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Aktualisiert: vor 3 Stunden 10 Minuten

Civaka-Info: Wochenrückblick Kurdistan

28. März 2025 - 20:55

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

in unserem neuen Newsletterformat informieren wir regelmäßig über die neuesten Entwicklungen in Kurdistan. Das Format entsteht in Kooperation mit dem Podcast “Frieden für Kurdistan” und soll einen Überblick über alle relevanten Nachrichten aus Kurdistan und der Region geben.

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Massenproteste gegen Absetzung Imamoğlus

Die Verhaftung von Ekrem Imamoğlu wegen Korruptions- und Betrugsvorwürfen hat landesweite Proteste ausgelöst. Zwar wurde ein Haftbefehl wegen angeblicher Terrorunterstützung vom Gericht abgelehnt, doch seine Festnahme führte dazu, dass täglich Hunderttausende trotz Versammlungsverboten auf die Straße gingen. Der türkische Staat reagierte mit Gewalt und Festnahmen – über 1.400 Menschen, darunter sieben Journalist:innen, wurden inhaftiert.

CHP-Vorsitzender Özgür Özel kündigte für Samstag Großkundgebungen in Istanbul an. Eine zentrale Forderung der Protestierenden sind vorgezogene Neuwahlen. Präsident Erdoğan verfolgt mit der Festnahme Imamoğlus zwei Ziele: die Ausschaltung eines ernsthaften Konkurrenten für die Wahl 2028 und eine Spaltung der Opposition. Für zusätzlichen Unmut sorgte der CHP-Politiker und Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş, der dem rechten Flügel der CHP angehört, als er bei den Newroz-Feiern kurdische Fahnen als “Lumpen” bezeichnete. Während die prokurdische DEM-Partei diese Äußerung scharf kritisierte, betonte sie dennoch ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der CHP gegen das autoritäre Vorgehen der Regierung. Auch der UN-Menschenrechtsrat verurteilte die Festnahmen und Polizeigewalt.

Die Absetzung gewählter Bürgermeister:innen und die Einsetzung von Zwangsverwaltern traf bislang vorrangig DEM-Politiker:innen. Seit den Kommunalwahlen 2023 wurden 13 Städte unter direkte Kontrolle des türkischen Staates gestellt. Die Kurd:innen kennen diese Form der Repression seit Langem und hatten sie vorausgesehen: “Wenn ihr euch jetzt nicht mit uns solidarisiert, wird dieser autoritäre Kurs morgen euch treffen.”

Kurdische Frauenkonferenz in Nordostsyrien

In der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien versammelten sich 300 Frauen zur ersten kurdischen Frauenkonferenz in Rojava. Vertreterinnen aus Politik, Wissenschaft und Kultur entwickelten eine gemeinsame Perspektive auf die aktuelle politische Lage und diskutierten notwendige Schritte für die Zukunft. Das zentrale Ergebnis der Konferenz war ein 12-Punkte-Plan, der unter anderem die Einberufung eines kurdischen Nationalkongresses sowie die Verankerung von Frauenrechten in einer gesamt-syrischen Verfassung fordert.

Nergîz Bekir von der kurdischen Frauenbewegung Kongra-Star betonte die weitreichenden Auswirkungen der Konferenz: „Die Frauenbewegung hat das Potenzial, den patriarchalen Charakter der syrischen Gesellschaft grundlegend zu verändern.“

Politische Entwicklungen in Syrien

In Suweida gründeten Aktivist:innen den „Zivilrat von Suweida“ – eine basisdemokratische Struktur, die gesellschaftlichen Zusammenhalt und Menschenrechte stärken soll. Währenddessen eskaliert in Westsyrien die Gewalt gegen die alawitische Bevölkerung. Bewaffnete Gruppen entführten in den vergangenen Tagen über 100 Menschen, darunter zahlreiche Frauen und Kinder.

Die Demokratische Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien reagierte mit ersten Hilfslieferungen für betroffene Familien in der Küstenregion. Die Unterstützung umfasste 6.000 Essenspakete, rund 2.500 Hygiene-Sets und 350 Tonnen Weizen – ein bedeutender Schritt für den Dialog zwischen den Regionen.

