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Aktualisiert: vor 1 Stunde 30 Minuten

Protestaktion auf dem CDU-Parteitag: Lobbyverband raus aus dem Parteivorstand!

vor 15 Stunden 34 Minuten

Die Demokratieorganisation LobbyControl protestiert heute anlässlich des CDU-Parteitags gegen den Dauergaststatus des Lobbyverbands Wirtschaftsrat im CDU-Vorstand. Auf dem Parteitag wird der Parteivorstand neu gewählt. In seiner konstituierenden Sitzung direkt im Anschluss an den Parteitag wird dieser beraten müssen, ob er den Wirtschaftsrat wie in den vergangenen Jahren wieder in den Vorstand kooptiert. Mit Bannern und Transparenten fordert LobbyControl Parteichef Friedrich Merz auf, den Wirtschaftsrat nicht wieder in den neu gewählten Parteivorstand aufzunehmen.

„Es ist undemokratisch und noch dazu rechtswidrig, dass ein Lobbyverband dauerhaft in einem Parteivorstand sitzen und mitreden darf. Solche Privilegien hat keine andere gesellschaftliche Gruppe. Die Neuwahl muss Parteichef Merz nun endlich nutzen, um den Wirtschaftsrat aus dem Vorstand zu werfen und den Parteivorstand wieder rechtskonform aufzustellen. Alles andere schadet der Partei nur selbst,“ sagt Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl.

Erst jüngst hatte LobbyControl scharf kritisiert, dass der Wirtschaftsrat als Türöffner für Klimafaktenleugner dient. Führende Vertreter:innen des Wirtschaftsrats treten prominent bei dem fragwürdigen Medienkanal NIUS auf, der immer wieder durch Hetze und Desinformation, insbesondere auch zur Klimakrise, auffällt. Deckwirth kommentiert: „Um glaubwürdig zu bleiben, muss sich die CDU deutlich von den Auftritten führender Wirtschaftsratsmitglieder bei NIUS distanzieren.“

LobbyControl kritisiert schon lange, dass der Wirtschaftsrat im Parteivorstand dauerhaft mitreden darf und immer wieder als Bremser für Klimaschutzmaßnahmen in den Reihen der CDU auffällt. Laut Parteisatzung und Parteiengesetz dürfen nur Parteiorganisationen im Parteivorstand dauerhaft vertreten sein. Der Verein unterstützt dazu auch die Klage des CDU-Mitglieds Luke Neite. Eine Online-Petition unter dem Motto „Keine Privilegien für die Wirtschaftslobby“, die sich an Friedrich Merz richtet, haben bereits über 23.000 Personen unterstützt. Die FDP hat nach öffentlicher Kritik von LobbyControl den Lobbyverband „Liberaler Mittelstand“ aus ihrem Parteivorstand entlassen. 

Luke Neite, CDU-Mitglied und Kläger gegen den CDU-Parteivorstand, kommentiert: „Dass der Bundesvorstand trotz breiter Kritik und Rechtsgutachten am Sitz des Wirtschaftsrats festhält, ist ein Armutszeugnis für die innerparteiliche Demokratie meiner Partei. Der auf dem Parteitag neu gewählte Parteivorstand hat nun die Chance, dieses Unrecht gerade zu rücken, sowie der Partei einen langwierigen Rechtsstreit zu ersparen.“

Hintergrund

In der Vergangenheit wurde der Wirtschaftsrat jeweils in den konstituierenden Sitzungen des neu gewählten Parteivorstands in den Parteivorstand „kooptiert“. Das bestätigte die CDU gegenüber LobbyControl.

LobbyControl unterstützt die Klage von Luke Neite, CDU-Mitglied aus Leipzig, finanziell und durch Öffentlichkeitsarbeit. Das Landgericht Berlin hat den Verhandlungstermin für den 6. Dezember angesetzt. Das Parteiengericht hat die Klage im Mai 2023 aus formalen Gründen abgewiesen und in der Urteilsbegründung die Position des Klägers als „vertretbare Rechtsauffassung“ bezeichnet. Wir vermitteln gern den Kontakt zu dem Kläger und CDU-Mitglied Luke Neite.

In Rheinland-Pfalz ist der Wirtschaftsrat im Landesparteivorstand vertreten. Auch das widerspricht der Parteisatzung und dem Parteiengesetz. Erst kürzlich gab es öffentliche Kritik – auch aus der CDU heraus – an einer Vortragseinladung des Wirtschaftsrats Rheinland-Pfalz an Stefan Homburg, der die Klimakrise als Schwindel bezeichnet und für seine wissenschaftsfeindlichen Thesen zur Corona-Krise scharf kritisiert wurde.

Weiterführende Links

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EU: Die Macht von Monopolen zurückdrängen!

26. April 2024 - 8:26

Bei einer Konferenz in Brüssel am 15. April 2024 haben wir gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen aus ganz Europa unsere Vorschläge gegen die einseitige Macht von Monopolkonzernen vorgestellt. Im Austausch mit Entscheidungsträger:innen aus der EU-Kommission, dem Parlament und den Mitgliedstaaten forderten wir einen radikalen Wandel.

Zuvor hatten wir mit 13 Partnerorganisationen aus ganz Europa ein Manifest gegen Monopolmacht veröffentlicht. Darin haben wir unsere Forderungen an die EU nach der Europawahl im Juni zusammengestellt. Die in Brüssel derzeit viel diskutierte Studie zur Wettbewerbsfähigkeit der EU des ehemaligen Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, setzt auf eine EU, die die Macht europäischer Konzerne stärkt und für Konzerne lästige, aber für das Gemeinwohl sinnvolle Regeln verhindern könnte. Draghi bezeichnete die von ihm vorgeschlagene Agenda als „radikalen Wandel.“ In der Tat halten seine Vorschläge an einer Stärkung von Monopolmacht fest und verschärfen diese weiter.

Manifest gegen Monopolmacht

Unser Manifest für einen Kurswechsel in der EU-Wettbewerbspolitik hingegen bedeutet echten Wandel und steht für eine klare Orientierung auf Gemeinwohl. Wir fordern starke Regeln und ein Vorgehen gegen Monopolmacht von Konzernen, um die EU zukunftsfähig zu machen. Unsere ambitionierte Agenda umfasst dabei schlagkräftige Maßnahmen gegen Marktkonzentration und Monopolmacht, unter anderem ein europäisches Instrument zur Zerschlagung von Konzernen, sowie mehr Schutzmechanismen gegen den einseitigen Einfluss mächtiger Konzerne durch schärfere und konsequente Durchsetzung von Ethikregeln bei der EU-Kommission. Mehr zum Manifest hier.

Rebalancing Europe: Austausch mit EU-Institutionen und Wissenschaft

Für unsere Tagung konnten wir nahmhafte Vertreter:innen der Mitgliedstaaten und EU-Institutionen gewinnen, darunter den Staatssekretär Sven Giegold (Grüne), die Europaabgeordneten Rene Repasi (SPD) und Axel Voss (CDU) sowie Antoine Babinet, stellvertretender Abteilungsleiter der EU-Wettbewerbsbehörde DG Competition. Auch Vertreter:innen von Gewerkschaften und kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie die EU-Verbraucherschutzorganisation BEUC diskutierten mit. Wissenschaftler, wie der führende Wettbewerbsökonom Ariel Ezrachi aus Oxford oder der Wirtschaftswissenschaftler Jan Eekhout aus Barcelona, sprachen ebenfalls auf unserer Tagung über die Ursachen und Folgen von Monopolmacht und wie man dagegen künftig vorgehen kann.

Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Bleiben Sie informiert, wie wir gegen die Monopolmacht der Konzerne angehen. [description_left_1] => Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter. [template] => orange [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription [move_code_visible] => POP0000 [move_code_hidden] => POP0000 [move_code_deactivated] => LCW0000 ) Signal gegen Monopolmacht in Europa

Von unserer Konferenz ging ein starkes Signal aus: Gemeinsam mit zahlreichen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen und in Zusammenarbeit mit Vertreter:innen aus der Politik und der Wissenschaft werden wir entschieden gegen Monopolmacht in Europa vorgehen – und sie zurückdrängen. Das ist eine langfristige Aufgabe ist. Mut macht uns dabei, dass wir dies mit vielen Anderen vereint in Europa tun. Gemeinsam werden wir die politische Macht von Monopolen zurückdrängen.

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AfD-Affäre um Spionage und verdeckte Gelder aus China und Russland muss Konsequenzen haben

25. April 2024 - 14:00

Die Organisation LobbyControl fordert angesichts der sich verdichtenden Hinweise auf verdeckte Geldzahlungen an führende AfD-Politiker lückenlose Aufklärung und harte Konsequenzen, sollten sich die Vorwürfe weiter bestätigen.

„Die Verhältnisse in der AfD sind haarsträubend. Die Hinweise auf verdeckte Geldzahlungen aus Russland an die beiden Spitzenkandidaten der Partei für die Europawahl verdichten sich immer weiter. Hinzu kommt der Verdacht auf Spionagetätigkeit eines engen Mitarbeiters Maximilian Krahs im Europaparlament. Die Verdachtsmomente sind schwerwiegend, wir dürfen uns einen solchen Angriff auf unsere Demokratie nicht gefallen lassen“, so Imke Dierßen, Politische Geschäftsführerin von LobbyControl.

LobbyControl fordert die zuständigen Behörden auf, Ermittlungen zu den mutmaßlichen Geldzahlungen einzuleiten. „Im Fall von Bystron steht auch ein Verstoß gegen das deutsche Abgeordnetengesetz im Raum. Der Bundestag muss nun zeigen, dass er aus der Aserbaidschan- und der Maskenaffäre gelernt hat. Er sollte das nun verschärfte Abgeordnetengesetz entschieden durchsetzen und ein Prüfverfahren einleiten“, fordert Dierßen. 

Dem Spitzenkandidaten der AfD in der Europawahl, Maximilian Krah, wirft LobbyControl vor, nicht schon früher Konsequenzen für seinen inzwischen verhafteten Mitarbeiter gezogen zu haben. Die entsprechenden Hinweise lagen schon seit Langem vor. „Krah versucht sich wie schon bei den mutmaßlichen verdeckten Zahlungen aus prorussischen Kreisen mit wenig überzeugenden und teils widersprüchlichen Aussagen aus der Affäre zu ziehen. Es muss dringend geklärt werden, was Krah über die Aktivitäten seines engen und langjährigen Mitarbeiters wusste“, sagt Dierßen. 

„Da Krah selbst Kontakte zur chinesischen Regierung pflegte, als Fürsprecher chinesischer Interessen im EU-Parlament auftrat und selbst den Anstoß für ein deutsch-chinesisches Lobbynetzwerk gab, sollten die AfD, das EU-Parlament und die zuständigen Behörden in Deutschland auch seine Rolle genau unter die Lupe nehmen. Sie müssen nun ein möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten von Krah selbst prüfen“, so Dierßen weiter. Gestern wurde bekannt, dass die Generalstaatsanwaltschaft Dresden bereits Vorermittlungen zu möglichen Geldzahlungen aus prorussischen und chinesischen Kreisen aufgenommen hat. 

Die Verdachtsfälle zeigen aus Sicht von LobbyControl wie wichtig es ist, das strafrechtliche Instrumentarium gegen Abgeordnetenkorruption zu erweitern. Am heutigen Donnerstag steht die Verabschiedung des neuen Straftatbestands der „unzulässigen Interessenvertretung“ durch Abgeordnete in Bundestag, Europaparlament und Landtagen (§108f StGB) auf der Tagesordnung des Bundestags. 

„Diese Reform ist überfällig, das zeigen die aktuellen Ereignisse erneut. Wir begrüßen sie daher sehr und fordern die Politik darüber hinaus auf, auch die Korruptionsprävention durch starke Transparenz- und Integritätsregeln und eine unabhängige Kontrolle und Durchsetzung zu stärken, sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland. Die von der EU-Kommission vorgelegte Antikorruptions-Richtlinie bietet dafür einen guten Ansatzpunkt“, sagt Imke Dierßen.

Hintergrund

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Für eine EU-Lobbykontrolle mit Biss!

25. April 2024 - 13:08

Der Korruptionsskandal im EU-Parlament mit Koffern voller Bargeld aus Katar macht deutlich, dass Lobbyregeln nicht ernst genommen werden, solange Verstöße nicht konsequent aufgedeckt und geahndet werden. Darum fordern wir eine unabhängige Kontrollbehörde mit Biss!

Verstöße gegen Lobbyregeln werden in den EU-Institutionen nicht geahndet. Für Politiker:innen entsteht der Eindruck, dass ihnen niemand auf die Finger schaut. So hat spätestens der 2022 bekannt gewordene Skandal um mutmaßliche Bestechungsgelder aus Katar und anderen Ländern schonungslos offengelegt: Wer demokratische Prozesse unterlaufen will, hat mit den aktuellen Kontrollinstrumenten nichts zu befürchten.

Keine Abhilfe wird hier das zahnlose, beratende Ethikgremium schaffen, welches die Institutionen gerade beschließen. Was wir brauchen sind funktionierende Lobbyregeln, ein verpflichtendes EU-Transparenzregister und eine unabhängige Kontrollbehörde, die die Einhaltung der Regeln aktiv überwacht und Sanktionen ausspricht.

Sehr geehrte Frau von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission),
sehr geehrte Frau Metsola (Präsidentin des EU-Parlaments),
sehr geehrter Herr Alexander de Croo (Premierminister Belgien, hat die Ratspräsidentschaft inne),
sehr geehrter Herr Michel (EU-Ratspräsident),

die schwache Kontrolle und Durchsetzung der Ethik- und Transparenzregeln in den EU-Institutionen ist eine echte Gefahr für die Demokratie, denn der nächste Korruptionsskandal ist so vorprogrammiert. Dass mit dem gemeinsamen Ethikgremium mehr Bewusstsein für die Lobbyregeln geschaffen wird, ist gut. Das allein wird aber keinen Lobbyskandal verhindern.

Sorgen Sie für eine wirksame und unabhängige Kontrolle der Regeln und schaffen Sie:

Eine Lobbykontrolle mit Biss: Dafür braucht es eine unabhängige und schlagkräftige Behörde mit Ermittlungskompetenzen, die für die Kontrolle des Transparenzregisters ebenso zuständig sein wird wie für die Durchsetzung der Ethik- und Transparenzregeln in den EU-Institutionen.

Ein Transparenzregister, das funktioniert: Es muss sichergestellt sein, dass sich keine unregistrierten Lobbyist:innen mehr mit Vertreter:innen der EU treffen können, und dass die Informationen im Register korrekt sind.

Mit freundlichen Grüßen

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Was ist das Problem mit den Lobbyregeln auf EU-Ebene?

Die Lobbyregeln auf EU-Ebene sind unter dem Druck der Zivilgesellschaft immer weiter entwickelt worden und eigentlich nicht schlecht. Das Problem ist aber, dass sie nicht durchgesetzt werden.

Noch nie wurde eine Sanktion für einen Verstoß gegen die Regeln für Integrität und Transparenz im EU-Parlament verhängt. So müssen Abgeordnete den Regeln zufolge ihre Lobbytreffen veröffentlichen, doch dass beispielsweise die Mehrheit der AfD-Abgeordneten es trotzdem gar nicht oder nur sporadisch tut, bleibt bislang folgenlos.

Auch Lobby-Nebentätigkeiten für Abgeordnete des EU-Parlaments sind laut Verhaltensregeln verboten. Doch zumindest einige Abgeordnete haben Nebentätigkeiten, die wir durchaus als Lobby-Jobs einordnen würden. Kontrolliert wird das nie.

Wer kontrolliert bisher, ob die Regeln eingehalten werden?

Es gibt keine systematischen und funktionierenden Kontrollmechanismen, die für alle EU Institutionen gleichermaßen gelten würden. Im Parlament übernehmen das Mitarbeiter:innen der Parlamentsverwaltung und ein Gremium aus Abgeordneten, in der Kommission überprüft ein Ethikgremium aus hohen Beamten die Einhaltung des Ethikkodex.

Die jahrelange Erfahrung mit dieser Praxis zeigt: Freiwillige Selbstkontrolle funktioniert nicht! Denn wer tagtäglich zusammenarbeiten muss, ist eher unwillig, streng zu prüfen oder gar Sanktionen zu verhängen, wie das Beispiel EU-Parlament zeigt: Selbst wenn Hinweise auf Verstöße gegen Regeln in der Vergangenheit an die Parlamentspräsident:innen herangetragen wurden, hatte dies keine Konsequenzen.

Es herrscht auf höchster Ebene offenbar mangelnder Antrieb, Verstöße gegen Regeln zu ahnden und es fehlt der unabhängige Blick auf die jeweiligen Sachverhalte.

Warum wäre eine unabhängige Behörde besser?

Eine Behörde, wie wir sie fordern, wäre eine eigenständige Institution, besetzt mit neutralen Expert:innen, die eigeninitiativ kontrollieren dürfte. Solche Expert:innen könnten unvoreingenommen einschätzen, ob ein Regelverstoß vorliegt und wie schwerwiegend er ist.

Diese Institution würde auch kleinere Verstöße gegen den Verhaltenskodex wie das Verschweigen von Lobbytreffen aufgreifen. Wenn allen Abgeordneten, Kommissar:innen und Beamt:innen klar ist, dass auch geringfügige Verstöße gegen Transparenz- und Integritätsregeln aufgedeckt und sanktioniert werden, ist dies zugleich eine wichtige Präventionsmaßnahme gegen massive Korruptionsskandale wie Katargate.

