bei Nichteinhaltung eingeführt werden.
Vorbeugung und Umgang mit Interessenkonflikten
Hochrangige Entscheidungsträger:innen in Ministerien sollten verpflichtet sein, eine Interessenerklärung abzugeben. Diese sollte Angaben zu finanziellen Interessen wie Beteiligungen an Personen oder Kapitalgesellschaften enthalten. Für hochrangige Entscheidungsträger:innen sowie für Beschäftigte in besonders korruptionsgefährdeten Bereichen sollte darüber hinaus ein Verbot des Handels mit Wertpapieren eingeführt werden.
Nebentätigkeiten und -einkünfte
Bei der Genehmigung und Untersagung von Nebentätigkeiten von Beamt:innen und anderen Beschäftigten in Ministerien sollten mögliche Interessenkonflikte eine wesentlich größere Rolle spielen. Der Bundestag sollte im Beamtengesetz klarstellen, dass entgeltliche Nebentätigkeiten grundsätzlich genehmigungspflichtig und zu untersagen sind, wenn die entsprechenden Arbeitgeber:innen oder Auftraggeber:innen vom dienstlichen Handeln betroffen sind – etwa bei Rechtsetzungsvorhaben.
3. Kontrolle und Durchsetzung der Regeln
Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, die eine effektive Durchsetzung bestehender Regeln im Bereich Transparenz und Integrität sicherstellen. Wir empfehlen die Einrichtung einer eigenständigen, unabhängigen obersten Bundesbehörde, die diese Regeln kontrolliert. Vorbild ist die Hohe Behörde für Transparenz im öffentlichen Leben in Frankreich. Diese nimmt Interessenerklärungen von hochrangigen Amtsträger:innen zentral entgegen, prüft und trifft Entscheidungen zum Umgang mit Interessenkonflikten. Die Behörde kann eigenständig Untersuchungen durchführen und Hinweisen zu regelwidrigem Verhalten nachgehen. Eine solche Stelle würde die Rechtsdurchsetzung auch in weiteren Bereichen verbessern. Dazu gehören Karenzzeit-Regelungen, die Parteienfinanzierung oder auch das Lobbyregister.
4. Lobbytransparenz und Transparenz der Gesetzgebung
Mit der Reform des Lobbyregister-Gesetzes und der Einführung eines „exekutiven Fußabrucks“ durch die Ampelkoalition wurde die Transparenz über Lobbyakteure und konkrete Einflussnahmen auf politische Entscheidungen deutlich erhöht. Weiterer Handlungsbedarf besteht allerdings:
Umfassender Fußabdruck und Kontakttransparenz
Die von der Ampel beschlossene Regelung für einen exekutiven Fußabdruck ist nicht ausreichend. Alle Lobbytermine von Minister:innen und der Leitungsebene der Bundesministerien sollten veröffentlichungspflichtig werden. Zudem sollten alle schriftlichen Eingaben zu einem Gesetzentwurf in einer Online-Datenbank veröffentlicht werden.
Ausnahmen reduzieren
Die pauschalen Ausnahmen im Lobbyregister-Gesetz für wichtige Akteure der politischen Interessenvertretung wie Arbeitgeberverbände, Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Gewerkschaften sollten abgeschafft werden.
Sanktionen verschärfen
Der im Lobbyregister-Gesetz vorgesehene Sanktionsrahmen bei Verletzungen der Registrierungspflicht ist mit einem maximalen Bußgeld von 50.000 Euro deutlich zu gering, um effektiv abschrecken zu können.
Finanztransparenz erhöhen
Hohe Zuwendungen (Schenkungen) an im Lobbyregister eingetragene Akteure sollten transparent gemacht werden müssen. Konkret sollte die mit der Reform eingeführte relative Offenlegungsschwelle durch eine absolute ergänzt werden. Insbesondere dann, wenn die Zuwendung nicht von natürlichen Personen, sondern von Unternehmen, Stiftungen oder Verbänden stammt.
5. Europäische Union
Die nächste Bundesregierung sollte sich auch auf EU-Ebene entschieden für eine starke Demokratie, Transparenz und Integrität einsetzen sowie für Maßnahmen zur Beschränkung von Machtkonzentrationen, vordringlich in folgenden Punkten:
Antikorruptionsrichtlinie
Die Bundesregierung sollte sich für eine starke Antikorruptionsrichtlinie einsetzen. Ziele sind die Erleichterung der Bekämpfung von Korruption über nationale Grenzen hinweg sowie starke Präventionsmechanismen und entsprechend ausgestattete Behörden in den Mitgliedstaaten.
Transparenz in der EU-Gesetzgebung
Die nächste Bundesregierung sollte sich für mehr Transparenz insbesondere im Rat der EU einsetzen. Die Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Rat über Gesetzesvorhaben sollten für die Öffentlichkeit nachvollziehbar werden, zentrale Verhandlungsdokumente veröffentlicht werden. Auch die Positionen der Regierungen bei ihren Verhandlungen im Ministerrat sollten öffentlich gemacht werden – bisher können Bürger:innen nicht nachvollziehen, was ihre nationalen Regierungen bei den Ratssitzungen fordern. Das macht EU-Politik oft schwer nachvollziehbar und erschwert politisches Engagement und eine breite Beteiligung.
6. Stärkung der Zivilgesellschaft
Die nächste Regierungskoalition sollte sich in Deutschland, aber auch auf europäischer Ebene für eine starke und lebendige Zivilgesellschaft einsetzen. Eine starke Zivilgesellschaft stärkt die Demokratie und ist ein Korrektiv zu finanzstarken, vorrangig wirtschaftliche Interessen vertretenden Lobbygruppen. Entsprechend sollte sich die nächste Regierungskoalition entschieden gegen Versuche wenden, den Handlungsraum zivilgesellschaftlicher Organisationen einzuschränken. Aktuell diskutierte Auflagen für zivilgesellschaftliche Organisationen, Interessenvertretung etwa im Klima- und Umweltbereich zu untersagen oder einzuschränken, wenn dafür EU-Fördergelder verwendet werden, sollte die Bundesregierung dringend entgegentreten. In Deutschland sollte die nächste Regierungskoalition für Rechtssicherheit für gemeinnützige Akteure sorgen, die politisch tätig werden.
7. Einmischung in demokratische Prozesse durch ausländische staatliche Akteure
Die illegitime Einmischung in demokratische Prozesse von Wahlen bis hin zur Gesetzgebung durch autokratische Regierungen oder regierungsnahe Akteure ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit. Ziel dieser Aktivitäten ist es oft, politisch-gesellschaftliche Spaltungen zu verstärken und destabilisierend zu wirken. Die nächste Regierungskoalition muss sich dieser Herausforderung stellen. Ein robuster Transparenz- und Integritätsrahmen ist dabei ein wichtiges Gegenmittel. Zum Beispiel könnten effektive Karenzzeitregeln einen zeitnahen Seitenwechsel zu ausländischen staatlichen oder staatsnahen Akteuren verhindern. Das Lobbyregister-Gesetz verlangt bereits jetzt verpflichtend Angaben zu staatlichen Akteuren als Auftraggeber von Interessenvertretung und zur Finanzierung durch ausländische staatliche Stellen. Ein gesondertes Register ausschließlich für ausländische Einflussnahme birgt dagegen hohe Risiken für legitime Interessenvertretung vor allem für zivilgesellschaftliche Akteure bei zweifelhaftem zusätzlichem Nutzen. Insbesondere einer vollharmonisierten EU-Richtlinie dazu sollte die nächste Bundesregierung widersprechen.
8. Machtungleichgewichte und Machtkonzentration – Konzernmacht begrenzen
Angesichts großer Unterschiede bei den Möglichkeiten, Interessen wirkungsvoll gegenüber der Politik zu vertreten, sollte diese aktiv auf eine ausgewogene Beteiligung auch weniger finanzstarker Interessengruppen an wichtigen politischen Weichenstellungen achten. Zugleich muss die Politik Maßnahmen zur Begrenzung von Konzernmacht ergreifen.
Ausgewogene und breite Beteiligung
Beratungsgremien und institutionalisierte Austauschrunden dürfen weder personell noch thematisch einseitig den Interessen der jeweils betroffenen Branche entsprechen. Andere Interessengruppen, wie zum Beispiel Umwelt- und Verbraucherschutzverbände, müssen ausreichend vertreten sein und dürfen nicht nur als Feigenblatt dienen.
Um ausgewogene Beteiligung an der Gesetzgebung und politischen Entscheidungen längerfristig zu fördern, könnte eine Leitlinie zur ausgewogenen Einbindung gesellschaftlicher Interessen hilfreich sein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat eine solche Leitlinie in ihrem Arbeitsprogramm für die EU-Kommission festgelegt.
Kritische Distanz zu fossilen Lobbys
Insbesondere dort, wo es um wichtige, ressortübergreifende Zukunftsfragen geht – wie in der Klimapolitik – ist es essentiell, privilegierte Zugänge für Vertreter:innen fossiler Geschäftsmodelle zu begrenzen. Politiker:innen sollten ihre Kontakte zu Akteuren mit fossilen Geschäftsinteressen auf das absolut Nötigste reduzieren, weil diese der Einhaltung der Klimaziele und somit dem öffentlichen Interesse entgegenstehen. Kontakte sollten auf notwendigen sachlichen Austausch begrenzt bleiben und sollten nicht mit weiteren Annehmlichkeiten verbunden sein – wie etwa Festveranstaltungen oder aufwändige Reisen. Politiker:innen sollten auch keine Veranstaltungen organisieren oder protegieren, die stark von fossilen Akteuren dominiert oder finanziert sind – oder bei entsprechenden Lobbyverbänden Funktionen übernehmen.
Konzernmacht begrenzen
Zudem sollte sich die nächste Regierungskoalition für die Durchsetzung und Weiterentwicklung bestehender Gesetze in Deutschland und auf EU-Ebene einsetzen, die zum Ziel haben, übermäßige Marktmacht und damit oft auch politische Macht zu begrenzen. Mit dem Digital Markets Act (DMA) wurde für den Bereich der Tech-Konzerne ein wichtiges Instrumentarium geschaffen, das nun auch angewandt und ausgeweitet werden muss. Das Gleiche gilt für das in Deutschland mit der GWB 11-Novelle geschaffene Entflechtungsinstrument.
Das Forderungspapier als pdf zum Download.
Detaillierte Informationen und Empfehlungen finden Sie auch in unserem Lobbyreport 2024.
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Geld macht Macht – im Wahlkampf sprudeln die Parteispenden
Seitdem die Nachricht vom vorzeitigen Ampel-Aus die Runde macht, fließen die Wahlkampfspenden an die Parteien in Hülle und Fülle. Spenden in Höhe von 100.000 Euro sind dabei keine Seltenheit. Sogar deutlich höhere Beträge wurden in den letzten Wochen gespendet. Es ist höchste Zeit für einen Spendendeckel.
In Wahlkampfzeiten erhalten die Parteien besonders hohe und viele Spenden. In den wenigen Wochen seit dem Ampel-Aus haben die Union, Volt, FDP, Grüne, SPD und BSW zusammen bereits über 4,6 Millionen Euro (Stand: 11.12.2024) erhalten. Dabei handelt es sich nur um die Großspenden ab 35.000 Euro, die gemäß Parteienrecht sofort veröffentlicht werden müssen. So erhielt beispielsweise Volt eine Einzelspende in Höhe von 1 Million Euro. Die CDU kann sich über zwei Einzelspenden über je 300.000 Euro freuen.
Wahlkampf: Hochkonjunktur für ParteispendenIn Deutschland kann in unbegrenzter Höhe an Parteien gespendet werden. So flossen im Rekordwahljahr 2021 insgesamt über 113,5 Millionen Euro an die damals im Bundestag vertretenen Parteien.
Wähler:innen wollen ParteispendendeckelGroßspenden verschaffen Vermögenden und Unternehmen privilegierte Zugänge in die Politik und mehr Macht, um ihre Interessen durchzusetzen. Außerdem können solche Spenden Lobby-Einfallstore sein oder sogar zu Abhängigkeiten führen. Das ist undemokratisch.
Das sieht eine breite Mehrheit der Wähler:innen kritisch. Eine repräsentative Umfrage, die LobbyControl Anfang Oktober 2024 vom Meinungsforschungsinstitut Yougov durchführen ließ, zeigt: 57 % der Befragten wollen eine Obergrenze bei Parteispenden. Nur 24 % würden eine solche (eher) ablehnen. Besonders wichtig: Bei den Wähler:innen aller im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien hätte ein Parteispendendeckel eine Mehrheit (SPD 56 %, Union 57 %, Grüne 69 %, FDP 56 %, Linke 63 %). In der Vergangenheit haben sich in Wahlprogrammen und Parteitagsbeschlüssen SPD und Grüne für eine Obergrenze bei Parteispenden ausgesprochen, die Union und die FDP haben die Forderung bisher stets abgelehnt. Die Linke fordert ein Verbot von Unternehmens- und Verbandsspenden sowie eine Obergrenze von 25.000 Euro.
Vermögensberatung spendet sehr vielDerart hohe Parteispenden, wie sie die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) regelmäßig locker macht, wären mit einer Obergrenze nicht mehr möglich. Die DVAG, die für ihre undurchsichtige Lobbymacht und überteuerte Produkte kritisiert wird, zeigt sich auch in diesen Wochen besonders aktiv bei Parteispenden: Seit dem Bruch der Ampel-Koalition spendete sie 1 Million Euro. Davon erhielten die Unionsparteien die Hälfte, die FDP 300.000 Euro und Grüne und SPD jeweils 100.000 Euro. Bereits im Frühjahr spendete die DVAG 200.000 Euro an die CDU und 50.000 Euro an die FDP.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => lightgrey [image] => 111156 [headline_1] => Parteispenden: Jetzt Deckel drauf! [description_1] => Spenden für Parteien dürfen in Deutschland beliebig hoch sein. Das ist undemokratisch, da viel Geld viel Einfluss bedeutet. Es muss endlich ein Deckel auf die Parteispenden! [button_text] => Jetzt Appell unterschreiben! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/parteienfinanzierung/parteispenden-jetzt-deckel-dauf-111031/ [button_color] => lightorange [pop_up_functionality] => deactivated [pop_up_once] => )Nicht nur als Spenderin, sondern auch als Lobbyistin ist die DVAG ausgesprochen aktiv. Im Mai 2023 wurde öffentlich, dass die Lobbykampagne der Finanzbranche ein von der EU geplantes Verbot von Provisionen in der Anlageberatung verhindert hat. Das EU-Vorhaben bedrohte deren lukratives Geschäftsmodell. Alleine die DVAG kassierte im Jahr 2022 über 2,2 Milliarden Euro, in erster Linie durch Verkaufsprovisionen.
Gegen das geplante Provisionsverbot setzten sich der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber – nebenbei Mitglied im Beirat der DVAG – und die FDP ein. Der damalige Finanzminister Christian Lindner (FDP) signalisierte, dass er ein europäisches Provisionsverbot blockieren würde, was diesem wohl den Todesstoß verpasste. Interessant dabei ist, dass die FDP 2021 mindestens 1,25 Millionen Euro an Spenden aus dem Sektor entgegennahm, alleine 252.000 Euro von der DVAG.
Parteispenden: Deckel drauf!Andere Länder haben längst erkannt, dass Parteispenden in ihrer Höhe begrenzt werden sollten. 19 Mitgliedsstaaten der EU haben einen Parteispendendeckel. Da eine solche Obergrenze in Deutschland nicht existiert, wird in keinem anderen EU-Land auch nur ansatzweise so viel an Parteien gespendet wie in Deutschland. Eine internationale Untersuchung von LobbyControl, Follow the Money, ZDF Frontal und anderen zeigt: Die deutschen Parteien erhielten im Zeitraum 2019–2022 mehr als zehnmal so viele Zuwendungen von Privatpersonen, Mandatsträger:innen, Unternehmen und Verbänden wie in jedem anderen der 22 genauer untersuchten Länder. Allein die sechs Parteien im Bundestag bekamen in diesem Zeitraum 633 Millionen Euro. Insgesamt flossen in den untersuchten Staaten 937 Millionen Euro an Spenden und ähnlichen privaten Zuwendungen an die Parteien.
Wenn wie in Deutschland Geld in unbegrenzter Höhe an Parteien gespendet werden darf, wird Geld zum Machtfaktor. Um das zu verhindern, sollte für Parteispenden und Sponsoring eine jährliche Obergrenze von 50.000 Euro pro Geldgeber:in eingeführt werden. Nur so können die Einflussmöglichkeiten von reichen Personen, Unternehmen und Verbänden begrenzt werden.
Dieser Artikel erschien auch im Campact-Blog.
Weitere Informationen- Warum wir genau jetzt die Parteispenden deckeln sollten
- Repräsentative Umfrage: Mehrheit der Deutschen wünscht sich Obergrenze für Parteispenden
- Parteienfinanzierung: Ampel und Union einig, aber ein Parteispenden-Deckel fehlt
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Lobbyverband im CDU-Vorstand: Merz muss nun selbst handeln!