Die Türkei weitet ihren Einfluss in Syrien weiter aus. Berichten zufolge verhandelt sie über die Stationierung eigener Truppen in Palmyra. Israel betrachtet diese Entwicklung mit Sorge und sieht die Türkei als wachsende Bedrohung.

Auch kurdische Frauenorganisationen und -bewegungen aus Nord- und Ostsyrien haben auf die aktuelle Krise reagiert. Sie stellten ein Programm vor, das neben Hilfslieferungen auch Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung über die Situation der Frauen in der Küstenregion umfasst. Ein zentraler Fokus liegt zudem auf der Schaffung internationaler Aufmerksamkeit für das Thema.

Gleichzeitig gibt es Berichte von Augenzeugen, die beobachtet haben, wie die Türkei Söldner, die an den Massakern in Westsyrien beteiligt waren, nach Serêkaniyê transportierte – offenbar, um sie dort zu verstecken.

Angespannte Lage in Şengal

In Şengal, dem Hauptsiedlungsgebiet der Êzîd:innen, versucht der irakische Staat, die Kontrolle über die autonome Selbstverwaltung der Region zu übernehmen. Vor einer Woche griff das irakische Militär die Selbstverteidigungseinheiten YBŞ an und nahm fünf Kämpfer gefangen. Nach anhaltenden Protesten zog die Armee ihre Truppen zurück, doch die Gefangenschaft der YBŞ-Kämpfer sorgt weiter für Spannungen. Die Frauenbewegung Şengals organisierte eine Demonstration unter dem Motto „Das Volk und die Kämpfer sind vereint“. Sie kündigten an, die Proteste so lange fortzusetzen, bis die Festgenommen wieder freigelassen werden.

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Proteste in der Türkei: Historische Chance für Demokratisierung?

27. März 2025 - 16:44

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Nach der Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu und den darauf folgenden landesweiten Protesten steht die Türkei erneut an einem entscheidenden Scheideweg. Die gegenwärtigen Proteste sind ein Ausdruck der tiefen Unzufriedenheit mit der autokratischen Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan und spiegeln die wachsende Wut über die systematische Aushöhlung demokratischer Institutionen wider.

Altbekannte Methoden mit neuem Ziel

Das Vorgehen der türkischen Regierung, kurdische Oberbürgermeister*innen abzusetzen, zu inhaftieren und durch regierungstreue Zwangsverwalter zu ersetzen, ist seit Jahrzehnten ein zentraler Bestandteil der repressiven Politik Erdoğans. Diese Maßnahmen zielten bisher vor allem auf kurdische Politiker*innen ab, deren Proteste von der türkischen Öffentlichkeit nicht unterstützt wurden. Doch nun hat die autokratische Praxis auch große Teile der säkularen kemalistischen CHP erreicht, die einen bedeutenden Teil der türkischen Öffentlichkeit politisch repräsentiert. Dies zeigt deutlich, dass die autoritären Strukturen der Regierung längst nicht mehr ausschließlich Minderheiten, sondern zunehmend die gesamte Opposition bedrohen.

Historische Chance für Demokratisierung

Die aktuellen Proteste könnten eine historische Chance für eine Demokratisierung der Türkei darstellen. Sie verdeutlichen, dass breite Teile der Bevölkerung bereit sind, sich gegen die undemokratische „Ausschaltung“ eines potenziellen Präsidentschaftskandidaten und gegen die fortschreitende Unterdrückung durch das Regime Erdoğans zu wehren. In der Protestbewegung kommen derzeit verschiedene gesellschaftliche Gruppen zusammen, die zuvor kaum miteinander in Kontakt standen. Doch gleichermaßen birgt die Situation erhebliche Risiken. In zahlreichen Regionen treten Protestierende mit Wolfsgrüßen auf, greifen kurdische Demonstrierende an und ermöglichen es rechten sowie nationalitischen Kräften, die Bewegung für ihre Zwecke zu vereinnahmen.

Sollte sich dieser Trend fortsetzen, würde dies die ursprünglichen Ziele der Proteste – Demokratie und Gerechtigkeit – langfristig ins Leere laufen lassen und eine nachhaltige Demokratisierung zusätzlich erschweren.

Gefährdeter Friedensprozess?

Das Vorgehen der türkischen Regierung steht zudem in mehrfacher Hinsicht im Widerspruch zu den möglichen Friedensverhandlungen. Die unrechtmäßige Inhaftierung İmamoğlus verstärkt die politische Instabilität im Land und untergräbt zudem die Bemühungen um einen Friedensprozess zur Beendigung des jahrzehntelangen Konflikts zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Arbeiterpartei PKK.