Denn so würde das Bewusstsein bei Politiker:innen erhöht, dass ihnen jemand auf die Finger guckt. Das ist gerade in Brüssel, das für die Menschen deutlich weiter weg erscheint als die jeweiligen nationalen Parlamente, äußerst wichtig.

Was wären die Aufgaben einer solchen Behörde?

Die unabhängige Kontrollbehörde mit Biss, die wir fordern, wäre zuständig für alle Bereiche der Lobbyregeln: Die Beaufsichtigung des EU-Transparenzregisters – so heißt das Brüsseler Lobbyregister – ebenso wie die Einhaltung der Verhaltensregeln bei den verschiedenen Institutionen. Dazu würde z. B. die Prüfung von finanziellen Interessenerklärungen gehören, oder das Überprüfen von potenziellen Interessenkonflikten, z. B. bei Nebentätigkeiten.

Zugleich würde die Lobbybehörde alle Informationen zum Thema zentral zur Verfügung stellen. So würde sie Ressourcen bündeln und Bürokratie abbauen. Anstatt vieler einzelner Kontrollgremien und komplizierter Zuständigkeitsfragen, gäbe es nur eine Lobbybehörde, die für alles zuständig wäre.

Die Behörde dürfte von selbst tätig werden, wenn sie einen Verstoß gegen Ethikregeln erkennt oder auf ihn aufmerksam gemacht wird. Sie könnte zum Beispiel Einsicht in Dokumente nehmen, um sich ein Bild zu verschaffen, ob Lobbyregeln verletzt wurden. Sie dürfte auch Sanktionen aussprechen – oder zumindest öffentlich anmahnen.

Gibt es bereits Beispiele dafür, dass eine solche unabhängige Behörde funktioniert?

Länder wie Frankreich oder Kanada machen bereits vor, dass unabhängige Kontrollinstitutionen funktionieren und effizient sind! In Frankreich z.B. gibt es für diese Zwecke seit einigen Jahren die „Hohe Behörde für Transparenz im öffentlichen Leben“.

Sie prüft Vermögensentwicklungen von Beamten und die Erklärungen über Vermögen und finanzielle Interessen von Abgeordneten. Ebenso prüft sie die Einhaltung der Regeln für Abgeordnete, kontrolliert Seitenwechsel und führt das französische Lobbyregister. Darüber hinaus stellt die französische Behörde der Öffentlichkeit Informationen zu Lobbyismus bereit, berichtet ausführlich über ihre Prüfaktivitäten und macht Vorschläge, wie sich Lobbyismus besser regulieren ließe.

Die Behörde ist somit ein wirksames Mittel, um Verstöße gegen Lobbyregeln öffentlich zu machen, als auch um verloren gegangenes Vertrauen in die Politik wieder zurückzugewinnen.

Warum halten wir das neue Ethik-Gremium für wirkungslos?

Das neue interinstitutionelle Gremium für ethische Standards soll für sieben EU-Institutionen gemeinsame Mindeststandards schaffen: das EU-Parlament, die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Gerichtshof, den Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und den Europäische Rechnungshof.

Aber das Gremium hat gar nicht die Kompetenzen, die es bräuchte, um etwas zu bewirken:
Anders als von uns gefordert wird es zusätzlich zu den bestehenden Ethik-Gremien geschaffen. Es hat kein Recht, von sich aus die Initiative in einem Fall zu ergreifen. Nur wenn eine der beteiligten Institutionen das möchte, kann sie die Expert:innen bitten, bestimmte offizielle Dokumente, wie z. B. eine finanzielle Interessenerklärung eines ihrer Mitglieder, noch einmal zu prüfen. Und das Ergebnis dieser Prüfung muss nicht veröffentlicht werden.

Mit diesem Gremium werden zwar Lobbyregeln besser als bisher in das Bewusstsein der Institutionen geholt. Aber ob Verstöße aufgeklärt und sanktioniert werden, können sie weiterhin selbst entscheiden.

Warum funktioniert das aktuelle Brüsseler Transparenzregister nicht?

Immer wieder zeigt sich, dass das EU-Transparenzregister, also das Lobbyregister der EU-Institutionen, von Akteuren mit fragwürdigen Absichten nicht im Geringsten ernst genommen wird. Das Brüsseler Transparenzregister ist nicht rechtlich bindend, Lobbyisten können deshalb nicht mit Sanktionen belegt werden, wenn sie sich gar nicht oder mit falschen Daten eintragen. Es ist dadurch weniger verbindlich als beispielsweise das deutsche Lobbyregister. Der Europäische Rechnungshof hat deshalb zu Recht kürzlich in einem Bericht festgestellt, dass es dem europäischen Transparenzregister an Durchsetzungskraft fehlt.

Solange es den EU-Institutionen nicht gelingt, eine vertragskonforme Lösung für ein rechtsverbindliches Register zu finden, müssen sie Lobbyist:innen mit den bereits verfügbaren Mitteln zum Eintrag bewegen. Dies ist in der Kommission bereits in Ansätzen zu sehen. Für Treffen mit Kommissar:innen und ihren Kabinetten ist es zwingend, dass sich Lobbyist:innen ins Register eintragen. Die Kommission muss den Eintrag ins Transparenzregister jetzt zur Voraussetzung für alle Treffen mit ihren Beamt:innen und Mitarbeiter:innen machen, damit die Nichteintragung für Lobbyist:innen direkt spürbar wird.

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Neu beschlossenes EU-Ethikgremium: Eine verpasste Chance!

25. April 2024 - 13:00

Nach jahrelangen Debatten mit der EU-Kommission hat das EU-Parlament heute ein Ethikgremium verabschiedet. Das aus Vertreter:innen der sieben beteiligten Institutionen* und fünf unabhängigen Expert:innen zusammengesetzte Gremium soll bei der Erarbeitung von Ethikstandards mithelfen. Es hat jedoch keine Möglichkeit, die Einhaltung von Ethikregeln eigenständig zu kontrollieren oder diese durchzusetzen. 

Nina Katzemich, EU-Campaignerin bei LobbbyControl erklärt dazu: „Dieses Gremium ist wirklich eine verpasste Chance: Die einst weitgehenden Vorschläge des EU-Parlaments für eine unabhängige Kontrollbehörde sind so gut wie nicht mehr zu erkennen. Ursula von der Leyen hatte bei ihrem Antritt ein Wahlversprechen für ein Ethikgremium für alle Institutionen abgegeben – doch dann hat die Kommission das Vorhaben erst bis zur letzten Minute hinausgezögert und dann versucht, das Gremium von jeder Durchsetzungskraft zu entkernen.“

Ethikregeln wie beispielsweise zum Umgang mit Interessenkonflikten können ein wirksames Mittel zur Korruptionsprävention sein. Aber dafür müssen sie auch kontrolliert werden und bei Verstößen sollte es Sanktionen geben. Das ist derzeit in der EU nicht der Fall: Jede Institution hat ihre eigenen Regeln und kontrolliert die Einhaltung selbst. Wie die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, funktioniert diese Selbstkontrolle überhaupt nicht. Kolleg:innen, die eng zusammenarbeiten, sind in der Regel eher unwillig, sich gegenseitig streng zu prüfen und zu sanktionieren.

„Korruptionsskandale wie Katargate machen deutlich: Wenn Verstöße gegen die Ethikregeln niemals sanktioniert werden, haben Lobbyist:innen, die mit unlauteren Mitteln Einfluss auf die EU nehmen wollen, leichtes Spiel. Es ist unsinnig, dass es am Ende nun allen Erkenntnissen zum Trotz bei einem System der Selbstkontrolle bleibt. Was es braucht, ist eine unabhängige Kontrollbehörde, die die Untersuchung von Verstößen und Durchsetzung der Regeln anstelle der Institutionen übernimmt“, kritisiert Katzemich. 

Was heute beschlossen wurde, ist aus Perspektive von LobbyControl daher nicht weitreichend genug: Zwar dürfen erstmals unabhängige Expert:innen mitdiskutieren, welche ethischen Minimumstandards gelten sollten. Prüfung und Durchsetzung bleibt aber den einzelnen Institutionen überlassen. Nur wenn diese es als sinnvoll erachten, können sie im Einzelfall das neue Ethikgremium um Rat fragen. Seine Empfehlungen können sie dann aber in der Schublade verschwinden lassen.

„Damit wird ein weiteres zahnloses beratendes Gremium geschaffen, anstatt die Kontrolle und Durchsetzung zu stärken,“ erklärt Nina Katzemich. „Ob daraus irgendwann in der Zukunft ein starkes Kontrollgremium werden kann, steht in den Sternen. Wir fordern eine echte Lobbybehörde mit Zähnen, die für alle Bereiche der Lobbyregeln zuständig ist: Die Beaufsichtigung des EU-Transparenzregisters ebenso wie die Einhaltung der Verhaltensregeln in den verschiedenen Institutionen. Dazu gehört z. B. die Prüfung von finanziellen Interessenerklärungen oder das Überprüfen von potenziellen Interessenkonflikten, z. B. bei Nebentätigkeiten. Ein derartiges Gremium würde Ressourcen bündeln und Bürokratie abbauen. Anstatt vieler einzelner Kontrollgremien und komplizierter Zuständigkeitsfragen gäbe es nur eine Lobbybehörde, die für alles zuständig ist.“

Andere Länder, vor allem Frankreich, gehen hier bereits mit gutem Beispiel voran. Mit einem Rechtsgutachten will LobbyControl im kommenden Jahr zeigen, wie etwas ähnliches in der EU umsetzbar wäre.

Hintergrund

  • LobbyControl Petition für eine Lobbykontrolle mit Biss
  • Die Resolution des EU-Parlaments aus dem Jahr 2021 für ein Ethikgremium hatte LobbyControl bereits hier kommentiert
  • *Die sieben beteiligten Institutionen sind: (1) das Europäische Parlament, (2) die Europäische Kommission, (3) der Gerichtshof der Europäischen Union (als Beobachter ohne Teilnahme an Entscheidungen), (4) die Europäische Zentralbank, (5) der Rechnungshof, (6) der Wirtschafts- und Sozialausschuss und (7) der Ausschuss der Regionen.

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„Maximilian Krah (AfD) ist als Spitzenkandidat nicht mehr haltbar“

23. April 2024 - 11:44

Zur Verhaftung von Maximilian Krahs Mitarbeiter Jian G. wegen des Verdachts der Weitergabe interner Informationen aus dem EU-Parlament an einen chinesischen Geheimdienst, kommentiert Aurel Eschmann, Campaigner für Lobbyregulierung bei LobbyControl:

„Maximilian Krah ist als Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl nicht mehr haltbar. Er sollte sein Mandat im EU-Parlament zudem sofort niederlegen. Der Spionageverdacht gegen seinen Mitarbeiter ist bereits seit 2023 bekannt, Krah zog damals keine Konsequenzen. Damit hat er nicht nur die Integrität der EU, sondern auch deren Sicherheitsinteressen gefährdet.

Hinzu kommt, dass auch Krahs eigene Verbindungen zu China und Russland hochproblematisch sind. Derzeit steht er unter dem Verdacht der Käuflichkeit in zwei Sachverhalten: Einerseits besteht der Verdacht gegen ihn, Geld über das von Russland finanzierte Portal ‚Voice of Europe‘ erhalten zu haben. Andererseits deuten vom FBI sichergestellte Chat-Nachrichten darauf hin, dass er regelmäßige Zahlungen von dem kremlnahen ukrainischen Politiker Oleg Woloschyn erhalten haben könnte. Auch das von ihm gegründete China-Netzwerk ist unter diesen Gesichtspunkten fragwürdig.

In Straßburg muss Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nun zeigen, dass das Parlament aus Katargate gelernt hat und Nulltoleranz gegenüber Korruption und illegitimer Einflussnahme demonstriert.“

Hintergrund

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CDU-naher Lobbyverband Wirtschaftsrat: LobbyControl kritisiert mangelnde Distanzierung von Klimaleugner-Kreisen

18. April 2024 - 8:35

Die Transparenzinitiative LobbyControl wirft dem Lobbyverband Wirtschaftsrat der CDU mangelnde Distanzierung von klimawissenschaftsfeindlichen Kreisen vor. Eine neue Recherche des Vereins zeigt: Mehrere führende Vertreter:innen des Wirtschaftsrats sind auf dem Medienkanal NIUS prominent präsent. Unter anderem veröffentlichte NIUS die Kolumne des Generalsekretärs des Wirtschaftsrats Steiger in Form einer „NIUS-Wirtschaftskolumne“. Bei NIUS wird regelmäßig Desinformation zum Thema Klima verbreitet. LobbyControl fordert den Wirtschaftsrat und auch die ihm nahestehende CDU auf, sich klar von Klimaleugner-Kreisen zu distanzieren. 

Der CDU-nahe Lobbyverband Wirtschaftsrat wird als Stimme der Unternehmen in der CDU wahrgenommen und ist als Dauergast im Parteivorstand vertreten. Erst jüngst stand der Wirtschaftsrat-Landesverband Rheinland-Pfalz in der Kritik, weil er den als Verschwörungstheoretiker kritisierten Stefan Homburg zu einem Vortrag eingeladen hatte. Daraufhin distanzierte sich die CDU Rheinland-Pfalz und auch die Bundesgeschäftsstelle des Wirtschaftsrats. Nun zeigt sich: Gleich mehrere Landesverbände des Wirtschaftsrats haben den bekannten Klimawissenschaftsleugner Fritz Vahrenholt eingeladen.

Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl, kommentiert:

„Führende Vertreter:innen des Wirtschaftsrat treten prominent im Krawall-Medienkanal NIUS auf, der immer wieder durch Desinformation auffällt, unter anderem zu Klimathemen. Davon könnten Unternehmen profitieren, die klimaschädliche Geschäftsmodelle verfolgen – oder wissenschaftsfeindliche Kreise rund um AfD oder Werteunion.“

Auf dem Onlinemedium NIUS des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt tritt beispielsweise immer wieder eine klare Leugnerin der Klimakrise auf und wird Desinformation gesendet. Auch der mehrfach von Landesverbänden eingeladene frühere RWE-Manager Fritz Vahrenholt fällt immer wieder durch seine Diffamierung der Klimawissenschaft auf.

LobbyControl fordert klare Positionierung von Wirtschaftsrat, CDU und Parteichef Merz

„Auftritte von Vertreter:innen des Wirtschaftsrats auf NIUS normalisieren solch wissenschaftsfeindliche Positionen. Das verzerrt die Debatte über notwendige politische Maßnahmen, die Klimakrise aufzuhalten. Durch seine engen Verbindungen in die CDU wird der Wirtschaftsrat zu einem Türöffner für wissenschaftsfeindliche Positionen auch in die Partei hinein. Der Wirtschaftsrat muss sich hier klar positionieren. Doch das ist bislang nicht geschehen. Wenn der Wirtschaftsrat das nicht schafft, sollten die Mitgliedsunternehmen des Verbands dies einfordern. Ansonsten könnte auch ihr Ruf beschädigt werden. Klarheit braucht es auch von der CDU unter Parteichef Merz“, so Deckwirth.

LobbyControl kritisiert schon lange, dass der Lobbyverband Wirtschaftsrat als Dauergast im Parteivorstand der CDU ist. Dies gewähre dem Lobbyverband und seinen Mitgliedsunternehmen privilegierte Zugänge ins Machtzentrum der Partei – wovon andere gesellschaftliche Gruppen nur träumen können. LobbyControl unterstützt eine Klage gegen den CDU-Parteivorstand.

Deckwirth fordert:

„Der Dauergaststatus des Wirtschaftsrats im CDU-Parteivorstand ist undemokratisch und auch noch rechtswidrig! Parteichef Friedrich Merz sollte auch im Sinne der Parteimitglieder nicht erst den Ausgang der Klage abwarten, sondern lieber von selbst handeln. Der Wirtschaftsrat muss endlich raus aus dem Parteivorstand!“

Hintergrund

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CDU-naher Lobbyverband als Türöffner für Klima-Desinformation?

18. April 2024 - 8:00

Unsere neue Recherche zeigt, dass aus dem Lobbyverband Wirtschaftsrat heraus Kontakte zu klimawissenschaftsfeindlichen Kreisen gepflegt werden. Der „Wirtschaftsrat der CDU“ wird als Stimme von Unternehmen innerhalb der CDU wahrgenommen.