Der Lobbyverband Wirtschaftsrat der CDU redet rechtswidrig im CDU-Vorstand mit. Die von uns unterstützte Klage dagegen wurde jetzt leider abgewiesen. Das ist enttäuschend – auch, weil sich das Urteil nur auf formale Fragen stützte. Jetzt liegt es an Parteichef Friedrich Merz, seinen Parteivorstand rechtskonform aufzustellen.
2023: Rechtsanwalt Gunter Freiherr von Mirbach, Christina Deckwirth (LobbyControl) und CDU-Mitglied-Luke Neite vor dem Konrad-Adenauer-HausDas CDU-Mitglied Luke Neite hatte im September 2023 eine Klage gegen den CDU-Vorstand eingereicht, weil dort ein Lobbyverband dauerhaft mitreden darf. Das widerspricht laut einem von uns beauftragten Rechtsgutachten sowohl dem Parteiengesetz als auch der Satzung der CDU.
LobbyControl begleitete die Klage eng und finanziert sie auch. Eine erste Klage vor dem CDU-internen Parteigericht wurde notwendig, um überhaupt vor ein öffentliches Gericht ziehen zu können.
Protestaktion am Verhandlungstag Merz will unsere Forderungen nicht hörenAm Tag der Verhandlung waren wir mit Plakaten und Transparenten vor Ort, um unsere Botschaft sichtbar zu machen: Ein Lobbyverband gehört nicht in den Parteivorstand. Wir forderten Friedrich Merz noch einmal lautstark auf, den Wirtschaftsrat endlich aus dem CDU-Vorstand zu entlassen – gleich wie das Urteil ausgehen würde. Rund 30.000 Menschen hatten bis dato unseren Online-Appell mit der entsprechenden Forderung unterstützt. Das WeiterSo!-Kollektiv war ebenfalls mit einer satirischen Aktion vor Ort.
Das WeiterSo!-Kollektiv unterstützte unseren Protest kreativ.Die Gerichtsverhandlung konnten wir dann auf den Zuschauerbänken gemeinsam mit Pressevertreter:innen mit verfolgen. Strittig war in der Verhandlung des Landgerichts Berlin nun vor allem, ob ein einfaches CDU-Mitglied befugt sei, eine solche Klage einzureichen. Das hatte das CDU-Parteigericht zuvor abgelehnt. Da die Rechtsauffassung in dieser Frage allerdings nicht eindeutig ist, wollten wir die Frage von einem öffentlichen Gericht entscheiden lassen.
Aus formalen Gründen abgewiesen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin mit Richterin Linn DahmsRichterin Linn Dahms verkündete das Urteil direkt im Anschluss an die Verhandlung. Sie bestätigte das Urteil des Parteigerichts – und äußerte sich zu dem Dauergaststatus des Lobbyverbands Wirtschaftsrat im CDU-Parteivorstand der CDU nicht. Damit wurde die Klage aus rein formalen Gründen abgewiesen. Demnach bräuchte es als Kläger eine:n Delegierte:n auf einem Bundesparteitag, um gegen den Bundesvorstand oder die Bundespartei vorgehen zu können.
Das CDU-Parteigericht hatte sich in seiner damaligen Urteilsbegründung zum eigentlichen Inhalt der Klage geäußert – und damit anerkannt, dass die jetzige Aufstellung des Parteivorstands rechtswidrig sein könnte. Es ist enttäuschend, dass das Landgericht sich nun überhaupt nicht dazu äußerte. Die Rechtslage dazu ist laut dem von uns beauftragten Rechtsgutachten, aber auch laut führender Expert:innen zu dem Gebiet, sehr klar: Das Parteiengesetz verbietet es, parteiexterne Vertreter:innen dauerhaft im Parteivorstand mitreden zu lassen.
Zwei mögliche weitere Wege Fast 30.000 Unterschriften haben wir an „Friedrich Merz“ übergeben!Wie geht es weiter? Es bleibt die Erfahrung, dass nicht jeder rechtswidrige Zustand auch gerichtlich beklagt werden kann – frei nach dem Motto: „Wo kein richtiger Kläger, da kein Richter“. Klagen sind langwierig und teuer. Daher können und wollen wir nicht das Risiko eingehen, dass auch eine nächste Klage wieder abgewiesen wird, ohne dass wir in der Sache weiterkommen.
Kläger Luke Neite, Anwalt Gunter Freiherr von Mirbach und Christina Deckwirth von LobbyControl (v.r.n.l.)Es gibt nun zwei mögliche Wege: Zum einen könnte sich ein Delegierter oder eine Delegierte für den CDU-Bundesparteitag finden, um gegen die rechtswidrige Aufstellung des Parteitags vorzugehen. Das erscheint schwierig, weil sich eine solche Person damit Karrierechancen innerhalb der Partei verbauen könnte. Aber es ist nicht unmöglich – und uns haben bereits entsprechende vorsichtige Signale erreicht. Wir bleiben also verhaltend optimistisch, dass der Rechtsweg noch nicht abgeschlossen ist.
Wird Merz’ Lobbynähe zum Problem im Wahlkampf?Zum anderen bleibt der öffentliche Druck: In einem sehr ähnlichen Fall bei der FDP reichte der öffentliche Druck: Die FDP entließ den Lobbyverband „Liberaler Mittelstand“ aus dem Bundesvorstand, nachdem wir dies im Jahr 2022 öffentlich gemacht hatten und es entsprechende Medienberichte gegeben hatte. Wir werden auf jeden Fall auch an dem Thema Wirtschaftsrat der CDU dranbleiben.
Insbesondere im Wahlkampf könnte Friedrich Merz’ allzu enge Nähe zu dem Lobbyverband Wirtschaftsrat für ihn zum Problem werden. Merz hatte selbst jahrelang Spitzenfunktionen im Wirtschaftsrat und nutzte den Verband als Unterstützerbasis während seiner mehrfachen Kandidaturen zum CDU-Parteivorsitz.
Merz muss nun selbst aktiv werdenEr könnte nun als Parteichef selbst aktiv werden und seinen früheren Lobbyverband aus dem Parteivorstand entlassen. Tatsächlich ist er ähnliche Schritte vor wichtigen Wahlen bereits mehrfach gegangen. Seine Tätigkeit als Lobbyist bei Blackrock beendete er anlässlich seiner zweiten Kandidatur zum Parteivorsitz. Seine Funktion als Vizepräsident beim Wirtschaftsrat legte er ab, kurz bevor er schließlich zum Parteichef gewählt wurde.
Merz täte sich selbst und seiner Partei einen Gefallen, wenn er das Thema noch vor der Bundestagswahl abräumen würde. Er ist in den letzten Jahren immer wieder durch einen unrühmlichen Umgang mit Interessenkonflikten und Lobbykontakten aufgefallen. Daran werden wir ihn immer wieder öffentlichkeitswirksam erinnern – und hoffen, dass der öffentliche, aber auch der parteiinterne Druck auf ihn weiter wachsen wird.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => lightorange [image] => 96181 [headline_1] => Schluss mit Privilegien für die Wirtschaftslobby! [description_1] => Seit Jahren gewährt die CDU einem Lobbyverband illegal Zugang zum Vorstand. Wir fordern Parteichef Friedrich Merz auf, diesem Rechtsbruch ein Ende zu setzen. [button_text] => Jetzt Appell unterschreiben! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/lobbyismus-und-klima/aktion-wirtschaftsrat-96069/ [button_color] => lightorange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 ) KampagnenerfolgeDie Klage vor dem Landgericht war ein zentraler Meilenstein unserer Arbeit zum Wirtschaftsrat. Trotz Dämpfer durch das Landgerichtsurteil blicken wir auf viele Kampagnenerfolge in den vergangenen vier Jahren zurück. Im Frühjahr 2021 hatten wir erstmals auf die problematische Rolle des Wirtschaftsrats aufmerksam gemacht – und seitdem für einigen Wirbel gesorgt.
Damals waren selbst viele Politik-Insider:innen überrascht, dass der Wirtschaftsrat kein Parteigremium, sondern ein Lobbyverband ist. Ein Erfolg unserer Arbeit ist es, dass dies mittlerweile viel bekannter ist und der Wirtschaftsrat in der Berichterstattung nun viel häufiger als Lobbyverband bezeichnet wird.
Wirtschaftsrat raus aus dem Parteivorstand: Wir bleiben dran!Unser Rechtsgutachten hatte einer breiteren Öffentlichkeit zudem gezeigt, dass Lobbyverbände in Parteivorständen nicht nur undemokratisch, sondern auch noch rechtswidrig sind. Zentral für unsere Kampagne war auch die breite Unterstützung, die wir von vielen Seiten bekommen haben – allen voran die mittlerweile über 30.000 Unterschriften unserer Online-Petition. Wir bleiben dran – bis der Lobbyverband endlich aus dem Parteivorstand entlassen ist!
Meilensteine seit 2021
- Januar 2021: Merz Rolle als Vizepräsident des Lobbyverbands Wirtschaftsrat erstmals angesichts seiner Kandidatur zum Parteivorsitz thematisiert
- März 2021: Studie: Wirtschaftsrat als Klimabremser mit übergroßer CDU-Nähe; dazu viel Berichterstattung
- Juni 2021: Recherche: Wirtschaftsrat als Instrument für intransparente Finanzierung im Umfeld der CDU
- Januar 2022: Veröffentlichung Rechtsgutachten; dazu viel Berichterstattung
- März 2022: Recherche zu anderen wirtschaftsnahen Vorfeldorganisation im Umfeld von Parteien
- März 2022: Start Online-Aktion „Schluss mit Privilegien für die Wirtschaftslobby!“
- Juni 2022: Nach unserer Kritik: FDP entlässt Lobbyverband aus dem Parteivorstand
- Mai 2022: Klage beim CDU-Parteigericht eingereicht
- Mai 2023: Teilerfolg beim CDU-Parteigericht erzielt
- September 2023: Klage beim Landgericht eingereicht
- April 2024: Recherche zum Wirtschaftsrat als Einfallstor für Klimaleugner-Kreise
- Mai 2024: Protestaktion beim CDU-Bundesparteitag in Berlin, im Anschluss erneute Kooptation des Wirtschaftsrats in den CDU-Parteivorstand
- Dezember 2024: Protestaktion vor der Verhandlung des Landgerichts Berlin, anschließendes Urteil
Wichtige Medienberichte seit 2021
- März 2021: ZEIT Online: LobbyControl erklärt CDU-Wirtschaftsrat zur Lobbygruppe
- März 2021: Süddeutsche Zeitung: Wenn Wirtschaftsvertreter im Vorstand mitreden
- Januar 2022: Spiegel: Juristische Bedenken gegen die Rolle des Wirtschaftsrats in der CDU
- Januar 2022: Süddeutsche Zeitung: Lobbyistin mit exklusivem Zugang zur CDU-Spitze
- Februar 2022: Deutschlandfunk Die Wirtschaft im CDU-Vorstand – warum ein junges Parteimitglied mit Klage droht
- Mai 2022: Die ZEIT: CDU-Mitglied klagt gegen Parteivorstand
- Mai 2022: Stuttgarter Nachrichten: Markus Lanz zwiebelt FDP-Generalsekretär (Lanz thematisiert Lobbyverband im FDP-Vorstand)
- April 2024: ZDF-Doku: Mensch Merz (mit Beitrag von Christina Deckwirth)
- Dezember 2024: Frankfurter Rundschau: CDU darf Lobbyverein im Vorstand behalten
- Dezember 2024: Süddeutsche Zeitung (dpa-Meldung): Klage von CDU-Mitglied gegen Parteivorstand erfolglos
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Erfolg für Lobbytransparenz: 1.500 EU-Beamt:innen müssen Lobbytermine veröffentlichen
Die neue EU-Kommission unter Ursula von der Leyen hat weitreichende Maßnahmen für mehr Lobbytransparenz beschlossen. Demnach werden ab Januar 2025 alle Beamt:innen bis zur Referatsleitungsebene dazu verpflichtet, ihre Lobbytermine offenzulegen – inklusive des Protokolls mit den wichtigsten Punkten eines Gesprächs.
Nina Katzemich von LobbyControl erklärt:
„Das ist ein Riesenschritt nach vorn in Sachen Lobbytransparenz in der EU: Schon bisher gab es Transparenz über die Lobbytreffen der obersten Leitungsebene der EU-Kommission. Künftig müssen deutlich mehr Beamte der EU-Komission ihre Lobbytermine samt Inhaltsangabe offenlegen. Statt bisher für 400 gilt die Transparenzpflicht ab Januar für rund 1.500 leitende Beamtinnen und Beamte. Wir begrüßen die beschlossene Transparenzoffensive.
Die Öffentlichkeit kann dadurch ganz konkret sehen, wer bei Gesetzgebungsverfahren mitgemischt hat und ob verschiedene Interessengruppen ausgewogen beteiligt waren. In Deutschland sind wir davon weit entfernt: Nicht einmal Mitglieder der Bundesregierung müssen hierzulande Angaben zu Lobbyterminen machen. Wir fordern die nächste Bundesregierung auf, sich ein Beispiel an der EU zu nehmen: Es gibt keinen Grund, warum nicht auch deutsche Politiker:innen in Regierungsverantwortung und wichtige Beamte Transparenz über ihre Lobbytreffen herstellen sollten!“
Seit 2014 fordert LobbyControl gemeinsam mit Partnerorganisationen, dass die Europäische Kommission ihre Lobbytreffen für die Ebenen unterhalb der Kommissar:innen und Kabinette offenlegt. Nach zehn Jahren setzt die Kommission diese Forderung nun um. Zu den erweiterten Pflichten gehört auch, dass diese 1.500 Beamt:innen explizit nur noch Lobbyakteure treffen dürfen, die im EU-Transparenzregister eintragen sind.
„Das ist ein großer Erfolg unserer Beharrlichkeit“, erklärt Nina Katzemich. „In Brüssel wird es jetzt schwieriger für die Lobbyist:innen, die das Licht der Öffentlichkeit scheuen.“
Hintergrund
- Hier finden Sie den Beschluss der EU-Kommission
- Online-Petition von LobbyControl für Transparenzmaßnahmen vor Ursula von der Leyens Wiederwahl im Juli 2024
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LobbyControl fordert nach Gerichtsurteil: Merz muss für rechtskonforme Zustände in seiner Partei sorgen
Christina Deckwirth kommentiert das heutige Urteil des Landgerichts Berlin II:
„Unerwartet ist bereits heute ein Urteil vom Gericht gefällt worden. Der Lobbyverband Wirtschaftsrat sitzt weiterhin rechtswidrig im Parteivorstand der CDU. Daran ändert auch das heutige Urteil des Landgerichts Berlin nichts. Die zuständige Richterin hat unsere Klage aus rein formalen Gründen abgelehnt. Der Grund: Ein einfaches Parteimitglied sei nicht befugt, gegen den Parteivorstand zu klagen.
Es liegt nun weiterhin an Parteichef Friedrich Merz, seinen Parteivorstand endlich rechtskonform aufzustellen. Eine Partei, die Regierungsverantwortung anstrebt, sollte sich dringend an das Parteiengesetz halten. Es bleibt undemokratisch, einem mächtigen Lobbyverband dauerhaft Mitspracherecht zu bieten!“
Hintergrund
Lobbyverband im Parteivorstand: CDU vor Gericht (PM vom 5.12.2024)
Pressefotos
https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/LobbyControl-Landgericht-Wirtschaftsrat-Credit-LobbyControl-Denise-Garcia-Bergt.zip
Credits: LobbyControl/Denise Garcia Bergt
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Lobbyverband im Parteivorstand: CDU vor Gericht
Das Landgericht Berlin II verhandelt morgen, am 06.12.2024, über die Klage eines CDU-Mitglieds gegen den CDU-Parteivorstand. Der Grund: Der Lobbyverband Wirtschaftsrat sitzt als Dauergast im Parteivorstand und hat dort Rederecht. Das widerspricht dem Parteiengesetz – und ist zudem undemokratisch. LobbyControl unterstützt die Klage und begleitet die Verhandlung mit einer Protestaktion. Ein Urteil wird für Januar erwartet.
Der Lobbyverband Wirtschaftsrat hat rein formal keine Verbindung zur CDU – erhält aber dennoch privilegierte Zugänge zur Parteispitze. Wirtschaftsratspräsidentin Astrid Hamker nimmt an nahezu jeder Vorstandssitzung teil. Keine andere gesellschaftliche Gruppe hat solch privilegierte Zugänge ins Machtzentrum einer Partei. Der Dauergaststatus des Wirtschaftsrats widerspricht zudem den Regeln des Parteiengesetzes. Besondere Brisanz und Aktualität hat der Fall, weil Parteichef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz jahrelang Spitzenfunktionen im Wirtschaftsrat innehatte.