Erdoğans autoritärer Kurs sowie die damit verbundenen repressiven Maßnahmen zu seinem Machterhalt stehen im Widerspruch zum Friedensappell des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan, der in seiner Botschaft Ende Februar “die Existenz einer demokratischen Gesellschaft und eines politischen Raums” für die Lösung der kurdischen Frage eingefordert hatte. Behauptungen, Kurd*innen würden sich aus taktischen Gründen und aus Rücksicht zu den möglichen Friedensverhandlungen nicht an den gegenwärtigen Protesten beteiligen, haben wenig mit der Realität auf der Straße und dem von Öcalan angestoßenen Prozess zu tun. Viel mehr stört sich die kurdische Gesellschaft an rechtsextremen und anti-kurdischen Gruppen, die vielerorts ungestört an den Demonstrationen teilnehmen.

Nichtsdestotrotz hat sich die DEM-Partei eindeutig auf der Seite des demokratischen Protestes positioniert. Eine Abordnung der DEM-Partei traf am Sonntag im Anschluss an die große Newroz-Feier bei der Stadtverwaltung in Saraçhane ein, um ihre Solidarität mit der CHP zu bekunden. In einer anschließenden Pressekonferenz betonten der Ko-Vorsitzende Tuncer Bakırhan und der CHP-Parteivorsitzende Özgür Özel ihre gemeinsame Zielsetzung, den Kampf für Demokratie fortzuführen.

Internationale Folgen

Die Entwicklungen innerhalb der Türkei könnten nicht nur innenpolitische, sondern auch geopolitische Konsequenzen haben. Obwohl Erdoğans repressiver Kurs in Europa bislang nur verhaltene Kritik hervorgerufen hat, könnte er die geopolitische Rolle der Türkei geschwächt haben. Als Präsident, der sich in der Vergangenheit wiederholt als Vermittler in internationalen Konflikten, etwa im Ukraine-Krieg, inszeniert hat, riskiert Erdoğan, durch die innenpolitische Krise an Einfluss zu verlieren. Dies könnte die strategische Position der Türkei gegenüber westlichen Partnern weiter 

Um die Türkei auf den Weg der Demokratisierung zu führen und die Grundlage für einen erfolgreichen Friedensprozess zu schaffen, ist es essenziell, dass sich alle demokratischen Stimmen im Land vereinen und sich gegen die zunehmende Repression behaupten. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Protestbewegung in der Türkei zu einer gesellschaftlichen Kraft werden kann, die trotz Erdoğans repressiver Politik den Weg für einen demokratischen Wandel offenhält.

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Permanent Peoples’ Tribunal spricht Türkei schuldig

27. März 2025 - 9:25

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Das Permanent Peoples’ Tribunal (PPT), eine internationale zivilgesellschaftliche Instanz zur Untersuchung schwerer Menschenrechtsverletzungen, hat gestern sein Urteil über die Türkei veröffentlicht. In dem auf einer Pressekonferenz im Europäischen Parlament in Brüssel vorgestellten Abschlussbericht wird dem türkischen Staat eine Reihe schwerer Vergehen zur Last gelegt – darunter Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie völkerrechtswidrige Handlungen in Rojava.

Das Tribunal, das Anfang Februar an der Freien Universität Brüssel unter dem Titel „Permanent Peoples’ Tribunal on Rojava vs. Türkei“ stattfand, untersuchte Verbrechen der Türkei und ihrer Verbündeten seit der Besetzung der kurdischen Efrîn-Region im Jahr 2018. Das Tribunal steht in der Tradition der sogenannten Russell-Tribunale, die ungesühnte Verbrechen dokumentieren und anprangern.

Beweisführung und Urteil

Der 80-seitige Bericht stützt sich auf umfangreiches Beweismaterial, das unter anderem gezielte Angriffe auf zivile Infrastrukturen, Folter, Entführungen, willkürliche Inhaftierungen sowie Vertreibungen dokumentiert. Auch die Zerstörung kultureller und historischer Stätten der kurdischen und êzîdischen Gemeinschaften wird festgehalten.

