«Wenn ich sagen soll, was mir neben dem Frieden wichtiger sei als alles andere, dann lautet meine Antwort ohne Wenn und Aber: Freiheit. Die Freiheit für viele, nicht nur für die wenigen. Freiheit des Gewissens und der Meinung. Auch Freiheit von Not und von Furcht.» (– Willy Brandt, 14. Juni 1987).
LobbyControl - Aktiv für Transparenz und Demokratie
Unsere Top 10 Erfolge 2025
Ein Jahr voller Herausforderungen für uns alle geht zu Ende. Wir sind froh, dass wir so treue Unterstützer*innen an unserer Seite haben. Vielen Dank!
AfD muss Millionen zurückzahlenIm Bundestagswahlkampf recherchierten wir zu einer Reihe von auffälligen Spenden rund um die AfD. Im März musste die AfD dann eine dieser Spenden in Höhe von 2,3 Millionen Euro zurückzahlen. Die Bundestagsverwaltung stufte die Zahlung als illegale Strohmann-Spende ein.
Medienrummel: Studie sorgt für AufsehenIm Oktober veröffentlichten wir eine Studie über Angriffe auf zivilgesellschaftliches Engagement. Die Ergebnisse fanden große mediale Beachtung. Die Nachfrage war so hoch, dass unser Shop schneller ausverkauft war, als wir nachdrucken konnten. Einen Film dazu veröffentlichten wir bei YouTube.
SPD verspricht Einsatz für ParteispendendeckelWährend des Bundestagswahlkampfes brachten wir unsere Forderung nach einem Parteispendendeckel immer wieder in den Fokus. So thematisierten wir etwa das Gespräch zwischen Alice Weidel und Elon Musk als mögliche illegale Parteispende. Daraufhin brachte die SPD den Parteispendendeckel in die Koalitionsverhandlungen ein und versprach, sich auch künftig dafür stark zu machen.
Mehr Kontrolle bei Parteispenden2020 spendete Bauunternehmer Christoph Gröner über 820.000 Euro an die Berliner CDU, und knüpfte laut eigenen Aussagen Bedingungen daran – das wäre illegal. Da nur Parteien klagen dürfen, riefen wir zur Klage wegen einer mutmaßlichen Erwartungsspende auf – und „Die Partei“ klagte. Das Gericht bestätigte den Verdacht nicht, schuf jedoch die Grundlage für strengere Prüfungen in der Zukunft.
Öffentliche Debatte geprägt durch vielfältige BeiträgeUnsere Expert*innen klären regelmäßig über Lobbythemen auf. Über 60 Interviews und Gastbeiträge erschienen – mehr als eines pro Woche. So erreichten wir ein breites Publikum und prägten die öffentliche Debatte.
Unsere Online-Präsenz wächst rasantAuch online gewinnen wir an Einfluss: Dieses Jahr folgten uns 50.000 neue Menschen auf Instagram, Bluesky, Mastodon, LinkedIn und Facebook. Insgesamt informieren wir nun über 150.000 Follower*innen regelmäßig über unsere Arbeit und politische Entwicklungen.
Starker Protest gegen den Abbau von Umweltschutz- und MenschenrechtenEine Koalition aus konservativen und rechten Politiker*innen und einschlägigen Lobbys will die EU-Schutzregeln für Umwelt und Verbraucher*innen aufweichen. Wir brachten das Thema nach Deutschland und vernetzten uns in Brüssel. Gemeinsam mit 470 Organisationen fordern wir den Erhalt dieser Regeln.
Tech-Lobby unter BeobachtungUnsere Recherche mit unserer Partnerorganisation CEO enthüllte: Digitalkonzerne investierten im letzten Jahr über 150 Millionen Euro in Lobbyarbeit in Brüssel – ein Drittel mehr, als im vergangenen Jahr. Das zeigt, wie stark die Tech-Branche ihren Einfluss ausbaut.
Enthüllt: Machtmissbrauch der Tech-MilliardäreBeim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar kritisierten wir die einseitige Ausrichtung des Lobbytreffens. Durch eine Kurzstudie deckten wir auf, wie insbesondere die Tech-Milliardäre ihre Macht nutzen, um Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen.
LobbyControl wird 20 Jahre alt!Zwei Jahrzehnte voller Erfolge beweisen: Wir können etwas bewegen. Und wir bauen auf dem Erreichten auf: Mit dem Lobbyregister, strengeren Regeln für Politiker*innen und Parteien sowie Gesetzen gegen unausgewogenen Lobbyismus machen wir Macht sichtbar, bauen Privilegien ab und verringern Machtungleichgewichte. So schützen wir, was uns verbindet: unsere Demokratie.
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Irreführende Berichterstattung der WELT über NGOs: LobbyControl begrüßt Rüge des Presserats
Der deutsche Presserat hat die WELT für die Berichterstattung über Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gerügt. Der Presserat reagierte damit auf eine Beschwerde von LobbyControl und weiteren Organisationen.
Der Beschwerdeausschuss monierte eine „gravierende Irreführung der Leserschaft und einen schweren Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht“. LobbyControl wertet die Rüge des Presserats als positive Nachricht für die Zivilgesellschaft in Deutschland.
Nina Katzemich, EU-Expertin bei LobbyControl, kommentiert:
„NGOs und andere zivilgesellschaftliche Organisationen sind ein Bollwerk gegen autoritäre Kräfte und ein Korrektiv zur Lobbyübermacht finanzstarker Konzerne. Derzeit sehen sich zivilgesellschaftliche Organisationen einer massiven Diffamierungskampagne ausgesetzt. Dahinter stehen autoritäre Kräfte, Konzernlobbyisten und Teile der Union. Die WELT hat diese Kampagnen mit ihrer höchst irreführenden Berichterstattung maßgeblich befeuert. Es ist großartig, dass der Presserat nun sein schärfstes Schwert zieht und der WELT eine Rüge erteilt.“
Der Presserat hatte vier Berichte der WELT über angebliche „Geheimverträge“ zwischen NGOs und der Europäischen Kommission gerügt – dazu hatten LobbyControl und ClientEarth Beschwerden eingereicht. Der Beschwerdeausschuss hat auch mit klaren Worten festgestellt, dass die WELT falsche Behauptungen über die Finanzierung von NGOs aufgestellt hat und diese richtiggestellt. Zusätzlich rügte er die WELT-Berichterstattung über die Rolle von zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Organisation der Demonstrationen gegen die gemeinsame Abstimmung der CDU mit der AfD zu Jahresbeginn. Dazu hatte der Presserat der BILD bereits im Sommer eine Rüge erteilt.
„Wir sehen uns mit unserer Kritik an der Berichterstattung der WELT über zivilgesellschaftliche Organisationen voll bestätigt. Die Rüge des Presserats verleiht zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich in Deutschland und Brüssel für das Gemeinwohl einsetzen, dringend notwendige Rückendeckung. Es ist bestärkend zu erleben, dass die freiwillige Selbstkontrolle der Medien hier funktioniert und wirksam ist. Das wird zivilgesellschaftliche Organisationen ermutigen, sich weiter entschieden für demokratische Werte einzusetzen.“
Christina Deckwirth, Expertin für Lobbyismus in Deutschland bei LobbyControl, ergänzt:
„Es ist äußerst bedenklich, dass die Berichterstattung der WELT von zahlreichen Medien aufgegriffen wurde. Nun heißt es, der weiterhin anhaltenden irreführenden Berichterstattung über NGOs und andere zivilgesellschaftliche Organisationen entschieden mit Aufklärung und Fakten entgegenzutreten. Medien müssen ihrer journalistischen Sorgfalt gerecht werden – und dürfen sich nicht mit den Diffamierungskampagnen gegen die Zivilgesellschaft gemein machen.“
Hintergrund
- LobbyControl-Beschwerde
- Studie über die laufenden Diffamierungskampagnen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen
- Die irreführende Berichterstattung der WELT lief parallel zu ähnlichen Berichten des ultrarechten Online-Portals NIUS, das den Pressekodex nicht unterzeichnet hat und sich damit der freiwilligen Selbstkontrolle des Presserats entzieht.
- Auch die ARD hatte die falsche Berichterstattung der WELT zunächst unhinterfragt aufgegriffen und erst im Laufe des Tages korrigiert.
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NGOs warnen vor Interessenkonflikt bei der EU-Lieferkettenrichtlinie
Morgen stimmt das EU-Parlament final über Änderungen an der EU-Lieferkettenrichtlinie ab. Damit wird die Verantwortung von Unternehmen für den Schutz von Menschenrechten, Umwelt und Klima massiv abgeschwächt. Statt ursprünglich für Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden wird die Richtlinie nur noch für Unternehmen mit über 5000 Mitarbeitenden gelten. In einem offenen Brief warnen zehn zivilgesellschaftliche Organisationen vor der Abstimmung vor Interessenkonflikten bei einem zentralen EU-Abgeordneten.
Nina Katzemich, EU-Campaignerin, kommentiert:„Mit dem Abgeordneten Jörgen Warborn (EVP) wurde ausgerechnet der Chef einer Lobbyorganisation für kleine und mittlere Unternehmen zum Berichterstatter für das erste Omnibuspaket im EU-Parlament ernannt, mit dem das Lieferkettengesetz stark aufgeweicht wird. Wir sehen darin einen klaren Interessenkonflikt. Als Berichterstatter war es Warborns Aufgabe, Kompromisse im Sinne des Parlaments zu suchen. Als Präsident der im EU-Lobbyregister eingetragenen Lobbyorganisation SME Europe ist es jedoch seine Aufgabe, die Politik im Interesse von kleinen und mittleren Unternehmen zu beeinflussen. Interessenkonflikte konnte er selbst in seiner Erklärung bei der Ernennung zum Berichterstatter dennoch nicht sehen.
Gemeinsam mit Transparency International EU und acht weiteren Organisationen haben wir einen Brief an den Beratenden Ausschuss des EU-Parlaments gesendet, der für Interessenkonflikte bei den Abgeordneten zuständig ist. In dem Brief erläutern wir, wie Warborn sich während der Verhandlungen immer wieder dafür eingesetzt hat, kleinere und mittlere Unternehmen von der Richtlinie auszunehmen – mit Erfolg. Wir fordern vom Beratenden Ausschuss, den Fall zu untersuchen.“
HIntergrund
Auch darüber hinaus sind am Zustandekommen des ersten Omnibus-Pakets erhebliche Zweifel anzumelden.
- Die EU-Bürgerbeauftragte hat das Gesetz kürzlich als schlechte Verwaltungspraxis kritisiert, da grundlegende Standards der demokratischen Politikgestaltung nicht umgesetzt wurden. Hier die Pressemitteilung der Europäischen Bürgerbeauftragten.
- Darüber hinaus warnen über 100 Rechtsexpertinnen, dass das Paket gegen zentrale EU-Grundsätze verstößt. Unter anderem wurde eine umfassende öffentliche Konsultation übersprungen. Klagen von Organisationen gegen das Gesetzespaket sind daher nicht auszuschließen. Hier das Rechtsgutachten von Alberto Alemanno und weiteren Rechtsexpertinnen.