Einseitige Privilegien für die Wirtschaftslobby„Zu Recht verbietet das Parteiengesetz, dass Lobbyverbände dauerhaft in Parteivorständen mitreden dürfen. Doch Parteichef Merz missachtet diese wichtigen demokratischen Regeln und verschafft einer ohnehin mächtigen gesellschaftlichen Gruppe einseitige Vorteile. Wir fordern Parteichef Merz auf, den Wirtschaftsrat endlich aus dem Vorstand zu entlassen und den Parteivorstand rechtskonform aufzustellen“, sagt Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl.
Intransparente Geldflüsse im Umfeld der CDUDer Wirtschaftsrat wurde in den 1960er Jahren von den damaligen Schatzmeistern der Partei gegründet, damit die CDU Unternehmensgelder an den Parteikassen und Finanzämtern vorbei einnehmen kann. Dazu sagt Christina Deckwirth: „Konzerne wie Amazon, Coca-Cola oder Deutsche Bank sponsern den Wirtschaftsrat. Mit Lobbyausgaben in Höhe von über fünf Millionen Euro zählt der Verein zu den größten Lobbyverbänden in Deutschland. Doch trotz seiner übergroßen Nähe zur CDU muss der Wirtschaftsrat seine Finanzierung nicht offenlegen. Damit ist der Wirtschaftsrat ein Einfallstor für intransparente Geldflüsse im Umfeld der Partei. Das ist gerade jetzt im Wahlkampf höchst problematisch.“
Luke Neite, Kläger in dem Verfahren und CDU-Mitglied sagt: „Friedrich Merz ist Kanzlerkandidat der Lobby-Herzen. Sein früheres Amt als Vizepräsident des Wirtschaftsrats macht die ungesunde Nähe allzu deutlich. Die CDU sollte nicht länger dulden, dass dieser Lobbyverband so dreist unsere innerparteiliche Demokratie unterläuft. Es freut mich, dass das Gericht jetzt die Möglichkeit hat, den Lobbyverband aus dem Vorstand zu werfen. Das Urteil kommt hoffentlich rechtzeitig, bevor die CDU im Februar zur Regierungspartei werden könnte.“
Die Protestaktion findet am Freitag, 06.12.2024, um 10 Uhr statt. Die Gerichtsverhandlung beginnt um 10:30 Uhr.
Ort: Landgericht Berlin II, Tegeler Weg 17-21, Haupteingang, Verhandlung im Saal 109
Hintergrund
Laut einem Rechtsgutachten, das LobbyControl 2022 in Auftrag gegeben hatte, ist der Gaststatus des Wirtschaftsrats rechtswidrig. Das hatte auch die renommierte Parteienrechtlerin Sophie Schönberger gegenüber dem Deutschlandfunk bestätigt. LobbyControl selbst ist nicht klageberechtigt, unterstützt aber die Klage eines CDU-Mitglieds gegen seinen Parteivorstand. Das CDU-Parteigericht hatte diese Rechtsauffassung ebenfalls als „vertretbar“ bezeichnet, die Klage aber aus formalen Gründen abgelehnt. Das Landgericht verhandelt nun erstmals öffentlich über den Fall.
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Deep Lobbying: Amazons fragwürdige Lobbystrategie
Mit einer groß angelegten PR-Kampagne versucht Amazon, seine Kritiker:innen zu besänftigen. Neben klassischer Lobbyarbeit setzt der Konzern dabei auf sogenanntes Deep Lobbying, unter anderem durch Geschenke und Sponsoring. Damit geht Amazon gegen Kritik an schlechten Arbeitsbedingungen, Steuervermeidung und Monopolmacht vor. Dies geht aus einer aktuellen Recherche von LobbyControl zur Black Friday Week hervor.
Im Umfeld seiner Logistikzentren engagiert sich Amazon besonders aktiv. Ein Beispiel hierfür ist in Rheinberg am Niederrhein. Der Konzern unterstützt dort Schulen mit Materialspenden, fördert Tafel-Einrichtungen, finanziert Freizeitaktivitäten und hat sogar einen Kirschbaum auf einem Spielplatz gepflanzt. Diese Maßnahmen dienen dazu, regelmäßig positive Berichterstattung in der lokalen Presse zu generieren.
Felix Duffy kommentiert: „Mit Geschenken und Sponsoring versucht Amazon, sein Image aufzupolieren und Kritiker zu besänftigen. Diese PR-Offensive darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei Arbeitsbedingungen, Steuern und Monopolmacht dringender Handlungsbedarf besteht. Die Politik darf sich von der Charmeoffensive Amazons nicht blenden lassen und muss endlich die tatsächlichen Missstände angehen.“
Abhängigkeiten bei Katastrophenschutz und Versorgung von Tafeln
Ein besonderer Schwerpunkt von Amazon in Rheinberg ist die Katastrophenhilfe. Von diesem Standort aus versorgt der Konzern Menschen in ganz Europa mit Hilfsmitteln. Diese Unterstützung kann für die Betroffenen von großer Bedeutung sein. Allerdings besteht die Gefahr, dass ein privater Konzern staatliche Aufgaben übernimmt und problematische Abhängigkeiten entstehen. Die Politik muss die Kontrolle über öffentliche Infrastruktur behalten. Die Versorgung von Menschen in Not darf nicht von einem gewinnorientierten Konzern abhängen.
Das gilt auch für die Unterstützung der Tafel-Einrichtungen durch Amazon. Diese ist für die Tafeln von zentraler Bedeutung, ohne die sie die Lebensmittel nicht in der Menge und der Passgenauigkeit an armutsbetroffene Menschen umverteilen könnten. Amazon hat es also geschafft, sich in diesem Bereich unentbehrlich zu machen. Das wissen auch die verantwortlichen Kommunalpolitiker:innen, die sich angesichts knapper Kassen eine härtere Gangart gegenüber Amazon zweimal überlegen werden, wenn sie damit riskieren, die Versorgung von armutsbetroffenen Menschen zu verschlechtern.
Einfluss auf die Bildungspolitik
Besonderes Augenmerk legt Amazon auf den Bildungsbereich. Das Programm „Amazon Future Engineers“ arbeitet bereits offiziell mit 18 Partnerorganisationen in Deutschland und Österreich zusammen. Zusätzlich zu diesen Kooperationen beteiligt sich Amazon beispielsweise im Rahmen der Thüringer Bildungsinitiative „Klima-Programmierer: Klima-Resilienz durch Coding“ in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Bildungsministerium.
Dieses „soziale Engagement“ bietet Amazon vielfältige Vorteile: Es ermöglicht positive Berichterstattung in der Lokalpresse, den Aufbau und die Pflege von Kontakten zu den Verantwortlichen der Logistikstandorte sowie die Darstellung der gesellschaftlichen Verantwortung des Konzerns auf seiner Website.
Felix Duffy kommentiert: „Diese PR-Strategie ist ein alarmierendes Beispiel für verdeckte Lobbyarbeit, die einer offenen und kritischen Debatte über die negativen Auswirkungen der Monopolmacht von Amazon entgegenwirkt. Die Politik sollte daher Maßnahmen ergreifen, um die Macht von Amazon zu begrenzen und die Abhängigkeit von dem Konzern zu verringern.“
Strategie: Deep Lobbying
Diese Art von Lobbyarbeit wird Deep Lobbying genannt. Dabei geht es nicht direkt um Einfluss auf die Politik. Die Strategie zielt darauf ab, langfristig die Einstellungen, Stimmung und Diskurse in der Bevölkerung und der Politik zu beeinflussen und in eine bestimmte Richtung zu lenken. Politische Entscheidungen werden also indirekt über die Einflussnahme auf die Öffentlichkeit beeinflusst. Damit geht Deep Lobbying über Einflussnahme auf einzelne Gesetzesverfahren hinaus.
Weitere Informationen
- Beitrag zur Black Friday Week
- Hier finden Sie unser Rechtsgutachten, dass Amazon zerschlagen werden sollte
- Recherche zu Lobbyausgaben und Lobbynetzwerk von Amazon in Deutschland
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Wie Amazon mit Geschenken Kritik verhindert
Amazon greift tief in die Tasche, um seine Kritiker zu besänftigen. Doch statt auf klassische Lobbyarbeit setzt der Konzern dabei auf Geschenke und Sponsoring.
An der Skaterbahn in Rheinberg am Niederrhein stehen seit Kurzem ein Kirschbaum und eine Bank. Beides wurde von Amazon gesponsert. Der Bürgermeister von Rheinberg war von dieser „vorbildlichen Aktion“ begeistert. Er bedankte sich für den „wertvollen ökologischen und sozialen Beitrag“, wie die Lokalzeitung berichtete.
Für Amazon kam dieser positive Bericht gelegen. Der Konzern steht wegen Steuervermeidung, schlechter Arbeitsbedingungen und der Vernichtung von Rücksendungen unter Druck. Auch die Abhängigkeiten im Cloud-Bereich und die Monopolstellung im Onlinehandel sorgen für Kritik. Um seine Kritiker:innen zu besänftigen und einen drohenden Imageverlust zu vermeiden, betont Amazon gerne sein „soziales Engagement“: Katastrophenhilfe, Unterstützung von Tafeln und die Förderung von Bildung.
Spontane Aktion?War die Baumpflanzung wirklich eine spontane Aktion der Amazon-Mitarbeiter:innen, wie der Artikel suggeriert, oder Teil einer fragwürdigen PR-Strategie? Wir haben uns auf die Suche gemacht, um herauszufinden, was hinter den Geschenken von Amazon steckt.
Wir haben uns bei den streikenden Gewerkschafter:innen, bei den beschenkten Tafeln und bei Amazon selbst erkundigt. Und wir waren in Rheinberg und haben uns vor Ort ein Bild vom „wertvollen ökologischen und sozialen Beitrag“ gemacht. Unser klares Fazit: Diese PR-Aktivitäten des Amazon-Konzerns dienen dazu, von den negativen Folgen seiner Macht abzulenken.
Kirschbaum und Bank am Skaterpark in Rheinberg. Beide wurden von Amazon gesponsert und vom Bürgermeister als „wertvoller ökologischer und sozialer Beitrag“ gewürdigt. Amazons Charme-Offensive in RheinbergEin anschauliches Beispiel, um die Image-Kampagne von Amazon näher zu betrachten, ist die 31.000-Einwohner-Stadt Rheinberg. Seit 2011 ist der Konzern mit seinem Logistikzentrum DUS2 dort vertreten. 2023 waren es etwa 1500 Beschäftigte. Diese wurden in den letzten Monaten von Amazon jedoch deutlich abgebaut.
Von Beginn an gab es in Rheinberg Kritik an den Arbeitsbedingungen und der Steuervermeidung des Konzerns. Vor allem die Gewerkschaft Verdi hat regelmäßig zu Streiks in Rheinberg aufgerufen, um einen einheitlichen Tarifvertrag zu fordern. Doch die kritischen Stimmen in Rheinberg sind leiser geworden.
Mit dafür verantwortlich ist eine Lobbystrategie, die mit Geschenken seine Kritiker besänftigen will. Am Amazon-Standort Rheinberg kann man gut sehen, wie Amazon in regelmäßigem Abstand mit seinen Aktivitäten und Geschenken dafür sorgt, dass die Lokalpresse positiv über den Konzern berichtet. 2024 waren es allein in der Rheinischen Post bisher vier Artikel über den erwähnten Kirschbaum, gespendetes Schulmaterial, die Unterstützung der Tafel und den Stützpunkt für Katastrophenhilfe.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Bleiben Sie informiert über Lobbyismus. [description_left_1] => Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter. [template] => petrol [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription [move_code_visible] => POP0000 [move_code_hidden] => POP0000 [move_code_deactivated] => LCW0000 )Auch in den Jahren davor gab es immer wieder Artikel, die den Online-Riesen in positivem Licht erscheinen ließen: So wurde eine Mitarbeiterin aus Rheinberg als „Amazon-Star“ ausgezeichnet. Amazon hat einen Ferienzirkus mit 5.000 Euro unterstützt und den Rheinberger Leseclub mit 10.000 Euro gefördert. Amazon ist in Rheinberg mit unterschiedlichen Aktivitäten aktiv und inszeniert sich als Unternehmen mit gesellschaftlicher Verantwortung.
Dabei wollen wir nicht missverstanden werden: Unsere Kritik richtet sich ausschließlich an die Aktivitäten und Ziele von Amazon und nicht an die Empfänger:innen dieser Geschenke. Für die Kinder ist es toll, dass in Rheinberg ein Leseclub gegründet wurde.
Was ist Deep Lobbying?
Als sogenanntes Deep Lobbying werden Lobbystrategien bezeichnet, die sich nicht direkt an politische Entscheidungsträger:innen richten, sondern über Umwege funktionieren. Sie zielt darauf ab, mit langfristigen Strategien die Einstellungen, Stimmung und Diskurse in der Bevölkerung und der Politik zu beeinflussen und in eine bestimmte Richtung zu lenken. Politische Entscheidungen werden also indirekt über die Einflussnahme auf die Öffentlichkeit beeinflusst. Damit geht Deep Lobbying über Einflussnahme auf einzelne Gesetzesverfahren hinaus. Dazu gehören besonders Aktivitäten, die den Ruf eines Unternehmens oder einer Branche verbessern sollen. Ergänzt wird das Deep Lobbying von Amazon durch direkte Lobbyarbeit in Berlin sowie durch millionenschwere Werbekampagnen.
Das Kalkül von Konzernen wie Amazon dabei ist klar: Mit positivem Image und Zustimmung in der Bevölkerung lässt sich die Politik einfacher für die eigenen Belange einspannen. Gleichzeitig sollen Politik und Öffentlichkeit überzeugt werden, dass es im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen keinen Handlungsbedarf gibt. Solche Reputationskampagnen sind daher als Teil der Lobbystrategie des Unternehmens zu werten.
Bei Amazon kommt die Besonderheit hinzu, dass die Aktivitäten sich auf das unmittelbare Umfeld um die Logistikzentren des Konzerns konzentrieren. Damit zielen die Aktivitäten des Konzerns vor allem auf die Kommunalpolitik ab. Sie ist zuständig für weitreichende Entscheidungen, etwa zur Höhe der Gewerbesteuer oder dem Ausbau von Logistik-Kapazitäten, die Amazon unmittelbar betreffen.
Die Übergänge zur Werbung sind fließend, eine klare Abgrenzung der einzelnen Kategorien ist nicht möglich. Ein wichtiger Unterschied liegt in den verschiedenen Zielgruppen: Während bei Werbung Konsument:innen angesprochen und eine Markenbindung erreicht werden soll, ist bei indirekter Lobbyarbeit letztlich die Politik das Ziel der Aktivitäten. Gleichzeitig können solche Kampagnen auch mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen und damit auch mehrere Zielgruppen parallel ansprechen. So kann sich ein besserer Ruf auch positiv bei Konsument:innen bemerkbar machen, ohne dass diese mit direkter Produktwerbung angesprochen wurden.
Überblick: Geschenke und Sponsoring von AmazonUm seinen Ruf zu verbessern, ist Amazon neben der Katastrophenhilfe vor allem im Bildungsbereich aktiv. Das zentrale Programm nennt sich „Amazon Future Engineers“. Neben Deutschland ist es auch in zahlreichen anderen Ländern wie Indien oder USA aktiv. Das 2021 gestartete Programm hat nach eigenen Angaben von Amazon innerhalb des ersten Jahres 180.000 junge Menschen erreicht und mehr als 2.500 Lehrkräfte im digitalen Bereich weitergebildet.
Die Angebote sind vielfältig. Es beinhaltet virtuelle Touren durch Logistik- und Rechenzentren für Schüler:innen, Tools zum Lernen und Lehren der Python-Programmiersprache oder öffentliche Class Chats mit verschiedenen IT-Expert:innen von Amazon.
In Deutschland gibt es zudem ein breites und kaum zu überblickendes Netzwerk an Bildungsorganisationen, die mit Amazon im Bildungsbereich kooperieren. Dieses Netzwerk von Organisationen erfüllt für Amazon zwei Funktionen: Es erhöht die Reichweite und Glaubwürdigkeit der Bildungsaktivitäten des Konzerns. Die Glaubwürdigkeit wird vor allem durch offizielle Kooperationen unterstrichen. So ist Amazon in Thüringen an der Bildungsinitiative „Klima-Programmierer: Klima-Resilienz durch Coding“ beteiligt, die u. a. in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Bildungsminister stattfindet.
Auch außerschulische Aktivitäten finanziert Amazon. So wurden nach eigenen Angaben im Rahmen des „Back to School – Community Fund 2023“ 72 Projekte mit insgesamt 500.000€ gefördert.
Welches Kalkül für Amazon hinter solchen Aktivitäten steckt, konnten wir bereits 2016 aufdecken. Schon damals hatte Amazon versucht, mit dem Wettbewerb „Kindle Storyteller Kids“ sich in den Städten, in denen Amazon Logistikzentren betreibt, seinen Ruf zu verbessern und von kritischen Debatten, etwa um die Arbeitsbedingungen, Steuervermeidung und negativen Auswirkungen der Monopolmacht, abzulenken. Nach Kritik von uns wurde der Wettbewerb in mehreren Bundesländern verboten und dann eingestellt.