Zusammenfassung

  • Der Wirtschaftsrat der CDU ist ein parteinaher Wirtschaftslobbyverband. Vor allem über seinen Dauergastsitz im CDU-Parteivorstand verfügt er über privilegierte Zugänge in das Machtzentrum der CDU.
  • Gleich mehrere Landesverbände des Wirtschaftsrats haben Fritz Vahrenholt als Redner zu Veranstaltungen eingeladen. Der frühere RWE-Manager ist einer der bekanntesten Klimawissenschaftsleugner in Deutschland. Seine Beiträge wurden auf den jeweiligen Veranstaltungen sehr wohlwollend aufgenommen.
  • Mehrere führende Vertreter:innen des Wirtschaftsrats treten prominent bei dem rechtspopulistischen Medienkanal NIUS auf. NIUS sendet immer wieder Desinformation zur Klimakrise und hat eine harte Klimakrisenleugnerin als Kolumnistin engagiert. Wirtschaftsrat-Präsidentin Hamker gab NIUS ein Exklusiv-Interview, Generalsekretär Steigers Kolumne wurde bei NIUS veröffentlicht, die Präsidentin des Jungen Wirtschaftsrat tritt sehr häufig als Talkgast bei NIUS auf.
  • Durch die prominenten Auftritte bei NIUS und die Einladungen der Landesverbände an Vahrenholt normalisieren diese klimawissenschaftsfeindliche Positionen. Das könnte im Interesse mancher Mitgliedsunternehmen seien, die ihr fossiles Geschäftsmodell durch den Klimaschutz bedroht sehen. Für andere Unternehmen, die Klimadebatte und auch für die CDU selbst könnte diese Nähe zum Problem werden. Doch weder der Wirtschaftsrat noch die CDU haben sich bislang abgegrenzt.
  • Wir fordern sowohl den Wirtschaftsrat als auch die CDU auf, sich klar von Einladungen an und Auftritten bei klimawissenschaftsfeindlichen Akteuren zu distanzieren. Außerdem fordern wir Parteichef Friedrich Merz anlässlich des bevorstehenden CDU-Parteitags im Mai noch einmal nachdrücklich auf, dem Wirtschaftsrat endlich den Dauergaststatus im Parteivorstand zu entziehen.
Scharnier zwischen Lobbyinteressen und Partei

Der Wirtschaftsrat ist zwar formal ein parteiunabhängiger Lobbyverband, steht aber dem Wirtschaftsflügel der CDU nahe. CDU-Parteichef Friedrich Merz ist eng mit dem Wirtschaftsrat verbunden – bis Ende 2021 war er Vizepräsident des Verbands. Zeitweise fungierte der Wirtschaftsrat wie ein Unterstützerverein während Merz‘ Wahlkämpfen um den Parteivorsitz. Aber auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und der Parlamentskreis Mittelstand der CDU-Bundesfraktion pflegen engen Austausch zu dem Lobbyverband. Der Wirtschaftsrat wird damit auch in der Auseinandersetzung um die zukünftige CDU-Kanzlerkandidatur eine Rolle spielen.

Die Präsidentin des Wirtschaftsrats, Astrid Hamker, sitzt sogar – entgegen der Regeln des Parteiengesetz – als Dauergast im Bundesvorstand der CDU. Damit haben Unternehmen einen Lobbyzugriff auf das Machtzentrum der Partei. LobbyControl unterstützt deswegen eine Klage vor dem Berliner Landgericht gegen den Gaststatus des Wirtschaftsrats im Parteivorstand (mehr zu der Klage). Außerdem hat LobbyControl Parteichef Friedrich Merz aufgefordert, den Lobbyverband aus dem Parteivorstand zu entlassen.

Kein template für den Block ‚lc/pop-up-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [headline_left_1] => Bleiben Sie informiert über Lobbyismus. [description_left_1] => Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter. [template] => petrol [pop_up_functionality] => visible [pop_up_once] => 1 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription [move_code_visible] => POP0000 [move_code_hidden] => POP0000 [move_code_deactivated] => LCW0000 ) Ein Klimawissenschaftsleugner als regelmäßiger Gast

Der Wirtschaftsrat fällt immer wieder als ein scharfer Bremser in Sachen Klimaschutz auf. Das haben wir schon im Jahr 2021 in einer umfangreichen Studie gezeigt. Zuletzt sprach sich der Wirtschaftsrat etwa gegen einen „verfrühten“ Kohleausstieg und für einen verstärkten Einsatz von heimischem Fracking-Gas aus. Das ist ein aus Klima- und Umweltsicht äußerst schädlicher, aber auch teurer Energieträger. Diese Forderungen tragen dazu bei, die dringend notwendige Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität auszubremsen.

Dem steht entgegen: Nicht alle Mitgliedsunternehmen des Wirtschaftsrats richten sich so deutlich gegen Klimaschutzmaßnahmen, wie die Pressemitteilungen des Verbands erscheinen mögen. Auf direkte Nachfrage teilt die Bundesgeschäftsstelle des Wirtschaftsrats LobbyControl mit, dass der Verband „selbstverständlich sehr besorgt über den Klimawandel“ sei und „konstruktiv an Konzepten“ mitarbeite, „um die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben“ und verweist auf seinen Einsatz für die „Weiternutzung der klimafreundlichen Kernenergie“.

Wissenschaftsleugung in die CDU hinein

Besonders problematisch ist, dass Teile des Wirtschaftsrats als Türöffner für Klimawissenschaftsleugnung in CDU-Kreise hinein dienen. So war Fritz Vahrenholt mehrmaliger Gast auf Veranstaltungen von Landesverbänden des Wirtschaftsrats – und zwar in Schleswig-Holstein, Hamburg und Sachsen. Bei letzterem trat er gleich mehrfach auf, u. a. beim Wirtschaftstag Sachsen 2021, zu dem auch Ministerpräsident Michael Kretschmer und der CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz erschienen. Noch zu Jahresbeginn 2023 war Vahrenholt Gast beim Neujahrsempfang des Wirtschaftsrats in Dresden.

Vahrenholt ist ein häufiger Gast bei Veranstaltung von Landesverbänden des Wirtschaftsrats

Der frühere RWE-Manager Vahrenholt ist bekannt dafür, dass er wissenschaftsfeindliche Positionen zur Klimakrise verbreitet: Er widerspricht immer wieder in vielen Punkten dem wissenschaftlichen Konsens, den der Weltklimarat IPCC in seinen Berichten zur Klimakrise zusammenfasst. Vor allem den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel schätzt er als deutlich geringer ein als der Weltklimarat – ebenso die Gefahren der Erderhitzung. In seinem Buch „Die Kalte Sonne“ schreibt Vahrenholt, dass die „postulierte Klimagefahr“ ein Mittel sei, um Klimaforscher:innen „Karrieremöglichkeiten, Prestige, Medienbühne und politische Beraterrollen“ zu verschaffen. Vahrenholt trat u.a. auch als Redner bei EIKE auf, der wichtigsten deutschen Plattform der „Klimaskeptiker“ (siehe Kasten). Seine Positionen wurden immer wieder von bekannten und renommierten Klimawissenschaftlern wie Stefan Rahmsdorf scharf kritisiert.

Auf Nachfrage teilte der Wirtschaftsrat mit, dass Vahrenholt auf „Einladung von Untergliederungen“ eingeladen worden und dort auf „mündige Bürger“ gestoßen sei. Der Wirtschaftsrat richte über 3.200 Veranstaltungen pro Jahr aus, auf denen „durchaus auch kontrovers diskutiert“ werde. Auf den Veranstaltungen der Landesverbände des Wirtschaftsrats wurden Vahrenholts fragwürdige Positionen offenbar sehr wohlwollend aufgenommen, wie entsprechende Berichte auf den Webseiten der Verbände zeigen. So schreibt beispielsweise der Landesverband Hamburg nach einer Veranstaltung mit Vahrenholt unter der Überschrift „Starke Zweifel am Klimanotstand“, dass es nicht „wissenschaftlich begründet“ sei, „warum ausgerechnet der CO2-Austoß DIE entscheidende Stellschraube in allen Berechnungen sein soll.“

Veranstaltung mit Stefan Homburg

Im April 2024 wurde außerdem bekannt, dass der Wirtschaftsrat Rheinland-Pfalz Stefan Homburg zu einer Veranstaltung eingeladen hat. Auch Homburg steht für klimawissenschaftsfeindliche und verschwörungstheoretische Positionen in der Kritik. Diese Einladung wurde in den sozialen Medien vielfach kritisiert und auch medial mehrfach aufgegriffen. Die CDU Rheinland-Pfalz grenzte sich in einem Statement von der Einladung ab. Auch die Bundesgeschäftsstelle des Wirtschaftsrats distanzierte sich in einem Schreiben davon. Die Veranstaltung soll allerdings weiterhin Ende April stattfinden.

Zweifel säen, verharmlosen, ausbremsen: Strategien und Narrative der „Klimaskeptiker“

Fossile Konzerne wie Exxon wussten schon seit den 1970er Jahren durch unternehmensinterne Forschung, dass das Verbrennen von fossilen Energieträgern die Erderhitzung befördert. Sie haben aber ganz bewusst dieses Wissen zurückgehalten und stattdessen immer wieder gezielt Zweifel an der Klimaforschung gesät. Das hat u.a. die US-amerikanische Wissenschaftlerin Naomi Oreskes gut aufgearbeitet. Sie zeigt auch, dass die fossile Lobby mit ganz ähnlichen Strategien wie die Tabakindustrie arbeitet: wissenschaftliche Belege anzweifeln und Risiken verharmlosen. Think Tanks wie das US-amerikanische Heartland Institute arbeiten noch heute auf diese Weise. Finanziert wurde das Institut u.a. von Exxon.

Harte Leugner:innen der Klimakrise gibt es in Deutschland nur sehr wenige, doch über Plattformen wie X oder Youtube und Hashtags wie #Klimaschwindel und #ClimateScam bekommen sie gerade in Zeiten von Extremwetterereignissen oder während der Weltklimakonferenzen eine größere Sichtbarkeit. Von diesen Akteuren wird entweder die Existenz des menschengemachten Klimawandels als solches abgestritten – oder dessen Auswirkungen verharmlost. Eine zentrale Strategie dabei ist es, die Integrität der Klimabewegung und insbesondere auch der Klimawissenschaft in Frage zu stellen. In Deutschland ist EIKE die wichtigste Plattform der „Klimaskeptiker“. Fritz Vahrenholt ist einer ihrer wichtigsten Stichwortgeber.

Politisch relevanter und einflussreicher sind Akteure, die Klimaschutz verzögern oder schärfere Maßnahmen verhindern. Diese arbeiteten laut dem Portal Klimafakten vor allem mit vier Argumentationsmustern: 1) Unter Verweis auf Länder wie China wird die Verantwortung der deutschen Politik heruntergespielt („nicht ich“). 2) Mit dem Verweis auf mögliche neue Technologien wird das Handeln in die Zukunft verlagert („nicht jetzt“). 3) Die Nachteile von Klimaschutzmaßnahmen werden besonders betont („nicht so“) und 4) Alles jetzige Handeln wird als nicht sinnvoll benannt, weil es eh „zu spät“ sei.

Vor allem die ersten drei Narrative sind auch bei Lobbyakteuren mit fossilen Geschäftsmodellen sehr beliebt – und ergänzen die häufigen Selbstbeschreibungen der jeweiligen Unternehmen oder ganzer Branchen als besonders grün (Greenwashing). Letzteres betreibt beispielsweise der Gaslobbyverband Zukunft Gas, indem er der Gasbranche gezielt ein klimafreundliches Image verpasst. Auch die Vorsitzende des Jungen Wirtschaftsrat, Caroline Bosbach, verweist häufig auf China und neue Technologien, um klimapolitische Maßnahmen oder Forderungen aus der Klimabewegung in Frage zu stellen (siehe auch Haupttext).

Fehlende Distanz zum rechtspopulistischen Medienkanal NIUS

Problematisch ist auch, dass Vertreter:innen des Wirtschaftsrats offenbar keine Scheu haben, beim Medienkanal NIUS des früheren Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt zu erscheinen. Die NIUS-Videos sind laut T-Online „eine Dauerwerbesendung gegen Rot und Grün und ein Trommelfeuer auf die CDU, nach rechts zu rücken“. So produzierte Reichelt unter anderem ein Video mit dem Titel „Warum die CDU wieder rechts werden muss.“ NIUS macht auf reißerische Art Stimmung gegen Einwanderung oder gegen die angebliche „Verbotspolitik“ der Grünen.

Ein zentrales Thema des Kanals ist immer wieder auch die Verharmlosung der Klimakrise. Gegenüber T-Online bezeichnet der Politikwissenschaftler Markus Linden NIUS als ein „rechtspopulistisches Agitationsformat mit journalistischem Anstrich“. Im Deutschlandfunk beschreibt Linden, dass rechtskonservative Politiker:innen durch ihre Auftritte bei NIUS die dortigen klimawissenschaftsfeindlichen und rechtpopulistischen Positionen normalisierten.

Als vermeintlicher Klimaexperte ist auch wieder Fritz Vahrenholt ein häufig geladener Gast in den Sendungen von NIUS. Außerdem ist auch die niederländische rechtspopulistische Influencerin Eva Vlaardingerbroek als Kolumnistin, Talkgast und Reporterin regelmäßig bei NIUS zu sehen. Sie fällt dadurch auf, dass sie den menschengemachten Klimawandel offen in Frage stellt und Klimaaktivist:innen diffamiert. So behauptete sie in der NIUS-Sendung „Stimmt!“, dass die Agenda von „Klimaaktivisten“ auf einer Lüge beruhe und es keine eindeutigen Beweise dafür gäbe, dass „wir Menschen Klimaänderungen“ herbeiführen würden.

Trotz dieser Ausrichtung von NIUS sind auch Vertreter:innen des Wirtschaftsrats auf dem Kanal sehr präsent: Die Vorsitzende des Jungen Wirtschaftsrats, Caroline Bosbach, tritt regelmäßig als Talkgast in der Sendung „Stimmt!“ auf. Moderator Sebastian Vorbach bezeichnete sie als „absoluten Stammgast“ im Jahr 2023. Caroline Bosbachs Themen und Positionen fügen sich gut in Reichelts Weltbild ein: Auch Bosbach wettert lautstark gegen die angebliche „Verbotspolitik“ der Grünen und hält deutschen Klimaschutz mit Verweis auf China für unwirksam. Sie sagt zwar, dass der Klimawandel die „größte Herausforderung unserer Zeit“ sei, spricht aber gleichzeitig von einer „anhaltenden Klima-Hysterie“ und einer „Klima-Lüge“. Mit Blick auf Umweltverbände und die Klimabewegung raunt sie in der NIUS-Sendung, dass „mit Sicherheit mehr dahinter“ stehe als nur Klimaschutz. Zu Caroline Bosbachs auffällig häufigen Auftritten bei NIUS teilt der Wirtschaftsrat LobbyControl gegenüber mit, dass Bosbach regelmäßig auch bei „verschiedenen demokratisch ausgerichteten, öffentlich-rechtlichen und privaten Medien“ zu Gast sei.

Exklusiv-Interview und „NIUS-Wirtschaftskolumne“

Fragwürdig ist, dass der Wirtschaftsrat sich offenbar nicht scheut, prominent bei NIUS aufzutreten. Wirtschaftsrats-Präsidentin Astrid Hamker gab NIUS im Januar 2024 ein sogenanntes „Exklusiv-Interview“ von über 40 Minuten Länge, um dort u.a. gegen eine aus ihrer Sicht zu hohe Priorisierung von Klimapolitik zu argumentieren. NIUS-Redakteur Schuler hatte nach Auskunft des Wirtschaftsrats um das Interview gebeten.

Wirtschaftsrat-Präsidentin Astrid Hamker bei beim Interview für NIUS

NIUS veröffentlichte außerdem im Februar eine Kolumne des Wirtschaftsrat-Generalsekretär Wolfgang Steiger auf seiner Webseite – sie erschien dort im Wochenabstand unter dem Titel „Standpunkt Steiger“. Sie wurden von NIUS als neue „NIUS-Wirtschaftskolumne“ beworben. Sowohl NIUS-Chef Julian Reichelt als auch Redakteur Ralf Schuler priesen sie über ihre X-Accounts an – Schuler interessanterweise ohne den Wirtschaftsrat als Urheber zu nennen. Es sah also sehr danach aus, als würde Steiger eine Kolumne direkt für NIUS schreiben. In diesen Texten bedient Steiger u.a. auch die üblichen Erzählungen des Wirtschaftsrats, dass Klimaschutzmaßnahmen schädlich für die Wirtschaft seien.

Erstaunlich ist: Der Wirtschaftsrat betont auf Nachfrage, dass es zu dieser Kolumne keinerlei „Zusammenarbeit“ mit NIUS gegeben habe. Über ihren Anwalt ließ der Wirtschaftsrat mitteilen, dass es die „redaktionelle Entscheidung“ dritter Medien bleibe, wie sie die „aktiv verbreiteten Inhalte unseres Mandanten verwerten“. Die Kolumne sei über einen breiten Verteiler verschickt worden. Eine ganze Kolumne – und nicht etwa eine Pressemitteilung – einfach ohne aktive Zustimmung des Autors zu übernehmen, wäre ein äußerst unüblicher Vorgang. Auch eine pauschale Freigabe zur vollständigen Übernahme der Kolumne an einen breiten Verteiler zu verschicken, ist sehr ungewöhnlich. Hier hat der Wirtschaftsrat also offenbar in Kauf genommen, dass Steigers Kolumne von einem fragwürdigen Medium wie NIUS übernommen wird und als seine eigene beworben wird.

Seit März 2024 wird die Kolumne nicht mehr bei NIUS veröffentlicht, sie ist mittlerweile prominent auf der Webseite des Wirtschaftsrats platziert. Zuvor war sie dort nur sehr versteckt veröffentlicht. NIUS berichtet allerdings weiterhin sehr ausführlich über die Kolumnen unter dem Titel „Das denkt die Wirtschaft“. Auf Nachfrage bleibt unklar, warum die Kolumne nicht mehr direkt bei NIUS erscheint. Es scheint so, als wolle der Wirtschaftsrat nach den ersten drei Veröffentlichungen doch nicht mehr, dass die Kolumne als „NIUS-Kolumne“ wahrgenommen wird. Dass die Kolumne nun auf der Wirtschaftsrats-Webseite selbst prominent platziert ist, sei laut Wirtschaftsrat der breiten positiven Resonanz auf die Kolumne geschuldet.

Caroline Bosbach tritt als Vertreterin des „Jungen Wirtschaftsrat“ in einer NIUS-Sendung auf

Frank Gotthardt: NIUS-Finanzier und ehemaliger Wirtschaftsrat-Funktionär

NIUS wird von dem Unternehmer und Milliardär Frank Gotthardt finanziert. Dieser hat enge Verbindungen zum Wirtschaftsrat: Gotthardt war langjähriges Bundesvorstandsmitglied im Wirtschaftsrat und Vorsitzender des Landesverbands Rheinland-Pfalz. In dieser Funktion war er bis Ende als Dauergast im Landesvorstand der CDU Rheinland-Pfalz – ein ebenso wie auf Bundesebene rechtswidriger Vorgang.