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Lobby-Fußabdruck in Gesetzen: Was unsichtbar bleibt
91 Gesetzentwürfe hat die schwarz-rote Bundesregierung in den Bundestag eingebracht. Wir haben ausgewertet, wie transparent die Beteiligung von Interessenvertretungen dokumentiert wurde. Das Ergebnis ist ernüchternd und unterstreicht den Reformbedarf der Regelung zum „exekutiven Fußabdruck.“
Wenige Monate vor ihrem Scheitern hatte die Ampelkoalition noch eine wichtige Regelung eingeführt: Mit dem sogenannten „exekutiven Fußabdruck” als Ergänzung zum Lobbyregister sollten die Bundesministerien verpflichtet werden, Lobbyeinflüsse auf Gesetzentwürfe der Bundesregierung transparent und nachvollziehbar zu machen.
Timo Lange, Experte für Transparenz- und Lobbyregeln:„Unsere Auswertung der 91 Gesetzentwürfe der schwarz-roten Bundesregierung zeigt: Das Transparenzziel wurde klar verfehlt. Nur eine kleine Minderheit der Gesetzentwürfe enthält einen aussagekräftigen ‚exekutiven Fußabdruck‘. Die Anwendung der Vorschrift scheint selbst innerhalb einzelner Ministerien völlig uneinheitlich zu sein. Bei 27 Gesetzentwürfen fehlt der entsprechende Abschnitt ohne ersichtlichen Grund vollständig. Die Bundesregierung sollte die Fußabdruckregelung daher dringend gründlich überarbeiten.“
Die in der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien festgeschriebene Fußabdruck-Regelung verpflichtet die Ministerien, in der Gesetzesbegründung darzustellen, „inwieweit Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter sowie beauftragte Dritte wesentlich zum Inhalt des Gesetzentwurfs beigetragen haben.“
Lange: „Aus unserer Sicht ist ‚wesentlich‘ hier das Schlüsselwort. Den Ministerien ist hier viel Spielraum gestattet, wenn es darum geht einzuschätzen, ob der Lobbyeinfluss wesentlich war oder nicht. Daher ist es nicht überraschend, dass diese bei fast der Hälfte der Gesetzentwürfe ohne weitere Erläuterung angeben, es habe keinen wesentlichen Einfluss gegeben. Damit bleibt völlig offen, welche Interessengruppen wie am Gesetzgebungsprozess beteiligt waren und ob dies ausgewogen war.“
Was gilt als ‚wesentlicher‘ Lobbyeinfluss?Lange: „Aus unserer Sicht ist ‚wesentlich‘ hier das Schlüsselwort. Den Ministerien ist hier viel Spielraum gestattet, wenn es darum geht einzuschätzen, ob der Lobbyeinfluss wesentlich war oder nicht. Daher ist es nicht überraschend, dass diese bei fast der Hälfte der Gesetzentwürfe ohne weitere Erläuterung angeben, es habe keinen wesentlichen Einfluss gegeben. Damit bleibt völlig offen, welche Interessengruppen wie am Gesetzgebungsprozess beteiligt waren und ob dies ausgewogen war.“
LobbyControl fordert die Bundesregierung auf, die Transparenz im Gesetzgebungsprozess durch eine umfassende Reform der Fußabdruck-Regelung deutlich zu verbessern. Lange: „Wichtig wäre vor allem eine verpflichtende Transparenz über Lobbytermine. Die EU-Kommission macht seit Jahren vor, wie das funktionieren kann. Wir sehen keinen vernünftigen Grund, warum das in Berlin nicht genauso klappen sollte. Die Fußabdruck-Regelung sollte außerdem auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden, um die Verbindlichkeit zu erhöhen und eine einheitliche Anwendung in den Bundesministerien zu gewährleisten.“
Hintergrund
Übersichtstabelle zur Auswertung des „exekutiven Fußabdrucks“
Gesetzentwürfe der Bundesregierung in der aktuellen WahlperiodeAnzahlGesamt (ohne Vertragsgesetze)91Davon:Fußabdruck fehlt vollständig27Fußabdruck: Angabe, es habe keinen Einfluss gegeben10Fußabdruck: Angabe, es habe keinen wesentlichen Einfluss gegeben41Fußabdruck: Einige Details zum Einfluss, z.T. sehr allgemein gehalten13
- Link zum Blog
- Ausführlich zum Thema Lobby-Transparenz im Gesetzgebungsprozess, siehe ab Seite 20 im Lobbyreport 2024
- Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien, Regelung zum „exekutiven Fußabdruck“ in § 43 Abs. 1 Nr. 13
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Derzeitige Lobby-Fußspur fast wirkungslos
Mit dem „exekutiven Fußabdruck“ sollen Lobbyeinflüsse auf Gesetzentwürfe der Bundesregierung transparent gemacht werden. Das hatte die Ampelkoalition 2024 beschlossen. Wir haben alle Gesetzentwürfe der Regierung Merz ausgewertet. Das Ergebnis: Das Transparenz-Ziel wird nicht erreicht.
Unsere Auswertung aller Gesetzentwürfe der Bundesregierung seit Beginn der Wahlperiode zeigt: Nur bei einer kleinen Minderheit ist ein aussagekräftiger „exekutiver Fußabdruck“ zu finden.
91 Gesetzentwürfe hat die schwarz-rote Bundesregierung seit Beginn der Wahlperiode dem Bundestag vorgelegt. Doch nur 13 davon enthalten überhaupt Angaben zum Interesseneinfluss auf den Entwurf – und das zum Teil auch nur sehr allgemein. Bei 27 Gesetzentwürfen fehlt die Kategorie „exekutiver Fußabdruck“ schon von vornherein ganz. Bei fast der Hälfte der Entwürfe ist lediglich vermerkt, Interessenvertreter*innen hätten keinen „wesentlichen“ Einfluss auf den Entwurf gehabt. Das ist nicht zielführend.
Das Ziel der Regelung ist es, die Beteiligung von Lobbyakteuren an der Gesetzgebung nachvollziehbar zu machen und konkrete Einflüsse offenzulegen. Außerdem dient mehr Transparenz dazu, sicht- und überprüfbar zu machen, ob die Beteiligung verschiedener Interessen und Perspektiven ausgewogen war, also ob auch Stimmen aus der Zivilgesellschaft oder Wissenschaft eingebunden waren oder vor allem Wirtschaftsverbände. Doch das wird mit der jetzigen Art und Weise der Umsetzung nicht erreicht.
Wir hatten eine „Lobby-Fußspur für Gesetze“ schon lange gefordert – und zwar insbesondere für die Bundesministerien, da dort die meisten Gesetzentwürfe entstehen. Das Lobbyregister bietet Auskunft über Lobbyakteure, ihre Ziele und Finanzierung und schafft damit Transparenz über diejenigen, die Einfluss nehmen. Die Fußspur-Regelung richtet sich an die Adressaten der Einflussnahme. Sie soll die Ministerien verpflichten, Auskunft über die tatsächliche Beteiligung von Lobbyist*innen an der Entstehung von Gesetzen zu geben. Die Einführung einer Fußspur-Regelung parallel zum Lobbyregister scheiterte 2021 am Widerstand der Union. Das SPD-geführte Justizministerium hatte bereits einen Gesetzentwurf dafür erarbeitet.
Lobby-Fußspur-Aktion 2021 vor dem Bundestag2024 einigte sich die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen schließlich auf die aktuell geltende Regelung, die allerdings hinter dem Entwurf aus dem Justizministerium zurückblieb. Eingeführt wurde die Regelung dann auch nicht als Gesetz, sondern lediglich als Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Demnach sollen die Ministerien zu jedem Gesetzentwurf Angaben machen, inwieweit Interessenvertreter*innen „wesentlich“ zum Inhalt beigetragen haben. Das war ein wichtiger Schritt. Doch schon damals warnten wir, dass die Regelung „den Ministerien viel Spielraum [lässt], in welchem Umfang sie künftig Lobbyeinflüsse tatsächlich offenlegen“. Diese Warnung war berechtigt, wie unsere aktuelle Auswertung erneut zeigt.
Ergebnisse der Auswertung im Detail Gesetzentwürfe der BundesregierungAnzahlGesamt (ohne Vertragsgesetze)91
Fußabdruck fehlt vollständig27
Fußabdruck: Angabe, es habe keinen Einfluss gegeben10
Fußabdruck: Allgemeine Angabe, es habe keinen wesentlichen Einfluss gegeben. (z. T. einige Details zur Beteiligung/Anhörung)41
Fußabdruck: einige Details zum Einfluss, z.T. sehr allgemein gehalten13
Von den 107 in den Bundestag eingebrachten Gesetzesentwürfen fallen 16 Gesetze nicht unter den Regelungsrahmen – etwa, weil es sich um die Umsetzung internationaler Verträge handelt.
91 Gesetzentwürfe sollten somit grundsätzlich einen Lobby-Fußabdruck enthalten. Doch tatsächlich fehlt bei 27 Entwürfen der Abschnitt zum „exekutiven Fußabdruck“ vollständig. Am häufigsten ist dies bei Gesetzentwürfen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWE) der Fall. Von insgesamt 14 Entwürfen, bei denen das BMWE federführend war, fehlt bei sieben der Abschnitt zum Fußabdruck komplett. Ein Grund dafür ist nicht offensichtlich.
Keine einheitliche Anwendung der Lobby-Fußspur-RegelungWenn Interessenvertreter*innen tatsächlich gar nicht beteiligt waren, sollte zumindest das im Abschnitt zum Fußabdruck stehen. Fehlt der Abschnitt vollständig, bleibt völlig unklar, ob es keine Beteiligung gab oder das Ministerium sich schlichtweg nicht an die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien gehalten hat. Bei einigen der Gesetzentwürfe ohne Fußabdruck handelt es sich um die Umsetzung von europäischem Recht. Doch das ist kein Grund, den Abschnitt wegzulassen. Ein Verweis auf das EU-Recht und dass keine Interessenvertretung stattgefunden hat, wäre passend und wurde bei zwei Gesetzentwürfen des Arbeitsministeriums auch so gehandhabt.
Auch das Verkehrs-, Finanz- und Innenministerium fallen mit jeweils vier Gesetzentwürfen komplett ohne Fußabdruck auf. Eine einheitliche Anwendung der Regelung ist somit noch nicht einmal innerhalb einzelner Ministerien festzustellen.
Doch selbst wenn der Abschnitt „Exekutiver Fußabdruck“ enthalten ist, kommt es auf den Inhalt an, ob tatsächlich mehr Transparenz über Lobbyeinflüsse auf Gesetzentwürfe hergestellt wird. Bei mehr als einem Drittel der betrachteten Entwürfe (35 von 91) enthält der Fußabdruck-Abschnitt lediglich einen Satz mit der Botschaft, dass es keine „wesentliche“ Beeinflussung des Entwurfs durch Interessenvertreter*innen oder beauftragte Dritte gegeben habe.
Bei sechs weiteren Entwürfen sind zusätzlich immerhin noch einige Informationen aufgeführt, wer überhaupt beteiligt war. Für das Anliegen, Lobbyeinfluss sichtbar zu machen, ist das nicht hilfreich. Unklar bleibt somit auch fast immer, ob die Beteiligung an und der Austausch zu einem Gesetzentwurf halbwegs ausgewogen waren, also ob etwa auch zivilgesellschaftliche Akteure einbezogen waren oder ausschließlich Stimmen von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen gehört wurden.