Kooperationspartner von Amazon im Bildungsbereich in Deutschland und Österreich- Hacker School
- DaVinciLab und MadeByKids. Organisieren gemeinsam die Amazon Future Engineer YouthHackathon Awards 2024
- Teach First Deutschland
- Save the Children (Makerlabs)
- Joblinge
- Science on Stage Deutschland
- MINT Zukunft schaffen
- Wissensfabrik
- Calliope
- EUCodeWeek
- SchlaU-Werkstatt
- ROCK YOUR LIFE!
- Meet and Code
- Deutschlandstipendium
- Junge Tüftler*innen
- ReDI School of Digital Integration
- App Camps
- IT4Kids
Neben der Katastrophenhilfe und dem Bildungsprogramm gibt es viele Aktivitäten im sogenannten Bereich „lokale Hilfe“. Dabei stellt sich Amazon als Unternehmen mit großer gesellschaftlicher Verantwortung dar: Es gibt den „Global Month of Volunteering“, das Projekt „Amazon. Goes Gold – For Kids with Cancer“ (Mitarbeiter:innen gehen im Schlafanzug zur Arbeit) und die „Amazon Stars-Auszeichnung“, die an besonders engagierte Mitarbeiter:innen verliehen wird. Nach eigenen Angaben hat Amazon im Jahr 2023 rund 850 Organisationen mit Geld-, Zeit- und Sachspenden in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstützt.
Gefahr von Abhängigkeiten bei der InfrastrukturEin besonderer Schwerpunkt von Amazon am Standort Rheinberg ist die Katastrophenhilfe. Der sogenannte „Disaster Relief Hub“ besteht seit Anfang 2024 und kann nach eigenen Angaben in 72 Stunden Hilfsgüter in ganz Europa bereitstellen. Zuletzt etwa bei den Flutkatastrophen in Zentral- und Osteuropa.
Was auf den ersten Blick als ein weiterer Baustein für den Imagegewinn von Amazon erscheint, offenbart sich auf den zweiten Blick als potenziell weitreichendes Problem. Katastrophenhilfe ist in Deutschland eine staatliche Aufgabe. Durch den Einstieg von Amazon in die Katastrophenhilfe besteht die Gefahr, dass hier ein privater Konzern zumindest in Teilen die Kontrolle über staatliche Aufgaben übernimmt. So können problematische Abhängigkeiten entstehen, die wiederum Einfluss auf den Umgang der Politik mit den Missständen bei Amazon haben können.
Zudem kann Amazon selbst darüber entscheiden, wo und wem diese Hilfe zukommt. Das könnte im Zweifelsfall bedeuten, dass sich Amazon für die Hilfe entscheidet, die einen besonders großen Imagegewinn verspricht, und nicht dort, wo die Not am größten ist und die Hilfe am dringendsten benötigt wird.
Das kritisiert auch die Stadtforscherin Maja-Lee Voigt: „Würde Amazon mehr Steuern zahlen, wäre diese Hilfe für den öffentlichen Sektor vielleicht auch besser finanzierbar. Die öffentliche Hand muss die Hoheit über die öffentliche Infrastruktur behalten und sicherstellen, dass möglichst alle daran teilhaben können.“
Amazon macht sich unentbehrlichBesonders eng ist die Kooperation von Amazon mit den Tafel-Einrichtungen in der Nähe der Logistikzentren. Immer mehr Menschen sind auf die Hilfe der Tafeln angewiesen. Gleichzeitig fehlen Lebensmittelspenden und ehrenamtliche Helfer:nnen.
Amazon unterstützt die Tafeln in mehrerer Hinsicht: Regelmäßig helfen Mitarbeiter:innen beim Verteilen. Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können, werden den Tafeln von Amazon zur Verfügung gestellt. Zudem stellt Amazon logistische Kapazitäten zur Verfügung, um die Lebensmittel einzusammeln und zu verteilen.
Während die Aktivitäten von Amazon symbolischen Charakter haben, hören wir von den Tafeln, dass die Unterstützung durch Amazon eine wichtige Hilfe ist und sie die Lebensmittel ohne Amazon nicht in der Menge und der Passgenauigkeit an armutsbetroffene Menschen umverteilen könnten.
Geschenke verhindern härtere GangartAmazon hat es also geschafft, sich in diesem Bereich unentbehrlich zu machen. Das wissen auch die verantwortlichen Kommunalpolitiker, die sich angesichts knapper Kassen eine härtere Gangart gegenüber Amazon zweimal überlegen werden, wenn sie damit riskieren, die Versorgung von armutsbetroffenen Menschen zu verschlechtern.
Amazon profitiert in vielerlei Hinsicht von diesem „sozialen Engagement“: Es bietet die Chance, mit positiven Artikeln in der Lokalpresse aufzutauchen. Außerdem können Kontakte zu den Verantwortlichen der Logistikstandorte geknüpft oder gepflegt werden. Auf seiner Website listet das Unternehmen zudem seine zahlreichen Aktivitäten als Beleg für seine gesellschaftliche Verantwortung auf. Bei Kritik, etwa an Steuervermeidung, verweist Amazon auf diese Aktivitäten.
Kritik an dem Konzern, der wegen schlechter Arbeitsbedingungen und Steuervermeidung in die Schlagzeilen geraten ist, findet im Rahmen dieser Aktivitäten keinen Raum. Dabei stehen Amazon und die anderen großen Tech-Konzerne global zunehmend unter Druck. Auch wenn es angesichts des Kaufrausches zu Black Friday nicht den Eindruck macht.
Die Kehrseite der MedailleBesonders aktiv sind die Gewerkschaften, die regelmäßig für einen Tarifvertrag und bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße gehen. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen weigert sich Amazon bislang, die Arbeitsbedingungen tarifvertraglich abzusichern. Anfang Oktober 2024 haben wir uns bei einem Streik im Logistikzentrum DUS2 in Rheinberg über die Situation vor Ort informiert. Wir trafen auf streikende Beschäftigte, die stolz auf die bereits erreichten Verbesserungen waren, aber auch deutliche Kritik am Konzern übten.
Anfang Oktober 2024 haben wir uns bei einem Streik im Logistikzentrum DUS2 in Rheinberg über die Situation vor Ort informiert. Wir trafen auf streikende Beschäftigte, die stolz auf die bereits erreichten Verbesserungen waren, aber auch deutliche Kritik am Konzern übten.Immer wieder zeigen Recherchen wie etwa von Correctiv, wie schlecht die Bedingungen bei Amazon tatsächlich sind und wie sehr die Angestellten ausgebeutet werden: Die Arbeit wird rund um die Uhr überwacht, es herrscht ein hoher Zeitdruck und Zeit für Pausen und Erholung gibt es kaum.
Auch die negativen Auswirkungen der Monopolstellung von Amazon – der Konzern hat in Deutschland beim Onlinehandel einen Marktanteil von 60 % – stehen zunehmend in der Kritik. Davon sind nicht nur kleine und mittlere Unternehmen betroffen, die von Amazon zunehmend abhängig sind. Die negativen Auswirkungen sind weitreichender: Amazon vermeidet systematisch Steuern, indem der Konzern sich in den Ländern mit den niedrigsten Steuerquoten niederlässt. Im Jahr 2020 hat Amazon beispielsweise trotz eines Rekordgewinns wegen der Corona-Pandemie keine Körperschaftssteuer in Luxemburg gezahlt. Dabei laufen etwa 75 % aller Geschäfte von Amazon außerhalb der USA über die Steueroase.
Auch in Sachen Datenschutz handelt Amazon mehr als bedenklich: Der Konzern sammelt systematisch unsere Daten, um Profile von uns zu erstellen. Hier besteht viel Potential für Datenmissbrauch. Außerdem zerstört Amazon in großem Umfang zurückgesendete Ware, es fehlt an Nachhaltigkeit.
Haben Sie Hinweise zur Lobbyarbeit beim AI Act? Dann können Sie sich anonym und vertraulich an LobbyControl wenden! Hier anonym an LobbyControl wenden.All das kann sich der Konzern nur leisten, weil es niemanden gibt, der ihn daran hindert: Kleinere Wettbewerber nicht, da sie entweder von der Plattform verdrängt oder aufgekauft werden. Und auch die Politik reagiert nicht ausreichend. Diese Situation nutzt Amazon aus, um seine Macht weiter auszubauen und mittels Lobbymacht gegenüber der Politik und gesellschaftlicher Imagepflege zu verteidigen.
Zeit, die Macht von Amazon zu begrenzenWir sollten uns daher von den Geschenken von Amazon und der damit verbundenen fragwürdigen Lobbystrategie nicht beeindrucken lassen. Hinter dem „sozialen Engagement“ des Konzerns steckt Kalkül, auch wenn es teils für die Menschen eine echte Hilfe darstellt. Denn die negativen Auswirkungen der Macht von Amazon sind weitreichend.
Langfristig würden wir alle mehr davon profitieren, wenn Amazon faire Steuern zahlen würde, seine Monopolmacht begrenzt ist und es für die Arbeiter:innen einen Tarifvertrag geben würde. Langfristig haben wir alle etwas davon, wenn wir weniger abhängig von dem US-Techmonopolisten sind. Es ist Zeit, die Macht von Amazon zu begrenzen.
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Warum wir genau jetzt die Parteispenden deckeln sollten
Allein seit dem Ampel-Aus Anfang November sind Großspenden in Höhe von insgesamt 2,3 Millionen Euro von reichen Privatpersonen und Unternehmen an politische Parteien geflossen.
Zusammenfassung
- In Deutschland können Unternehmen, Verbände und reiche Menschen Parteien so viel Spendengelder zukommen lassen, wie sie möchten. Es gibt, anders als in den meisten EU-Ländern, keine Obergrenze. Gerade anlässlich der kurzfristig anberaumten Bundestagswahlen fließen bereits die Großspenden.
- Ein Deckel für Parteispenden würde für mehr Gerechtigkeit sorgen, da ohne ihn finanzstarke Akteure den Wettbewerb zwischen den Parteien stark in ihrem Sinne beeinflussen können.
- Zudem würde ein Parteispendendeckel eine ganze Reihe von weiteren Problemen bei der Parteienfinanzierung lösen und die Auswirkungen von Regellücken und Kontrolldefiziten mindern.
- Ein aktuelle Umfrage zeigt: Wähler:innen der im Bundestag vertretenen Parteien befürworten eine Obergrenze für Parteispenden mehrheitlich.
In keinem anderen EU-Land wird auch nur ansatzweise so viel an Parteien gespendet wie in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kam eine internationale Untersuchung von Follow the Money, LobbyControl, ZDF Frontal und 23 weiteren Medienpartnern. In Deutschland erhielten die Parteien im Zeitraum 2019–2022 mehr als zehnmal so viele Zuwendungen von Privatpersonen, Mandatsträger:innen, Unternehmen und Verbänden wie in jedem anderen der 22 genauer untersuchten Länder.
Allein die sechs Parteien im Bundestag bekamen in diesem Zeitraum 633 Millionen Euro. Insgesamt flossen in den untersuchten Staaten 937 Millionen Euro an Spenden und ähnlichen privaten Zuwendungen an die Parteien. 67,5 % davon gingen an die Parteien im Deutschen Bundestag. An die Parteien in den nächstplatzierten Ländern, Frankreich und Niederlande, flossen im gleichen Zeitraum jeweils nur knapp 50 Millionen Euro. Sponsoringeinnahmen von deutschen Parteien sind dabei noch nicht einmal mitgerechnet.
Extrem hohe Parteispenden in DeutschlandDer Grund für diese hohen Zahlen: In Deutschland ist private Finanzierung besonders wichtig für Parteien, da auch von der staatlichen Parteienfinanzierung nur so viel ausgeschüttet wird, wie eine Partei aus anderen Quellen einnimmt – selbst wenn ihr durch das Wahlergebnis eigentlich mehr zustünde. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Vor allem gibt es in 19 der 27 EU-Staaten eine Obergrenze, die limitiert, wie viel einzelne Spender:innen pro Jahr spenden können. In Deutschland gibt es so eine Grenze nicht, und das macht sich bemerkbar.
Regeln zur Deckelung von Parteispenden gibt es in anderen Ländern mit gutem Grund. Denn hohe Parteispenden bergen Gefahren für integre Politik und gerechte Demokratie. Unbegrenzte Möglichkeiten für diejenigen, die es sich leisten können, Parteien finanziell zu unterstützen, können Ungleichheiten verstärken und das Vertrauen in einen fairen Interessenausgleich erodieren lassen. Unbegrenzte Spenden können zudem zu problematischer Einflussnahme und sogar zu käuflicher Politik, sprich Korruption, führen, wenn die Regeln nicht gut kontrolliert werden. Das deutsche System zur Kontrolle der Parteifinanzen ist aus unserer Sicht nicht ausreichend gewappnet, diesen Gefahren angemessen zu begegnen.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => lightorange [image] => 111156 [headline_1] => Parteispenden: Jetzt Deckel drauf! [description_1] => Spenden für Parteien dürfen in Deutschland beliebig hoch sein. Das ist undemokratisch, da viel Geld viel Einfluss bedeutet. Es muss endlich ein Deckel auf die Parteispenden! [button_text] => Jetzt Appell unterschreiben! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/parteienfinanzierung/parteispenden-jetzt-deckel-dauf-111031/ [button_color] => lightorange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 ) Neue Zeiten, altes ParteiengesetzDie Parteienfinanzierung wird in Deutschland durch das Parteiengesetz geregelt und durch die Bundestagsverwaltung kontrolliert. Auch wenn es in Sachen Transparenz seither deutliche Verbesserungen gab, stammt der Kern der Regeln noch aus dem Jahr 1967. Einer Zeit also, in der in Deutschland nur drei Parteien im Bundestag saßen und die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sich stark von den heutigen unterschieden.
Heute ist das Vertrauen in die demokratischen Institutionen in Deutschland an einem alarmierenden Tiefpunkt: Laut einer aktuellen Studie der OECD haben nur noch 36 % der Menschen in Deutschland hohes oder mäßig hohes Vertrauen in staatliche Institutionen oder demokratische Prozesse. Hohe Parteispenden werden immer wieder als ein wichtiger Grund für diesen Vertrauensverlust identifiziert, so zum Beispiel zuletzt bei einer Umfrage der Nichtregierungsorganisation Abgeordnetenwatch, aber auch bei einer empirischen Untersuchung zur Wahlentscheidung bei der US-Präsidentschaftswahl 2024. Und das nicht ohne Grund: Hohe Parteispenden sind ein Mittel, das nur kapitalstarken Akteuren zur Verfügung steht und die ihren politischen Vorlieben und Interessen damit überproportionales Gewicht verleihen können. Das ist ungerecht und undemokratisch, denn in einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geldbeutel abhängen und Politik nicht käuflich werden. Gerade wenn Parteispenden besonders intransparent sind, Annahmeverbote offensichtlich schlecht kontrolliert werden und es keine Obergrenze für Spenden gibt, fördert das deshalb Frustration und Misstrauen bei „normalen“ Durchschnittsbürger:innen.
Spenden als Einfallstor für Einflussnahme aus dem AuslandEs gibt aber noch weitere Entwicklungen im Bereich der Parteispenden, die unsere Institutionen auf den Prüfstand stellen. Während geopolitische Konkurrenz und Spannung global zunehmen, erleben wir ein Erstarken von antidemokratischen Kräften im Inland. Beides hat auch im Bereich Parteienfinanzierung Auswirkungen. Inzwischen ist gut dokumentiert, dass Drittstaaten auch in Deutschland politische Prozesse und Wahlen in ihrem Sinne beeinflussen. Gerade Russland fällt dabei mit möglichen Fällen verdeckter Finanzierung von politischen Akteuren auf, die vor allem darauf abzielt, Spaltung und Dissens im politischen Diskurs zu verstärken und demokratische Institutionen lahmzulegen.
Allerdings sind bisher nur unbewiesene Verdachtsfälle bekannt, bei denen es um mögliche Geldflüsse an einzelne Politiker:innen ging. Dennoch ist es mehr als fraglich, ob eine gezielte Parteiunterstützung aus Russland wirklich auffallen und wirksam unterbunden werden könnte. Spenden von außerhalb der EU sind zwar verboten, wie auch die Weiterleitung von Spenden Dritter, aber es gibt viele Umgehungsmöglichkeiten und die Kontrolle ist nicht ausreichend, um effektiv vorzubeugen.