Besonders schwerwiegend sind die Erkenntnisse über völkerrechtswidrige Militäroperationen der Türkei – darunter „Euphrat-Schild“ (2016), „Olivenzweig“ (2018) und „Friedensquelle“ (2019). Diese Operationen führten laut Bericht zu anhaltenden Besetzungen in Gebieten wie Efrîn, Girê Spî (Tall Abyad) und Serêkaniyê (Ras al-Ain) und verletzten die territoriale Souveränität Syriens.

Konkrete Vorwürfe: Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen

Das Tribunal stellt fest, dass türkische Streitkräfte sowie von der Türkei unterstützte Dschihadistenmilizen nachweislich Kriegsverbrechen im Sinne des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs begangen haben. Dazu zählen:

  • Bombardierungen von Krankenhäusern, Schulen und Wasserinfrastruktur
  • Einsatz von weißem Phosphor im Oktober 2019 in Girê Spî und Serêkaniyê
  • Willkürliche Exekutionen an Zivilist:innen durch verbündete Gruppen
  • Systematische Folter, Entführungen und Verschwindenlassen

Darüber hinaus wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit festgestellt, insbesondere durch sogenannte demografische Umstrukturierungen. Nach der Besetzung Efrîns seien über 200.000 Kurd:innen vertrieben, Enteignungen vorgenommen und kulturelle sowie religiöse Stätten zerstört worden.

Forderungen und Empfehlungen

Das Tribunal fordert angesichts der dokumentierten Vergehen:

  • Ein Ende der türkischen Besatzung in Rojava und internationalen Druck zum Rückzug
  • Strafverfolgung hochrangiger türkischer Entscheidungsträger, darunter Präsident Recep Tayyip Erdoğan sowie weitere politische und militärische Führungskräfte, vor dem Internationalen Strafgerichtshof
  • Wirtschaftliche und politische Sanktionen gegen die Türkei
  • Einrichtung einer unabhängigen UN- oder EU-Kommission zur Untersuchung der Menschenrechtslage in Rojava

Ein Appell an das Völkerrecht

Das Tribunal sieht sein Urteil als moralisch-rechtlichen Appell an die internationale Gemeinschaft, die Prinzipien des Völkerrechts und die Rechte unterdrückter Völker ernsthaft zu verteidigen. „Die Handlungen der Türkei gefährden den Weltfrieden und die internationale Sicherheit“, so das abschließende Fazit der Kommission.

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Civaka-Info: Wochenrückblick Kurdistan

22. März 2025 - 13:39

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

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Newroz-Feuer leuchten über Kurdistan

Das kurdische Neujahrsfest findet immer zum Frühlingsanfang am 21. März statt. Deshalb wünschen wir an dieser Stelle allen Newroz pîroz be! Ein schönes Newroz-Fest!

Newroz-Feiern haben bei vielen Völkern im Zweistromland eine jahrtausendealte Tradition. Der Mythos, auf dem Newroz beruht, erzählt vom Widerstand gegen den grausamen Tyrannen Dahak. Am Ende siegt der Widerstand des Volkes, angeführt vom Schmied Kawa, und auf dem Dach des Tyrannenpalastes wird ein großes Feuer entzündet.

Der Höhepunkt der Newroz-Feierlichkeiten fand wieder in Amed (tr. Diyarbakır) statt. Unter dem Motto „Freie Führung – Demokratische Gesellschaft“ versammelten sich Hunderttausende im Newroz-Park, um den Beginn des neuen Jahres und den historischen Widerstandsgeist zu feiern. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Aufruf des PKK-Gründers Abdullah Öcalan für Frieden und eine demokratische Gesellschaft sowie die Forderung nach einer diplomatischen Lösung der kurdischen Frage.

Newroz als politisches Signal

Das Fest in Amed war nicht nur Ausdruck kultureller Identität, sondern auch ein starkes politisches Signal. Es verband Hoffnung mit klaren Forderungen: nach einem Ende der Repression, der Freilassung Abdullah Öcalans und der Öffnung demokratischer Räume. Newroz 2025 wurde in Amed zur Plattform für eine klare Botschaft: Frieden ist nur möglich mit Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und der Anerkennung der kurdischen Identität und Rechte. Die Worte aus der Abschlusserklärung der politischen Gefangenen bringen es auf den Punkt: „Heute ist der Tag, den Kampf auszuweiten. Newroz in Amed ist ein Ausdruck des Willens zur Lösung und zum Frieden“.