Unklar formulierte RegelungDass es den Ministerien möglich ist, die Fußabdruck-Regelung auf diese wenig aussagekräftige Weise umzusetzen, liegt vor allem an der unklaren Formulierung der Regelung selbst. Diese legt fest, dass nur Auskunft über „wesentliche“ Beteiligung von Interessenvertreter*innen gegeben werden soll. Was genau als wesentlich gesehen wird, wann also die Schwelle zur Wesentlichkeit überschritten wird, lässt offenkundig viel Spielraum.
In der Begründung des Beschlusses zur Einführung der Fußabdruck-Regelung heißt es dazu: „Über die Bewertung, ob ein Einfluss wesentlich ist, entscheidet das für den jeweiligen Regelungsinhalt federführend zuständige Ministerium.“ Sicherlich ist es möglich, dass es bei einigen der Entwürfe tatsächlich keine oder kaum Lobbyeinfluss gab. Doch schon ein Blick ins Lobbyregister genügt, um festzustellen, dass es zu einigen der Gesetzentwürfe zumindest rege Lobbyaktivität gab, da viele Stellungnahmen verschickt wurden.
Dass diese Lobbyanstrengungen alle keinen Niederschlag gefunden haben, erscheint wenig glaubwürdig. Wahrscheinlicher ist es, dass die Ministerien die Schwelle für die wesentlichen Einflüsse tendenziell sehr hoch angesetzt haben.
Flucht ins AllgemeineEs finden sich aber auch etwas kreativere, aber ebenso wenig hilfreiche Formulierungen. So schreibt etwa das Bundesarbeitsministerium (BMAS) zum Tariftreuegesetz:
„Die verschiedenen, teils auch gegenläufigen Anliegen der verschiedenen Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter wurden bei der Erarbeitung des Referentenentwurfs geprüft, miteinander in Ausgleich gebracht und entsprechend weitgehend berücksichtigt.“
Das ist eine belanglose Beschreibung des üblichen Verfahrens bei der Erstellung von Gesetzentwürfen: Verschiedene Anliegen werden angehört und abgewogen. Nur: Mehr Transparenz wird so nicht geschaffen, da völlig offen bleibt, welche und wessen Anliegen wie in einen Ausgleich gebracht wurden. Doch genau diese Informationen könnten entscheidend dazu beitragen, das Vertrauen in eine demokratische Gesetzgebung zu stärken. Politik sollte sich mehr als bisher erklären, offen mit Zielkonflikten zwischen unterschiedlichen Interessen umgehen und Abwägungsentscheidungen nachvollziehbar begründen. Eine gut umgesetzte Fußabdruck-Regelung wäre eine Chance genau dafür.
10 Gesetze ohne LobbyeinflüsseBei insgesamt zehn Gesetzentwürfen findet sich die klare Aussage, dass Interessenvertreter*innen in keinerlei Weise beteiligt waren, also auch nicht „unwesentlich“”. Wenn das tatsächlich so zutrifft, ist das völlig in Ordnung und die Fußabdruck-Regelung kann bei diesen zehn als umgesetzt gelten.
13 höchst unterschiedliche FußabdrückeBei insgesamt 13 Gesetzentwürfen findet sich im Abschnitt zum Fußabdruck mehr als bloß ein allgemeiner Satz. Wie viel mehr, ist allerdings sehr unterschiedlich. Zum Teil sind ähnlich allgemeine Angaben enthalten wie im oben erwähnten Tariftreuegesetz. Ein weiteres Beispiel ist die Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes des Bundesgesundheitsministeriums. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Möglichkeit der Online-Verschreibung von Cannabis abschaffen.
Zum Lobby-Fußabdruck steht hier lediglich: „Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter sowie die Länder wurden im Rahmen des Anhörungsverfahrens beteiligt.“ Das Ministerium lässt hier komplett offen, ob das Anhörungsverfahren einen Einfluss hatte, wer genau beteiligt war. Mehr Transparenz wird so ebenfalls nicht hergestellt.
Es geht auch andersDass es auch anders geht, zeigen einige wenige Gesetzentwürfe, wie der Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums (BMJV) zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Im „exekutiven Fußabdruck“ werden mehrere Paragraphen konkret benannt, die aufgrund von Stellungnahmen verschiedener Wirtschaftsverbände geändert wurden. Zwar wird nicht unbedingt im Detail nachgezeichnet, welche Formulierungen wie geändert wurden. Aber die Hinweise schaffen immerhin die Möglichkeit, den Einfluss auf den Gesetzentwurf konkret nachzuvollziehen. Allerdings bedarf es dafür weiterer, eigenständiger Recherche.
Ein Beispiel aus dem Gesetzentwurf: „Aufgrund der Stellungnahme des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. wurde in der Begründung zu § 5 Absatz 3 Nummer 3 UWG-E klargestellt, welche Qualifikation unabhängige externe Sachverständige aufweisen müssen.“ Es ist gut, dass hier auf eine bestimmte Stelle im Gesetz hingewiesen und sogar erklärt wird, worum es geht.
Abgeordnete im zuständigen Bundestagsausschuss können mit solchen Informationen arbeiten und die Stelle in der Gesetzesbegründung nochmal genau prüfen: Ist es tatsächlich zweckmäßig, wenn die Unternehmen „vorhandene Kompetenzen“ nutzen können, oder entspricht das möglicherweise nur den Partikularinteressen eines einzelnen Wirtschaftsverbands? Genau das soll eine vernünftig umgesetzte Fußabdruck-Regelung leisten: Sichtbar und damit diskutierbar machen, welchen Abdruck die verschiedenen Interessenträger im Gesetz hinterlassen haben.
Unser FazitBei einigen Gesetzentwürfen schafft der „exekutive Fußabdruck“ durchaus mehr Transparenz über die Beteiligung und Einwirkung von Interessenvertretungen. Doch das gilt nur für eine kleine Minderheit. Bei den meisten Gesetzentwürfen fehlt entweder der Fußabdruck oder er besteht nur aus einer allgemeinen, belanglosen Aussage, die zur Transparenz nichts beiträgt.
Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen werden entweder auf den Webseiten der zuständigen Ministerien veröffentlicht oder im Lobbyregister. Mit diesen Quellen lässt sich mit einigem Aufwand der Einfluss von Interessenvertretungen zumindest teilweise rekonstruieren. Doch so wie die Fußabdruck-Regelung aktuell ausgestaltet ist, hilft sie dabei in den meisten Fällen sehr wenig. Die Regelung zeigt ebenfalls nicht, wie ausgewogen verschiedene Interessen eingebunden waren.
Unsere ForderungenTermintransparenz: Eine Lobby-Fußspur für Gesetze sollte die konkreten Auswirkungen auf einzelne Inhalte eines Gesetzentwurfs nachzeichnen. Wichtig ist aber auch, Auskunft darüber zu erhalten, ob verschiedene Interessen und Perspektiven überhaupt ausgewogen eingebunden waren. Eine verbindliche Transparenz über terminierte Gespräche zu einzelnen Regelungsvorhaben wäre daher sinnvoll. Ob es einen solchen Lobbytermin gegeben hat, lässt zwar keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Einfluss zu. Trotzdem sind Gespräche ein guter Indikator für die Intensität der Interessenvertretung und Beteiligung am Gesetzgebungsvorhaben. So wird auch für Parlament und Öffentlichkeit sichtbar, wie ausgewogen die Beteiligung verschiedener Interessen war.
Konkret: Die Bundesministerien sollten eine Liste mit allen Gesprächsterminen zu einem Gesetzgebungsvorhaben veröffentlichen. Unterhalb der Leitungsebene reicht die Angabe, mit welcher Arbeitseinheit der Austausch stattgefunden hat. Für die Ebenen der Minister*innen, der Staatssekretär*innen und Abteilungsleitungen sollte darüber hinaus eine allgemeine Pflicht zur Transparenz über Lobbytermine gelten, wie es z. B. die EU-Kommission schon seit längerem vormacht.
Verpflichtende Angabe des Fußabdrucks in jedem Gesetzentwurf: Unsere Auswertung zeigt, dass die Kategorie „Exekutiver Fußabdruck“ bei vielen Gesetzentwürfen fehlt. Künftig sollte sichergestellt sein, dass die Kategorie in jedem Gesetzentwurf enthalten ist. Wenn tatsächlich niemand außerhalb der Bundesverwaltung beteiligt war oder die Regelung aus anderen Gründen keine Anwendung findet, sollte das klar und eindeutig vermerkt werden.
Gesetzliche Grundlage und einheitliche Anwendung: Für eine einheitliche und verbindliche Anwendung der Regelung sollte sie auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Die Wesentlichkeitsschwelle muss darin klar definiert werden: Wenn eine Passage in einem Gesetzentwurf oder in der Begründung aufgrund von Stellungnahmen oder Gesprächen mit Interessenvertretungen geändert wurde, sollte dies dokumentiert und auch so veröffentlicht werden, gegebenenfalls in einem Anhang. Allenfalls redaktionelle Änderungen sollten hiervon ausgenommen sein.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Bleiben Sie informiert über die Lobby-Fußspur. [description_left_1] => Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter. [template] => petrol [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription [move_code_visible] => POP0000 [move_code_hidden] => POP0000 [move_code_deactivated] => LCW0000 )Unsere Tabelle mit allen Gesetzentwürfen als Grundlage für die obige Auswertung kann hier als xlsx-Datei heruntergeladen werden.
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„Die Familienunternehmer“: Lobbyverband liebäugelt mit AfD
Der Lobbyverband „Die Familienunternehmer“ kündigte an, sich künftig auch mit der AfD auszutauschen. Nach viel Kritik folgte die Kurskorrektur, doch ein fader Beigeschmack bleibt. Es ist besorgniserregend, wenn sich die Lobby des großen Geldes autoritären Kräften annähert.
Was ist passiert?Der Lobbyverband hatte zunächst einen AfD-Vertreter zu einer Lobbyveranstaltung eingeladen – und dann angekündigt, auch in Zukunft mit der AfD in den Austausch zu gehen. Man teile die Positionen der Partei zwar nicht, doch man wolle sie nun „inhaltlich stellen“, erklärte Verbandschefin Marie-Christine Ostermann. Der Lobbyverband riss damit die Brandmauer gegenüber der extrem rechten Partei ein. Nach Austritten von bekannten Unternehmen wie Rossmann oder Vorwerk und viel Kritik aus der Politik, von Gewerkschaften und aus der Zivilgesellschaft, ruderte der Lobbyverband zurück.
Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Lobbyverbandes „Die Familienunternehmer“, riss die Brandmauer zur AfD ein.Wenige Tage, nachdem Medien breit über den Fall berichtet hatten, erklärte der Lobbyverband auf seiner Webseite: „Es ist das Gegenteil von dem passiert, was wir wollten. Wir haben Abgeordnete der AfD zum Parlamentarischen Abend eingeladen, damit sie auch von uns hören, dass ihr Programm wirtschaftsfeindlich ist und dem Standort Deutschland schadet. Leider ist öffentlich – auch durch Äußerungen der AfD – der falsche Eindruck entstanden, dass wir die Partei stärken wollten.“ Doch der Schaden bleibt – und das sollte ein Warnsignal für unsere Demokratie sein.