Gotthardt pflegt enge Kontakte zu CDU-Größen wie Julia Klöckner oder dem mittlerweile verstorbenen Wirtschaftspolitik Michael Fuchs. Auch in seinem Heimatort Koblenz redet Gotthardt offenbar mit: CDU-Stadtrat Stephan Otto sagte gegenüber T-Online, dass Gotthardt anrufe, wenn der Stadtrat die Gewerbesteuer erhöhen wolle und er wissen wolle, was „wir da machen“.

Den Wirtschaftsrat der CDU nutzte Gotthardt ganz unmittelbar, um seine Geschäftsinteressen in die Politik zu tragen: Er leitete er jahrelang die Bundesfachkommission Digital Health, über die er Lobbyarbeit im Interessen seines Unternehmens CompuGroup Medical machte. Seit 2020 ist er nun Ehrenvorsitzender des Wirtschaftsrats Rheinland-Pfalz. Die Finanzierung von NIUS erfolgte in seiner Funktion als Unternehmer.

Bundesweite Aufmerksamkeit erhielt Gotthardt, als T-Online ihn als Finanzier des rechtspopulistischen Medienkanals NIUS des Ex-Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt enthüllte. In seiner Eigenschaft als Unternehmer ermöglicht es Gotthardt, dass auch klimawissenschaftsfeindliche Positionen zunächst ganz ohne Werbe- und Abo-Einnahmen gesendet und professionell hergestellt werden können. Aus seinem Vermögen finanziert er Reichelts gut 30-köpfiges Team. Doch das sollte für Gotthardt kein Problem sein: Der Milliardär zählt laut Manager Magazin zu den 100 reichsten Personen in Deutschland.

Seit Gotthardts Rolle als NIUS-Finanzier bekannt ist, gibt es kritische Debatten im Eishockey-Clubs Kölner Haie, dessen Hauptinvestor Gotthardt ist. Ein Fan schrieb einen kritischen Brief an den Verein, woraufhin dieser ein Statement für Toleranz und gegen „pauschalisieren“ und „framen“ veröffentlichte. Das lässt sich zumindest als indirekte Distanzierung von NIUS verstehen. Ähnliche kritische Stimmen sind aus dem Wirtschaftsrat Rheinland-Pfalz zumindest öffentlich noch nicht zu sehen. Der Bundesverband teilt auf Anfrage mit, dasser gegen Gotthards Finanzierung des Medienkanals NIUS in seiner Eigenschaft als Unternehmer „grundsätzlich“ nichts einzuwenden habe. Gotthardt nehme seine Rechte der Meinungs- und Pressefreiheit wahr. Im Übrigen kommentiere der Wirtschaftsrat die unternehmerischen Aktivitäten seiner Mitglieder nicht. Gotthardt selbst äußerte sich auf Anfrage nicht.

Einfallstor für rechtspopulistische Stimmungsmache gegen Klimaschutz

Der Wirtschaftsrat der CDU ist in seiner Mitgliedschaft vielfältig besetzt – neben fossilen Konzernen sind auch Unternehmer:innen aus der Branche der Erneuerbaren Energien Mitglied. Inhaltlich einseitiger wird es jedoch, wenn man die Presse-Statements oder Social-Media-Posts des Wirtschaftsrats verfolgt: Hier wird mehr oder weniger deutlich vermittelt, dass mehr Klimaschutz in der Regel übertrieben sei und dem Industriestandort Deutschland schade.

Es fällt auf, dass einflussreiche CDU- und Wirtschaftsratsmitglieder wie Frank Gotthardt, Caroline Bosbach, Astrid Hamker und Wolfgang Steiger offenbar wenig Berührungsängste gegenüber rechtspopulistischen und – in Bezug auf Klimapolitik – wissenschaftsfeindlichen Positionen haben.

Der Wirtschaftsrat distanziert sich auf Anfrage zu dem Vorwurf der Nähe zu klimawissenschaftsfeindlichen Kreisen zumindest nicht öffentlich. Auf Nachfrage zu Gotthardts Finanzierung von NIUS schreibt der Wirtschaftsrat, dass er „die wirtschaftlichen Aktivitäten unserer Mitglieder grundsätzlich nicht“ kommentiere. Dazu ist der Wirtschaftsrat tatsächlich keineswegs verpflichtet. Dabei wäre es im Sinne der Mitgliedsunternehmen und letztlich auch der Demokratie, wenn es hier eine klare Positionierung gäbe.

Die CDU muss auf Abstand zum Wirtschaftsrat gehen

CDU-Wähler:innen halten Klimaschutz laut einer Umfrage der Konrad-Adenauerr-Stiftung zu 89 Prozent für wichtig oder sehr wichtig. Für die Partei könnte es deshalb schädlich sein, dass der Wirtschaftsrat klimawissenschaftsfeindliche Positionen in seinen Reihen toleriert. Solche Positionen bekommen so den Anstrich organisierter Unternehmensinteressen – und gelangen über den eng mit der CDU-verbundenen Lobbyverband in die Partei hinein.

Zum Beispiel über Parteichef Friedrich Merz: Der ehemalige Wirtschaftsrat-Vizepräsident und mögliche CDU-Kanzlerkandidat hält das Thema Klimaschutz für überbewertet und wählt die Klimaverharmloser-Strategie der Verzögerung, wenn er sagt: „Es ist eben gerade nicht so, dass morgen die Welt untergeht. Wenn wir in den nächsten 10 Jahren die Weichen richtig stellen, sind wir auf einem guten Weg.“ Von solchen und ähnlichen Aussagen mögen manche fossile Unternehmen profitieren, die ihr Geschäftsmodell erhalten wollen – oder auch rechte Kräfte jenseits der CDU. Für die Demokratie ist es ein enormer Schaden, wenn wissenschaftfeindliche Positionen normalisiert werden und verbreitet werden und Klimaschutz ausbremsen.

Die Parteispitze muss dringend auf Abstand zu dem fragwürdigen Lobbyverband Wirtschaftsrat in ihrem Umfeld gehen. Wir fordern Parteichef Friedrich Merz schon seit Anfang 2021 auf, dem Wirtschaftsrat nicht länger privilegierte Zugänge zum Bundesvorstand zu verschaffen. Doch die Partei hüllt sich in Schweigen. Auch auf unsere Anfrage zu dieser Recherche äußerte die CDU sich nicht.

Um diese Blockade aufzubrechen, unterstützen wir die Klage eines CDU-Mitglieds gegen den CDU-Parteivorstand. Eine erste Verhandlung vor dem CDU-Parteigericht hat bereits stattgefunden, eine zweite Verhandlung vor dem Landgericht ist für Dezember 2024 angesetzt. Bis dahin bleibt der CDU noch viel Zeit, um aktiv zu werden: Auf dem CDU-Parteitag im Mai 2024 wird der Parteivorstand neu gewählt. Dann steht es für den neu gewählten Vorstand an, die Präsidentin des Wirtschaftsrats wieder in den Vorstand zu kooptieren – oder eben, sie endlich aus dem Vorstand zu entlassen.

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Verdacht der Käuflichkeit von AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah – LobbyControl fordert Konsequenzen

17. April 2024 - 17:00

Recherchen von ZDF und Spiegel brachten gestern kompromittierende Textnachrichten zwischen Maximilian Krah und dem kremlnahen ukrainischen Oppositionspolitiker Oleg Woloschyn zutage, die bei einem Verhör in den USA durch das FBI sichergestellt wurden. Demnach schreibt Woloschyn in der Nachricht, das Problem mit der „Kompensation“ für Krahs „technische Ausgaben“ sei geklärt. Ab Mai würde diese wieder so sein wie vor Februar. Krah bestritt gegenüber dem Magazin „Frontal“, jemals Zahlungen von Woloschyn erhalten zu haben. LobbyControl fordert schnellstmögliche Aufklärung und dass Krah sein Mandat niederlegt, sollte sich der Verdacht erhärten.

Dazu kommentiert Aurel Eschmann, Campaigner für Lobbyregulierung: 

„Diese Textnachrichten wecken den schwerwiegenden Verdacht, dass hier Handlungen oder Äußerungen eines EU-Abgeordneten gekauft wurden. Hinzu kommt, dass in dem Chat von regelmäßigen Zahlungen die Rede ist. Das deutet auf eine andauernde Geschäftsbeziehung hin. Insbesondere nach dem Korruptionsskandal rund um die ehemalige EU-Parlamentspräsidentin Eva Kaili, in dem es ebenfalls um Einflussoperationen autoritärer Regierungen geht, muss der Sachverhalt nun schnellstmöglichst und mit großem Nachdruck aufgeklärt werden.

Sollte sich der Verdacht erhärten, dass Krah Geld aus regierungsnahen Kreisen aus Russland erhalten hat, würde das auch bedeuten, dass er öffentlich die Unwahrheit gesagt hat. In diesem Fall müsste er Konsequenzen ziehen und sein Mandat nach der Europawahl nicht antreten. Allein der Anschein, dass die Positionen von Abgeordneten und Spitzenkandidaten durch einen Drittstaat gekauft werden könnten, fügt dem Vertrauen in die Demokratie schweren Schaden zu. Gerade nach Katargate müssen die EU-Institutionen und insbesondere das Europäische Parlament beweisen, dass sie aus den Skandalen gelernt haben. Sie sollten zeigen, dass es keine Toleranz gegenüber Korruption und illegitimer Einflussnahme gibt.

Die bisherigen Konsequenzen reichen nicht aus. Das EU-Parlament hat es versäumt, umfassende Offenlegungspflichten für Abgeordnete einzuführen, das EU-Transparenzregister ist weiterhin deutlich zu schwach und der neuen Ethik-Behörde der EU-Institutionen fehlen ausreichende Befugnisse. Damit bestehen weiterhin Lücken, die ein Einfallstor für illegitime Einflussnahme in demokratische Prozesse durch autoritäre Staaten bieten.

Die EU und Deutschland müssen strategischer Korruption entschieden entgegentreten. Dazu würde es sich anbieten, bestehende Strukturen wie die EU-Antibetrugsbehörde OLAF zu stärken und mit mehr Mitteln und Kompetenzen auszustatten.

Es ist in diesem Zusammenhang gut, dass der Bundestag aktuell über einen neuen Straftatbestand der unzulässigen Interessenwahrnehmung durch Abgeordnete im Bund, den Ländern, den parlamentarischen Vertretungen internationaler Organisationen sowie dem EU-Parlament berät. Deutschland sollte zudem die Pläne für eine EU-Antikorruptionsrichtlinie unterstützen, da einheitliche Regeln und mehr Ressourcen für die Durchsetzung der Gesetze entscheidend im Kampf gegen Korruption sind.“

Hintergrund

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Wettbewerbsfähigkeit als Freibrief für Monopolmacht

17. April 2024 - 13:25

Im Namen der sogenannten Wettbewerbsfähigkeit wollen Lobbyist:innen Subventionen abgreifen und erreichen, dass Unternehmen vor Gesetzen verschont bleiben, die gut für das Gemeinwohl sind. Über eine problematische Agenda, die die nächsten fünf Jahre der EU prägen könnte.

Der Ruf nach mehr Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ist in aller Munde. Was harmlos klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als problematische Forderung. Denn die Befürworter:innen meinen damit niedrigere Steuern, mehr staatliche Beihilfen und weniger gesetzliche Regeln für Unternehmen in Europa. Das bedeutet damit auch weniger Regeln zum Schutz der Umwelt, der Beschäftigten und der Verbraucher:innen. Diese Agenda könnte zu einer Stärkung der Monopolmacht der Konzerne statt zu mehr Wettbewerb führen.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit ist es den Lobbyverbänden in den vergangenen Jahren gelungen, der Forderung nach Wettbewerbsfähigkeit in Brüssel immer mehr Gehör zu verschaffen und damit die Weichen für einen immer größeren Einfluss der Konzerne auf die EU zu stellen.

Ein deutliches Zeichen dafür: In der zu Ende gehenden Legislaturperiode war der Green Deal mit seinen zahlreichen Regelungsvorschlägen zum Klima- und Umweltschutz das „Man-on-the-Moon-Projekt“ von Ursula von der Leyen. Bei ihrer erneuten Kandidatur als Kommissionspräsidentin musste sie sich allerdings in der Union dazu bekennen, die Unternehmen nicht mit neuen Umweltauflagen zu „belasten“.

Heute und morgen (17./18.4.) diskutieren die Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel die strategische Ausrichtung der EU für die nächsten fünf Jahre. Zeit für einen kritischen Blick auf die problematische Agenda der Wettbewerbsfähigkeit und den Lobbyeinfluss dahinter.

Lobbyarbeit der Unternehmensverbände

Im November 2022 veröffentlichte der mächtige europäische Arbeitgeberverband Businesseurope die „Stockholm Declaration“. Mit dieser wollte der Lobbyverband der europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbände Einfluss auf die anstehende schwedische Ratspräsidentschaft nehmen.

Als zentrales Anliegen nannte das Lobbypapier den Erhalt der „Wettbewerbsfähigkeit von KMU und größeren Unternehmen“. Damit war eine „regulatorische Atempause“ gemeint, also weniger Regeln und Vorschriften für Unternehmen.

Nur wenige Monate später veröffentlichte die EU-Kommission im März 2023 eine umfassende Agenda zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der EU. Diese wurde im Auftrag der Ratspräsidentschaft von Tschechien erarbeitetet. Auch hier wurde Wettbewerbsfähigkeit mit Deregulierung, also weniger Regeln für Unternehmen, gleichgesetzt. In dem Papier schlägt die Kommission vor, einen neuen Wettbewerbsfähigkeits-Check einzuführen, um zusätzliche „Belastungen“ für Unternehmen zu vermeiden.

Der deutsche Industrieverband BDI freute sich über die Vorschläge. Businsseurope wiederholte in einem Brief an Ursula von der Leyen die Forderung nach einer „regulatorischen Atempause“, um den „Wettbewerbsvorteil der europäischen Unternehmen wiederherzustellen.“ In Deutschland spricht der BDI immer wieder von einem sogenannten Belastungsmoratorium, was letztlich gleichzusetzen ist mit der regulatorischen Atempause.

Die Lobbyarbeit der Industrie trug Früchte in der Politik: Besonders offen für die Lobbyargumente zeigten sich die konservativen Parteien. So schlug die CDU/CSU schon 2022 im Europäischen Parlament ein „europäisches Bürokratie-Moratorium“ vor: Zahlreiche Projekte im Rahmen des Green Deal sollten, aufgrund der gestiegenen Belastungen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, verschoben oder auf Eis gelegt werden.

Im November 2023 wurde in Brüssel die Initiative Europe Unlocked ins Leben gerufen. Finanziert wird die Initiative von Svenskt näringsliv, dem schwedischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband. Organisiert wird sie von Dentons Global Advisors, das ist eine der größten Lobbyagenturen in Brüssel. Ziel der Initiative ist es, neue Regelungen, die z.B. im Rahmen des Green Deal eingeführt werden sollen, als problematisch zu framen. Zentrales Stichwort ist auch hier die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.

Ein weiterer Erfolg der Kampagne der Wirtschaftsverbände ist die „Antwerp Declaration for a European Industrial Deal“. Diese wurde im Februar 2024 bei einem Treffen der europäischen Chemieindustrie mit hochrangigen Politiker:innen verabschiedet. Sie fand ausgerechnet auf dem Gelände der BASF statt. Der Konzern hat in dieser Wahlperiode neue Regeln zum besseren Schutz vor giftigen Chemikalien verhindert, LobbyControl berichtete. In der Erklärung wird gefordert, die Wettbewerbsfähigkeit zur strategischen Priorität zu machen. Als erste Initiative solle die neue EU-Kommission „Korrekturen“ an allen bestehenden relevanten EU-Gesetzen gleichzeitig beschließen.

An dem Chemiegipfel nahm auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teil. Dieser Gipfel symbolisiert in besonders eindrücklicher Weise die Problematik des privilegierten und unausgewogenen Zugangs von Konzernen zur Politik: Hochrangige Politiker:innen treffen sich mit Führungskräften aus der Chemiebranche, die kritische Öffentlichkeit muss dagegen draußen bleiben. Gemeinsam mit 72 anderen Organisationen haben wir dagegen protestiert.

Wettbewerbsfähigkeit, auch bekannt als Deregulierung

Mit dem Narrativ, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stehe auf dem Spiel, verfolgen die Wirtschaftsverbände das zentrale Ziel, strengere Regeln für Unternehmen zu verhindern. Zum Beispiel beim Klimaschutz, bei Arbeitsbedingungen oder bei strengeren Regeln für große Tech-Konzerne.

Solche Narrative (Erzählungen) verstärken als Hintergrundrauschen den Einfluss auf konkrete Gesetze. Erfolgreich erzählte Narrative sind sehr wirkungsvoll und werden deshalb nicht dem Zufall überlassen. Bei dieser Kommunikationsstrategie geht es darum, die Botschaft so oft wie möglich zu wiederholen. So werden immer wieder die gleichen Argumente vorgebracht, egal um welches Thema oder Gesetz es sich handelt und welche Punkte genau kritisiert werden. Es geht schlicht darum, den Ton der Debatte zu bestimmen.

Die Interpretation von Regulierung als Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit offenbart ein problematisches Politikverständnis. Politisches Handeln im Sinne des Gemeinwohls wird als Problem wahrgenommen und Unternehmensinteressen als entscheidend für das Wohl der Gesellschaft dargestellt. Damit wird einseitiger Lobbyeinfluss der Wirtschaft legitimiert und Regulierungsvorhaben unter hohen Rechtfertigungsdruck gesetzt. Der Ruf nach mehr Deregulierung im Namen der Wettbewerbsfähigkeit führt so zu immer höheren Hürden für dringend notwendige ökologische und soziale Anliegen.