Auch im deutschsprachigen Raum finden in vielen Städten Newroz-Feiern statt. Die zentrale Newroz-Feier in Deutschland findet am 29. März in Frankfurt am Main statt. Aus ganz Deutschland werden gemeinsame Busreisen organisiert.

Massaker durch türkischen Drohnenangriff

Im Dorf Berxbotan in der Region Kobanê sind am Montagabend zehn Menschen durch einen türkischen Drohnenangriff ermordet worden. Die zehn Ermordeten gehören alle zu einer Familie. Sieben der Opfer sind Kinder, darunter mehrere Kleinkinder und Babys. Ihre Namen lauten Ahîn Osman Ebdo, Dijle Osman Ebdo, Dilovan Osman Ebdo, Yasir Osman Ebdo, Ezîz Osman Ebdo, Saliha Osman Ebdo, Avesta Osman Ebdo, Osman Berkel Ebdo, Ronîda Osman Ebdo, der Vater der Kinder, und Xezal Osman Ebdo, die Mutter der Kinder.

Die Türkei richtet ihre Angriffe immer wieder gegen zivile Infrastruktur oder terrorisiert wie in diesem Fall direkt die Zivilgesellschaft. Mazlum Abdi, Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), forderte das syrische Zentralregime auf, seiner Verantwortung nachzukommen und Angriffe anderer Staaten zu verhindern. Er wendete sich in derselben Mitteilung auch an die internationale Gemeinschaft und forderte sie auf, Maßnahmen gegen solche Verbrechen zu ergreifen. Ein Waffenstillstand sei dringend notwendig, um einen erfolgreichen Übergang zu einem sicheren und prosperierenden Syrien zu gewährleisten.

Als Reaktion auf das Massaker haben die SDF am Dienstag Gegenangriffe auf türkische Militärstützpunkte und SNA-Lager in Syrien gestartet. Währenddessen gehen die militärischen Angriffe der Türkei und der SNA auf den Tişrîn-Staudamm und die Qereqozax-Brücke weiter. Auch die zivile Mahnwache am Staudamm wird täglich weitergeführt.

Reaktionen auf die Verfassungserklärung des HTS-Regimes

Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyriens hatte bereits am 10. März mit der Zentralregierung in Damaskus ein Abkommen geschlossen, das die Grundlage für künftige Zusammenarbeit bildet. Es garantiert allen Syrer:innen die politische Teilhabe unabhängig von Religion oder Ethnie.

Der am 13. März unterzeichnete Entwurf einer neuen Verfassungserklärung durch die Übergangsregierung in Damaskus widerspricht allerdings diesen Prinzipien. In dem Entwurf wird festgehalten, dass die Rechtsprechung auf islamischen Grundsätzen, dem sogenannten Scharia-Recht, beruhen soll. Kritisiert wird zudem die fast uneingeschränkte Macht des Präsidenten, der wichtige Posten ohne Kontrolle besetzen kann – ein System, das laut der kurdischen Frauenbewegung Kongra Star dem türkischen Präsidialsystem ähnelt. Darüber hinaus arbeiteten fast ausschließlich sunnitische Araber am Entwurf, was laut der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens die Vielfalt Syriens ignoriere.

Die Demokratische Selbstverwaltung betonte bei einem Folgetreffen mit der Übergangsregierung die Notwendigkeit, alle Bevölkerungsgruppen in den politischen Prozess einzubeziehen. Die Notwendigkeit, alle Teile der Gesellschaft in den Prozess der Neuordnung einzubeziehen, zeigt sich nicht zuletzt an den Massakern an der alawitischen Minderheit an der Westküste Syriens. Bei Angriffen von dschihadistischen Gruppen, die zum Teil der Türkei nahe stehen, wurden in den vergangenen Wochen innerhalb nur weniger Tage über 1500 Zivilist:innen, vor allem Alawit:innen, ermordet. Das HTS-Regime kündigte an, alle Verbrechen zu ahnden. Gleichzeitig betonte es, gegen alle “Überreste des alten Regimes und seiner Offiziere“ vorgehen zu wollen. Aus Angst vor weiteren Massakern sind aktuell über zehntausend vor allem alawitische Syrer:innen auf der Flucht in den angrenzenden Libanon.