Wer sind „Die Familienunternehmer“?Auch wenn der Name anderes vermuten lässt, vertritt der Lobbyverband nur einen vergleichsweise geringen Teil der Wirtschaft. Er steht für rund 6.500 Familienunternehmen, deren Mitgliedschaft jedoch nicht öffentlich ist. Es gibt nur vereinzelte Hinweise, wen der Lobbyverband vertritt. Dazu gehören auch einige der größten Unternehmen Deutschlands.
Der Lobbyverband, der sich gern als Stimme des Mittelstands ausgibt, steht für eine wirtschaftsliberale, marktorientierte Ordnung und vertritt insbesondere die Interessen von Überreichen. Das ist kein Zufall, denn in Deutschland konzentriert sich Vermögen vor allem bei großen Familienunternehmen und ihren Erb*innen. Diese zahlen dank umfangreicher Steuerschlupflöcher weniger Steuern als Menschen, die weniger erben.
„Die Familienunternehmer“ lobbyieren unter anderem vehement gegen die Besteuerung von übergroßem Reichtum. Der Lobbyverband wettert immer wieder gegen eine Vermögensteuer, drängt auf Ausnahmen für Firmenerben bei der Erbschaftsteuer und fordert Steuersenkungen für Spitzeneinkommen.
Kein template für den Block ‚lc/call-to-actions‘ gefunden.stdClass Object ( [headline] => Lobbyismus-Lexikon [description] => Mehr über den Lobbyverband „Die Familienunternehmer“ und über viele andere Lobbyakteure steht in unserer Lobbypedia. [button_first_text] => Jetzt in der Lobbypedia informieren [button_first_url] => https://lobbypedia.de/wiki/Die_Familienunternehmer [button_second_text] => [button_second_url] => [imageAlign] => right [imageShadow] => [image] => 104776 ) Warum ist die Wirtschaftslobby hier relevant?Unternehmen und ihre Lobbyverbände sind wichtige Ansprechpartner für die Politik. Sie nehmen Einfluss und gestalten unsere Demokratie mit. Damit tragen sie auch eine Verantwortung für demokratische Prinzipien. Die „Familienunternehmer“ machen mit ihrem Schritt jedoch antidemokratische Positionen salonfähig.
Einige Unternehmer*innen, u.a. der Investor Frank Thelen, unterstützten die Entscheidung des Verbands, weil die AfD in Umfragen so hohe Zustimmung habe und man den Dialog suchen müsse. Doch wahrscheinlicher erscheint, dass der Unternehmensverband sich mit dem Blick auf anstehende Landtagswahlen und veränderte Mehrheiten und Machtverhältnisse der AfD anbiedern möchte.
Eine Motivation für die Annäherung an die AfD könnte sein, durch mögliche neue Mehrheiten mit der CDU eine wirtschaftspolitische Ausrichtung an Konzerninteressen und Einschnitten bei der Sozialpolitik durchzusetzen. Angesichts neuer Machtoptionen hängt man hier offenbar bereits sein Fähnchen in den Wind.
Kurswechsel: Öffnung gegenüber der AfDDafür spricht, dass Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann noch in einem anderen Gremium sitzt: Sie ist Mitglied des Beirats des rechtskonservativen Think Tanks Republik 21, in dem auch rechtskonservative CDU-nahe Akteure organisiert sind. Mitgründerin ist etwa die Ex-CDU-Bundesministerin Kristina Schröder. Republik 21 beschreibt sich selbst als Denkfabrik für „neue bürgerliche Politik“. Aus diesem Kreis gibt es starke Stimmen für eine Annäherung zwischen Union und AfD und ein Aufweichen der Brandmauer. Trotzdem erhält Republik 21 Fördermittel der Bundesregierung, ab 2026 sogar in Höhe von 2 Millionen Euro.
EU: CDU hat Brandmauer in Brüssel eingerissenWie real solche neuen Mehrheiten bereits jetzt sind, zeigt ein Blick nach Brüssel: Im November stimmten im Europaparlament die konservative EVP-Fraktion, zu der auch CDU und CSU gehören, gemeinsam mit den extrem rechten Fraktionen für eine Abschwächung des Lieferkettengesetzes. Mit einer kalkulierten Mehrheit mit der extremen Rechten wurde der Schutz von Menschenrechten, Umwelt- und Verbraucherschutz zugunsten von Unternehmensinteressen zusammengekürzt.
Dass Mehrheiten mit antidemokratischen Parteien gesucht werden, statt mit demokratischen Parteien einen Konsens zu finden, ist eine gefährliche Entwicklung. Demokratische Werte dürfen nicht für kurzfristige Gewinninteressen geopfert werden.
Teils deckungsgleiche PositionenAuch wenn Ostermann betont, dass sie die Positionen der AfD nicht teilt: Bei vielen Themen decken sich Positionen der „Familienunternehmer“ und der AfD: Sozialstaat abbauen und Steuern für die Reichsten senken. Doch eine solche Ausrichtung wird die Macht der Konzerne stärken und soziale Ungleichheiten weiter verschärfen. Das wird wiederum populistischen Kräften wie der AfD weiteren Zulauf bringen.
Es ist ein äußerst bedrohliches Szenario, wenn sich antidemokratische Kräfte dem großen Geld annähern. In welche Richtung das führen kann, lässt sich in den USA gerade beobachten: Hier sind es die Tech-Milliardäre, die mit ihrem übergroßen Reichtum die autoritäre Trump-Politik stützen.
Die Annäherung eines Lobbyverbands des großen Geldes, wie „Die Familienunternehmer“ an die AfD, zeigt einmal mehr: Es ist wichtig, unsere Demokratie gegen den Einfluss von Überreichen und Konzernen zu schützen. Deswegen fordern wir einen Parteispendendeckel, um zumindest die Möglichkeiten einzuschränken, um antidemokratischen Parteien hohe Summen zukommen zu lassen.
Klares Bekenntnis zur Demokratie ist nötigWir brauchen – quer durch die Gesellschaft – ein klares Bekenntnis für demokratische Werte und gegen Rechtsextremismus. Das gilt für staatliche und zivilgesellschaftliche Kräfte genauso wie für Unternehmen und deren Verbände. Es ist gut, dass sich auch viele Unternehmen den Aussagen des Lobbyverbands “Die Familienunternehmer“ klar entgegenstellt und Haltung gezeigt haben. Die öffentlichen Austritte von Rossmann und Vorwerk waren starke Signale.
Um die Demokratie zu stärken, müssen wir aber nicht nur klare Haltung gegen die extreme Rechte zeigen, sondern auch die Vermögenskonzentration bei den reichsten Familienunternehmen verhindern. Besteuerung von Reichtum ist nötig, um die enorme Ungleichheit mit ihren fatalen Folgen für die Demokratie endlich wirksam zu verringern.
Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Bleiben Sie informiert über Lobbyismus. [description_left_1] => Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter. [template] => petrol [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription [move_code_visible] => POP0000 [move_code_hidden] => POP0000 [move_code_deactivated] => LCW0000 )The post „Die Familienunternehmer“: Lobbyverband liebäugelt mit AfD appeared first on LobbyControl.
LobbyControl-Briefing: Der Fall Weimer
Zum Umgang mit Interessenkonflikten bei Mitgliedern der Bundesregierung
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer steht aktuell auf Grund von Interessenkonflikten in in der Kritik. Hintergrund ist der von der Weimer Media Group (WMG) veranstaltete Ludwig-Erhard-Gipfel, bei dem sich Sponsoren einen exklusiven Zugang zur Spitzenpolitik einkaufen können. Zudem bewarb die Verlagsgruppe den Gipfel mit der Möglichkeit, dort „Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger“ nehmen zu können.
Wir kritisierten den daraus erwachsenden Interessenkonflikt, da somit ein Mitglied der Bundesregierung mindestens mittelbar von einem Lobbyevent mit Vertreter*innen der Spitzenpolitik profitiert.
Die WMG gehört Weimer und seiner Ehefrau Christiane Goetz-Weimer je hälftig, wobei Weimer mit Amtsantritt seinen Geschäftsführerposten niederlegte, aber weiterhin stiller Gesellschafter blieb. Als Reaktion auf die Debatte gab Weimer bekannt, seine Gesellschafteranteile an einen Treuhänder zu übertragen. Doch auch mit diesem Schritt bleibt es bei einer problematischen Interessenverquickung. Aus unserer Sicht ist klar: Solange Wolfram Weimer selbst Mitglied der Bundesregierung ist, sollte der Ludwig-Erhard-Gipfel in der bisherigen Form nicht mehr stattfinden.
Der Fall offenbart einen unzureichenden Umgang der Bundesregierung mit finanziellen Interessenkonflikten ihrer Mitglieder und weist auf Lücken in den Regeln hin. Zudem hat die CDU in der letzten Wahlperiode aus der Opposition heraus selbst darauf gedrungen, mit finanziellen Interessenkonflikten in der Leitung der Bundesministerien besser umzugehen. An diese Forderungen sollte sie sich erinnern – statt mit doppeltem Maß zu messen.
Im Folgenden ordnen wir den aktuellen Fall ein, beleuchten die geltenden Regeln für Mitglieder der Bundesregierung zu finanziellen Interessenkonflikten und geben Handlungsempfehlungen. Zudem erläutern wir, warum privilegierte Zugänge zur Spitzenpolitik gegen Sponsoring- oder sonstige Geldzahlungen auch ganz grundsätzlich problematisch sind.
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Weimer gab zu Amtsantritt bekannt, er habe sein Geschäftsführermandat niedergelegt und sich aus der Verlagsgruppe zurückgezogen. Zuletzt betonte die Bundesregierung auf eine parlamentarische Frage der Grünen im August: „Der Staatsminister Dr. Wolfram Weimer hat die Geschäftsführung der Weimer Media Group mit seinem ersten Amtstag als Staatsminister niedergelegt und die Verlagsgruppe verlassen.“
Auf die Frage nach möglichen Interessenkonflikten ging die Bundesregierung somit nicht konkret ein, sondern beließ es bei diesem Hinweis. Dabei war schon damals klar, dass Weimers Verbindung zur WMG über seine Ehepartnerin weiter besteht, die nun die alleinige Geschäftsführerin ist. Dass auch Weimer selbst weiterhin über 50 Prozent der WMG-Anteile verfügt – dazu schwieg sich die Antwort der Bundesregierung aus. Dieser Fakt wurde erst im Oktober durch Medienrecherchen bekannt. Ein offener und transparenter Umgang mit Interessenkonflikten ist das nicht.
Schon damals mahnten wir an, dass eine angemessene Trennung von politischem Amt und privaten Geschäftsinteressen, insbesondere vor dem Hintergrund des Ludwig-Erhard-Gipfels, „nur schwer möglich“ erscheint.
Die mediale Debatte nahm allerdings erst an Fahrt auf, als das rechte Online-Portal Apollo News durch eine Undercover-Recherche Werbematerial für Sponsoren des Ludwig-Erhard-Gipfels erhielt.