Dabei lässt sich Wettbewerbsfähigkeit durchaus anders interpretieren: Als Verstärkung des Wettbewerbs um die besten Lösungen für eine zukunftsfähige Wirtschaft durch mehr Innovation. Politische Vorgaben und Anreize sind dann durchaus wichtig, um den Unternehmen die Richtung ihrer Wirtschaftstätigkeit zu weisen. Die deutsche Automobilindustrie beispielsweise hat den Moment für den Wandel hin zur Elektromobilität beinahe verpasst. Schuld daran ist auch die deutsche Politik, die über Jahrzehnte die Blockaden der Autoindustrie gegen härtere Grenzen für CO2-Emissionen unterstützt hat, statt einen Aufbruch mit politischen Maßnahmen zu unterstützen.

Das Ziel sollte also nicht sein europäische Champions zu züchten und mit Subventionen zu füttern und dafür wichtige Regeln im Sinne des Gemeinwohls zu opfern, sondern mit beherztem Vorgehen gegen Marktkonzentration für mehr Innovation zu sorgen.

„Ein neuer europäischer Deal zur Wettbewerbsfähigkeit“

Auch für Ursula von der Leyen hat das Thema Wettbewerbsfähigkeit eine hohe Priorität. Laut Handelsblatt bereitet sich die Kommissionschefin darauf vor, „die Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zum zentralen Thema einer möglichen zweiten Amtszeit zu machen“. Bereits in ihrer Rede zur Lage der Union im September 2023 hatte sie angekündigt, Europa werde alles tun (whatever it takes), um seinen Wettbewerbsvorteil zu erhalten.

Um dies zu erreichen, kündigte sie in ihrer Rede einen Bericht an, der vom ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten und Ex-Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, zur Wettbewerbsfähigkeit erarbeitet werden soll. Zusammen mit dem Bericht des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta über den europäischen Binnenmarkt soll er die Arbeitsgrundlage der EU-Kommission nach den Wahlen bilden. Heute und morgen (17./18.4.2024) diskutiert der Europäische Rat, also das Gremium der Regierungschef:innen, die strategische Ausrichtung für die nächsten fünf Jahre. Auf der Tagesordnung steht „Ein neuer europäischer Deal zur Wettbewerbsfähigkeit“.

Konzernfreundliche Ausrichtung der EU

Schon jetzt ist die EU zu konzernfreundlich ausgerichtet. Grundlage dafür ist die sogenannte „bessere Rechtsetzung“ (better regulation agenda). Was zunächst positiv klingt, verbirgt ein zutiefst problematisches Konzept. Es hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass in der EU-Gesetzgebung wirtschaftspolitische Aspekte wesentlich stärker berücksichtigt werden, als beispielsweise beschäftigungs- und umweltpolitische Belange.

Ziel der „besseren Rechtsetzung“ ist es, die Kosten von Regulierung für Unternehmen zu senken. Regulierung wird demnach vor allem als Belastung und Kostenfaktor für Unternehmen gesehen. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass neue Vorschriften so eng wie möglich sind und die Wettbewerbsfähigkeit, d.h. die Gewinne der Unternehmen, nicht beeinträchtigt werden.

Durch diese „neuen europäische Deal zur Wettbewerbsfähigkeit“ droht die einseitige Ausrichtung auf Deregulierung in der EU noch größer zu werden.

Regulatory Scrutiny Board

Die EU-Gesetzgebung ist für viele Bürger:innen schwer nachvollziehbar. Das liegt auch daran, dass wichtige Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen werden. Besonders problematisch – aber weitgehend unbekannt – ist die Rolle des Regulatory Scrutiny Board (RSB, Ausschusses für Regulierungskontrolle). Immer wenn die EU-Kommission ein wichtiges Gesetz plant, prüft dieses Gremium, welche Auswirkungen die Kommission von dem Gesetz erwartet. Damit sorgt es dafür, dass die konzernfreundliche „better regulation agenda“ in der Gesetzgebung beachtet wird.

Problematisch sind vor allem die Kriterien, die das RSB für seine Bewertung nutzt. Das Hauptaugenmerk des RSB liegt auf wirtschaftlichen Auswirkungen. Sind diese aus RSB-Sicht zu negativ, muss die Kommission ihre Bewertung überarbeiten. Reicht auch die Überarbeitung nicht aus, kann das RSB sogar ein Veto einlegen.

Damit hat das RSB zu einem frühen Zeitpunkt großen Einfluss auf die EU-Gesetzgebung und trägt dazu bei, dass die kurzfristigen Kosten für Unternehmen stärker berücksichtigt werden, als der langfristige Nutzen für die Gesellschaft. Ausführliche Informationen hier.

Deregulierungs-Befürworter sollte Mittelstandsbeauftragter werden

Einen weiteren Baustein in der Debatte um Bürokratie und angebliche Regulierungswut in Brüssel stellt das neu geschaffene Amt des/der Mittelstandsbeauftragten dar: Die Stelle ist hochrangig und soll direkt an die Kommissionspräsidentin von der Leyen berichten. Sie hat damit eine einflussreiche Rolle innerhalb der EU-Kommission.

Es ist zwar korrekt, dass kleinere Unternehmen bei der Umsetzung neuer Gesetze und Vorschriften gegenüber den großen Konzernen mit ihren personellen Ressourcen nicht benachteiligt werden dürfen. Dennoch steht zu befürchten, dass das Amt missbraucht wird. Der für den Job vorgesehene CDU-Abgeordnete Markus Pieper gab dieser Befürchtung weiteres Futter. Er hat sich u.a. in der Vergangenheit wiederholt für Deregulierung ausgesprochen und eine Stärkung des Regulatory Scrutiny Boards gefordert. Im März 2023 schlug er eine „Regulierungsbremse“ vor und warnte vor „ökologischer Überregulierung“.

Seit Wochen wurde in Brüssel kontrovers über die Ernennung von Markus Pieper (CDU) zum Mittelstandsbeauftragten der EU diskutiert. Zahlreiche Medienberichte ließen ernsthafte Zweifel an der Integrität der Ernennung aufkommen. Es stellte sich u.a. die Frage, ob Ursula von der Leyen Pieper durchgedrückt hat, um sich die Unterstützung in der CDU für eine zweite Amtszeit zu sichern. Kurz vor Antritt des neuen Postens erkläre Markus Pieper überraschend, dass er auf das Amt verzichtet. Das neu geschaffenen Amt und und dessen Bedeutung bleiben jedoch potentiell problematisch.

Europa nach der Wahl

Die Gefahr ist groß, dass die neue EU-Kommission nach der Wahl die Weichen für einen immer größeren Einfluss der Konzerne auf die EU stellen wird. Die Berichte von Mario Draghi und Enrico Letta sind dabei mit Sorge zu sehen.

Verstärkt wird ihr Einfluss durch die weltpolitische Lage: Die Weltbühne hat sich in den letzten Jahren von Partnerschaft und Freihandel zu einem Wettstreit verschiedener Machtblöcke gewandelt. Um unabhängig zu sein, müssen Konzerne strategische Versorgungslücken schließen, etwa bei Energieträgern oder Medikamenten. Einzelne Unternehmen und strategisch relevante Industrien werden besonders gefördert und haben lange Hebel, wenn sie ihre Interessen in die Politik tragen.

Umso problematischer ist es, dass es den Wirtschaftsverbänden gelungen ist, den Begriff der Wettbewerbsfähigkeit mit niedrigeren Steuern, mehr staatlichen Beihilfen und weniger gesetzlichen Regeln für Unternehmen in Europa gleichzusetzen – und damit mit weniger Regeln zum Schutz der Umwelt, der Beschäftigten und der Verbraucher:innen.

Wir fordern die EU auf, dies problematische Agenda zu stoppen. Sie muss verhindern, dass der Regulierungsspielraum auf EU- und nationaler Ebene weiter schrumpft, denn Europa braucht einen sozial gerechten ökologischen Wandel.

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Transparenzgesetz jetzt!

16. April 2024 - 9:00

Die Ampelkoalition hat die Einführung eines Transparenzgesetzes versprochen. Aber bisher liegt von ihr kein Vorschlag vor. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis fordert in einem Appell die Koalition auf, ihr Transparenz-Versprechen zu halten.

Ein Transparenzgesetz soll das reformbedürftige Informationsfreiheitsgesetz durch eine zeitgemäße Regelung ersetzen, die den Bürger:innen den Zugang zu Informationen der Verwaltung gewährt – und nicht wie bisher nur auf Antrag.

Zudem verpflichtet ein Transparenzgesetz die öffentlichen Stellen zu einer aktiven Veröffentlichungsstrategie. Mit einem Transparenzgesetz wird aus der Holschuld der Bürgerinnen und Bürger eine Bringschuld der Verwaltung. Viele Informationen wären damit einfach online abrufbar.

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EU: NGO-Bündnis fordert Kurswechsel gegen Monopolmacht



9. April 2024 - 8:44

Vierzehn NGOs aus ganz Europa fordern in einem heute veröffentlichten Manifest einen Kurswechsel in der EU-Wettbewerbspolitik. Die EU brauche eine ambitionierte und umfassende Agenda gegen Marktkonzentration und Monopolmacht sowie mehr Schutzmechanismen gegen den einseitigen Einfluss mächtiger Konzerne. Der bisherige Ansatz verhindere nicht effektiv, dass immer mehr Wirtschaftssektoren von wenigen Konzernen dominiert werden.

Das Manifest „Rebalancing Europe: A new economic agenda for tackling monopoly power“ kritisiert die bisherige EU-Wettbewerbspolitik. Trotz einzelner, wichtiger Initiativen wie dem „Digital Markets Act“ löst diese laut Bündnis das Problem der steigenden Marktkonzentration nicht. Die starke Konzentration gefährde den Wohlstand, die Sicherheit und die Demokratie in Europa. Unter ihr würden Arbeitnehmer:innen und Verbraucher:innen genauso leiden wie kleine Unternehmen und Unternehmensgründer:innen. Hochkonzentrierte Lieferketten schwächen die Resilienz Europas und die öffentliche Debatte werde zunehmend von einer Handvoll von Tech-Giganten dominiert. Die Marktkonzentration destabilisiere so die europäischen Gesellschaften und die Wirtschaft.

Laut Manifest muss die EU deshalb eine umfassende Agenda gegen Marktkonzentration und Monopolmacht verfolgen. Dazu werden eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen. Die Kernpunkte im Überblick:

  • Eine Kartellpolitik, die Bürgerinnen und Bürger ins Zentrum stellt und einen breiteren Ansatz verfolgt: sie soll nicht nur auf kurzfristige Effizienz und Preise achten, sondern auch auf die Auswirkungen von Monopolmacht auf Demokratie, Arbeiter:innen, Resilienz und Fragen wie Datenschutz und Nachhaltigkeit
  • Die EU-Wettbewerbspolitik muss stärker mit anderen Politikbereichen wie Datenschutz oder Industriepolitik vernetzt werden
  • Bessere Durchsetzung bestehender Regeln, wie dem „Digital Markets Act“ (DMA) und dem „Digital Services Act“ (DSA) sowie zusätzliche Ressourcen für deren Durchsetzung, etwa durch die Einführung von Gebühren für Techkonzerne
  • Einführung zusätzlicher Instrumente gegen Monopolmacht, darunter ein Instrument zur Entflechtung hochkonzentrierter Märkte (New Competition Tool)
  • Die stärkere Verwendung von klaren Prinzipien und strukturellen Abhilfemaßnahmen wie Abspaltungen sowie einer strikten Fusionskontrolle
  • Eine Demokratisierung der Kartellpolitik und Maßnahmen gegen einseitigen Lobbyeinfluss durch mehr Transparenz, eine Stärkung der Rolle der Zivilgesellschaft in der Kartellpolitik sowie ein Vorgehen gegen die Fülle an Interessenkonflikten bei der EU-Wettbewerbsbehörde.

Max Bank von LobbyControl kommentiert: 
„Die Monopolmacht von großen Unternehmen untergräbt die Demokratie. Damit der Kampf gegen Monopolmacht vorangeht, müssen wir die Wettbewerbspolitik neu aufstellen und gegen einseitigen Einfluss wappnen. Dazu braucht es mehr Ressourcen, eine konsequente Anwendung von Ethikregeln und neue Instrumente, die die strukturelle Macht von Konzernen aufbrechen.“

Ulrich Müller von Rebalance Now kommentiert:
„Die EU muss mehr gegen Monopolmacht tun. Sie braucht einen umfassenderen, strukturellen Ansatz in der Wettbewerbspolitik. Es wäre der falsche Weg, auf European Champions zu setzen. Stattdessen brauchen Europäer:innen eine offene, nachhaltige und innovative Wirtschaft, in der Macht und Vermögen breit gestreut sind und große Unternehmen Verbraucher:innen, Arbeitende, andere Firmen und Communities nicht ausnutzen können.“

Das Manifest „Rebalancing Europe: A new economic agenda for tackling monopoly power“ wird auch von zahlreichen deutschen Organisationen der Zivilgesellschaft getragen. Darunter LobbyControl, die neu gegründete Anti-Monopolorganisation Rebalance Now, Algorithm Watch, Digitalcourage, WEED und Aktion Agrar. Weitere internationale Unterstützer-Organisationen sind: Open Markets Institute, SOMO – The Centre for Research on Multinational Corporations, Foxglove, Balanced Economy Project, The Good Lobby, Irish Council for Civil Liberties, ARTICLE 19 und CAMP.

Den Kurswechsel in der Kartellpolitik wollen die Organisationen in den kommenden Monaten an die EU-Kommission und Kandidat:innen für das Europäische Parlament herantragen. In diesem Zusammenhang findet am 15. April eine Veranstaltung in Brüssel statt, bei der das Manifest mit EU-Entscheidungsträger:innen diskutiert wird.

Hintergrund

• Das vollständige Manifest finden Sie hier.

• Konferenz „Rebalancing Europe: A new economic agenda for tackling monopoly power“ am 15. April, eine Anmeldung zum Livestream ist hier möglich.

Appell von LobbyControl zur Durchsetzung des Digital Markets Act

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EU: Mutmaßliche Schmiergelder aus Russland an EU-Abgeordnete



4. April 2024 - 17:21

EU-Abgeordnete erhielten mutmaßlich Gelder aus Russland, um pro-russische Propaganda zu verbreiten, wie europäische Geheimdienste laut Medienberichten aufdeckten. Der Fall ausländischer Einflussnahme mithilfe von Schmiergeldern erinnert an den Katargate-Skandal, infolgedessen die EU umfassende Reform-Maßnahmen angekündigt hatte. Der neuerliche Fall zeigt jedoch allzu deutlich, dass die EU nach wie vor nicht gegen unlautere oder illegale Einflussnahme gewappnet ist.

Kathrin Anhold von LobbyControl kommentiert:

„Wenn die Vorwürfe zutreffen, dass EU-Abgeordnete sich aus Russland mit Schmiergeldern bestechen lassen, um im Wahljahr kremlfreundliche Propaganda zu verbreiten, ist das alarmierend. Das EU-Parlament muss dringend klären, ob neben der Propaganda auch Einfluss auf Entscheidungen des Parlaments genommen wurde. Außerdem braucht es weitere Reformen, die unsere demokratischen Institutionen – sei es das EU-Parlament oder der Bundestag – gegen strategische Korruption schützen. Es ist gut, dass die EU-Institutionen sich daran machen, mit dem Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung von Korruption in allen Mitgliedstaaten effektive und übereinstimmende Vorgaben gegen Bestechung einzuführen. Die EU-Wahl im Juni darf nicht durch autoritäre Staaten manipuliert werden.“ 

Reformen nach Katargate: Die EU muss das Problem ernst nehmen

„Als Konsequenz aus dem Katargate-Skandal hatte die EU umfassende Reformen angekündigt, jedoch nur zögerlich und zu lasch umgesetzt. Nach wie vor gibt es keine unabhängige Kontrolle, ob sich die Abgeordneten an die Regeln zum Umgang mit Interessenkonflikten halten. Der neue Skandal macht deutlich, dass diese Regeln dringend konsequenter durchgesetzt werden müssen. Deshalb fordert LobbyControl eine unabhängige EU-Kontrollbehörde für die Einhaltung aller Lobbyregeln. Unsere Demokratie ist verwundbar und schwach, wenn wir sie nicht schützen. Das gilt besonders vor den wichtigen EU-Wahlen in diesem Jahr“, so Anhold.

Politiker:innen aus sechs europäischen Ländern sollen Schmiergelder aus Russland erhalten haben, darunter Politiker der AfD aus Deutschland. Im Visier stehen die zwei Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl, Maximilian Krah und Petr Bystron. Krah ist als EU-Parlamentarier, Bystron als Bundestagsabgeordneter tätig. LobbyControl fordert strafrechtliche Ermittlungen, um die Vorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Bystron aufzuklären. Sollte sich der Verdacht bestätigen, ist es dringend geboten, dass der AfD-Politiker sein Bundestagsmandat niederlegt und nicht zur EU-Wahl antritt. Auch der Spitzenkandidat Krah sollte nicht für die EU-Wahl kandidieren, wenn die Vorwürfe sich erhärten.

Deutschland braucht schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung

„In Deutschland wird außerdem aktuell der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung überarbeitet. Mit den Maskendeals, die am Ende keine strafrechtlichen Konsequenzen hatten, wurde die Strafbarkeitslücke überdeutlich und soll nun geschlossen werden. Der Bundestag sollte dringend überprüfen, ob der Gesetzentwurf auch für Fälle wie den vorliegenden Verdacht der Einflussnahme greifen würde – und andernfalls unbedingt nachschärfen“, fordert die Sprecherin von LobbyControl.