Das ist auch deshalb fatal, da in den letzten Jahren antidemokratische Parteien entstanden sind, die eine besondere Tendenz zur Umgehung der Parteifinanzregeln aufweisen. Die AfD fällt seit Jahren durch ebenso fragwürdige wie innovative Konzepte auf, um die Offenlegungspflichten und Annahmeverbote des Parteiengesetzes zu umgehen. Das reicht von dubiosen Goldverkäufen bis hin zu undurchsichtigen Vereins- und Verlagskonstrukten, die Wahlkampagnen für die AfD schalten. Aber auch jüngere Parteien wie die Werteunion oder die Freien Sachsen gehen neue Wege der intransparenten Finanzierung. Unser gegenwärtiges System, das eben aus einer ganz anderen Zeit stammt, kann mit diesen Akteuren, die einen besonderen Willen zur Umgehung haben, kaum umgehen.
Fragliche VereineBesonders problematisch ist in diesem Zusammenhang eine Rechtslücke, die in diesem Jahr wiederholt negativ aufgefallen ist: Wird anstatt an eine Partei zunächst an einen Verein gespendet, können die Offenlegungspflichten und Annahmeverbote des Parteiengesetzes umgangen werden. Dafür darf die Spende allerdings nicht direkt weitergegeben werden, sondern sie muss zunächst ins Vereinsvermögen übergehen.
Sowohl das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) als auch die Werteunion schufen für die Vorbereitung der Parteigründung parteinahe Vereine, die Spenden sammelten. Zwar kündigte das BSW unlängst an, den Parallelverein aufzulösen und die Spenden nach den Regeln des Parteiengesetzes offenzulegen sowie von einem externen Prüfer verifizieren zu lassen. Die Werteunion und ihr Unterstützerverein machten jedoch bisher keinerlei Anstalten in diese Richtung. 2024 spendete der Verein bereits 200.000 Euro in vier Chargen à 50.000 Euro an die Partei. Die Herkunft der Mittel: unbekannt. Das Beispiel zeigt klar: Rein auf eine freiwillige Offenlegung und Überprüfung zu setzen, ist nicht ausreichend.
Dass die Umgehung der Regeln für Parteispenden so einfach zu sein scheint, ist, gelinde gesagt, beunruhigend. Denn die Transparenzpflichten und Annahmeverbote des Parteiengesetzes haben wichtige Funktionen. Sie sollen verhindern, dass politische Entscheidungen käuflich werden oder dass Regierungen anderer Staaten oder anderer Akteure aus dem (außeruropäischen) Ausland auf inländische politische Prozesse einwirken können.
Diese Rechtslücke sollte also möglichst bald geschlossen werden. Doch das ist gar nicht so einfach. Man könnte das Gesetz so ändern, dass Spenden von Vereinen mit bestimmten Vereinszwecken, zum Beispiel der Förderung einer Partei, verboten werden. Allerdings lassen sich Vereinszwecke relativ einfach ändern, sodass eine Umgehung leicht wäre. Erst ein Verbot der Spenden aller Vereine oder sogar sämtlicher juristischer Personen würde das Schlupfloch für intransparente Parteienfinanzierung schließen. Das wäre jedoch eine sehr weitreichende Veränderung und würde viel politischen Widerstand nach sich ziehen.
Einfacher, effektiver und mit weiteren positiven Auswirkungen wäre hingegen auch für dieses Problem ein Parteispendendeckel von 50.000 Euro pro Spender:in pro Jahr. Mit einer solchen Obergrenze wäre die Umgehungsstrategie Parallelvereine effektiv ausgeschaltet, da nur sehr begrenzt Mittel an die Parteien weitergeleitet werden könnten.
Amerika ante portasEine Obergrenze würde aber nicht nur in diesem Fall weiterhelfen. Sie würde auch insgesamt Demokratie gerechter machen und verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Große Parteispenden verzerren den politischen Wettbewerb zugunsten von kapitalstarken Akteuren. Es ist nicht demokratisch, wenn einzelne Superreiche Parteien zum Sieg verhelfen können und ihre Anliegen in der Politik so mehr Gehör finden. Die USA sind in dieser Hinsicht ein mahnendes Beispiel, wohin diese Entwicklung führen kann. Doch auch in Deutschland müssen wir aktiv Vorkehrungen treffen, um den Einfluss besonders finanzstarker Akteure auf die Politik zu begrenzen. Eine Obergrenze für Parteispenden ist dafür unerlässlich.
Wenn einzelne Personen einen halben Wahlkampfetat spenden können, wie es beispielsweise bei der Spende des Immobilienunternehmers Christoph Gröner an die Berliner CDU im Jahr 2020 der Fall war, dann öffnet das für sie Türen und Ohren, die anderen verschlossen bleiben. Die Frage des Einflusses auf Parteien wiegt umso schwerer, je höher die Parteispende ist.
Das Annahmeverbot für Spenden, die an die Erwartung eines politischen oder wirtschaftlichen Vorteils geknüpft werden, ist praktisch nur schlecht zu kontrollieren und durchzusetzen. Zwar ist es gut, dass die Gröner-Spenden an die CDU demnächst vor Gericht genauer unter die Lupe genommen wird. Aber wirklich effektiv schließen lässt sich potenziell problematische Einflusskanal via Parteispenden nur durch eine Obergrenze. Für die Bundestagsverwaltung wäre ein solcher Deckel viel einfacher zu kontrollieren und die potenziell schädlichen Einflussmöglichkeiten automatisch geringer.
Mehrheit der Wähler:innen für ParteispendendeckelEine solche Obergrenze hätte auch eine breite Mehrheit in der Wähler:innen. Das belegt eine repräsentative Umfrage, die wir Anfang Oktober vom Meinungsforschungsinstitut Yougov durchführen ließen. Insgesamt 57 % der Befragten sprachen sich für eine Obergrenze bei Parteispenden aus. Nur 24 % würden eine solche (eher) ablehnen.
Besonders wichtig: Bei den Wähler:innen aller im Bundestag vertretenen Parteien hätte ein Parteispendendeckel eine Mehrheit. (SPD 56 %, Union 57 %, Grüne 69 %, AfD 53 %, FDP 56 %).
Ein Großteil aller Befragten (53 %) unter denen, die eine Obergrenze befürworten, hält dabei einen Deckel von 50.000 Euro pro Spender:in pro Jahr für angemessen, während sich 24 % für eine sogar noch strengere, also niedrigere Obergrenze aussprechen.
Zwei Drittel (66 %) der Befragten waren der Meinung, dass Bürger:innen im Allgemeinen zu wenig Einfluss auf die Politik in Deutschland hätten, während 61 % den Einfluss von Menschen mit viel Geld als zu hoch ansahen.
Das zeigt: Mit der Forderung nach einem Parteispendendeckel lassen sich Stimmen in allen politischen Lagern gewinnen und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Eine Erkenntnis, die die Parteien im derzeit laufenden Wahlkampf ernst nehmen sollten. Aber wie würde sich eine Obergrenze eigentlich auf ihre Finanzen auswirken?
Ausgleichsfinanzierung für Parteien?Parteien machen wichtige politische Arbeit, die unerlässlich ist für eine lebendige Demokratie. Tatsächlich sollte eine Obergrenze nicht so gestaltet werden, dass den Parteien plötzlich viel weniger Mittel zur Verfügung stehen, um ihre Grundlagenarbeit zu machen. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass sich Parteien im Wettstreit miteinander befinden und viele Ausgaben in dieses „Wettrüsten“ fließen. Wenn also einzelne Parteien viele Großspenden einnehmen und dieses Geld im Wahlkampf einsetzen, müssen die anderen Parteien nachziehen und haben dann weniger Geld für die Grundlagenarbeit übrig. Um sicherzustellen, dass die Einnahmen auch wirklich im Bereich der Wahlkampfausgaben und nicht in der Grundlagenarbeit fallen, ließe sich die Obergrenze auch mit einem Deckel auf Wahlkampfausgaben kombinieren, wie es ihn bereits in vielen anderen Ländern gibt.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => lightorange [image] => 111156 [headline_1] => Parteispenden: Jetzt Deckel drauf! [description_1] => Spenden für Parteien dürfen in Deutschland beliebig hoch sein. Das ist undemokratisch, da viel Geld viel Einfluss bedeutet. Es muss endlich ein Deckel auf die Parteispenden! [button_text] => Jetzt Appell unterschreiben! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/parteienfinanzierung/parteispenden-jetzt-deckel-dauf-111031/ [button_color] => lightorange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 )Es lohnt sich aber auch, einen genaueren Blick auf die Parteispenden der letzten Jahre zu werfen, um zu verstehen, wie sich eine Obergrenze auswirken würde. Wir fordern eine Obergrenze von 50.000 Euro pro Spender:in pro Jahr. Durch diesen Schwellenwert werden die wirklich problematischen Spenden verhindert. Also solche, die ganze Wahlkampfetats finanzieren können und den politischen Wettbewerb besonders verzerren. Und auch solche, die ob ihrer Höhe als Türöffner fungieren oder zu illegalen Absprachen verführen könnten. Tatsächlich wäre der Effekt auf die Gesamtfinanzen der Parteien überschaubar.
Begrenzung auf 50.000 Euro pro Spender:in pro Jahr2022 ist das aktuellste Jahr, für das vollständige Daten zu Spenden vorliegen. In diesem Jahr nahmen die Parteien im Bundestag über 587 Millionen Euro aus nichtstaatlichen Quellen ein. Das umfasst Einnahmen wie Parteispenden, Mitgliedsbeiträge, Mandatsträgerbeiträge, Parteisponsoring. Hätte es 2022 bereits eine Obergrenze für Parteispenden von 50.000 Euro gegeben, wären insgesamt 2,7 Millionen Euro der Spendensumme weggefallen. Das entspricht somit lediglich 0,4% der Einnahmen aus privaten Quellen. Ein kleiner Preis für die Probleme, die durch eine solche Obergrenze gelöst würden.
Allerdings ist das Spendenaufkommen in Wahljahren deutlich höher. Für das Bundestagswahljahr 2021 hätten Spendeneinnahmen von 10,5 Millionen Euro über der Obergrenze gelegen. Aber auch das wären nur 1,7 % der Gesamteinnahmen aus privaten Quellen. Es ist also wirklich nicht so, dass ein Zusammenbruch der Parteienlandschaft bevorstehen würde, wenn Parteien künftig auf die Annahme von Spenden über 50.000 Euro verzichten müssten.
Die Einnahmen durch Großspenden auf die Parteien verteilen sich höchst ungleichmäßig. Daher hätte eine Obergrenze für Spenden für einzelne Parteien deutlich stärkere Auswirkungen als auf andere. Wie aus den beiden Grafiken ersichtlich, hätten CDU, FDP und Grüne 2021/22 jeweils 3 Millionen Euro an Parteispenden nicht eingenommen, wenn es eine Obergrenze gegeben hätte. Die CSU hätte auf 800.000 Euro verzichten müssen, während der Verlust bei SPD, LINKEN und AfD kaum oder gar nicht ins Gewicht gefallen wäre. Da aber Wähler:innen aller Parteien mehrheitlich eine Obergrenze befürworten, sollten die Parteien die Forderung unterstützen. Um Einnahmeverluste auszugleichen, sollte eine Veränderung der staatlichen Parteienfinanzierung in Betracht gezogen werden. In der Vergangenheit haben sich in Wahlprogrammen und Parteitagsbeschlüssen SPD und Grüne für eine Obergrenze für Parteispenden ausgesprochen, die Union und die FDP haben die Forderung bisher stets abgelehnt.
Großes Problem, kleine LösungEin Parteispendendeckel ist mit Recht mittlerweile internationaler Standard. Mit ihm würden nicht nur unsere Demokratie gerechter gestaltet und einseitige Einflussmöglichkeiten für finanzstarke Akteure auf Parteien vermindert werden. Der Parteispendendeckel wäre zugleich eine effektive und vergleichsweise simple Lösung für eine ganze Reihe von Problemen im Bereich der Parteienfinanzierung, die von Vereinskonstrukten bis hin zu schwer kontrollierbaren Einflussspenden reichen.
Gerade mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen durch verdeckte Einflussnahme aus Russland und anderen autokratischen Regierungen, durch antidemokratische Kräfte im Inland, durch wachsende Ungleichheit und durch schwindendes Vertrauen in die Demokratie ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um einen Parteispendendeckel einzuführen.
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Mitgliederversammlung 2024: Gemeinsam für mehr Transparenz und Lobbykontrolle
Am 16. November 2024 war es wieder so weit: Unsere jährliche Mitgliederversammlung fand in Frankfurt statt – mit der Möglichkeit, auch digital teilzunehmen. Gemeinsam haben wir auf ein ereignisreiches und erfolgreiches Jahr zurückgeblickt.
Zu den Errungenschaften zählen wichtige Fortschritte in Sachen Lobbykontrolle: Das Lobbyregister wurde verbessert, und die sogenannte Lobby-Fußspur, die den Einfluss von Lobbys auf Gesetze sichtbar macht, wurde eingeführt. Ein weiterer Durchbruch ist die Gesetzesverschärfung für undurchsichtige Deals wie die Maskengeschäfte. Solche Geschäfte sind ab sofort strafbar – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und fairer Politik.
Blick nach vorn: 2025 im Zeichen der BundestagswahlDoch wir haben nicht nur zurückgeblickt, sondern auch nach vorne geschaut. 2025 steht die nächste Bundestagswahl an – und das früher als gedacht. Bereits jetzt arbeiten Lobbygruppen auf Hochtouren, um politische Debatten in ihrem Sinne zu beeinflussen. Aber auch wir von LobbyControl sind schon aktiv, um die Demokratie zu stärken und für mehr Transparenz zu sorgen.
Wahljahre bieten eine besondere Chance: Politikerinnen und Politiker sind in dieser Phase besonders empfänglich für Forderungen, die bei der Bevölkerung Anklang finden. Das nutzen wir gezielt, um die großen demokratischen Parteien vor der Wahl zu mehr Lobbykontrolle zu bewegen. Auch die Koalitionsverhandlungen sind ein entscheidender Moment, unsere Forderungen in den Koalitionsvertrag und damit in die politische Agenda der nächsten Regierung einzubringen.
Gemeinsam für Veränderung: Ideen und Impulse der Mitgliederversammlung Debatte an Thementischen: leidenschaftlich, manchmal kontrovers, aber immer konstruktivEin Höhepunkt der Versammlung waren die Diskussionen an Thementischen, bei denen Team und Mitglieder intensiv debattierten. Ein zentrales Thema war die große Vermögensungleichheit in Deutschland – und wie Lobbyeinflüsse notwendige Veränderungen blockieren. Auch der Ruf nach einer gesetzlichen Obergrenze für Parteispenden wurde laut. Obwohl die gesellschaftliche Mehrheit eine solche Regelung befürwortet, bleibt sie bisher aus – ein Zustand, den wir ändern möchten.
Die Diskussionen waren leidenschaftlich, manchmal kontrovers, aber immer konstruktiv. Viele wertvolle Ideen und Impulse für die kommenden Monate wurden eingebracht. Die Botschaft war klar: Wir haben bereits viel erreicht, doch es liegt noch ein langer Weg vor uns. Gemeinsam können wir diesen Weg erfolgreich beschreiten.
Gemeinsam für Veränderung! Danke für ein starkes Jahr!Zum Abschluss möchten wir uns bei allen Teilnehmenden für ihre Zeit und ihr Engagement bedanken. Ohne Sie wären unsere Erfolge nicht möglich. Zusammen sind wir eine starke Stimme für mehr Transparenz und Demokratie. Lassen Sie uns auch im kommenden Jahr entschlossen weitermachen – für eine Politik, die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger statt der Lobbys agiert!
Wir freuen uns auf ein weiteres Jahr voller Fortschritte und Erfolge!
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => orange [image] => 118463 [headline_1] => Unterstützen Sie uns als Fördermitglied! [description_1] => Wir decken Missstände auf und setzen einseitigem Lobbyismus Grenzen. Zeigen Sie mit Ihrer Fördermitgliedschaft, dass Sie dabei an unserer Seite stehen. [button_text] => Jetzt Fördermitglied werden! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/foerdern/ [button_color] => lightorange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 )The post Mitgliederversammlung 2024: Gemeinsam für mehr Transparenz und Lobbykontrolle appeared first on LobbyControl.
Black Week: Amazons Geschäftsmodell und Verhalten gegenüber der Politik bleibt problematisch
Zum Auftakt der Black Week kritisiert LobbyControl das respektlose Verhalten von Amazon gegenüber dem EU-Parlament. Die Transparenz-Organisation begrüßt die Entscheidung der Abgeordneten vom 21. November, dem Konzern seine entzogenenen Hausausweise vorerst nicht wiederzugeben.
Max Bank von LobbyControl kommentiert:
„Mit seiner Entscheidung, Amazon die Hausausweise erst zurückzugeben, wenn es sich an demokratische Spielregeln hält, sendet das Europäische Parlament ein klares Signal aus. Es zeigt Amazon die rote Karte, wenn der Konzern die Rolle der demokratischen Institutionen missachtet. Damit fehlt Amazon eine wichtige Möglichkeit, die europäische Politik zu beeinflussen. Amazon gibt aktuell bis zu fünf Millionen Euro für Lobbyarbeit in Brüssel aus.