In dem Material, das uns vorliegt, ist sichtbar, dass die WMG Sponsoren unter anderem damit umwirbt, dass ein „Top Asset“ beim Kauf eines Sponsorpakets eine mögliche „Einflussnahme auf die politischen Entscheidungsträger“ sei. Die Premium-Sponsoring-Pakete „Mont Blanc“ für 80.000 Euro und „Matterhorn“ für 60.000 Euro bieten als Zusatzleistung die „Teilnahme eines Vorstandes/Geschäftsführers an der exklusiven Executive Night“ sowie eine „Besprechungs-Lounge für vertrauliche Gespräche“.
Apollo News berichtete weiterhin, in einer E-Mail der WMG wäre mit der Teilnahme „der Minister“ an der Executive Night geworben worden. Die WMG gab daraufhin bekannt, eine solche Mail nicht zu kennen. Uns gegenüber betonte die WMG zudem: „Ob und wie Gäste und Speaker miteinander ins Gespräch gehen, liegt in deren Ermessen.“ Sicher: Die WMG hat keine konkreten Gesprächskontakte vermittelt. Dennoch profitiert Weimer finanziell von der Veranstaltung an sich und damit bleibt es bei der problematischen Interessenverquickung.
Als Reaktion auf die Debatte gab Weimer bekannt, seine Gesellschafteranteile an einen Treuhänder zu übertragen, „um jeglichen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden, der indes tatsächlich nie bestanden hat.“
Doch tatsächlich ändert auch die Übertragung der Anteile an einen Treuhänder die Situation nicht wesentlich, es bestand und besteht zumindest ein potentieller Interessenkonflikt. Zwar hat Weimer damit für die Dauer seiner Amtszeit keinen Zugriff auf die Anteile, aber sie gehören ihm trotzdem noch. Die Verbindung zur WMG durch seine Frau besteht außerdem: Die Firma bleibt in der Familie – und damit auch die Gewinne, die mit Veranstaltungen wie dem Ludwig-Erhard-Gipfel erzielt werden. Dabei hängt der Erfolg solcher Lobby-Netzwerkevents – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – ganz wesentlich von der Teilnahme der Spitzenpolitik ab, zu der Weimer nun selbst zählt.
Bundeskanzler Merz sprang Weimer zur Seite und sagte gegenüber der ARD, die Vorwürfe gegenüber Weimer hätten „sich alle als falsch erwiesen”. Zwar gibt es tatsächlich keinen Hinweis darauf, dass Weimer gegen die Regeln für Mitglieder der Bundesregierung verstoßen hätte. Jedoch geht es nicht nur um Regelverstöße im engeren Sinne: Offen bleibt die politische Frage nach dem Umgang mit dem privaten finanziellen Interesse und einer überzeugenden Abgrenzung zum politischen Amt.
Solche Fragen pauschal abzubügeln, schafft kein Vertrauen. Zudem sind die Regeln für Mitglieder der Bundesregierung tatsächlich im Bereich von finanziellen Interessenkonflikten unzureichend, bleiben hinter internationalen Standards zurück und bedürfen einer Überarbeitung.
2. Welche Regeln zu Interessenkonflikten gelten für Mitglieder der Bundesregierung?Schon das Grundgesetz betont eine nötige Distanz zu wirtschaftlichen Verbindungen der Mitglieder der Bundesregierung:
„Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.“ (Artikel 66)
Im Gegensatz zu Bundestagsabgeordneten ist es den Inhabern der höchsten Ämter in der Exekutive nicht erlaubt, einer entgeltlichen Nebentätigkeit nachzugehen oder ohne Bundestagsbeschluss dem Aufsichtsrat eines Unternehmens anzugehören.
Das Bundesministergesetz konkretisiert dieses Verbot der entgeltlichen Nebentätigkeiten noch etwas. Zusätzlich legt es fest, dass auch „öffentliche Ehrenämter“ einer Ausnahme durch die Bundesregierung bedürfen und auf das Amt bezogene Geschenke der Bundesregierung gemeldet werden müssen. Dazu kommt noch die erst 2015 eingeführte Karenzzeitregelung, die Interessenkonflikte beim Wechsel aus dem Amt in Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes verhindern soll.
Mit dem Verbot von bezahlten Jobs in der Privatwirtschaft, der Karenzzeit und einer Anzeigepflicht für Geschenke enden dann aber auch im Wesentlichen die Vorgaben, die für Mitglieder der Bundesregierung im Hinblick auf Interessenkonflikte gelten. Entsprechend argumentiert auch die Bundesregierung stets, wenn es um solche Fragen geht.
Welche konkreten Schritte das Bundeskanzleramt unternommen habe, „um Interessenkonflikte aus seiner früheren Beteiligung an der Weimer Media Group und der fortdauernden Tätigkeit seiner Ehefrau als Geschäftsführerin und LEG-Veranstalterin zu verhindern“ wollten die Grünen in der oben erwähnten parlamentarischen Kleinen Anfrage wissen. Doch auch hier antwortete die Bundesregierung lediglich mit dem Hinweis, Weimer habe den Job als Geschäftsführer niedergelegt und die Verlagsgruppe verlassen.
Die Bundesregierung betont in derselben Antwort auch, „dass höchste Staatsämter auf geeignete Art und Weise von privatgeschäftlichen Bindungen freigehalten und Interessenkollisionen vermieden werden“ sollen. Dies sei durch die Regelungen im Grund- und Ministergesetz sichergestellt. „Darüberhinausgehende Inkompatibilitäten hinsichtlich privatgeschäftlicher Bindungen der Mitglieder der Bundesregierung sehen weder GG noch BMinG vor“, heißt es weiter. Interessenkonflikte mit eigenen wirtschaftlichen Interessen können aus dieser Perspektivee somit nur durch berufliche Tätigkeiten entstehen.
Privatwirtschaftliche Bindungen, die aufgrund von Unternehmensbeteiligungen oder sonstiger Investitionen bestehen, spielen also aus Sicht der Bundesregierung keinerlei Rolle, da weder Grundgesetz noch Bundesministergesetz hierzu etwas festlegen.
In der „Orientierungshilfe zu den Rechtsverhältnissen der Mitglieder der Bundesregierung“, einer Zusammenstellung des Bundesinnenministeriums, heißt es zum Punkt Unternehmensbeteiligungen lediglich: „Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung oder Verpachtung und die bloße Beteiligung an einem auf Gewinnerzielung orientierten Unternehmen sind hingegen zulässig.“ Beteiligungen an Unternehmen von Ehepartnern oder anderen Familienangehörigen werden in dem ganzen Dokument noch nicht einmal erwähnt.
Zugleich betont das Innenministerium in derselben Broschüre ganz oben, Mitglieder der Bundesregierung „unterliegen aufgrund der Bedeutung ihrer Staatsämter besonders hohen Integritätsstandards“.
Doch das überzeugt nicht: Für einfache Bundestagsabgeordnete gelten jedenfalls deutlich strengere Regeln in dieser Hinsicht. Sie müssen Beteiligungen ab 5 Prozent der Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft nicht nur anzeigen, sondern auch offenlegen. Selbst wenn diese Gesellschaften wiederum an anderen Gesellschaften beteiligt sind, muss das offengelegt werden, sofern die Beteiligung höher als 5 Prozent ist. Für die Mitglieder der Bundesregierung, die nicht zugleich Bundestagsabgeordnete sind, gelten somit nicht die höchsten, sondern niedrigere Standards.
3. Welche Regeln sollten für Mitglieder der Bundesregierung gelten?Gerade aufgrund der Bedeutung ihrer Staatsämter sollten für Mitglieder der Bundesregierung tatsächlich besonders hohe Integritätsstandards gelten. Das zeigt der Fall Weimer erneut. Selbstverständlich kann es zu Interessenkollisionen kommen, wenn wie hier das Unternehmen des Amtsinhabers durch den Ludwig-Erhard-Gipfel ein ganz direktes Interesse an der Teilnahme von Spitzenpolitiker*innen u. a. aus der Bundesregierung hat. Ziel muss es sein, potentielle Interessenkonflikte von vornherein auszuschließen.
Um mit möglichen Interessenkonflikten bereits bei Amtsantritt transparent und angemessen umzugehen, braucht es eine gesetzliche Pflicht zur Anzeige und Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen auch für Mitglieder der Bundesregierung. Dies hat auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) von Deutschland gefordert.
GRECO hat bereits 2020 die Regelungen für die Bundesregierung mit Blick auf Korruptionsrisiken und Interessenkonflikte unter die Lupe genommen. Hinsichtlich finanzieller Interessenkonflikte hat die Staatengruppe im Ergebnis gefordert, die Transparenz bezüglich der finanziellen Interessen und Beteiligungen an Unternehmen der Bundesminister*innen, der Staatssekretär*innen und der Abteilungsleiter*innen „erheblich“ zu verbessern – und zwar über die Regeln für Mitglieder des Bundestages hinaus. Deutschland solle zudem in Erwägung ziehen, Familienangehörige in die Angaben mit aufzunehmen und diese einer angemessenen Überprüfung zu unterziehen.
Deutschland wies diese Forderung damals mit dem Argument zurück, dies sei verfassungsrechtlich hierzulande nicht möglich. Die Staatengruppe entgegnete dem, dass a) auch von Bundestagsabgeordneten einige Angaben verlangt werden und b) andere Länder durchaus „angemessene Lösungen gefunden haben, die mit ihrem jeweiligen Verfassungsrecht im Einklang stehen“.
Der GRECO-Forderung können wir uns nur anschließen. Für Mitglieder der Bundesregierung sollten strengere Standards gelten als für Bundestagsabgeordnete. Transparenz über finanzielle Interessen ist die Voraussetzung, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden oder angemessen mit ihnen umzugehen. Das muss selbstverständlich auch Anzeigepflichten für finanzielle Interessen von Ehepartner*innen einschließen, da Amtsinhaber*innen mit den Ehepartner*innen eine Bedarfs- und damit auch Interessengemeinschaft bilden. Zudem könnten Anzeigepflichten sonst mit der Übertragung von Anteilen oder Stimmrechten leicht umgangen werden.
Das ist auch in anderen Regelungsbereichen so üblich: Aufgrund des besonderen Risikos für Korruption bei hochrangigen politischen Entscheidungsträgern werden diese im Rahmen der Finanzmarktregulierung als „Politisch Exponierte Personen (PEPs)“ eingestuft, für die besondere Regeln gelten. Dies schließt aus guten Gründen auch enge Angehörige mit ein.
Die Bundesregierung sollte die aktuelle Debatte zum Anlass nehmen, ihre Regelungen zur Integrität für ihre Mitglieder zu überarbeiten und insbesondere die Pflicht zur Abgabe einer finanziellen Interessenerklärung einführen.
4. Die CDU darf nicht mit doppelten Standards messenEine umfassende Modernisierung der Compliance-Regelungen für hochrangige Entscheidungsträger in den Ministerien hatten wir bereits in der letzten Wahlperiode anlässlich der Debatte um die Staatssekretäre Graichen und Philipp vorgeschlagen und Eckpunkte dazu vorgelegt.