Hintergrund

Laut Medienberichten haben europäische Geheimdienste die Einflussnahme durch Russland auf die EU aufgedeckt. Im Zentrum der Vorwürfe steht die von Tschechien aus betriebene Internetseite Voice of Europe. Der ukrainische Oligarch Viktor Medvedchuk, ein Vertrauter Putins, nutzte das als Nachrichtenseite getarnte Portal, um russische Propaganda in Europa zu verbreiten. Mehrere EU-Abgeordnete wurden laut Belgiens Premierminister Alexander De Croo aus Russland mit Schmiergeldern bezahlt, um russische Propaganda zu verbreiten. Es soll sich dabei um mehrere Hunderttausende Euro handeln. Voice of Europe hatte Interviews mit den beiden AfD-Politikern Maximilian Krah und Petr Bystron verbreitet, die Schmiergelder erhalten haben sollen. Bisher haben beide Politiker die Vorwürfe jedoch bestritten.

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Interessenkonflikt: Wirtschaftsweise Grimm und Siemens Energy

25. März 2024 - 10:33

Am 26. Februar 2024 wurde die Wirtschaftsweise Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy gewählt. Trotz öffentlicher Kritik, die auch aus dem Sachverständigenrat selbst kam, verzichtete Grimm nach ihrer Wahl in den Aufsichtsrat nicht auf ihre Funktion als Wirtschaftsweise. Wir fordern Konsequenzen, damit der offensichtliche Interessenkonflikt ein Ende hat.

Der Interessenkonflikt liegt auf der Hand: Veronika Grimm berät die Bundesregierung als Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Wirtschaftsweisen). Ihr Schwerpunkt liegt unter anderem in den Bereichen Energiemärkte und Energiemarktmodellierung. Sie ist außerdem Mitglied in mehreren weiteren energiepolitischen Beratungsgremien der Bundesregierung, darunter im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung und in der Expertenkommission zum Monitoringprozess „Energie der Zukunft“ beim Wirtschaftsministerium.

Für ihre Mitgliedschaft im Aufsichtsrat von Siemens Energy bekommt Grimm nun eine satte Vergütung. Die Interessen des Konzerns wird sie fortan im Blick haben. Ihre Vergütung liegt bei mindestens 120.000 Euro. Hinzu kommen weitere Zulagen für mögliche Mitgliedschaften in Untergremien des Aufsichtsrats sowie Aufwandsentschädigungen für die Teilnahme an Sitzungen. Damit dürfte sie bei Siemens Energy mehr verdienen, als mit ihrer Tätigkeit als Wissenschaftlerin an der TU Nürnberg.

Scharfe Kritik: Grimm muss sich entscheiden

Alle übrigen Mitglieder des Sachverständigenrats hatten die Entscheidung von Grimm kritisiert und sie dazu aufgefordert sich für eines der Mandate zu entschieden. Dies bestätigte die Vorsitzende des Sachverständigenrats Monika Schnitzer auch gegenüber LobbyControl.

Entweder Beraterin der Bundesregierung oder Aufsichtsrätin eines Dax-Konzerns. Das hatten wir ebenfalls öffentlich eingefordert, bedauerlicherweise ohne Konsequenzen: Grimm entschloss sich, die Kritik ihrer Kolleg:innen und der Zivilgesellschaft zu ignorieren, und weder auf das Aufsichtsratsmandat noch auf ihre Tätigkeit als Wirtschaftsweise zu verzichten. Eine Antwort Grimms auf eine Anfrage von LobbyControl steht noch aus.

Interessenkonflikt muss Konsequenzen haben

Es ist nachvollziehbar, dass die Bundesregierung nicht inmitten eines Verfahrens die Compliance Regeln oder das Gesetz des Sachverständigenrats ändern will. Das sollte sie aber perspektivisch tun und dafür sorgen, dass solche Interessenkonflikte von vornherein nicht zustande kommen.

Die bestehenden gesetzlichen Regeln verbieten zwar ein Aufsichtsratsmandat bei einem Dax-Konzern nicht. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass ein Mitglied aus dem Sachverständigenrat gleichzeitig eine solche Funktion wahrnimmt. Auch die ehemaligen Ratsmitglieder Wolfgang Franz, Jürgen Donges und Beatrice Weder di Mauro hatten vergleichbare Mandate bei Wirtschaftsunternehmen, die ebenso problematisch waren.

Gleichzeitig sieht das Sachverständigenratgesetz bereits bestimmte Ausschlussgründe vor, die eine Unabhängigkeit insbesondere von wirtschaftlichen Interessen sicherstellen sollen. Konkret heißt es in der seit den 1960er Jahren nicht geänderten Passage in §1 Absatz 3 SachvRatG: „Sie dürfen ferner nicht Repräsentant eines Wirtschaftsverbandes oder einer Organisation der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sein oder zu diesen in einem ständigen Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis stehen.“ Hier ist eine Modernisierung und Anpassung der Regeln überfällig.

Um dennoch jetzt akut die Unabhängigkeit des Sachverständigenrats und wirtschaftspolitischer Beratung insgesamt zu gewährleisten, sollte Veronika Grimm sich künftig nicht mehr zu energiepolitischen Fragen im Rat äußern. Zusätzlich fordern wir, dass sie sich aus den energiepolitischen Beratungsgremien für die Bundesregierung zurückzieht. Andernfalls bleibt der Verdacht bestehen, dass Grimm ihre Beratertätigkeiten künftig für die Interessen von Siemens Energy einsetzt.

Siehe auch:

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Interessenkonflikt von Markus Ferber (CSU) muss Konsequenzen haben

22. März 2024 - 9:05

Recherchen des Brüsseler Nachrichtenmagazins Politico zeigen, wie stark der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) in Interessenkonflikte verwickelt sein könnte. Es ist nicht die erste fragwürdige Nebentätigkeit, der Ferber nachgeht.

Der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) soll in einen brisanten Interessenkonflikt verwickelt sein. Ferber sitzt für die CSU seit 1994 im Europäischen Parlament, seit 2009 ist er Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) und gehört dort zu den tonangebenden Abgeordneten. Er hat Politico zufolge Unternehmen der Finanzbranche bei der Umsetzung der MiFID 2 Richtlinie der EU (Finanzmarktrichtlinie) beraten. Dies hatte er der Recherche zufolge gemeinsam mit Michael Heijmeijer geplant, dem Gründer und CEO von Cfinancials. Gleichzeitig war Ferber an der Gestaltung der Richtlinie selbst unmittelbar beteiligt.

Nicht die erste fragwürdige Nebentätigkeit

Das ist nicht die einzige Nebentätigkeit von Ferber. Er sitzt ebenfalls im Beirat der Deutschen Vermögensberatungs AG (DVAG) und hatte sich zugleich in Brüssel gegen ein Provisionsverbot für Kleinanleger eingesetzt. Zudem steht Ferber unter dem Verdacht, 2011 infolge der Finanzkrise Änderungsanträge zur Regulierung von Leerverkäufen und Kreditausfallversicherungen (CDS) ins Parlament eingebracht zu haben, die eins zu eins von der Finanzlobby stammten.

Max Bank von LobbyControl kommentiert:

„EU-Parlamentspräsidentin Metsola muss auf die Verwicklung von Markus Ferber in Beratungstätigkeiten reagieren. Dabei sollte sie die Möglichkeiten ausschöpfen, die sie mit dem Verhaltenskodex hat, um die Integrität des Parlaments zu wahren. Eine Stellungnahme von Ferber zu den Vorwürfen ist jetzt geboten.“

Zudem zeigt der Fall Ferber, dass es trotz Verbesserungen weiterhin Schlupflöcher im Verhaltenskodex für Abgeordnete gibt. Noch immer ist nicht definiert, welche Nebentätigkeiten Lobbytätigkeiten sind und deshalb nicht erlaubt sein sollten. Insofern hängt der Handlungsbedarf sehr stark vom politischen Willen der Parlamentspräsidentin ab.“

Hintergrund

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Dritte Austrittswelle: 17 weitere Stadtwerke verlassen Lobbyverband Zukunft Gas

20. März 2024 - 9:03

Zivilgesellschaftliche Kritik an der Mitgliedschaft zahlreicher Stadtwerke im Gaslobby-Verband Zukunft Gas bringt neue Erfolge: In einer dritten Austrittswelle sind weitere 17 Stadtwerke von der Mitgliederseite des Verbands seit Oktober 2023 verschwunden. Von den ursprünglich über 100 Stadtwerken sind jetzt nur noch 59 Stadtwerke als Mitglied aufgeführt.

Anlässlich des Berlin Energy Transition Dialogues, der vom 19. bis 20. März in Berlin stattfindet und bei dem führende Politiker:innen und Branchenvertreter:innen über die Energiewende diskutieren, wollen die Organisationen 350.org, LobbyControl und das Aktionskunstkollektiv WeiterSo! auf diese positive Entwicklung aufmerksam machen. Bisher sind 44 Stadtwerke aus dem Gaslobbyverband ausgetreten und setzen damit ein Zeichen gegen die Interessen der Gasindustrie und für zukunftsfähige erneuerbare Energielösungen.

Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl:
„Es ist gut, dass weitere Stadtwerke offenbar erkannt haben: Der Gaslobbyverband Zukunft Gas bietet keine Zukunft für die Energie- und Wärmewende. Es ist höchst problematisch, dass Zukunft Gas die schwierige und wichtige Debatte über die Zukunft der Energie- und Wärmeversorgung in den Kommunen mit seinen irreführenden Lobbybotschaften vernebelt und verzerrt. Als Sprachrohr der Interessen der großen Gaskonzerne setzt er ganz auf das falsche Versprechen, dass Wasserstoff beim Heizen breit einsetzbar sei. Sie stellen damit in Aussicht, bestehende Geschäftsmodelle und Infrastrukturen einfach erhalten zu können. Doch wissenschaftliche Erkenntnisse sprechen dagegen. Es braucht jetzt breite und ausgewogene Debatten vor Ort, ohne irreführende Zwischenrufe der mächtigen fossilen Konzernlobby. Stadtwerke sind dem Gemeinwohl verpflichtet und sollten sich nicht vor den Karren großer Gaskonzerne und ihren fragwürdigen Lobbyverband spannen lassen.“

Sam Beiras vom WeiterSo!-Kollektiv:
“Die brancheninterne Auseinandersetzung um den Verband Zukunft Gas zeigt das Hadern einiger Stadtwerke mit der Energiewende: Zwar bekennen sie sich zu den Klimazielen, ihr Handeln zeigt hingegen kaum Bereitschaft, sich von fossilem Erdgas abzuwenden. Deshalb nehmen sie das Heilsversprechen „Wasserstoff“ so gerne an und halten an der Mitgliedschaft bei Zukunft Gas fest. Diese Stadtwerke verschließen die Augen vor der Tatsache, dass Wasserstoff nie eine effiziente und kostengünstige Alternative in der dezentralen Wärmeversorgung sein wird. Sie sollten sich ein Beispiel an den vielen, bereits ausgetretenen Stadtwerken nehmen und der Gaslobby endlich eine Absage erteilen.”

Begleitet wird die Pressemeldung von einem Brief an die Aufsichtsräte der Stadtwerke, den lokale Initiativen heute an ihre Vertreter:innen geschickt haben. Anknüpfend an einen vorausgegangenen offenen Brief von LobbyControl im September 2023 fordert das Schreiben die Aufsichtsräte erneut auf, dem Austritt aus dem Gaslobby-Verband Zukunft Gas zuzustimmen. Es wird argumentiert, dass der Lobbyverband keine nachhaltige Wärmeversorgung gemäß der Klimaziele gewährleistet. Deshalb appelliert der Brief an die Stadtwerke, der Gaslobby den Rücken zu kehren und sich stattdessen auf eine klimafreundliche und gerechte Wärmeversorgung zu konzentrieren.

Kate Cahoon, Team Lead Deutschland bei 350.org:
“Nachdem die Wärmewende in den letzten Jahren komplett verschlafen wurde, stehen unsere Städte jetzt vor der großen Herausforderung, unsere Wärmeversorgung nachhaltiger zu gestalten. Dabei ist der Einfluss der Gaslobby auf Stadtwerke und Kommunen besonders besorgniserregend. Wir werden weiterhin mit lokalen Initiativen zusammenarbeiten, damit sie ihre Stadtwerke an ihre Verantwortung erinnern. Wir fordern von den kommunalen Energieversorgern, die Profitinteressen der fossilen Industrie nicht weiter zu schützen und sich für echte und nachhaltige Lösungen in der Wärmeversorgung einzusetzen. Denn eine dezentrale, saubere Energie- und Wärmeversorgung ist der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft.”

Hintergrund:

Der Gaslobby-Verband Zukunft Gas steht schon seit vielen Monaten in der Kritik, unter anderem durch Recherchen von LobbyControl und Correctiv. Im April 2023 hatte LobbyControl die Stadtwerke zunächst in einem offenen Brief zum Austritt aufgefordert. Es folgte eine kreative Aktion von WeiterSo! und 350.org vor dem Stadtwerke-Handelsblatt-Kongress und wenig später ein gemeinsamer Aufruf an die Stadtwerke, den über 70 Organisationen unterstützten. Ende September hatten die Organisationen 350.org, LobbyControl, das Umweltinstitut München und das WeiterSo!-Kollektiv zu einem Aktionstag aufgerufen, zu dem es an zwölf Orten in Deutschland Proteste und Aktionen gab.

Ausblick: Aktionstag 9./10. April 2024

Am 9. und 10. April 2024 rufen 350.org und WeiterSo! zu einem weiteren Aktionstag anlässlich der Handelsblatt-Stadtwerke-Jahrestagung auf. Lokale Initiativen wie etwa in Frankfurt am Main, Freiburg, München, Hanau, Köln, Nürnberg, Wuppertal und Fulda werden daran teilnehmen.

Zu den aktuell ausgetretenen Stadtwerken gehören:

  • Stadtwerke Hamm (Nordrhein-Westfalen)
  • Stadtwerke Schweinfurt (Bayern)
  • Stadtwerke Wertheim (Baden-Württemberg)
  • Stadtwerke Winsen (Luhe) (Niedersachsen)
  • Wind2Gas Energy (im Eigentum der Stadtwerke Mainz und ESWE Versorgung Wiesbaden, Rheinland-Pfalz und Hessen)
  • Über Ihre Mitgliedschaft bei emevo (Mecklenburg-Vorpommern)
    • Neubrandenburger Stadtwerke
    • Stadtwerke Demmin
    • Stadtwerke Güstrow
    • Stadtwerke Malchow
    • Stadtwerke Neustrelitz
    • Stadtwerke Parchim
    • Stadtwerke Pasewalk (noch nicht final vom Stadtwerk bestätigt)
    • Stadtwerke Schwerin
    • Stadtwerke Teterow
    • Stadtwerke Waren
    • Stadtwerke Wismar
  • e-Werk Sachsenwald (Reinbek) (noch nicht final vom Stadtwerk bestätigt)

Neben den Stadtwerken sind außerdem 5 Unternehmen aus dem Verband ausgetreten:

  • Central European Gas Hub AG
  • SpreeGas
  • Viergas Transport GmbH
  • Liquind 24/7
  • Novatek Green Energy

Zahlen im Überblick

August 2022: 103 Stadtwerke sind als Mitglied geführt.
April 2024: Nur noch 59 Stadtwerke sind als Mitglied auf der Website sichtbar.

Eine Übersicht zu allen bisherigen Austritten finden Sie hier.

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Lobbyreport 2024: Großer Fortschritt bei Lobbyregeln … und was die Ampel noch tun müsste

14. März 2024 - 11:00

Unter dem Druck der Lobbyskandale der vorigen Wahlperiode hat die Ampel viele neue Lobbyismus-Regeln auf den Weg gebracht.

Die Ampel-Koalition hat viele Vorhaben aufgeholt, die jahrzehntelang versäumt wurden. Trotzdem bleiben gravierende Missstände, die behoben werden müssen, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu stärken.

In unserem neuen Lobbyreport 2024 zeigen wir, wie diese neuen Regeln wirken: Verschärfungen beim Lobbyregister, bei der Parteienfinanzierung, bei Seitenwechseln oder gegen Korruption von Abgeordneten.

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In der vorherigen Legislaturperiode bis 2021 fügten eine Reihe von Lobby- und Korruptionsskandalen dem Vertrauen in die Politik und dem Ansehen des Bundestags schweren Schaden zu: Mehrere Unionsabgeordnete nutzten ihre Stellung, um sich private wirtschaftliche Vorteile durch Maskendeals mit Ministerien zu verschaffen, während Millionen Menschen aufgrund der Corona-Pandemie um ihre Jobs bangten oder in Kurzarbeit steckten. Zugleich wurden weitere Ermittlungen gegen Bundestagsabgeordnete im Zusammenhang mit Schmiergeldern aus Aserbaidschan bekannt.

Das verlangte nach einer entschiedenen Antwort der Politik, einem klaren Zeichen gegen Korruption sowie Maßnahmen zur Stärkung von Transparenz und Integrität in der Politik insgesamt. Unter dem Druck der Maskendeal- und Aserbaidschanaffären stimmte die Union 2021, kurz vor Ende der Wahlperiode, einem gesetzlich verpflichtenden Lobbyregister sowie einer umfassenden Verschärfung der Regeln für Bundestagsabgeordnete zu.