Das Geschäftsmodell des Konzerns weist zudem im Kern Interessenkonflikte auf. Amazon nutzt seine Monopolstellung systematisch aus – auf Kosten des Mittelstands und der Beschäftigten. Die Kartellbehörden in Deutschland und Europa sollten endlich handeln und die problematische Machtposition des Konzerns aufbrechen. Es ist Zeit, Amazon zu zerschlagen.“
Hintergrund
Amazon nutzt seine Monopolstellung im Onlinehandel zu seinen eigenen Gunsten: Auf Kosten von Beschäftigten und Unternehmen, die Produkte auf der Plattform des Konzern anbieten. In einem Rechtsgutachten hatte LobbyControl 2023 aufgezeigt, dass dieser Interessenkonflikt nur mit der Zerschlagung des Konzerns aufgebrochen werden kann.
Zum Entzug der Hausausweise: Im Januar dieses Jahres sagte der Konzern kurzfristig eine Anhörung zu Arbeitsbedingungen in seinen Logistikzentren im Europäischen Parlament ab. Amazon hatte zuvor Besuche von Abgeordneten in den Logistikzentren verweigert. Nach erheblichem öffentlichen Druck von Zivilgesellschaft und Gewerkschaften entzog das Europäische Parlament Amazon-Lobbyist:innen daraufhin die Zugangspässe zum Parlament. Diese Entscheidung wurde vergangene Woche Donnerstag bestätigt. Voraussetzung dafür, dass Amazon seine Hausausweise zurückbekommt, ist die Teilnahme an einer Anhörung im Parlament sowie darauf folgende Besuche in den Logistikzentren.
Weiterführende Links
- Recherche von LobbyControl zum problematischen Geschäftsmodell von Amazon
- Hier finden Sie das Gutachten zur Zerschlagung von Amazon
- Recherche von LobbyControl zu Amazons Lobbyarbeit in Europa
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Black Friday Week: Amazons Macht gehört aufgebrochen!
Falsche Angaben zu Lobbyausgaben und respektloses Verhalten gegenüber Parlamenten: Amazon verteidigt sein problematisches Geschäftsmodell mit problematischen Methoden. Eine Bestandsaufnahme zum Auftakt der Black Week.
Die Black Week ruft. Das heißt für viele Menschen Shoppen bei Amazon, verständlich aufgrund der teilweise günstigen Preise. Doch neben verwaisten Innenstädten führt das vor allem zu einer nie dagewesenen Abhängigkeit von einem der mächtigsten Techkonzerne der Welt. Und diese Abhängigkeit verteidigt Amazon mit immensen Ressourcen und missachtet dabei die demokratischen Institutionen.
Die Arroganz der MachtDie hässliche Seite seiner Macht hatte Amazon zuletzt Anfang 2024 gezeigt, als der Konzern sich weigerte, einer Einladung des Europäischen Parlaments zu einer Anhörung über die Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren des Konzerns zu folgen – und kurzfristig absagte. Damit zeigte Amazon überdeutlich fehlenden Respekt vor den demokratischen Institutionen Europas.
Diese Arroganz ließ sich das Europäische Parlament nicht gefallen und reagierte zu Recht scharf. Nicht zuletzt aufgrund des öffentlichen Drucks, den wir gemeinsam mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft aufbauten, entzog das EU-Parlament Amazon-Lobbyist:innen die Zugangspässe zum Parlament. Jetzt will Amazon seine Zugangspässe wieder haben, um seinen Einfluss auf die EU-Politik zu verstärken. Wir sind überzeugt: Amazon sollte die Pässe nur bekommen, wenn der Konzern
- zu einer Anhörung im Parlament zu Arbeitsbedingungen in seinen Logistikzentren erscheint
- und Abgeordnete des Parlaments seine Logistikzentren besuchen und untersuchen können.
Wer in dieser Woche bei Amazon kauft, nimmt Amazons Geschäftsmodell mit all seinen negativen Auswirkungen in Kauf. Dazu gehören die schlechten Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren und die unzureichende Nachhaltigkeit durch das massenweise Wegwerfen von Retouren in Kauf. Dazu gehört auch, dass die dort anbietenden Unternehmen und deren Beschäftigte von Amazon ausgeblutet und erpresst werden und immer mehr von ihren Gewinnen als Gebühr für den Verbleib auf der Amazon-Plattform lassen müssen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen kommen nicht drum herum, ihre Produkte bei Amazon anzubieten.
Abhängig von Amazon sind Unternehmen und ihre Beschäftigten. Abhängig sind die bei Amazon Beschäftigten selbst. Und abhängig sind diejenigen Unternehmen und öffentlichen Institutionen , die die Cloud-Infrastruktur von Amazon nutzen. Der Konzern kontrolliert ein Drittel des europäischen Cloudmarktes. Fast alle deutschen Unternehmen im Dax sind in der Amazoncloud. Und auch öffentliche Einrichtungen nutzen die Amazon Cloud. All diese Abhängigkeit können und sollten wir beseitigen.
Wir können und müssen Amazons Monopolposition aufbrechenAmazons Geschäftsmodell war von vornherein darauf angelegt, diese Abhängigkeit zu schaffen. Es besteht ein grundlegender Interessenkonflikt darin, dass Amazon den Marktplatz für Produkte bereitstellt und gleichzeitig selbst dort Anbieter ist. Diese Position nutzt der Konzern ständig aus, um sich selbst zu bevorteilen und um andere von sich abhängig zu machen.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-cta‘ gefunden.stdClass Object ( [template] => lightorange [image] => 90231 [headline_1] => Die Lobbymacht von Big Tech [description_1] => Mit Rekordausgaben für Lobbyarbeit wollen die Tech-Konzerne strengere Regeln verhindern. Unsere Studie zeigt, wie die großen Digitalkonzerne die Politik in der EU beeinflussen. [button_text] => Jetzt die Studie bestellen! [button_link] => https://www.lobbycontrol.de/macht-der-digitalkonzerne/#lobbymacht-big-tech [button_color] => lightorange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 )Dieser Interessenkonflikt kann nur durch eine Zerschlagung des Konzerns in mehrere einzelne Sparten ausgeräumt werden. Die Monopolstellung als Online-Händler und im E-Commerce, die durch andere Geschäftsbereiche wie den Cloudservice gestützt wird, gilt es mittels einer eigentumsrechtlichen Trennung aufzubrechen. Die Zerschlagung ist nötig und möglich, sogar in Deutschland. Das zeigt unser Rechtsgutachten, das wir vergangenes Jahr veröffentlicht haben. Das vorliegende Rechtsgutachten schlägt vor, Amazon entlang der Geschäftsbereiche aufzuspalten in Einzelhandel, Dienstleistungen gegenüber Drittverkäufern (Marketplace), Cloud (Amazon Web Services), Smart Home Devices (Echo & Alexa) und Logistik.
Amazon verteidigt Monopolstellung mit LobbymachtDoch Amazon geht mit geballter Lobbymacht gegen Versuche vor, die Macht des Konzerns zu begrenzen. Die Angaben zu seinen Lobbyausgaben hat der Konzern zuletzt von 2,75 auf mindestens 5 Mio. Euro nach oben korrigieren müssen, weil wir gemeinsam mit Brüsseler Partnerorganisationen Fehler bei der Eintragung nachweisen konnten. Auch hier zeigt Amazon erneut Arroganz und fehlenden Respekt vor Europas Demokratie: Es ist intransparent und respektlos, Falschangaben zu seinen Lobbyausgaben zu machen.
Gegenmacht: Für eine europäische Anti-Monopolbewegung!Damit wir die Macht von Amazon und anderen Techkonzernen zurückdrängen können, brauchen wir einen internationalen Schulterschluss. In den USA hat zuletzt eine Anti-Monopolbewegung viele Maßnahmen gegen Techkonzerne angestoßen, auch gegen Amazon. Dagegen geht Amazon gerichtlich in den USA vor. Doch jetzt ist Europa gefragter denn je. Denn Trump holt mit Elon Musk einen Techmilliardär direkt ins Weiße Haus, was die Anti-Monopolbewegung in den USA schwächen wird.
Wir brauchen jetzt hierzulande eine Bewegung gegen Monopolmacht, die die Zerschlagung der Macht von Amazon & Co vorantreibt. Nur gemeinsam mit öffentlichem Druck werden wir die europäischen Kartellbehörden und die europäische Politik dazu bringen, gegen die zu große Macht der Digitalkonzerne vorzugehen. Die Proteste gegen Amazon während der Black Week, etwa von Berlin vs Amazon, könnten der Ausgangspunkt sein für eine große und starke europäische Anti-Monopolbewegung.
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Friedrich Merz: Kanzlerkandidat mit Lobbykontakten
Mit Friedrich Merz drängt ein Politiker in das Kanzleramt, der jahrelang als Lobbyist tätig war und bis heute mächtigen Wirtschaftsinteressen zu nahe steht.
Bereits im September wurde CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzlerkandidat seiner Partei nominiert. Doch wer ist der Mann, der aktuell die größten Chancen hat, nächster deutscher Bundeskanzler zu werden? In der Vergangenheit ist Merz immer wieder unangemessen mit Interessenkonflikten und Lobbytätigkeiten umgegangen. Während seiner ersten Jahre als Bundestagsabgeordneter verdiente er nebenher kräftig in der Wirtschaft hinzu. Im Jahr 2006 beliefen sich seine Nebenverdienste laut Schätzungen des Manager Magazins auf rund eine Viertelmillion Euro.
Als Spitzenverdiener gegen TransparenzEin Problem sah er darin nicht. Ganz im Gegenteil: Er stemmte sich sogar dagegen, seine Nebenverdienste veröffentlichen zu müssen. 2006 klagte er gegen die Vorschriften zur Offenlegung von Nebentätigkeiten – ohne Erfolg. Das spricht für ein höchst fragwürdiges Verständnis von Transparenz und Integrität. Die entsprechenden Regelungen für Abgeordnete wurden angesichts mehrerer Lobbyaffären inzwischen deutlich verschärft.
Im Jahr 2009 wechselte Merz vollständig die Seiten und nutzte seine politischen Kontakte für zahlreiche Anschlussjobs in Unternehmen und als Wirtschaftsanwalt. Seine Ämterhäufung von Aufsichtsrats- und Beiratsposten machte ihn zum Millionär. Bei der Kanzlei Mayer Brown war Merz von 2005 bis 2021 als Anwalt tätig – und nahm dort auch Mandate an, bei denen ihm seine politischen Kontakte zugute kamen.
So trat er 2006 als Anwalt auf einer Sitzung der CDU-Landesgruppe NRW im Bundestag auf, um das Kohleunternehmen RAG bei dem anstehenden Börsengang zu vertreten. Doch er war zu der Zeit selbst noch Mitglied eben dieser Landesgruppe. Das ist ein klarer Interessenkonflikt, den unter anderem der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Armin scharf kritisierte.
Berater für Cum-Ex-BankIn der Kritik stand Merz auch wegen seines Aufsichtsratsmandats bei der Bank HSBC Trinkaus und Burkhardt von 2010-2019 – und zwar gleich doppelt: Zum einen beriet er gleichzeitig den Bankenrettungsfonds Soffin, was zur Frage nach einem weiteren Interessenkonflikt führte. Außerdem war HSBC in die Cum-Ex-Geschäfte verwickelt, durch die dem Staat Milliardeneinnahmen durch Steuertricks verloren gingen. Merz wird vorgeworfen, er müsse Aufsichtsrat von den Geschäften gewusst haben, ohne sie zu verhindern – er selbst streitet dies ab.
Friedrich Merz schreddert bei der INSM das LieferkettengesetzMerz war in gleich mehreren Lobbynetzwerken aktiv: Er war 2005 Gründungsmitglied der arbeitgeberfinanzierten PR- und Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die INSM fällt immer wieder durch fragwürdige Kampagnen auf. Außerdem war er von 2009 bis 2019 den Vorsitzender der Atlantik-Brücke, einem exklusiven transatlantischen Lobbynetzwerk, in dem vor allem Konzernchefs, aber auch Spitzenpolitiker:innen und Journalist:innen Mitglied sind.
Lobbyist für Black Rock und den WirtschaftsratFür einiges Aufsehen und Kritik sorgte Merz’ Lobbytätigkeit für den Finanzkonzern Black Rock, die er 2016 annahm. Zu seinen Aufgaben zählte laut dem Unternehmen auch, Kontakte zu Behörden und Regierungen zu pflegen. Diesen Lobbyjob gab er Anfang 2020 auf – er endete also kurz nachdem sich Merz das zweite Mal für den Parteivorstand beworben hatte.
Merz hatte zudem jahrelang Spitzenpositionen im „Wirtschaftsrat der CDU“. Der Wirtschaftsrat ist aber kein Parteigremium, sondern ein mächtiger Lobbyverband, der Konzernen privilegierte Zugänge in die CDU ermöglicht. Merz war zunächst jahrelang Schatzmeister, später Vize-Präsident. In dieser Funktion trat er regelmäßig als Abschlussredner auf großen Jahrestagungen des Wirtschaftsrats auf. Erst kurz vor seiner letzten und schließlich erfolgreichen Kandidatur zum Parteivorsitzenden gab er seinen Posten dort ab. Doch dazu hatte es offenbar zunächst öffentliche Kritik gebraucht.
CDU-Parteitag: Wir forderten die Delegierten auf, sich gegen den Lobbyverband im Parteivorstand zu stellen. Die CDU steht vor GerichtWeil der Lobbyverband Wirtschaftsrat dauerhaft im Parteivorstand sitzt, steht die CDU nun vor Gericht. Pikant dabei: Merz hatte selbst jahrelang Spitzenfunktionen im Wirtschaftsrat inne – und muss nun als Parteichef dessen Sonderrolle im Parteivorstand rechtfertigen.
Der Wirtschaftsrat hat einen Dauergaststatus im Parteivorstand – mit Rederecht. Solche Privilegien für die Wirtschaftslobby sind undemokratisch, weil andere gesellschaftliche Gruppen nicht die gleichen Zugänge haben. Und es ist auch noch rechtswidrig. Das haben wir in einem ausführlichen Rechtsgutachten untersuchen lassen.
Unsere Kritik an dieser Konstruktion hat große mediale Aufmerksamkeit erregt, doch die Partei reagierte nicht. Im Gegenteil: Sie berief die Präsidentin des Wirtschaftsrats wieder in ihren Vorstand. Deswegen unterstützen wir die Klage des CDU-Mitglieds Luke Neite gegen den CDU-Parteivorstand – sowohl finanziell als auch durch Öffentlichkeitsarbeit. LobbyControl selbst ist als Verein nicht klageberechtigt.
Eine erste Klage vor dem CDU-Parteigericht war notwendig, um vor ein öffentliches Gericht ziehen zu dürfen. Das Parteigericht hatte die Klage im Mai 2023 aus formalen Gründen abgelehnt, unsere Kritik aber als „vertretbare Rechtsauffassung“ bezeichnet. Am 6.12.2024 steht nun die Verhandlung beim Landgericht Berlin an. Wir werden vor Ort sein.
Ähnlich wie der Wirtschaftsrat wettert Merz u.a. gegen verstärkten Klimaschutz: Höhere Klimaziele würden zu einer Zerstörung der „freiheitlichen Lebensweise“ und der „marktwirtschaftlichen Ordnung“ führen. Teile des Wirtschaftsrats fungieren dabei als Türöffner für Kreise, die die Rolle der fossilen Industrie an der Klimakrise herunterspielen oder sogar ganz infrage stellen. So lud der Landesverband Rheinland-Pfalz lud zudem Stefan Homburg als Redner ein, obwohl dieser u.a. auch durch wissenschaftsfeindliche Positionen zur Klimakrise auffiel.
Umfrage: Eine sehr große Mehrheit findet Klimaschutz wichtig, auch in der CDUMerz hat sich bislang noch nicht von diesen fragwürdigen Annäherungen des Wirtschaftsrats abgegrenzt – im Gegensatz zu anderen CDU-Spitzenpolitiker:innen. Das muss er als Kanzlerkandidat und im Wahlkampf endlich tun. Das sollte auch im Interesse der CDU sein: Denn auch CDU-Wähler:innen halten laut einer Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung zu 89 Prozent Klimaschutz für wichtig oder sehr wichtig.
Ähnlich problematisch ist auch Merz’ fehlende Abgrenzung zur rechtskonservativen Kampagnenagentur TheRepublic. Diese hatte vor den US-Wahlen eine Konferenz organisiert, zu der auch die US-amerikanische Heritage Foundation eingeladen war. Die Stiftung machte zuletzt mit dem antidemokratischen „Project 2025“ Schlagzeilen. Mit dabei: Merz’ Kampagnenchefin Christine Carboni.