Gerade im Fall Philipp ist bemerkenswert, dass die Union – damals Oppositionsführerin – sich nicht mit den gesetzlichen Pflichten zum Umgang mit Interessenkonflikten zufrieden gab. Udo Philipps hielt Anteile an Unternehmen bzw. Fonds, worüber er das Wirtschaftsministerium bei Amtsantritt informierte, obwohl er das nach den geltenden Regeln nicht hätte tun müssen. Doch das reichte der Union damals nicht aus. Die damalige wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU und heutige Bundestagspräsidentin, Julia Klöckner, sagte in diesem Zusammenhang gegenüber Business Insider:
„Bundesminister Habeck hat eine Glaubwürdigkeitslücke in seinem Ministerium: Zu viele Interessenskonflikte treten zutage, Verwandtschafts-, Freundes- und Lobbybündnisse, die eine gemeinsame, seit Jahren vorbereitete Klima-Denkrichtung widerspiegeln. Schon der böse Schein von Eigeninteresse muss von Regierungsmitgliedern und -Mitarbeitern verhindert werden, Vorteilsnahme ist untersagt.“
Unternehmer*innen sollten in die Politik wechseln können, betonte Klöckner damals, „aber dann bitte nicht zur eigenen Bereicherung. Gerade im genannten Fall muss es – sollten die Regelungen fehlen – klare Bestimmungen geben, wie mit möglichen Konflikten umgegangen wird. Und zwar nicht im nebulös Allgemeinen, sondern im konkreten Fall. Also Anzeigepflicht, und das Compliance-Referat muss sich alles anschauen und transparent machen.“
Die Union war sich also in der Vergangenheit durchaus bewusst, dass auch bei Einhaltung der gesetzlichen Regelungen Interessenkonflikte bestehen können und sich Integritätsfragen stellen, die aus Compliance-Sicht überprüft werden sollten. Der Eindruck, bei Weimer würden von Seiten der CDU andere Maßstäbe angesetzt als beim politischen Gegner, drängt sich durchaus auf.
5. Handlungsempfehlung im Fall Weimer und Ludwig-Erhard-GipfelEine Anzeigepflicht für Unternehmensbeteiligungen hätte im Fall Weimer bereits zu Amtsantritt jeden Zweifel über die Anteilsstruktur der WMG ausgeräumt. Weimer und die Bundesregierung hätten von vornherein Berührungspunkte zwischen der wirtschaftlichen Tätigkeit der WMG und der Bundesregierung prüfen und Vorkehrungen treffen können.
Auch wenn die geltenden Gesetze es zulassen, dass ein amtierender Minister und seine Ehepartnerin von Lobby-Netzwerkevents mit Mitgliedern der Bundesregierung mindestens mittelbar persönlich profitieren, widerspricht dies dem politischen Anspruch nach höchsten Integritätsstandards. Daher sollte der Ludwig-Erhard-Gipfel in der bisherigen Form nicht stattfinden, solange Weimer Mitglied der Bundesregierung ist.
6. Zugang gegen Geld – grundsätzlich ein fragwürdiges GeschäftsmodellVeranstaltungsformate wie der Ludwig-Erhard-Gipfel, auf denen Unternehmen Geld bezahlen, um auf Politiker*innen zu treffen, sind keine Besonderheit – und auch ohne die Beteiligung eines amtierenden Ministers am veranstaltenden Unternehmen problematisch.
Lobbyverbände veranstalten solche Events, um ihren Mitgliedern Zugang zur Politik zu bieten. Doch auch andere Medienverlage richten teilweise ähnliche Veranstaltungen aus, bei denen der Lobbyaspekt mal mehr, mal weniger im Vordergrund steht. Wir haben dies in der Vergangenheit wiederholt kritisch kommentiert. (Siehe zum Beispiel hier zur Agenda-Veranstaltung des Tagesspiegel-Verlags, hier zum „Tag der Immoblienwirtschaft“ oder hier zum „Wirtschaftsforum Neu Denken“ auf Mallorca.)
Dabei ist es auch gängig, verschiedene „Pakete“ zu unterschiedlichen Preisen zu verkaufen – sei es als „Premiumpartner“ oder „Sponsor“. Solche Pakete sind üblicherweise preislich nach Sichtbarkeit gestaffelt, aber auch der Verkauf von speziellen Zugangsrechten, wie beispielsweise einer VIP-Lounge oder einem exklusiven Abendessen, ist üblich.
Politiker*innen wiederum werden mit exklusiven, zum Teil auch luxuriösen Settings als Teilnehmende geworben und entsprechend umgarnt. Politiker*innen, die an solchen inoffiziellen Foren teilnehmen, begeben sich also in einen Rahmen, in dem Lobbyakteure je nach finanziellen Möglichkeiten sich Sichtbarkeit und Kontaktmöglichkeiten einkaufen können. Das ist undemokratisch, denn der Zugang zur Politik sollte nicht vom Geldbeutel abhängen.
Formate wie der Ludwig-Erhard-Gipfel spiegeln damit gesellschaftliche Ungleichgewichte wider und bieten einen verzerrten und intransparenten Debattenraum. Mit einem vielfältigen, transparenten und demokratischen Austausch haben sie wenig zu tun. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass wichtige politische Absprachen intransparent auf Privatveranstaltungen getroffen werden – für die nur selten Dokumentations- und Offenlegungspflichten gelten.
Politiker*innen sollten gut abwägen, an welchen Formaten sie teilnehmen – und den Austausch mit Lobbyakteuren in aller Regel lieber in einem neutralen Setting wie beispielsweise ihren Büros suchen. Politik und Wirtschaftslobby sollten deutlich mehr Abstand halten, sodass gar nicht erst der Anschein von exklusiven Absprachen in einem vordemokratischen Raum entstehen kann.
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Erpressung durch Trump und die Tech-Konzerne: Die Bundesregierung muss sich zum DMA bekennen
Der Druck der Trump-Regierung auf den Digital Markets Act (DMA) nimmt weiter zu. Laut Medienberichten soll US-Handelsminister Lutnick gestern in Brüssel gedroht haben, Zölle erst dann zu lockern, wenn die EU-Digitalregeln geschwächt werden. Dazu gehört unter anderem der DMA, der den Machtmissbrauch großer Tech-Konzerne verhindern soll.
Dazu kommentiert Felix Duffy, Sprecher von LobbyControl:„Jetzt ist auch die Bundesregierung gefragt, die dieser Erpressung nicht nachgeben darf. Wenn sie Big Tech ernsthaft in die Schranken weisen will, muss sie sich für eine wirksame Durchsetzung der EU-Digitalregeln, insbesondere des Digital Markets Act (DMA), einsetzen. Sie sollte den Druck aus den USA auf den DMA klar zurückweisen und sich öffentlich für einen wirksamen DMA aussprechen. Am Ende steht auch die europäische Souveränität auf dem Spiel.
Die Trump-Regierung nutzt den Zollstreit, um Europas demokratisch geschaffene Tech-Regeln infrage zu stellen. Dabei vertritt sie die Lobby-Interessen von US-Techkonzernen. Die EU muss diesem Druck standhalten.
Auch wenn die EU unter hohem politischen Druck steht: Sie darf unsere Gesetze nicht im Handelsstreit opfern und muss den einseitigen US-Lobbyinteressen die Stirn bieten.“
Hintergrund
- Euractiv: Washington drängt EU zum Rückbau ihrer Digitalregulierung
- Handelsblatt: US-Handelsminister: Zolldeal für „ausgewogene“ Digitalregeln
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Haltlos und politisch motiviert: Kontrollgremium zur Untersuchung von NGO-Finanzen
Europäische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sehen sich seit Monaten Diffamierungskampagnen ausgesetzt, die ihre Finanzierung betreffen. Eine sogenannte „Scrutiny Working Group on NGO Financing“ nimmt am 26.11. im EU-Parlament ihre Arbeit auf.
Dazu kommentiert Nina Katzemich von LobbyControl:Seit über einem Jahr versuchen rechte und konservative Abgeordnete im EU-Parlament, Unrechtmäßigkeiten bei der finanziellen Förderung von Nichtregierungsorganisationen in Brüssel zu fingieren. Trotz umfangreicher Bemühungen wurden weder Fälle von Missbrauch von EU-Mitteln noch Verstöße gegen Vorschriften festgestellt. Der Europäische Rechnungshof hat dieses Thema ebenfalls ausführlich in einem Sonderbericht behandelt. Der Bericht stellte keinerlei Fehlverhalten von NGOs fest.
Die Europäische Volkspartei (EVP, deutsches Mitglied: CDU/CSU) hat das Kontrollgremium gemeinsam mit der rechtspopulistischen Fraktion „Europäische Konservative und Reformer“ (EKR) sowie der nationalistischen bis rechtsradikalen Fraktion „Patriots for Europe“ eingerichtet. Es ist beschämend, dass sich auch die Christdemokraten daran beteiligen. Die Diffamierungskampagnen gegen NGOs erinnern an autoritäre Strategien von Populisten und Autokraten wie Trump, Putin und Orbán. Ein wichtiges Zeichen setzen die Fraktionen der Sozialdemokraten, der Liberalen, der Grünen und der Linken, die gegen die Einrichtung des Gremiums gestimmt haben und es voraussichtlich boykottieren werden.
Finanzskandale bei PfE und Rassemblement NationalWährend die Vorwürfe gegen die Organisationen der europäischen Zivilgesellschaft unbegründet sind, finden sich gerade diejenigen, die jetzt lautstark Transparenz einfordern und vorgeblich um europäische Steuergelder besorgt sind, immer wieder selbst durch massive Veruntreuungsskandale in den Schlagzeilen. Allein die Vorgängerfraktion der „Patriots for Europe“ hat zwischen 2019 und 2024 4,3 Millionen Euro an europäischen Steuergeldern veruntreut. Das Geld, das eigentlich für die parlamentarische Arbeit vorgesehen ist, erhielten unter anderem Vereine mit persönlichen Verbindungen zur Fraktion. Ebenso veruntreute der Rassemblement National unter Marine Le Pen (ebenfalls PfE-Fraktion) EU-Gelder in Höhe von 4,5 Millionen Euro.“
Hintergrund zu den haltlosen Vorwürfen gegen NGOs
- Studie: Desinformation, Diffamierung und Defunding: Zivilgesellschaft unter Druck
- Film: Zivilgesellschaft unter Druck – wie kritische Stimmen zum Schweigen gebracht werden sollen
- Blogartikel zu den Vorgängen in Brüssel
Hintergrund zur Veruntreuung von Geldern durch rechte Fraktionen oder nationale Gruppen:
- Veruntreuung von 4,3 Mio. Euro durch die ehemalige Fraktion „Identität und Demokratie“ (2019–2024)
- Marine Le Pen wurde verurteilt, weil sie und andere Abgeordnete des „Rassemblement National“ zwischen 2004 und 2016 mehr als 4,5 Mio. Euro EU-Gelder zweckentfremdet haben.
- Laut Table Media soll die PfE-Fraktion in den sechs Monaten nach der Europawahl mindestens 171.000 Euro EU-Steuergelder missbräuchlich verwendet haben.