Doch sowohl in diesen beiden Bereichen als auch darüber hinaus, etwa bei der Parteienfinanzierung oder der Transparenz bei der Gesetzgebung, bestand weiter Handlungsbedarf. Da neben der SPD auch Grüne und FDP im Wahlkampf solche weitergehenden Schritte forderten, trat die Ampelkoalition in Sachen Transparenz und Lobbykontrolle Ende 2021 durchaus entschlossen und engagiert an.

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Der Koalitionsvertrag enthält dementsprechend Vorhaben in beinahe allen in diesem Lobbyreport betrachteten Feldern: von der Verschärfung des Lobbyregisters und dessen Ergänzung um eine Lobby-Fußspur für Gesetze über neue Regeln für die Parteien- und Wahlkampffinanzierung bis hin zur Reform des Strafgesetzes, um wirksam gegen Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit vorzugehen.

Die Bilanz der Ampelkoalition bei der Umsetzung der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag kann sich insgesamt durchaus sehen lassen: Alle angekündigten Vorhaben wurden entweder bereits umgesetzt oder befinden sich kurz vor der Verabschiedung. Die Ampelkoalition hat damit im Bereich Transparenz und Lobbyregulierung mehr vorangebracht als ihre Vorgänger. Dennoch bleiben gravierende Lücken und Missstände bestehen: Insbesondere mangelt es an einer effektiven Kontrolle und Durchsetzung der bestehenden Regeln, und zwar in allen hier betrachteten Bereichen. Große Defizite bestehen nach wie vor im Bereich der Parteienfinanzierung insbesondere durch die fehlende Höchstgrenze für Spenden und Sponsoring.

Zudem wurden in dieser Legislaturperiode die mangelhaften Regeln und Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten in den Ministerien besonders deutlich. Aber auch bei den umgesetzten Vorhaben blieb die Ampel zum Teil hinter ihren eigenen Ambitionen zurück. Zufrieden zurücklehnen kann sich die Koalition daher in keinem der betrachteten Bereiche.

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Unsere Bewertung der einzelnen Regelungsfelder im Vergleich zum Lobbyreport 2021

→ ROT: Großer Handlungsbedarf, die bestehende Regelung ist mangelhaft oder eine Regelung ist nicht vorhanden.
→ GELB: Es existieren unzureichende Regelungen, die verbesserungsbedürftig sind.
→ GRÜN: Aktuell kein Handlungsbedarf, eine angemessene Regelung wurde umgesetzt.

Transparenz der Interessenvertretung – Lobbyregister

Bei der Reform des erst Anfang 2022 eingeführten Lobbyregisters hat die Ampel an vielen Stellschrauben gedreht und in wesentlichen Punkten Verbesserungen erzielt. Lobbyist:innen müssen nun wesentlich umfangreicher Auskunft geben, worauf ihre Lobbyarbeit zielt, wie sie sich finanzieren und wer wen in welchem Umfang mit Lobbyarbeit beauftragt. Damit schließt Deutschland in Sachen Lobbyregister auch im europäischen Vergleich zur Spitzengruppe auf. Weiter bestehende Ausnahmen für einige Akteure wie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften bleiben aber problematisch.

→ Bei der Transparenz der Interessenvertretung springt unsere Bewertungsampel von Gelb auf Grün-Gelb.

Kein template für den Block ‚lc/download-with-newsletter‘ gefunden.stdClass Object ( [download_id] => 114626 [] => [gdpr_notice] => Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur #GDPR_LINK##DATA_START{"label":"Datenschutzerkl\u00e4rung","link":"\/datenschutz"}#DATA_END. [newsletterSubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/add-newsletter-subscription [newsletterUnsubscriptionRoute] => https://www.lobbycontrol.de/wp-json/ph-trust-api/v1/remove-newsletter-subscription [pop_up_template] => orange [button_headline] => Lobbyreport 2024 herunterladen [button_description] => Den Lobbyreport stellen wir Ihnen auch als PDF-Datei zur Verfügung. [button_template] => orange [pop_up_description] => Nur noch schnell unseren Newsletter abonnieren? Bleiben sind Sie immer aktuell informiert über Lobbyismus. [pop_up_headline] => Gleich gehts weiter zum Download. [pop_up_button_text] => Nur den Lobbyreport herunterladen [move_code] => LCW0006 ) Transparenz der Gesetzgebung – Lobby-Fußspur

Die Bundesregierung beschloss Anfang März 2024 endlich eine Regelung für eine Lobby-Fußspur für Gesetze und setzte damit ein weiteres Vorhaben des Koalitionsvertrags um. Der Beschluss weist in die richtige Richtung, bleibt aber zugleich klar hinter unseren Erwartungen zurück. Die neue Regelung lässt den Ministerien viel Spielraum dabei, welche Angaben sie zum Einfluss von Lobbyist:innen tatsächlich machen müssen.

→ Auf Grund der neu eingeführten, aber nicht ausreichenden Regelung springt unsere Bewertungsampel von Rot auf Gelb.

Seitenwechsel – Karenzzeitgesetz

Beim Wechsel aus der Politik in Tätigkeiten bei Verbänden und Unternehmen kann es zu Interessenkonflikten kommen. Während die zu schwachen Karenzzeitregeln für Mitglieder der Bundesregierung unverändert blieben, hat die Ampel die Regeln für Seitenwechsel von hochrangigen Beamt:innen verschärft und damit Teile unserer Forderungen umgesetzt.

→ Dank der verschärften Regeln bei Seitenwechseln von politischen Beamten verbessert sich unsere Bewertungsampel von Gelb auf Grün-Gelb.

Parteien- und Wahlkampffinanzierung

Die Reform des Parteiengesetzes Ende 2023 ist ein großer Fortschritt. Parteien stehen künftig erstmalig in der Pflicht, Einnahmen aus Sponsoring offenzulegen. Ebenso gibt es erstmalig eine Regelung für Wahlwerbeaktionen zugunsten einer Partei durch Dritte. Die Transparenz bei Parteispenden wurde dagegen nur marginal erhöht und ein Deckel für die maximale Zuwendungshöhe noch nicht einmal debattiert. Zudem bestehen auch hier Umsetzungsdefizite.

→ Unsere Bewertungsampel springt aufgrund der bedeutsamen, aber nicht ausreichenden Fortschritte von Rot nur auf Gelb.

Abgeordnetenregeln

Nachdem die Große Koalition 2021 das Abgeordnetengesetz verschärfte, wurden in dieser Wahlperiode die Auswirkungen der Reform sichtbar. Neben positiven Effekten wurden jedoch auch Defizite bei der Umsetzung und Schwächen der neuen Regeln deutlich. Zur Reform des Strafgesetzes gegen Abgeordnetenbestechung legte die Ampel einen Gesetzentwurf vor.

→ Unsere Bewertungsampel bleibt auf Grund weiter bestehender Defizite in den Abgeordnetenregeln bei Grün-Gelb.

Interessenkonflikte in den Bundesministerien

Der Umgang mit Interessenkonflikten in den Bundesministerien gelangte durch eine Reihe prominenter Fälle auf die mediale und politische Agenda. Obwohl Vertreter:innen der Ampelkoalition Reformen ankündigten, sind diese nach unseren Informationen noch nicht in Gang gekommen.


→ Unsere Bewertungsampel steht auf Rot: Die bisherigen Regelungen und Verfahren zum Umgang mit Interessenkonflikten reichen keineswegs.

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Lobbyreport 2024: Großer Fortschritt bei Lobbyregeln … und was die Ampel noch tun müsste

14. März 2024 - 11:00

Unter dem Druck der Lobbyskandale der vorigen Wahlperiode hat die Ampelkoalition viele neue Regeln für Lobbyismus auf den Weg gebracht. Der neue Lobbyreport 2024, den LobbyControl heute vorgestellt hat, zeigt den Fortschritt und wie die neuen Regeln wirken: Verschärfungen beim Lobbyregister, der Parteienfinanzierung, Seitenwechseln oder gegen Korruption von Abgeordneten.

Nach gut zwei Jahren hat die Ampel damit viele Vorhaben aufgeholt, die jahrzehntelang versäumt wurden. Trotzdem bleiben gravierende Missstände, die behoben werden müssen, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu stärken.

Deutschland endlich auf dem Weg zu zeitgemäßen Lobbyregeln

Timo Lange, Experte für Lobbyregulierung und Co-Autor des Lobbyreports:

„Die Bilanz der Ampelkoalition bei der Transparenz- und Lobbyregulierung kann sich nach gut zwei Jahren Regierungszeit durchaus sehen lassen. Das Lobbyregister ist reformiert und endlich gibt es auch eine Lobby-Fußspur für Gesetze, das sind zwei wichtige Elemente für transparentere Politik. Auch mit der umfassenden Reform des Abgeordnetenrechts und einigen Verbesserungen bei der Transparenz der Parteienfinanzierung ist Deutschland nun endlich auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Regelungsrahmen für Transparenz und Integrität in der Politik.

Trotzdem bleibt noch viel zu tun, denn weiterhin bestehen gravierende Lücken und Missstände. Vor allem werden die bestehenden Regeln nicht konsequent durchgesetzt und kontrolliert, und zwar in allen Feldern, die wir im Lobbyreport betrachten. Außerdem wurde in dieser Wahlperiode besonders sichtbar, dass wir eine starke, politisch unabhängige Aufsicht für Transparenz und Integrität brauchen. Dass es nicht genügt, dass Institutionen sich selbst kontrollieren, wird leider immer wieder deutlich.“

Verbesserungen bei Parteispenden – doch Geld bedeutet noch immer mehr Einfluss

Aurel Eschmann, Experte für Lobbyregulierung und Co-Autor des Lobbyreports:

„Mit der Regelung für das Parteisponsoring und den neuen Vorgaben für Wahlwerbekampagnen durch Dritte hat die Ampelkoalition zwei lang bestehende Missstände behoben. Auch dass mehr hohe Spenden unverzüglich veröffentlicht werden müssen, ist ein spürbarer Transparenzgewinn. Trotzdem bleibt die Transparenz bei den Parteispenden unzureichend. Doch das größte Defizit ist, dass es auch weiterhin keine Obergrenze für Spenden und Sponsoring gibt. Damit ist Geld in unbegrenztem Ausmaß an politischen Einfluss gekoppelt, das darf nicht sein. Negativbeispiele wie der Fall um die Parteispende von Christoph Gröner an die Berliner CDU machen diese Problematik allzu deutlich. Und auch hier zeigt sich: Regeln sind wertlos, wenn sie nicht durchgesetzt oder kontrolliert werden.“

Mangelhafter Umgang: Interessenkonflikte in Bundesministerien

In dieser Wahlperiode ist der mangelhafte Umgang mit Interessenkonflikten in Bundesministerien prominent in den Fokus gerückt. Das gilt für persönliche Verflechtungen wie im Fall Graichen oder Bonhoff, aber auch für finanzielle Angelegenheiten wie bezahlte Vortragstätigkeiten oder Unternehmensbeteiligungen von hochrangigen politischen Entscheidungsträger:innen. Es braucht dringend modernisierte Compliance-Regeln und -Verfahren in den Bundesministerien.

„Wer Compliance-Regeln aus größeren Unternehmen kennt, wird sich wundern, wie Compliance-Fragen in den Bundesministerien behandelt werden. Dass Mitglieder der Bundesregierung und politische Beamt:innen noch nicht einmal private finanzielle Interessen oder Unternehmensbeteiligungen anzeigen müssen, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Auch bei Besetzungs- und Bewilligungsverfahren kann es auf Grund privater Beziehungen zu potenziellen Interessenkonflikten kommen, wie prominente Fälle in dieser Wahlperiode zeigten. Der Umgang mit diesen Interessenkonflikten ist völlig unzureichend – und das gilt zum Teil auch für die Aufklärung und Aufarbeitung entsprechender Vorgänge, wie etwa bei der Wasserstoff-Affäre im Verkehrsministerium“, so Timo Lange weiter.

Effektive Lobbyregeln stärken Vertrauen in die Demokratie

Imke Dierßen, Politische Geschäftsführerin von LobbyControl:

„Der heutige Lobbyismus ist durch ein starkes Machtgefälle gekennzeichnet: Wer über weniger Geld und Zugänge zur Politik verfügt, steht im Zweifel hinten an. Das führt zu unausgewogenen politischen Entscheidungen. Die Bürger:innen sehen diesen starken Einfluss von Lobby-Gruppen als großes Problem und fühlen sich nicht repräsentiert. Das Vertrauen in demokratische Politik nimmt mit jedem Lobbyskandal weiteren Schaden. Dieses verlorene Vertrauen in unsere Demokratie muss wieder aufgebaut werden, deshalb sind effektive Lobby- und Transparenzregeln so wichtig. Außerdem braucht es eine politische Kultur, in der Offenheit und Integrität groß geschrieben werden und Regelverletzungen konsequent aufgeklärt werden.“

Hintergrund

Mit der Reihe Lobbyreport bilanziert LobbyControl seit 2013 die wichtigsten Entwicklungen in den Bereichen Lobbyismus und Lobbyregulierung in einer Wahlperiode.
Der Lobbyreport beleuchtet sechs Handlungsfelder:

  • Transparenz der Interessenvertretung: Lobbyregister
  • Transparenz der Einflüsse Dritter bei Gesetzesvorhaben: Lobby-Fußspur
  • Seitenwechsel von der Politik zum Lobbying
  • Parteien- und Wahlkampffinanzierung
  • Interessenkonflikte und Nebentätigkeiten von Abgeordneten
  • Interessenkonflikte in den Bundesministerien

Beim Lobbyreport 2021 zum Ende der letzten Legislaturperiode stand die Bewertungsampel noch in zwei von damals fünf Handlungsfeldern auf Rot, in zwei weiteren auf Gelb. Durch die Fortschritte in fast allen betrachteten Feldern sieht die Bilanz diesmal deutlich besser aus. Mit Rot, also ungenügend, wird nun nur noch das neu betrachtete Feld „Interessenkonflikte in den Bundesministerien“ bewertet. Beim Lobbyregister, Seitenwechseln und bei Abgeordnetenregeln steht die Bewertungsampel dank der jüngsten Reformen sogar auf Grün-Gelb. Trotzdem gibt es in allen betrachteten Bereichen weiteren Verbesserungsbedarf.

Material

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AI Act: Erneut drohende Einflussnahme durch KI-Start-ups

12. März 2024 - 8:10

Einen Tag vor der finalen Abstimmung über den AI Act im Europäischen Parlament warnen NGOs vor einseitiger Einflussnahme auf die anstehende Umsetzung der KI-Regeln.

Eine neue Recherche zeigt die problematische Nähe der Regierungen Deutschlands und Frankreichs zu den europäischen KI-Start-ups Mistral AI und Aleph Alpha sowie die Verflechtung der Start-ups mit internationalen Akteuren wie Google, Microsoft & Co. und deren Einflussnahme auf den AI Act. Der gemeinsame Bericht von Observatoire des multinationales, Corporate Europe Observatory (CEO) und LobbyControl zeigt, wie die umfassende Lobbykampagne der KI-Industrie bisher dazu geführt hat, dass Basis-Modelle wie Chat GPT, sogenannte „General Purpose AI“, weitgehend von den Regeln des KI-Gesetzes ausgenommen wurden. Zudem müssen diese nur wenige Transparenzpflichten erfüllen. Deutschland, Frankreich und Italien hatten sich in den Verhandlungen für diese Ausnahmen eingesetzt.

Die Gefahr ist daher groß, dass sich diese einseitige Einflussnahme bei der Umsetzung der Regeln fortsetzt. Viele Details des AI Act sind noch offen und müssen in zahlreichen Ausführungsgesetzen geklärt werden, z.B. in Bezug auf Standards, Schwellenwerte oder Transparenzpflichten. Auch die Zusammensetzung des Beirats des neuen KI-Büros der EU ist noch offen.

Privilegierter Zugang in den Verhandlungen

Die Recherche zeigt, dass Tech-Konzerne und Start-ups einen privilegierten Zugang zu den Verhandlungen hatten. Dieser führte in Brüssel dazu, dass 78 Prozent der Treffen hochrangiger Kommissionsbeamter zum Thema KI im Jahr 2023 mit Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden stattfanden.

Doch noch deutlich brisanter sind die Zugänge der europäischen KI-Start-ups auf die Regierungen zentraler EU-Mitgliedstaaten. Aleph Alpha CEO und Gründer Jonas Andrulis traf sich zwischen Juni und November 2023 mit hochrangigen deutschen Politiker:innen wie unter anderem Olaf Scholz, Robert Habeck und Volker Wissing.

Auch in Frankreich ist der Mitgründer des führenden KI-Start-ups Mistral AI Cédric O ähnlich gut vernetzt: Der ehemalige Staatssekretär für Digitales ist Vertrauter von Emanuel Macron und Mitglied des Komitees für generative KI der französischen Regierung. Dem Komitee gehört auch Arthur Mensch an, der zweite Mitbegründer von Mistral AI, sowie Vertreter:innen von Google und Meta.