Im Jahr 2022 hatte Merz noch seine Teilnahme an einer ähnlichen Konferenz abgesagt und sich damit distanziert. Doch im Jahr 2024 – kurz vor der US-Wahl – schwieg er zur Teilnahme seiner Kampagnenchefin. Eine CDU-Sprecherin wiegelte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) ab: Man stelle „wie bei anderen Veranstaltern auch […] bei Interesse und Bedarf geeignete Fachreferenten zur Verfügung.“ In Teilen der CDU rumorte es deswegen, es sei „erschreckend, dass wir die Türen für Trumpisten“ öffnen, sagte ein nicht namentlich genannter CDU-Spitzenfunktionär dem RND.
Merz behauptet: Bin kein LobbyistMerz streitet regelmäßig ab, dass er Lobbyist gewesen sei. Gegenüber der Zeit behauptete er, als er auf seine Tätigkeit für Blackrock angesprochen wurde: „Ich habe nie ein Lobbymandat angenommen.“
Diese Argumentation wiederholt er auch im Podcast Hotel Matze. Er sei nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag lediglich in seinen Beruf als Anwalt zurückgekehrt. Dabei ließ er aus, dass er nebenbei noch zahlreiche weitere Aufsichts- und Beiratsfunktionen bei Konzernen hatte und gleich mehrere Funktionen in Lobbynetzwerken hatte. Für Blackrock habe er keine Kontakt in die Politik gepflegt. Diese Aussage irriert angesichts seiner Aufgabenbeschreibung, die genau solche Kontakte vorsah.
Hotel Matze: Friedrich Merz hält den Lobbyismus-Vorwurf gegeh ihn für „völlig abwegig“.Nebenbei warf Merz uns im Podcast Hotel Matze vor, wir hätten ihn nicht dazu befragt. Das ist tatsächlich falsch, da wir ihm mehrfach Anfragen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für den Wirtschaftsrat geschickt haben. Erst im Mai 2023 hatten wir um ein Gespräch dazu gebeten. Darauf ist Merz nie eingegangen.
Merz macht gemeinsame Sache mit der Zukunftsbremser-LobbyMerz als „Mann der Wirtschaft“ wurde durch zahlreiche Aufsichtsratsposten zum Millionär – und war zugleich jahrelang als Lobbyist in verschiedenen Funktionen tätig. Das gefährdet seine Unabhängigkeit, wenn es um die Abwägung verschiedener gesellschaftlicher Interessen geht.
Wir brauchen eine Bundesregierung, die klar für das Gemeinwohl und die Zukunft steht. Wenn Politiker:innen zugleich einseitig die Nähe zu finanzstarken Lobbyakteuren suchen und rückwärtsgewandte fossile Interessen bedienen, wirft das einige Fragen auf. Diesen muss sich Kanzlerkandidat Merz nun dringend stellen.
Zum Weiterlesen
- Wirtschaftsrat der CDU: Klage abgewiesen, aber Teilerfolg erzielt
- Online-Petition: Schluss mit Privilegien für die Wirtschaftslobby!
- CDU-naher Lobbyverband als Türöffner für Klima-Desinformation
- Friedrich Merz und Blackrock
- Friedrich Merz und der Wirtschaftsrat
- Friedrich Merz in der Lobbypedia
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Springer-Konzern: Nutzte Hauptaktionär KKR den Medienkonzern für politische Einflussnahme?
Die BILD-Zeitung war klare Gegnerin des Heizungsgesetzes. Welche Rolle spielte dabei Springer-Hauptaktionär KKR? Neue Dokumente belegen zumindest, dass der Finanzinvestor in Deutschland Lobbyarbeit betreibt. Wir untersuchen die Fakten dazu.
Seit fünf Jahren steht der US-amerikanische Investmentriese KKR hinter Deutschlands größtem Medienkonzern Springer. 2025 will KKR das Mediengeschäft von Springer wieder abgeben. Wir ziehen Bilanz und rollen ungeklärte Fragen auf.
KKR investiert umfangreich in fossile Energieträger. Deshalb gibt es immer wieder Spekulationen, dass KKR mit dem Springer-Konzern auch die deutsche Klimapolitik beeinflussen wollte. Tatsächlich liegen nun erstmals Dokumente vor, die zeigen, dass KKR in Deutschland Lobbyarbeit zum Thema Energiepolitik betrieb. Doch welche Zusammenhänge, Interessen und Einflusskanäle gibt es wirklich – und was lässt sich belegen? Ein Faktencheck.
Zusammenfassung:
- Es gibt immer wieder Spekulationen darüber, dass der Springer-Hauptaktionär KKR Einfluss auf die BILD-Zeitung genommen hat, um fossile Interessen in Deutschland durchzusetzen. Als Beispiel dafür dient die Debatte um das Heizungsgesetz, gegen das die BILD-Zeitung Stimmung gemacht hatte.
- KKR hat als Anteilseigner fossiler Firmen – wie unter anderem LNG-Terminals – ein geschäftliches Interesse daran, Klimaschutzgesetze zu verhindern oder zumindest zu verwässern. Dazu könnte auch das deutsche Heizungsgesetz zählen.
- LobbyControl liegen erstmals Belege dafür vor, dass KKR in Deutschland Lobbyarbeit für energiepolitische Themen macht. Es bleibt aber unklar, zu welchen Fragen Einfluss genommen wurde. Auffällig ist allerdings, dass es besonders viele Treffen zwischen KKR und Kanzleramt vor und während der Debatte um das Heizungsgesetz gab.
- In der Vergangenheit gab es bereits Einflussnahme des Springer-Konzerns auf die Redaktion der BILD-Zeitung. Die Döpfner-Leaks hatten gezeigt, dass Springer-Chef Döpfner über die BILD-Zeitung die FDP stärken wollte. Die FDP wiederum war wesentlich daran beteiligt, das ursprünglich geplante Heizungsgesetz zu verzögern und zu verwässern.
- Zusammengefasst:
a) KKR hat wirtschaftliche Interessen daran, Klimaschutzgesetze zu verwässern.
b) KKR hat Lobbyarbeit zu energiepolitischen Fragen geleistet.
c) Es erscheint nicht gänzlich abwegig, dass KKR die BILD-Zeitung auch für Einflussnahme rund um das Heizungsgesetz genutzt haben könnte. Konkrete Belege dafür gibt es allerdings nicht. Vor allem aber zeigt sich, wie problematisch die Machtkonzentration durch große Medienhäuser wie Springer ist.
Ab 2019 übernahm der Finanzkonzern KKR einen großen Teil der Aktien des Axel-Springer-Konzerns und löste damit Unternehmenserbin Friede Springer als größte Aktionärin ab. Der Konzern KKR hält 35,6 % der Anteile des multinationalen Medienkonzerns, zu dem Marken wie Bild, Die Welt, Business Insider, Politico oder der Fernsehsender Welt (ehemals N24) gehören.
Mit gleich drei Posten im Springer-Aufsichtsrat übernahm KKR zudem wichtige Schlüsselpositionen und hat seitdem erheblichen Einfluss innerhalb des Konzerns. Vorstandschef Mathias Döpfner sowie Unternehmens-Erbin und vormalige Haupteigentümerin und Aufsichtsrätin Friede Springer ziehen mit KKR laut interner Vereinbarung zusammen an einem Strang.
Wer ist dieses einflussreiche Unternehmen im Springer-Konzern? KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.) ist eine der größten Beteiligungsgesellschaften der Welt. Der Konzern hält Anteile an Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von über 553 Milliarden Dollar. In Deutschland ist KKR Mehrheitseigner u. a. der Immobilienkonzerne Velero, des Rüstungskonzerns Hensoldt und von RTL II.
KKR ist auf „Private Equity“-Geschäfte spezialisiert. Das bedeutet, dass der Konzern öffentlich gehandelte Unternehmen aufkauft und von der Börse nimmt – und trägt so dazu bei, sie dem Licht der Öffentlichkeit zu entziehen. Wenn KKR die Kontrolle über ein Unternehmen konsolidiert hat, folgen häufig Umstrukturierungen wie Massenentlassungen, Aufspaltungen oder Fusionen, um das Unternehmen profitabler zu machen. Nach einer gewissen Zeitspanne wird dann das nun wertvollere Unternehmen wieder abgestoßen und auf diese Weise Gewinn erzielt.
Ganz ähnlich ist das auch nach dem Einstieg von KKR bei Springer passiert: Springer wurde massiv umstrukturiert, Mitarbeiter:innen entlassen und nun steht KKR vor dem Ausstieg aus dem Mediengeschäft. Denn der Konzern Springer soll aufgespalten werden: Das deutlich lukrativere Kleinanzeigengeschäft wird bei KKR verbleiben, während das klassische Mediengeschäft zukünftig allein in der Hand von Mathias Döpfner liegt. Darauf hat sich der Konzern-Vorstand mit KKR geeinigt. KKR hatte bereits beim Einstieg 2019 angekündigt, nach fünf bis sieben Jahren wieder aussteigen zu wollen und hält sich jetzt an den eigenen Zeitplan.
Das alles spricht dafür, dass KKR tatsächlich bei Springer einstieg, um mit Umstrukturierungen und Wiederverkauf Geld zu verdienen – und nicht etwa, um Einfluss auf die deutsche Politik zu nehmen. Doch es gibt weitere Besonderheiten.
KKR: ein fossiler InvestorAuffällig an KKR ist: Der Konzern verdient erheblich am Geschäft mit fossilen Rohstoffen. Als eine der weltweit größten Private-Equity-Firmen besitzt KKR Anteile an 19 Firmen aus dem Bereich fossile Energien (Stand Juli 2024). Darunter befinden sich unter anderem große US-amerikanische Öl-Pipelines und laufende und geplante LNG-Terminals. KKR zählt damit zu den größten privaten Finanziers fossiler Firmen.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Bleiben Sie informiert über Lobbyismus. [description_left_1] => Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter. [template] => petrol [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription [move_code_visible] => POP0000 [move_code_hidden] => POP0000 [move_code_deactivated] => LCW0000 )KKR ist besonders aktiv im deutschen Markt. Nach eigener Aussage, in einem Schreiben von KKR ans Kanzleramt, das LobbyControl vorliegt, hatte das Unternehmen im Jahr 2022 über 11 Milliarden Euro in 29 Unternehmen im deutschsprachigen Raum investiert und 39 ihrer global agierenden Unternehmen waren auch in Deutschland tätig. Die Beteiligungen an US-amerikanischen LNG-Terminals wie etwa Port Arthur ist ebenfalls von Bedeutung für den deutschen Markt: Von dort könnte zukünftig Gas an die neu gebauten deutschen LNG-Terminals geliefert werden.
KKR hatte also aufgrund seines Investmentportfolios ein geschäftliches Interesse daran, den Ausstieg aus fossilen Energien möglichst lange hinauszuzögern – und zwar speziell auch in Deutschland. Entsprechend relevant sind politische Initiativen in diese Richtung. Dazu zählte in Deutschland vor allem die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes – oder anders ausgedrückt: die Lobbyschlacht um das Heizungsgesetz.
„Habecks Heiz-Hammer“: Bild und das HeizungsgesetzDer Springer-Konzern fiel seit Frühjahr 2023 besonders damit auf, wie stark er gegen das Heizungsgesetz wetterte. Die Novellierung des bestehenden Gebäudeenergiegesetzes sollte das größte Projekt der Ampel-Koalition werden, um den Ausstieg aus den fossilen Energien voranzubringen. Es sah vor, den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen weitgehend zu verbieten – ein Vorhaben, das die Gaslobby in den Vorjahren mit heftiger Lobbyarbeit immer wieder ausgebremst hatte. Denn das Interesse der Gasindustrie am Geschäft mit dem Heizen ist riesig: Es geht letztlich um die Zukunft weiter Teile ihrer Infrastruktur und Absatzmärkte – und um Milliardengewinne.
Springer-Medien – besonders die BILD-Zeitung – fielen hier ganz klar durch ihre Stimmungsmache gegen die Gesetzespläne auf. Sie prägten die Vorstellung, dass Habeck ein völlig neues Heizungsgesetz vorgelegt hatte, obwohl es sich um eine turnusgemäße Novellierung eines bereits bestehenden Gesetzes handelt. Dieses beinhaltete auch bereits Vorschriften, die den Ausbau bestimmter Heizungen vorsah.
Am 28. Februar 2023 zitierte die BILD-Zeitung aus einem noch unveröffentlichten Regierungspapier zu den Heizungsplänen und titelte: „Habeck will Öl- und Gasheizungen verbieten“. Im Anschluss setzte eine regelrechte mediale Kampagne ein: Die Bild-Zeitung prägte den Begriff „Habecks Heiz-Hammer“ und füllte über Wochen hinweg ihre Titelseiten mit Horrorgeschichten über die vermeintlich hohen Kosten von Wärmepumpen sowie über einen angeblichen Zwang, Heizungen sofort austauschen zu müssen.
Fast 70-mal verwendete die Bild-Zeitung den Begriff „Heiz-Hammer“ zwischen März und August 2023 in ihrer Berichterstattung, wie unsere Recherche über den Mediendienst Meltwater zeigt. Diese medialen Bilder fielen auf den Boden, der bereits durch ähnliche Kampagnen bereitet war und die Grünen als vermeintliche übergriffige „Verbotspartei“ darstellten.
Bild-Zeitung: Stimmungsmache beim HeizungsgesetzNach einer Studie des Progressiven Zentrums seien viele Aussagen der Bild-Zeitung zum Heizungsgesetz irreführend gewesen. Zudem fiel insbesondere die BILD-Zeitung durch emotionalisierende Begriffe wie „Heizhammer“ und „Heizungsverbot“ auf. Desinformation und Angstmache verfingen: Sie wurde von vielen weiteren Medien aufgegriffen und verunsicherte tatsächlich viele Menschen. Hinzu kamen aber auch schwere Kommunikations- und Konzeptionsfehler seitens des federführenden Bundeswirtschaftsministeriums.
Vor allem die FDP nutzte diese Situation, um koalitionsintern als Opposition gegen die zuvor vereinbarten Pläne aufzutreten. Am Ende wurde das „Heizungsgesetz“ zunächst monatelang blockiert, um dann schließlich in verwässerter Form beschlossen zu werden. Die aufgeheizte Stimmung führte trotz des beschlossenen Gesetzes dazu, dass der Absatz von Wärmepumpen im ersten Halbjahr 2024 in Deutschland einbrach.
KKR als politischer AkteurIm Kontext der Heizungsdebatte legen nun einige Journalisten wie Spiegelkolumnist und Autor Christian Stöcker und der Volksverpetzer nahe, dass die Beteiligung von KKR bei Springer mit dem Verhalten der Bild-Zeitung in Zusammenhang stehe – allerdings ohne das belegen zu können. Belegen lässt sich aber, dass es sowohl in Deutschland als auch in den USA Lobbyaktivitäten von KKR gab, auch im Bereich Energiepolitik.
In den USA war KKR bereits direkt durch seine finanzielle Unterstützung politischer Aktivitäten im Sinne fossiler Interessen sichtbar: Der Konzern sponserte laut New York Times im Jahr 2022 die State Financial Officers Foundation (SFOF). Diese Stiftung unterstützte Finanzbeamt:innen der republikanischen Partei dabei, ihre staatlichen Positionen dafür zu nutzen, die Interessen von Öl- und Gasfirmen zu vertreten. So sollten Präsident Joe Bidens Klimaschutzpläne unterlaufen werden. Nach Veröffentlichung des Berichts ließ KKR sein Logo von der Seite der Stiftung SFOF löschen.
Auch für Deutschland gibt es nun erstmals Belege, dass KKR in Berlin direkt politisch aktiv ist. Laut Lobbyregister hat KKR im Jahr die Lobbyagentur FGS mit mindestens 50.000 Euro beauftragt, um Treffen mit Mitgliedern der Bundesregierung, Bundestagsabgeordneten und Verwaltungsbeamt:innen anzufragen und zu organisieren. Themen waren u.a. allgemeine Energiepolitik und Energienetze.
Eine schriftliche Frage des Bundestagsabgeordneten Bernd Riexinger (LINKE) zeigt, dass es tatsächlich mindestens 21 Treffen von KKR mit Vertreter:innen der Bundesregierung gab. Besonders häufig traf KKR auf Jörg Kukies, der damals Staatssekretär im Kanzleramt war und seit November 2024 Lindners Nachfolger als Finanzminister ist. Es gab aber auch ein Gespräch mit Staatssekretär Udo Philipp im Wirtschaftsministerium „zum Thema Rüstungsindustrie“. Von den 21 aufgelisteten Treffen waren drei Treffen explizit zu Energiepolitik, während sich elf nicht klar thematisch zuordnen lassen (weil z.B. „allgemeiner Austausch“ angegeben wurde).
Interne Dokumente aus dem Kanzleramt, die LobbyControl vorliegen, zeigen, dass sich KKR auch im Kanzleramt für energiepolitische Belange einsetzte. Am 16.3.2022, also wenige Wochen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, sendete KKR ein Anschreiben an den Staatssekretär Jörg Kukies. Darin sucht KKR explizit das Gespräch zur „digitalen und klimaneutralen Transformation“ Deutschland und nennt insbesondere „Infrastruktur“ und „Energiewende“ als zentrale Themen, zu denen sie Expertise anbieten und sich austauschen möchten.