- Bei Teilen der EKR gibt es Berichte über die Veruntreuung von Geldern: Die polnische PiS-Partei hat wahrscheinlich 840.000 Euro an staatlichen Geldern für Wahlkampfzwecke zweckentfremdet
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Interessenkonflikt bei Weimer nicht ausgeräumt
Wie Kulturstaatsminister Wolfram Weimer letzte Woche bekannt gab, hat er als Reaktion auf die Debatte um Interessenkonflikte im Zusammenhang mit dem Ludwig-Erhard-Gipfel seine Gesellschafteranteile an der Weimer Media Group an einen Treuhänder übertragen. Ein Interessenkonflikt habe aus seiner Sicht aber ohnehin nie bestanden. Bundeskanzler Friedrich Merz stellte sich am Wochenende hinter Weimer und sagte gegenüber der ARD, die Vorwürfe gegenüber Weimer hätten „sich alle als falsch erwiesen”.
Dazu kommentiert Timo Lange, Sprecher von LobbyControl:„Die Äußerungen von Merz und Weimer, ein Interessenkonflikt habe nie bestanden, sind äußerst befremdlich und offenbaren eine mangelnde politische Sensibilität im Umgang mit Interessenkonflikten.
Auch mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile der WMG an einen Treuhänder hat sich an der kritisierten Interessenkonstellation nichts geändert: Ein Bundesminister profitiert zumindest mittelbar von exklusiven Veranstaltungen mit anderen Mitgliedern der Bundesregierung, die zudem mit der Möglichkeit, ‘Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger’ nehmen zu können, beworben wurde.
Aus unserer Sicht ist klar: Solange Weimer Mitglied der Bundesregierung ist, sollte der Ludwig-Erhard-Gipfel in dieser Form nicht stattfinden. Es ist zwar richtig, dass auch andere Verlage Veranstaltungen organisieren, bei denen Unternehmen und Verbände auf Spitzenpolitiker*innen treffen. Doch vergrößern die Einnahmen dort nicht das Vermögen eines amtierenden Ministers. Auch mit der Übertragung seiner Anteile auf einen Treuhänder gehören die Anteile weiterhin ihm. Zudem bleibt Weimer über seine Frau eng mit dem Unternehmen verbunden.
Wir fordern die Bundesregierung und Bundeskanzler Merz auf, Regeln für die Anzeige und Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen für Mitglieder der Bundesregierung einzuführen und künftig bereits bei Amtsantritt potentielle Interessenkonflikte zu identifizieren. Dies fordern auch internationale Organisationen wie etwa die „Staatengruppe gegen Korruption“ des Europarats seit langem von Deutschland.”
Hintergrund
- LobbyControl-Petition “Merz-Regierung: Aktien offenlegen”
- Persönliche Erklärung von Wolfram Weimer von vergangenem Donnerstag
- LobbyControl-Pressemitteilung zur Causa Weimer vom 18.11.25
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LobbyControl zum Fall Weimer: “Ein unhaltbarer Zustand”
Zur aktuellen Berichterstattung zum Ludwig-Erhard-Gipfel der Weimer Media Group und Interessenkonflikten des Staatsministers Wolfram Weimer kommentiert Timo Lange von LobbyControl:
“Sollte sich bewahrheiten, dass die Weimer Media Group tatsächlich mit exklusiven Zugängen zu Regierungsmitgliedern und der Möglichkeit zur politischen Einflussnahme gegen Geldzahlung wirbt, wäre das ein unhaltbarer Zustand. Als Mitglied der Bundesregierung vom Verkauf von exklusiven Zugängen zu Kabinettskollegen und Möglichkeiten der politischen Einflussnahme finanziell zu profitieren, wäre eine absolute Grenzüberschreitung.
Wir sehen es schon an sich kritisch, wenn ein privilegierter Zugang zu hochrangigen Politikerinnen und Politikern gegen Geld angeboten wird. Wenn das Geld dann aber indirekt an einen amtierenden Minister fließt, erschüttert dies das Vertrauen in die Integrität der Bundesregierung und fügt dem Bild der Politik insgesamt Schaden zu. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Weimer seine Position in der Bundesregierung nutzt, um für die Teilnahme am Ludwig-Erhard-Gipfel seines Unternehmens zu werben. Zugleich könnten sich Unternehmen Vorteile für ihre politischen Ziele versprechen, wenn sie das Event großzügig unterstützen.“
Die Weimer Media Group weist die Vorwürfe, sie hätten gegen Bezahlung Termine vermittelt, als Falschbehauptungen zurück. Auch weist sie darauf hin, dass Herr Weimer schon vor seiner Amtseinführung aus der Geschäftsführung der Weimer Media Group ausgeschieden sei und keinerlei Einfluss mehr auf die Geschäfte ausübe. Am Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 habe er nicht teilgenommen.
Zum politischen Handlungsbedarf kommentiert Timo Lange weiter:„Bundeskanzler Friedrich Merz muss jetzt als Regierungschef Verantwortung übernehmen und dafür sorgen, dass die unverantwortliche Vermischung von politischem Amt und privaten Geschäftsinteressen in seinem Kabinett beendet wird. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Frage der Grünen betonte die Bundesregierung kürzlich, wie wichtig es sei, dass die höchsten Staatsämter von privatgeschäftlichen Bindungen freigehalten und Interessenkollisionen vermieden werden’. Dieser Grundsatz wird alleine schon durch Wolfram Weimers Beteiligung an einem Medienunternehmen verletzt und weist auf die mangelhaften Integritätsregeln hin.
So wurde erst durch Medienrecherchen öffentlich, dass Weimer weiterhin die Hälfte der Anteile an der Weimer Media Group hält. Zuvor hatte er gegenüber Öffentlichkeit und Bundestag das Bild vermittelt, er hätte sich vollständig aus der Unternehmensgruppe zurückgezogen. Weimer hat zwar die Geschäftsführung niedergelegt und seine Stimmrechte an seine Frau übertragen, jedoch ist er weiterhin mit 50 Prozent beteiligt. Eine relevante Information, die das Bild verändert. Dieses Detail hatte Weimer auch gegenüber dem Bundestag verschwiegen.
Das zeigt klar: Die Bundesregierung sollte dringend verbindliche Regeln für die Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen ihrer Mitglieder einführen. Bisher müssen Ministerinnen und Minister keinerlei Informationen zu ihrem Aktienbesitz oder sonstigen Vermögen preisgeben. Es ist völlig paradox, dass für einfache Bundestagsabgeordnete also strengere Regeln gelten als für die höchsten Staatsämter.”
Hintergrund
- Kleine Anfrage zu Compliance-Regeln für Mitglieder der Bundesregierung
- LobbyControl-Pressemitteilung: Kritik an der Intransparenz bei Unternehmensanteilen.
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Digitalgipfel: Weniger Datenschutz, mehr Macht für Big Tech?
Berlin/Köln, Die Bundesregierung will in Brüssel offenbar den Datenschutz lockern, wie ein Positionspapier des Innenministeriums zeigt. Es enthält zentrale Lobbybotschaften der Tech-Branche, die lautstark für schwächeren Datenschutz plädiert.
Felix Duffy, Sprecher von LobbyControl, kommentiert:
„Während die Bundesregierung in Berlin digitale Souveränität fördern will, setzt sie sich gleichzeitig in Brüssel offenbar dafür ein, den Datenschutz zu schwächen und damit die Macht großer Tech-Konzerne zu vergrößern.“
Laut der Datenschutzorganisation noyb bildet das deutsche Positionspapier die Grundlage vieler Entwürfe, die die EU-Kommission am 19.11. in Brüssel mit dem sogenannten „Digital Omnibus“ präsentieren will. Die bisher bekannt gewordenen Pläne zur Reform der Datenschutzregeln könnten „den größten Rückschritt bei den digitalen Grundrechten in der Geschichte der EU“ bedeuten, warnt ein offener Brief von 127 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der EU.
Der „Digital Omnibus“ der EU, ein Gesetzespaket, mit dem mehrere wichtige Gesetze im Digitalbereich überarbeitet werden sollen, ist Teil des offiziellen Programms auf dem heute startenden Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität in Berlin.
Tech-Lobby übt seit Jahren massiv Druck ausDer europäische Datenschutz stört die Tech-Lobby seit Langem. Konzerne wie Amazon und Google betrieben etwa rund um die Bundestagswahl Lobbyarbeit, um den Datenschutz zu schwächen und die „Datennutzung“ zu fördern. Ende 2024 sorgte eine große Lobbykampagne von Meta für Aufsehen, die den Datenschutz zugunsten der KI-Entwicklung lockern will.
Auch aus den USA kam in den letzten Monaten massiver Druck auf die EU-Digitalregeln – offenbar mit Erfolg, wie das Positionspapier der Bundesregierung und die Pläne der EU-Kommission zum Digital Omnibus zeigen.
Der geleakte Entwurf der EU-Kommission zum Digital Omnibus sieht auf Vorschlag Deutschlands unter anderem vor, das Auskunftsrecht der Betroffenen zu den bei den Plattformen vorliegenden eigenen Daten einzuschränken. Die Bundesregierung argumentiert in ihrem Positionspapier mit einem unverhältnismäßigen Aufwand („disproportionate effort“) für Unternehmen. Mit den gleichen Worten hat Google zuletzt am 16.08.2025 in einem Lobbypapier an die Bundesregierung eine solche Einschränkung der Auskunftsrechte gefordert.
Lobbyinteressen gegen Datenschutz und SouveränitätEbenso findet sich der Vorschlag Deutschlands in dem Entwurf der Kommission wieder, die Definition von personenbezogenen Daten einzuschränken, indem anonyme Informationen nicht länger als personenbezogene Daten definiert werden. Der Anwendungsbereich der DSGVO würde so deutlich kleiner. Diese Forderung steht auch in Lobbypapieren von Google, Microsoft und Digitalverbänden wie Bitkom oder Digitaleurope.
Felix Duffy: „Mit starkem Lobbydruck versuchen die Tech-Konzerne, unterstützt von der Trump-Regierung, die EU-Digitalregeln und den Datenschutz zu schwächen. Jetzt scheinen sie Erfolg zu haben. Schwache Digitalregeln stärken die Macht der großen Tech-Konzerne und unsere Abhängigkeiten von Google, Microsoft, Meta & Co. Sie untergraben damit das Ziel, die digitale Souveränität Europas zu stärken.
Wenn die Bundesregierung die digitale Souveränität Europas ernsthaft stärken will, muss sie sich für eine wirksame Durchsetzung der EU-Digitalregeln einsetzen, statt diese zu schwächen. Die EU und die Bundesregierung dürfen dem Lobbydruck der Konzerne und der Trump-Regierung nicht nachgeben und müssen die EU-Digitalregeln mit aller Kraft durchsetzen und verteidigen.“
Hintergrund
- Positionspapier der Bundesregierung,
- „Die EU muss hart erkämpften Schutz für digitale Menschenrechte bewahren“ Offener Brief von 127 Organisationen aus ganz Europa.
- Aktuelle LobbyControl-Analyse der EU-Lobbyausgaben der Tech-Branche
- Offizielles Programm des Digitalgipfels
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Christian Lindners weicher Fall – auch dank Springer und KKR?
Vor gut einem Jahr brachte die FDP unter Christian Lindners Führung die Ampelkoalition zum Scheitern. Nun, nach Ablauf der üblichen Abkühlphase, fängt Lindner ausgerechnet bei einem Unternehmen an, dessen Besitzer den Zwist in der Ampelkoalition befeuert haben.