Warnung der Zivilgesellschaft

Felix Duffy von LobbyControl: „Die deutsche Regierung hat dem KI-Start-up Aleph Alpha bereitwillig die Türen geöffnet. Dadurch erhielt Aleph Alpha privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern. Die umfassende Lobbykampagne der KI-Industrie führt zu einer Verwässerung der Regeln. Angesichts der Dringlichkeit der KI-Regulierung ist bei der Umsetzung der Regeln mehr Transparenz und Ausgewogenheit nötig.“

Olivier Petitjean vom Observatoire des multinationales: „Die Debatte über die Regulierung von KI wurde in Deutschland und insbesondere in Frankreich von der KI-Industrie dominiert. Wichtige Regeln für KI dürfen jedoch nicht zugunsten von Unternehmensgewinnen geopfert werden. Eine ausgewogene Beteiligung an der Durchsetzung der Regeln muss sichergestellt werden.“

Bram Vranken von Corporate Europe Observatory: „Die große Lobbymacht von Big Tech darf nicht in der Lage sein, sich Zugang und Einfluss auf wichtige Gesetze zu erkaufen. Das KI-Gesetz ist ein wichtiges Instrument, um sicherzustellen, dass die Grundrechte der Menschen respektiert werden. Wir fordern die EU daher auf, nicht zuzulassen, dass Big Tech und seine Verbündeten den Umsetzungsprozess verwässern.“

Hintergrund
  • Gemeinsame Recherche der NGOs Observatoire des multinationales, Corporate Europe Observatory (CEO) und LobbyControl zu Verbindungen von Start-Ups in der EU
  • Artikel von Observatoire des multinationales
  • Artikel Corporate Europe Observatory

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AI Act: Von der KI-Industrie in die Zange genommen

12. März 2024 - 7:36

Wie sich zwei KI-Start-ups aus Frankreich und Deutschland mit Google, Microsoft & Co verbündet haben, um das KI-Gesetz der EU auszuhöhlen.

Am 13. März stimmt das Europäische Parlament über den Artificial Intelligence Act (AI Act) ab, mit dem die EU erstmals einheitliche Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz schaffen will. Sollte es dem Gesetz zustimmen, haben die Unternehmen Mistral AI aus Frankreich und Aleph Alpha aus Heidelberg Grund zur Freude. Denn es waren die europäischen KI-Start-ups, die sich dank der starken Unterstützung ihrer Regierungen bei den Regeln weitgehend durchgesetzt haben. Die endgültige Fassung des AI Act befreit sie von den meisten Auflagen und Regulierungen, die ihnen zu Beginn der Verhandlungen noch drohten. Da ihre KI-Systeme nicht als risikoreich eingestuft werden, unterliegen sie nur geringen Transparenz-Anforderungen.

Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen Observatoire des multinationales aus Frankreich und Corporate Europe Observatory aus Brüssel haben wir untersucht, wie Mistral und Aleph Alpha ihren privilegierten Zugang zu Entscheidungsträgern in Deutschland und Frankreich erfolgreich genutzt haben, um darauf zu drängen, dass sogenannte „General Purpose AI” weitgehend von der Regulierung ausgenommen wird. Während Google und Microsoft ihren direkten Zugang zur Kommission in Brüssel nutzten, nahmen die KI-Start-ups die Verhandlungen über die wichtigen Mitgliedsstaaten Deutschland und Frankreich in die Zange.

Was auf dem Spiel stand

Aleph Alpha CEO und Gründer Jonas Andrulis verhandelte im März 2023 über die zweitgrößte europäische KI-Finanzierungsrunde in Höhe von 500 Millionen Dollar. Für Andrulis stand also viel auf dem Spiel. Die Verhandlungen über das KI-Gesetz hätten das Potenzial gehabt, seinen zukünftigen Investoren, darunter SAP, das US-Unternehmen Hewlett-Packard Enterprise, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Bosch die Laune zu verderben, weil sie eine geringere Rendite in Aussicht gestellt hätten. Anbieter von „General Purpose AI” wie Aleph Alpha, das französische KI-Start-up Mistral, aber auch große Tech-Konzerne wie Google und Microsoft befürchteten, dass der AI Act sie für ihre KI-Systeme zur Verantwortung ziehen würde.

In dieser Situation beklagte sich Jonas Andrulis, dass es kaum Lobbyarbeit zu „General Purpose AI” gebe. Und er fügte trotzig hinzu: „Wahrscheinlich, weil wir hier die Innovation anführen, aber bisher null Lobbying betrieben haben.“

Erfolgreich von der KI- Industrie verwässert

Nur zehn Monate später war Andrulis sichtlich erleichtert über den Ausgang der Verhandlungen: „Das KI-Gesetz ist in Ordnung. Eine Menge Arbeit hat auf der Ziellinie zu deutlichen Verbesserungen geführt.“ Und auch der Gründer des französischen Unternehmens Mistral, Arthur Mensch, stimmte zu: „Der AI Act ist für uns einfach zu handhaben.“

Unter dem Vorwand, die Entwicklung potenzieller europäischer Champions nicht zu behindern, die in der Lage sein müssen, mit den großen Tech-Konzernen aus den USA oder China zu konkurrieren, hatten die KI-Unternehmen Verbündete in den Regierungen Frankreichs, Deutschlands und Italiens gefunden. In der heißen Phase der Verhandlungen über das KI-Gesetz zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten sprachen sie sich gegen strenge Regeln aus und forderten in einem gemeinsamen Papier, die Regulierung von „General Purpose AI” auf freiwillige Verhaltensregeln und mehr Transparenz zu beschränken.

Der Hype um ChatGPT

Als das Unternehmen OpenAI Ende 2022 den Chatbot ChatGPT veröffentlichte, löste dies weltweit einen großen KI-Hype aus. Bei ChatGPT handelt es sich um sogenannte „General Purpose AI” (auch Foundation Models oder Basis-Modelle), die aufgrund ihrer Fähigkeiten für verschiedene Zwecke eingesetzt werden kann.

Andere Konzerne, die ebenfalls ans Basis-Modellen arbeiteten, sahen sich besonders durch die enge Zusammearbeit von OpenAI und Microsoft unter Druck gesetzt. Google veröffentlichte nur wenige Monate nach OpenAI sein eigenes Basismodell BARD, das später in Gemeni umbenannt wurde.

In der allgemeinen Begeisterung rund um KI sahen sich KI-Start-ups wie Aleph Alpha plötzlich im Aufwind. Und nur kurze Zeit später wurde in Frankreich Mistral AI gegründet. Beide nutzten den Hype, um mehrere Millionen an Finanzierung einzusammeln.

Auch in Deutschland wollte die Politik den Hype für sich nutzbar machen. In einem internen Vermerk empfahl das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im April 2023 angesichts der breiten Berichterstattung, das BMWK im Bereich KI „sichtbar zu machen“.

Die Debatten um ChatGPT beeinflusste auch die Verhandlungen über den AI Act, der von der EU-Kommission bereits im April 2021 vorgelegt wurde. Schnell wurde in Brüssel die Forderung laut, dass der AI Act auch die neuen Basis-Modelle umfassen müsse. Eine Forderung, die bei den Anbietern dieser KI-Systeme auf wenig Begeisterung stieß.

Lobbyarbeit von Aleph Alpha in Deutschland

Wie sehr Jonas Andrulis vom Hype um ChatGPT profitieren konnte, zeigt die lange Liste hochrangiger Treffen zwischen Aleph Alpha und Vertretern der Bundesregierung. Allein in den sechs Monaten zwischen Juni und November, der Hochphase der Verhandlungen zum KI-Gesetz, gab es zwölf solcher Treffen zum Thema KI-Regulierung. Darunter mit Olaf Scholz, dreimal mit dem für den AI Act zuständigen Minister Robert Habeck, dreimal mit Volker Wissing und je zweimal mit dem zuständigen Staatssekretär im BMWK Udo Philip und der zuständigen Parlamentarischen Staatssekretärin Franziska Brantner. Brantner, die für die Grünen im Bundestag sitzt, hat ihren Wahlkreis in Heidelberg –dem Standort von Aleph Alpha. Darüber hinaus wurde Jonas Andrulis im August 2023 zur Kabinettsklausur nach Meseberg eingeladen und traf dort die gesamte Bundesregierung.

„Dies ermöglicht Aleph Alpha einen privilegierten Zugang, der die Lobbyarbeit deutlich erleichtert und den andere Akteure, etwa aus der Zivilgesellschaft, nicht in gleichem Maße haben“, bestätigt auch Matthias Spielkamp, Geschäftsführer von Algorithmwatch, der die Nähe zwischen Aleph Alpha und Robert Habeck bereits in der Vergangenheit kritisch kommentiert hat.

Einen Hinweis auf mögliche Inhalte, die bei den Treffen besprochen wurden, gibt die Antwort auf eine von uns gestellte IFG-Anfrage zu Positionspapieren, die Aleph Alpha an das BMWK geschickt hat. Diese Positionspapiere zeigen, wie detailliert das KI-Start-up versucht hat, die Position der Bundesregierung während der laufenden Verhandlungen zu beeinflussen. Aleph Alpha machte darin konkrete Änderungsvorschläge zum Gesetz und forderte beispielsweise, Basis-Modelle von der Regulierung auszunehmen.

Dabei wiederholten das Start-up und seine Vertreter immer wieder zwei zentrale Botschaften: Erstens solle nur die Anwendung von KI-Systemen reguliert werden, nicht die Systeme selbst. Diese Forderung wurde auch von Robert Habeck und Volker Wissing aufgegriffen. Etwa auf dem Digitalgipfel der Bundesregierung im November 2023. Auch das gemeinsame Papier von Frankreich, Deutschland und Italien, das gegen Ende der Verhandlungen in Brüssel für Aufsehen sorgte, argumentierte in diese Richtung.

Auch die zweite Botschaft von Aleph Alpha wurde von Deutschland und Frankreich geteilt, nämlich die Notwendigkeit, die KI-Industrie in Europa zu unterstützen, um mit den Tech-Konzernen in den USA und China mithalten zu können. Laut Robert Habeck hänge sogar die Wettbewerbsfähigkeit Europas davon ab, ob es gelinge, KI in Europa erfolgreich zu entwickeln. Dafür sei eine „innovationsfreundliche Regulierung“ notwendig.

Dem widerspricht Matthias Spielkamp von der NGO Algorithmwatch deutlich: Natürlich könne man KI regulieren und gleichzeitig Innovationen ermöglichen. Um die Gefahren von KI zu begrenzen, etwa bei der automatischen Gesichtserkennung, brauche es aber strengere gesetzliche Regelungen und keine Selbstverpflichtung der KI-Industrie.

Nicht nur bei seinen zahlreichen Treffen mit Mitgliedern der Bundesregierung, sondern auch bei zwei Anhörungen im Bundestag und in vielen Interviews verbreitete Jonas Andrulis seine Botschaften. In einem seiner Interviews ging der Chef von Aleph Alpha sogar noch einen Schritt weiter und drohte unverhohlen damit, Europa zu verlassen, sollte die KI-Regulierung seinen Handlungsspielraum zu sehr einschränken.

Lobbyarbeit von Mistral AI in Frankreich

Das erst im April 2023 gegründete französische KI-Start-up Mistral AI stieg relativ spät in die Debatte um den AI Act ein. Im Sommer 2023 eröffnete das Unternehmen ein Lobbybüro in Brüssel. Verantwortlich für die Beziehungen zur EU wurde der ehemalige französische Staatssekretär für Digitales, Cédric O. Der Vertraute von Emanuel Macron hatte für Frankreich bereits den Digital Markets Act (DMA) ausgehandelt und ist daher in Brüssel bestens vernetzt.

Cédric O war mitverantwortlich dafür, die französische Regierung davon zu überzeugen, sich ebenfalls gegen verbindliche Regeln für „General Purpose AI” einzusetzen. Gemeinsam mit René Obermann, Präsident von Airbus, und Jeannette zu Fürstenberg vom Technologie-Risikokapitalfonds La Famiglia, war Cedric O im Juni 2003 einer der Initiatoren eines von 150 europäischen Unternehmen unterzeichneten offenen Briefes. In diesem wurde davor gewarnt, dass der AI Act „die Wettbewerbsfähigkeit und die technologische Souveränität Europas gefährden“ würde.

Während Cedric O als Cheflobbyist von Mistral AI in Brüssel versuchte, Einfluss auf die Verhandlungen zum AI Act zu nehmen, wurde er im Oktober 2023 in das Komitee für generative künstliche Intelligenz berufen. Das Gremium berät die französische Regierung in Bezug auf ihre KI-Politik. Der Gründer von Mistral AI, Arthur Mensch, sowie Vertreter von Google und Meta wurden ebenfalls in das Komitee berufen.

Ende Oktober zeigte die Lobbyarbeit einen ersten deutlichen Erfolg. Bei einem Treffen der Wirtschaftsminister Frankreichs, Deutschlands und Italiens, an dem auch Unternehmensvertreter teilnahmen, sprachen sich alle drei im Sinne von Mistral und Aleph Alpha aus. Man wolle Hand in Hand mit der Industrie an einer innovationsfreundlichen KI-Regulierung arbeiten, kündigten die Minister an.

Nur drei Wochen später veröffentlichten die drei Länder ein gemeinsames Papier, in dem sie sich gegen gesetzliche Regelungen und für eine Selbstregulierung durch einen Verhaltenskodex aussprachen. Laut FAZ wurde dieses vom Europäischen Parlament als „Kriegserklärung“ aufgefasst.

Die fragwürdige Erzählung von europäischen Champions

Insbesondere in Frankreich ist die Debatte um die Regulierung von KI stark von der Forderung nach der Entwicklung europäischer Champions geprägt. Diese müssten in der Lage sein, mit den großen Tech-Konzernen aus den USA oder China zu konkurrieren und dürften daher in ihrer Entwicklung nicht behindert werden. Aber auch Wirtschaftsminister Habeck und Verkehrsminister Wissing bedienen sich dieser Argumente.

Diese Erzählung wurde deutlich in Frage gestellt, als Ende Februar 2024 bekannt wurde, dass sich Microsoft an Mistral AI beteiligt. Microsoft wird das Start-up mit 16 Millionen Dollar Kapital und Infrastruktur unterstützen.

Der Journalist Luca Bertuzzi vermutet, dass der Deal während der laufenden Verhandlungen über den AI Act ausgehandelt wurde. In diesem Fall wäre das Argument der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den großen Tech-Konzerne nur vorgeschoben. Laut Bertuzzi hätten viele am AI Act Beteiligte bemerkt, dass die Lobbyarbeit von Microsoft, Google & Co. gegen Ende der Verhandlungen nachgelassen habe, da Mistral die „Drecksarbeit“ für sie erledigt habe.

Als Reaktion auf die Zusammenarbeit von Mistral und Microsoft forderten mehrere Abgeordnete der Grünen die EU-Kommission auf, den Fall zu untersuchen. Sie sehen in der Zusammenarbeit einen möglichen Interessenkonflikt und eine mögliche Verletzung der Transparenzpflichten.

Lobbyarbeit von Big Tech in Brüssel

Während Mistral AI und Aleph Alpha über die Mitgliedsstaaten Deutschland und Frankreich die Verhandlungen zum AI Act in die Zange nahmen, waren die großen Tech-Konzerne besonders in Brüssel aktiv. Eine Studie unserer Partnerorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) zeigt, wie Big Tech während der Verhandlungen privilegierten Zugang zu hochrangigen EU-Entscheidungsträgern hatte und diesen nutzte, um die Regeln für „General Purpose AI” zu verwässern.

Die Forderung nach Selbstregulierung war auch eine der zentralen Botschaften bei den Treffen der EU-Kommission mit den Chefs von Google und Microsoft. Zahlreiche von CEO angeforderte Dokumente zeigen, dass die großen Tech-Konzerne mit intensiver Lobbyarbeit auf die Pläne der EU-Kommission für den AI Act reagiert haben. Insbesondere zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 gab es zahlreiche Kontakte mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager und dem für den AI Act zuständigen Binnenmarktkommissar Thierry Breton.

Ein Ungleichgewicht zeigte sich auch im Jahr 2023. Eine von CEO durchgeführte Analyse belegt, dass 78 % der Sitzungen, die von hochrangigen Beamten der Kommission zum Thema KI abgehalten wurden, mit Industrie- oder Wirtschaftsverbänden stattfanden.

Die Tech-Konzerne können dabei auf ein enormes Budget für ihre Lobbyarbeit zurückgreifen. Unsere Berechnungen zeigen, dass der Digitalindustrie mittlerweile 113 Millionen Euro pro Jahr für Lobbyarbeit in Brüssel zur Verfügung stehen. Das sind 16,5 Prozent mehr als noch bei unserer Analyse von 2021. Im Vergleich der zehn größten Lobbyakteure ist die Digitalindustrie damit die Branche mit den höchsten Lobbyausgaben in der EU und übertrifft sogar die mächtige Auto-, Pharma- oder Finanzlobby.

Wie geht es weiter mit dem AI Act?

Die Einflussnahme von Mistral AI, Aleph Alpha, Google, Microsoft & Co auf den AI Act verheißt nichts Gutes für die Umsetzung der Regeln, sollte das Europäische Parlament dem Gesetz wie erwartet am 13. März zustimmen. Zudem sind viele Aspekte noch offen und müssen in zahlreichen weiteren Rechtsakten diskutiert und geklärt werden. Das gilt sowohl für das beschlossene europäische KI-Büro als auch für die Transparenzpflichten für Basis-Modelle. Arthur Mensch von Mistral AI hat bereits Widerstand angekündigt. In einem Interview sagte er, der AI Act dürfe ihn nicht dazu zwingen, Geschäftsgeheimnisse preiszugeben, was Know-how und Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen würde.

Es ist zu befürchten, dass auch die Transparenzregeln des AI Act in der Umsetzung weiter verwässert werden. Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten, allen voran Deutschland und Frankreich, müssen bei der Diskussion um die Umsetzung der Regeln daher auf Ausgewogenheit achten. Wichtige Regeln für Künstliche Intelligenz dürfen nicht zugunsten von Unternehmensgewinnen geopfert werden.

Die für die Umsetzung zuständigen Ministerien haben aber bereits angekündigt, sich für eine bürokratiearme und innovationsfreundliche Lösung einzusetzen. Am Standort von Aleph Alpha in Heidelberg wird man zufrieden sein.

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