Nach diesem Austausch traf sich Staatssekretär Kukies insgesamt noch achtmal mit Vertretern von KKR, jedes Mal zu einem „allgemeinen Austausch.“ Besonders auffällig ist aber, dass sieben dieser Treffen zwischen Dezember 2022 und Oktober 2023 stattfanden, also genau in der heißen Phase des Heizungsgesetzes. So viele Treffen in zehn Monaten ohne einen speziellen Anlass sind angesichts der vollen Terminkalender von Staatssekretär:innen und Top-Manager:innen doch eher ungewöhnlich.
Auf Nachfrage teilte das Kanzleramt LobbyControl lediglich mit, dass es in den Gesprächen „im Wesentlichen“ um „Fragen zum allgemeinen Investitionsumfeld sowie zur Finanzierung der Transformation in Deutschland“ gegangen sei. Der Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger (LINKE) vermutet sogar einen Zusammenhang zum Heizungsgesetz: „Die hohe Frequenz von Treffen über einen bestimmten Zeitraum spricht dafür, dass konkrete Gesetzesvorhaben besprochen wurden, zum Beispiel das Heizungsgesetz, wo die Verhandlungen in diesen Zeitraum fielen. Das Ganze riecht streng nach verdecktem Lobbyismus.“
Es ist zu erwarten und auch legitim, dass ein so großes Unternehmen wie KKR auch Kontakte in die Politik unterhält. Interessant ist aber, dass KKR nicht allein zu rein finanzpolitischen Themen das Gespräch sucht. Das belegt ein breiteres Engagement zu Gesetzgebungs- oder anderen politischen Prozessen in Deutschland.
KKR-Manager spenden an die FDPAuch mehrere Parteispenden von zwei langjährigen KKR-Top-Managern deuten auf politisches Engagement in der Führungsspitze des Konzerns hin. Unter den Spender:innen der FDP des Jahres 2021 finden sich Johannes Huth und Philipp Freise, die der Partei jeweils 50.000 Euro zukommen ließen.
Eintrag in der Parteispenden-Datenbank der LobbypediaSchon im Jahr 2017 hatten die beiden Unternehmer laut Rechenschaftsberichten der Parteien an die FDP gespendet. Von Freise kamen damals 30.000 Euro, von Huth 20.000 Euro. Freise ließ damals außerdem der CDU 15.000 Euro zukommen. Mehr Spenden an Parteien können Sie in unserer Parteispenden-Datenbank recherchieren.
Huth ist der Europa-Chef von KKR und Freise Co-Leiter des Private-Equity-Geschäftes von KKR in Europa. Beide sind auch als Lobbyisten für KKR im deutschen Lobbyregister aufgeführt. Und: Beide sitzen für KKR im Aufsichtsrat von Springer, sind also direkt mit dem Springer-Konzern verbunden. Freise und Huth sagten gegenüber dem Magazin Spiegel, sie hätten ihre Spenden „als Privatperson/Bürger getätigt“ und wollten sich „gegenüber Dritten nicht weiter dazu äußern“. Das ist formal richtig. Dennoch stellt sich die Frage, ob zwei Top-Manager tatsächlich völlig frei von unternehmerischen Interessen spenden.
Es kommt nicht selten vor, dass Manager:innen oder Unternehmer:innen als Privatpersonen anstelle der Unternehmen selbst spenden. Hinzu kommt, dass KKR seinen Unternehmenssitz außerhalb der EU hat und deswegen nicht an Parteien spenden darf. Auch gleichzeitige Spenden an zwei verschiedene Parteien, wie bei Freise, entsprechen eher dem Spendenverhalten von Unternehmen, die sich den Zugang zur Politik sichern wollen, als dem von überzeugten Parteianhänger:innen. Expert:innen bezeichnen solche Streuspenden deshalb auch in manchen Fällen als „politische Landschaftspflege“. Klare Belege dafür, dass Huth und Freise tatsächlich auch aus unternehmerischem Interesse spendeten, sind das aber nicht.
Zusammengenommen dokumentieren diese Informationen ein gewisses Interesse von KKR an der deutschen Politik und speziell an energiepolitischen Themen. Das alles ist aber nicht an sich verwerflich – und letztlich auch nicht völlig überraschend. Es ist zu erwarten, dass ein großer Konzern wie KKR Kontakte in die Politik unterhält und sich auch in Politikbereichen engagiert, die Auswirkungen auf den Wert ihrer Investitionen haben. Auch bedeutet das noch lange nicht, dass KKR auch den Springer-Konzern genutzt hat, um politische Ziele zu erreichen.
Die Döpfner-LeaksDas Verlagsgeschäft und die Konzernspitze des Springer-Konzerns sind getrennt. Formal können also der Vorstand oder gar der Aufsichtsrat, in dem KKR sitzt, gar keinen Einfluss auf die redaktionellen Inhalte nehmen. Dennoch gibt es starke Belege dafür, dass zumindest Springer-Chef Döpfner dies zumindest einmal umgangen hat – und zwar in den „Döpfner Leaks“. Im April 2023 veröffentlichte die Wochenzeitung „Die Zeit“ eine Auswertung von internen Dokumenten und Messenger-Nachrichten des Springer-Chefs Mathias Döpfner.
Zum einen offenbaren die Dokumente besorgniserregende Positionen des Verlagschefs zur Klimakrise. Zum anderen zeigen die geleakten Informationen, dass Döpfner zumindest versuchte, die Chefredaktion der Bild dahingehend zu beeinflussen, im Bundestagswahlkampf die FDP zu stärken. „Please stärke die FDP“, schrieb Döpfner zwei Tage vor der Wahl an den damaligen BILD-Chefredakteur Julian Reichelt. Eine Regierungsbeteiligung der Grünen sollte verhindert werden oder im Falle einer Ampel-Koalition diese durch Blockaden zum Platzen gebracht werden.
Die Chefredaktion der Bild dementierte auf Anfrage von NDR Panorama, dass eine Beeinflussung stattgefunden habe. Dennoch sind solche Ansagen aufgrund der Machtposition von Döpfner im Springer-Konzern gewichtig. Eine Auswertung der Bild-Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 durch ZDF Panorama, zeigte, dass „nach diesen Textnachrichten und im Vorfeld der Bundestagswahl überwiegend positive Berichte über die FDP in der ‚Bild‘ erschienen.“
Doch was ist mit KKR? KKR hat wichtige Positionen im Konzern – und zieht nach eigenen Aussagen mit Konzernchef Döpfner an einem Strang. Doch Belege dafür, dass KKR entweder direkt oder indirekt über Mathias Döpfner redaktionelle Inhalte beeinflusst hat, gibt es nicht. Eine Sprecherin des Unternehmens Springer sagte zu LobbyControl, dass die „journalistische Unabhängigkeit“ eine „unverzichtbare Grundlage“ von Springer sei und durch Leitlinien und einen Code of Conduct abgesichert seien. Die Vermutung, dass KKR in redaktionelle Entscheidungen eingreifen könne, seien „absurd, und klar zurückzuweisen“. Weiter heißt es: „Wirtschaftliche Interessen bzw. die Interessen Dritter spielen in der Berichterstattung unserer Medien keine Rolle.“
v.l.n.r.: Friede Springer, Mathias Döpfner und die früheren Chefredakteure Kai Diekmann und Julian Reichelt Fazit: Medienkonzerne als mögliches Einfallstor für LobbyinteressenZusammengesetzt ergeben die verschiedenen Puzzleteile nun folgendes Bild:
- KKR hat erheblichen Einfluss im Springer-Konzern und zieht mit Konzernchef Döpfner an einem Strang
- KKR hat ein Portfolio, indem fossile Investitionen eine große Rolle spielen – besonders auch LNG-Terminals
- KKR hat ein starkes Interesse am deutschen Markt
- KKR-Manager haben Geld an die FDP gespendet, die wiederum eine zentrale Rolle in der Abschwächung des Heizungsgesetzes spielte
- KKR lobbyiert aktiv in Deutschland – auch zu energiepolitischen Fragen
- Springer hat sich besonders gegen das Heizungsgesetz auffällig eingesetzt – politisch durchgesetzt wurde der Widerstand gegen das Heizungsgesetz durch die FDP
- Die „Döpfner-Leaks“ dokumentieren eine gewisse inhaltliche Beeinflussung durch den Konzernvorstand auf redaktionelle Inhalte. Auch hier sollte die FDP gestärkt werden.
Konkrete Belege, dass KKR den Springer-Konzern für politische Einfluss nutzt, sind das nicht. Um im Puzzle-Bild zu bleiben: Die Puzzleteile lassen sich allerdings durchaus so aneinander legen, dass sich Verbindungen und Auffälligkeiten zeigen. Der Medienkonzern macht Stimmung gegen das Heizungsgesetz und stärkt damit die FDP. Dies entspricht den Interessen der fossilen Gaslobby, zu der auch KKR zählt – und gerade die FDP war ihr wichtigstes Sprachrohr in der scheidenden Bundesregierung.
Auch wenn KKR den Springer-Verlag jetzt abstößt, bleibt ein Kernproblem bestehen: Medienkonzerne sind extrem wichtig für die politische Meinungsbildung und damit auch für unsere Demokratie. Wenn Medienkonzerne in Privatbesitz so enorme Machtkonzentration aufbauen wie beim Springer-Konzern, dann bildet das ein gefährliches Einfallstor für Lobbyinteressen. Allein nur das hypothetische Szenario, dass die fossile Lobby einen solchen Konzern übernehmen und für die Durchsetzung ihrer Interessen verwenden könnte, ist besorgniserregend.
Lobbyismus findet nicht nur im dunklen Hinterzimmer statt, sondern auch in der Öffentlichkeit. Lobbyakteure spielen hier praktisch über Bande: Sie verschieben mithilfe eigener Öffentlichkeitsarbeit zunächst den öffentlichen Diskurs in eine gewisse Richtung. Das hilft den Lobbyist:innen dann, ihre Interessen besser durchzusetzen, wenn sie bei Entscheidungsträger:innen anklopfen. Die Initiative Soziale Marktwirtschaft (INSM) ist das beste Beispiel für eine solche Form des „indirekten Lobbyismus“, mit der sie die klassische direkte Lobbyarbeit ihrer Geldgeber aus Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie flankiert. Hier werden Medien – neben politischen Entscheidungsträgern – selbst zum Adressaten und Mittel von Lobbyarbeit.
Politiker:innen sind abhängig von Medienberichterstattung und verfolgen diese eng. Kurz: Eine Politikerin wird es schwer haben, gegen starke mediale Kampagnen zu handeln – das hat die Auseinandersetzung um das Heizungsgesetz deutlich gezeigt. Das macht Medienkonzerne, in denen viel Meinungsmacht konzentriert ist, zu einem Druckmittel und Einfallstor für Lobbyinteressen. Auch hier wird Konzernmacht also zur Demokratiefrage.
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Trump 2.0: Wie Musk und die Techlobby des Silicon Valley durchregieren wollen
Europa muss sich also warm anziehen. Die transatlantischen Beziehungen dürften nach dem Wahlsieg Donald Trumps ohnehin deutlich abkühlen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Trump besonders Deutschland als mächtigste Volkswirtschaft des Kontinents ins Visier nimmt. Er kündigte im Wahlkampf an, er werde Deutschland zu mehr Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung und zu einer verstärkten Rolle in der NATO drängen. Aber auch die deutsche Exportindustrie wolle er in den Blick nehmen. Deutschland importiere zu wenige US-Produkte und exportiere gleichzeitig zu viele Autos in die USA.
Macht von Big Tech direkt im Weißen HausDoch es wird nicht nur die deutsche Autoindustrie sein, die es mit der neuen US-Administration zu tun bekommt. Europa insgesamt kann sich auf mehr Lobbydruck der mächtigsten US-Konzerne aus dem Silicon Valley gefasst machen. Die Rede ist von Google, Amazon & Co.
Schon jetzt verfügen US-Tech-Konzerne über immense Ressourcen und ein breites Lobbynetzwerk, um die EU-Politik in Brüssel zu beeinflussen. Google, Amazon, Microsoft, Meta (ehemals Facebook) und Apple geben zusammen mindestens 33,5 Mio Euro aus. Hinzu kommen Lobbybüros in den EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland etwa gibt Amazon 2,82 Mio zusätzlich für seinen Einfluss auf die Bundespolitik aus.
Doch mit Donald Trump im Weißen Haus und Elon Musk an seiner Seite werden die Interessen der Tech-Konzerne nun zusätzlich direkt aus dem Weißen Haus kommen. Musk bekommt einen eigens für ihn geschaffenen Posten für Regierungseffizienz in der neuen US-Regierung. Der Posten dürfte zwar informell bleiben, weil Musk mit seinen zahlreichen Konzernbeteiligungen andernfalls gegen Verhaltensregeln verstößt. Aber klar ist: Er und die Techlobby haben fortan einen direkten Draht ins Weißen Haus, direkter denn je zuvor.
Konsequenzen für Kritik an Big TechDas dürfte Konsequenzen haben. Während des Wahlkampfs kündigte Musk über seine Plattform X an, dass die techkritische Chefin der US-Wettbewerbsbehörde Lina Khan bald gefeuert werden würde („Lina Khan will be fired soon“). Khan war von US-Präsident Biden nominiert worden und ging zusammen mit Jonathan Kanther, dem Leiter der Kartellabteilung des US-Justizministeriums, in den letzten Jahren entschieden gegen US-Konzerne aus dem Silicon Valley vor.
Zwar ist die Trump-Administration nicht in der Lage das Personal von EU-Kartellbehörden zu feuern. Aber der politische Druck, die US-Tech-Konzerne bei Regulierungen und Verfahren zu schonen, wird auch in Brüssel und Berlin spürbar werden. Der designierte Vizepräsident J.D. Vance drohte bereits, dass sich die USA aus der NATO zurückziehen würden, wenn die EU die Plattform X von Elon Musk regulieren würde. Bisher hat die EU nicht vor X zu regulieren, aber allein die Drohung ist ein Eingreifen der künftigen US-Regierung in den europäischen demokratischen Prozess. Das ist nicht akzeptabel.
Abhängig von den Tech-MonopolistenUS-Techkonzerne dominieren bereits jetzt in Europa, im Werbebereich, bei Social Media, bei Suchmaschinen oder im Cloudbereich. In vielen Bereichen haben uns die Tech-Konzerne mit ihrer Monopolmacht so die Wahlmöglichkeiten genommen und uns abhängig gemacht. Die Wahl von Donald Trump und seine Unterstützung aus dem Silicon Valley führen uns drastisch vor Augen, wie gefährlich diese Abhängigkeit ist: Sie macht die Politik erpressbar und liefert sie der Willkür von Donald Trump und Tech-Milliardären wie Elon Musk aus.
Zusätzlich drängen chinesischen Anbieter auf den EU-Markt und machen sich mit verstärkter Lobbyarbeit bemerkbar. Eines muss deshalb klar sein: Die Regeln für die Aktivitäten der Techkonzerne aus dem Silicon Valley und aus China bestimmen wir und nicht Washington oder Peking.
Europa und Berlin sind gefragter denn jeStatt zu einer Datenkolonie für US-Techmonopole zu verkommen, sollten wir unsere europäischen Datenschutz- und Marktmachtregeln endlich konsequent durchsetzen und entschieden gegen die Macht von Google, Amazon & Co vorgehen. Dazu muss Europa die Durchsetzung der Datenschutzgrundverordnung und des Digitalmarktgesetzes (DMA) mit mehr Ressourcen ausstatten. Es muss seine strukturellen kartellrechtlichen Instrumente nutzen. Die EU kann – wenn sie will – schon jetzt Google zerschlagen. Um künftig noch entschiedener auftreten zu können, sollte sie zusätzlich ihre strukturellen Instrumente gegen Konzernmacht weiter ausbauen, etwa über ein neues Europäisches Entflechtungsinstrument.
Wir haben die Möglichkeit, ein europäisches Schutzschild gegen die einseitige Macht von Tech-Monopolen aufzubauen und deren Macht zu begrenzen. Wir haben die Möglichkeit, den Raum für offenere und breitere Alternativen aus der ganzen Welt zu schaffen und die gefährlichen Abhängigkeiten zu beenden. Denn wenn wir konsequent gegen die Monopolmacht von Big Tech vorgehen, hilft das nicht nur Europa, sondern auch dem Rest der Welt. Europa hat einmal mehr die Chance ein wichtiges Zeichen für digitale Demokratie und gegen Monopolmacht zu setzen. Von der US-Techlobby, die jetzt im Weißen Haus mit am Tisch sitzt, darf sich Europa nicht reinreden lassen. Gerade wegen der Wahl Trumps sind die EU-Kommission und auch die künftige deutsche Bundesregierung gefragter denn je.
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