In den letzten Wochen gab Ex-Finanzminister Christian Lindner bekannt, gleich mehrere neue Stellen annehmen zu wollen. Neben einer Managerposition beim Kfz-Händler Autoland und einem Beraterposten beim US-Unternehmen Teneo, das auch im Lobbygeschäfts unterwegs ist, fällt ein Job besonders auf: Lindner soll Mitglied des „Shareholder Boards“ – also einer Art Beirat – des Unternehmens Stepstone werden. Dazu ist wichtig zu wissen: Das Unternehmen war lange Teil des Medienkonzerns Springer – und gehört nun unter anderem dem Finanzinvestor KKR, während Springer noch eine Minderheitsbeteiligung hält. Vor allem zum Springer-Konzern hatte Lindner während seiner Zeit als Finanzminister enge Verbindungen. Das macht Lindners Seitenwechsel pikant.
Karenzzeitregel kann schnelle Anschlussjobs verhindernDass Lindners Jobankündigungen so geballt auftreten, liegt wohl an der Karenzzeitregelung: Mitglieder der Bundesregierung können seit 2015 nicht mehr einfach so aus dem Amt in neue Tätigkeiten bei Unternehmen und Verbänden wechseln. Stattdessen müssen sie laut Ministergesetz die Absicht, eine neue Tätigkeit aufnehmen zu wollen, bei der Bundesregierung anmelden. Diese kann den Wechsel dann bis zu 18 Monate lang untersagen. In der Regel beträgt diese Abkühlphase, auch Karenzzeit genannt, aber nur 12 Monate.
So verhält es sich auch bei Christian Lindners verschiedenen neuen Tätigkeiten als Unternehmensberater und Mitglied des Shareholder Boards der Stepstone Group, die er nun exakt ein Jahr nach dem Bruch der Ampelregierung aufnehmen wird. Die Bundesregierung hatte eine Karenzzeit von 12 Monaten verhängt, „soweit die Tätigkeit in Sachbereichen erfolgt, die mit der früheren Amtstätigkeit von Herrn Lindner als Bundesminister der Finanzen in einem engen Zusammenhang stehen“. Auch Beratung mit Hinblick auf Lobbyarbeit gegenüber Behörden und Parlamenten in der EU, im Bund oder auf Landesebene untersagte die Bundesregierung für diesen Zeitraum.
Stepstone: Ein neuer Job mit alten VerbindungenLindner hat sich also an die geltenden Regeln gehalten. Dennoch lohnt der Wechsel zu Stepstone eine genauere Betrachtung: Stepstone ist vor allem als Job-Börsenportal bekannt und war lange Teil des Medienkonzerns Axel Springer. Seit Kurzem gehört es nun aber unter anderem dem Finanzinvestor KKR, mit dem Springer 2019 eine strategische Kooperation einging. Die Axel Springer SE hält weiterhin eine Minderheitsbeteiligung von 10 Prozent.
Als Mitglied des Shareholder Boards ist Lindner kein Angestellter der Stepstone Group, sondern wird direkt von den Anteilseignern, also KKR, der Axel Springer SE und dem kanadischen Pensionsfonds CPP entsandt. Ob Lindner dafür bezahlt wird, beantwortet die Stepstone Group nicht: Weder Springer noch KKR antworteten auf unsere Fragen. Das einzige andere öffentlich bekannte Mitglied des Shareholder Boards ist Jan Bayer. Bis Mitte dieses Jahres war er noch stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Axel Springer und für das US-Geschäft zuständig. Jetzt ist er der Aufsichtsratsvorsitzende bei Springer. Dass die ehemalige Nummer zwei des Springer-Konzerns die gleiche Stelle besetzt wie Lindner, kann als Zeichen gelesen werden, dass die Position mit gewissen Vorteilen einhergeht – sei es in Form von privilegierten Zugängen oder durch Entlohnung.
Sowohl Springer als auch KKR verbindet eine längere Geschichte mit der FDP und ihrem Kurs innerhalb der Ampelregierung.
Springer-Chef Döpfner wollte die FDP stärken Springer und KKRDöpfner übte nach Recherchen der „Zeit“ im Bundestagswahlkampf 2021 Druck auf die Bild-Chefredaktion aus, doch bitte die FDP zu stärken. So zum Beispiel in einer Textnachricht an die Chefredaktion der Bild-Zeitung: „Unsere letzte Hoffnung ist die FDP. Nur wenn die sehr stark wird – und das kann sein – wird das grün-rote Desaster vermieden.“
Noch zwei Tage vor der Bundestagswahl schrieb Döpfner an den damaligen Bild-Chefredakteur und heutigen Betreiber des rechten Hetzportals NIUS Julian Reichelt (sic): „Please stärke die FDP. Wenn die sehr stark sind, können sie in Ampel so autoritär auftreten, dass die platzt. Und dann Jamaika funktioniert.“ Tatsächlich fiel die Berichterstattung der Bild im Wahlkampf und während der Ampel-Zeit immer wieder als FDP- und sogar Lindner-freundlich auf.
KKR-Topmanager wiederum unterstützten die FDP im selben Wahlkampf mit Parteispenden von insgesamt 100.000 Euro. Angeblich aus rein privaten Motiven.
Die FDP und Christian Lindner dürften sich über diesen doppelten Zuspruch gefreut haben. Die FDP erzielte mit 11,5 Prozent ein für ihre Verhältnisse sehr gutes Ergebnis. Wie es sich Döpfner gewünscht hatte, war eine rot-grüne Koalition ohne die FDP nicht möglich, Lindner wurde Finanzminister.
Die Bild-Zeitung beeinflusst die HeizungsdebatteWenige Monate nach Start der Ampelregierung spielte die Bild-Zeitung erneut eine fragwürdige Rolle: Vor allem in der hitzigen Debatte um das sogenannte Heizungsgesetz spielte Springers Leitmedium, die Bild-Zeitung, eine unrühmliche Rolle. Bild und FDP torpedierten das Gesetz und bedienten damit auch die Interessen der stark in fossile Energien investierten KKR; wir berichteten ausführlich. KKR war damals noch einer der Hauptinvestoren bei Springer. Eine direkte Beeinflussung der Springer-Redaktionen durch die Konzernleitung oder KKR lässt sich zwar nicht belegen, die Bild-Chefredaktion dementierte jegliche Beeinflussung der Berichterstattung.
Klar ist aber: KKR-Managerinnen standen in regem Austausch mit der Bundesregierung, einschließlich Lindner und seinem Ministerium. 21 Treffen von KKR-Managerinnen mit der damaligen Bundesregierung sind dokumentiert, mehrere davon zu energiepolitischen Themen.
Lindner arbeitet auf ein Scheitern der Ampel hinGleichzeitig arbeiteten auch Lindner und seine Partei an einem Scheitern der Ampel-Koalition, ganz wie es sich Döpfner gewünscht hatte. Immer wieder wurden bereits getroffene Kompromisse in letzter Sekunde von der FDP aufgekündigt und interne Absprachen an die Presse durchgestochen. Gerade Lindner nutzte die Budgetverantwortung des Finanzministeriums, um Vorhaben der Koalition in letzter Minute zu stoppen oder zu blockieren.
In der Bevölkerung entstand dadurch das Bild einer ständig zerstrittenen und handlungsunfähigen Regierung, das letztlich auch maßgeblich für ihr Scheitern werden sollte. Für die FDP und Lindner hatte die Blockadehaltung jedoch noch ungeplante weitere Folgen: Die FDP flog nicht nur aus der Ampelregierung, sondern wenig später auch aus dem Bundestag. Lindner beendete seine politische Karriere.
Lindners neuer Posten hinterlässt faden BeigeschmackDass Lindner nun bei einem Unternehmen mit engen Verbindungen ausgerechnet zu Springer und KKR anfängt, hat einen faden Beigeschmack. Er setzt damit seine langjährigen Beziehungen fort, die sicherstellten, dass er nach dem Scheitern seiner politischen Karriere trotzdem weich landet.
Es ist gut, dass es in Deutschland eine Karenzzeitregelung für ausscheidende Regierungsmitglieder gibt und die Bundesregierung diese im Fall Lindner mit einer Karenzphase von einem Jahr auch recht streng anwendet. Doch bei einem Wechsel zu einem Unternehmen, dessen Anteilseigner so intensiv mit der politischen Tätigkeit von Christian Lindner verbunden waren, braucht es eine längere Karenzzeit. Hier hätte die Bundesregierung im Rahmen der bestehenden Regelung auch den maximalen Rahem ausschöpfen können bzw. sollen. Vor allem aber braucht es einen besseren Rahmen, der grundsätzlich längere Karenzzeiten ermöglicht. LobbyControl fordert eine Verdopplung der maximalen Karenzzeit auf 36 Monate.
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Es ist vollkommen richtig, dass die Bundesregierung hier eine Karenzzeit für diejenigen Bereiche ausspricht, für die Lindner zuvor politisch verantwortlich war, und auch dass ihm Beratung mit Blick auf Lobbyarbeit untersagt wird. Allerdings wäre auch hier ein längerer Zeitraum absolut angemessen..
Lindner als BeraterDasselbe gilt für seinen Einstieg als Berater für das US-Beratungsunternehmen Teneo, das auch im Kundenauftrag Lobbyarbeit gegenüber Bundestag und Bundesregierung betreibt. Zu den Kunden zählen Banken und Finanzdienstleister. Auch diesem Wechsel hat die Bundesregierung nach Ablauf von 12 Monaten Karenzzeit wohl zugestimmt, eine offizielle Bekanntmachung liegt dazu allerdings noch nicht vor. Ein Sprecher Lindners beteuerte zwar gegenüber der Rheinischen Post, dass Lindner nicht in Lobbyarbeit gegenüber der Regierung involviert sei. Letztlich kann aber kaum sichergestellt werden, dass Lindner Lobbykunden der Firma nicht im Hinblick auf ihre Lobbyarbeit berät oder sein Kontaktnetzwerk zur Verfügung stellt. Daher wäre auch hier eine längere Abkühlphase durchaus geboten.
Lindner als GebrauchtwagenhändlerErst in diesen Tagen wurde bekannt, dass Lindner außerdem als Manager bei der Autoland AG anfangen möchte. Er soll dort stellvertretender Vorstandsvorsitzender werden und unter anderem die Digitalisierung des Gebrauchtwagenhändlers vorantreiben. Als FDP-Chef hat Lindner sich stets für die Interessen der deutschen Autoindustrie und insbesondere den Verbrennungsmotor eingesetzt. Es hat immer einen faden Beigeschmack, wenn Politiker*innen sich im Amt stark für die Anliegen eines neuen Arbeitgebers eingesetzt haben. Ein Job dort wirkt dann mitunter wie ein Dankeschön oder eine Versilberung des politischen Engagements. Allerdings ist Autoland nicht Porsche und Lindner wird dort wohl nicht für Politik und Lobbyarbeit zuständig sein. Insofern ist der Gebrauchtwagenhändlerjob der am wenigsten problematische der zahlreichen neuen Tätigkeiten Lindners.
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