Die Bevölkerung Nord- und Ostsyriens hat sich bereit erklärt, den betroffenen Regionen jede erdenkliche Hilfe zukommen zu lassen. Die Erklärung beinhaltete auch einen Aufruf zur materiellen und moralischen Unterstützung. Auf diesen Aufruf hin wurde ein Hilfskonvoi mit rund 20 Lastwagen mit Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern zusammengestellt, der am vergangenen Dienstag in der betroffenen Region eingetroffen ist.

Friedensprozess geht weiter – Türkei eskaliert Angriffe

Sechs kurdischstämmige Abgeordnete des Deutschen Bundestages haben den Aufruf von Abdullah Öcalan als “Chance für eine friedliche, freiheitliche und demokratische Lösung der Kurdenfrage” begrüßt. Die fünf Abgeordneten der Linkspartei und ein Abgeordneter der Grünen forderten die Freilassung aller politischen Gefangenen in der Türkei. Weiterhin sei die Wiederherstellung der Amtsgeschäfte abgesetzter Bürgermeister:innen ein Schritt hin zu einer demokratischen Gesellschaft. Als notwendig für den Friedensprozess benannten die Abgeordneten zudem die Verankerung der kulturellen Rechte von Kurd:innen und anderen Minderheiten in der türkischen Verfassung. Des Weiteren appellierten die Politiker:innen an die Bundesregierung, ihren Einfluss gegenüber der Türkei geltend zu machen und so den Prozess zu unterstützen. Auch in Deutschland selbst müsse die ungerechtfertigte Kriminalisierung von kurdischen Aktivist:innen beendet werden.

Bereits am 1. März hatte die PKK nach einem Aufruf von Abdullah Öcalan einen einseitigen Waffenstillstand erklärt. Dennoch intensiviert der türkische Staat seit einigen Wochen seine Angriffe auf die PKK-Guerilla. Allein in der ersten Hälfte dieses Monats flog er über 5.000 Angriffe auf die Gebiete der Guerilla.

In der Türkei hat sich unterdessen eine Delegation der DEM-Partei mit Vertretern der ultra-nationalistischen MHP getroffen. Die MHP ist Koalitionspartner der Regierungspartei AKP des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan. Das Treffen fand im Rahmen einer Reihe von Gesprächen mit verschiedenen Parteien und politischen Akteuren zum historischen Aufruf Abdullah Öcalans statt. Eine Meldung über den Verlauf der Gespräche ist seitens der DEM-Partei noch nicht veröffentlicht worden. Im Raum steht auch ein Treffen zwischen der DEM-Partei und dem türkischen Präsidenten Erdoğan. Auf Anfrage der DEM-Partei habe Erdoğan erklärt, er stehe dafür nach dem Fest des Fastenbrechens, Eid al-Fitr, Anfang April zur Verfügung.

Bürgermeister Istanbuls verhaftet

Das türkische Regime hat am vergangenen Mittwoch den Bürgermeister von Istanbul und voraussichtlichen Präsidentschaftskandidaten der kemalistischen CHP, Ekrem Imamoğlu, verhaftet. Neben Imamoğlu wurden 87 weitere Personen aufgrund von Haftbefehlen festgenommen. Darunter sind zwei Bezirksbürgermeister und leitende städtische Angestellte. Imamoğlu gilt als größter Konkurrent von Amtsinhaber Erdoğan bei den Präsidentschaftswahlen 2028.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Oppositionspolitiker vor, im Amt Bestechungsgelder angenommen zu haben. Außerdem soll er die Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, unterstützt haben, indem er sich mit der DEM-Partei in den Wahlen 2023 abgesprochen habe. Die DEM ist eine legale Parlamentspartei in der Türkei, die sich für eine demokratische Politik einsetzt. Sie hat enge Verbindungen zur kurdischen Freiheitsbewegung und wird deshalb vom türkischen Staat beschuldigt, eine Teilorganisation der PKK zu sein. Derartige Argumentationsmuster sind die Grundlage für die Gefangenschaft von über zehntausend Kurd:innen, die in der Politik, im Journalismus, in der Rechtshilfe oder im sozialen und kulturellen Bereich aktiv waren.

Massaker von Helebce vor 35 Jahren

Am 16. März jährte sich das Massaker von Helebce zum 35. Der damalige irakische Diktator Saddam Hussein hatte 1988 die hauptsächlich von Kurd:innen bewohnte Stadt fünf Stunden lang mit chemischen Waffen bombardieren lassen. Etwa 5.000 Menschen starben, viele weitere erlagen ihren Verletzungen. Mehr als 400 Kinder, die in iranischen Krankenhäusern behandelt wurden, gelten bis heute als vermisst.

Ermöglicht wurde dieser Angriff damals insbesondere durch die deutsche Firma Karl Kolb GmbH. Diese lieferte der Saddam-Diktatur die Stoffe zur Herstellung von Giftgas. Das Massaker von Helebce wurde vor Gericht verhandelt, hatte aber keine rechtlichen Konsequenzen für das Unternehmen.

Helebce gilt als trauriger Höhepunkt der dreijährigen Anfal-Kampagne Husseins, der 180.000 Menschen zum Opfer fielen. Die überwiegende Mehrheit der Opfer waren Kurd:innen.

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RDL: Friedensprozess Türkei/PKK nur eine Ablenkung?

21. März 2025 - 8:14

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die PKK will die Waffen niederlegen und sich auflösen, doch die Türkei greift das zum großen Teil kurdisch besiedelte und derzeit faktisch autonome Gebiet im Norden Syriens (Rojava) weiter beständig an. Erst vor wenigen Tagen soll dabei nach kurdischen Angaben eine Familie mit zwei Erwachsenen und 7 Kindern durch den Angriff einer türkischen Drohne auf ihr Dorf in der Nähe von Kobanê getötet worden sein. Wie ernsthaft ist da der von Erdogans Koalitionär Devlet Bahceli angestoßene Friedensprozess? Schließlich hat es in den Jahren 2013-15 schon einmal einen ganz ähnlichen “Friedensprozess” gegeben, den Erdogan dann im Sande verlaufen ließ. Ist das ganze vielleicht nur ein Ablenkungsmanöver? Soll sich ein Teil der Opposition damit beschäftigen, während es das eigentliche Ziel ist, den Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu mit fadenscheinigen juristischen Anschuldigungen, darunter angebliche Zusammenarbeit mit der PKK, aus dem Verkehr zu ziehen? Ekrem Imamoglu will schließlich als Präsidentschaftskandidat antreten und hätte durchaus Chancen. Mako Qocgiri vom Kurdischen Zentrum für Öffentlichkeit e. V. Civaka Azad, geht im Gespräch mit Radio Dreyeckland indessen davon aus, dass die Türkei den Friedensprozess tatsächlich brauche, um nicht das Opfer eines von den USA betriebenen Planes zu werden. Die Region solle umgestaltet werden und die Kurd*innen seien die Achillesverse der Türkei und Irans. Das habe Bahceli gesehen und sei deshalb auf sie zugegangen. Die kurdische Seite bleibe aber durchaus ein selbständiger Akteur.

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Die Stimme der Frauen: Newroz für Freiheit und eine demokratische Gesellschaft

21. März 2025 - 7:35

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

In diesem Interview begegnen sich die junge kurdische Aktivistin Berivan und Ayten Kaplan, Sprecherin der Kurdischen Frauenbewegung in Europa, TJK-E. Im Dialog beleuchten sie die zentrale Rolle der kurdischen Frauenbewegung in der Gesellschaft und deren Einsatz für Gleichberechtigung, Frieden und Demokratie. Ein besonderer Fokus liegt auf dem kurdischen Neujahrsfest Newroz, das nicht nur den Beginn eines neuen Jahres symbolisiert, sondern auch als Zeichen des Widerstands und der Hoffnung für Freiheit und soziale Gerechtigkeit gilt. Ayten Kaplan teilt ihre Perspektiven zu den Herausforderungen und Chancen, die sich für kurdische Frauen in Europa und im Nahen Osten ergeben, und betont die Bedeutung von Bildung, kulturellem Erbe und sozialer Teilhabe. Das Gespräch bietet nicht nur einen Einblick in die Anliegen der kurdischen Frauenbewegung, sondern auch in die Vision einer gerechteren und demokratischeren Gesellschaft, in der Frauen eine Schlüsselrolle spielen.

Berivan: Lass uns doch mit der Präsentation von TJK-E anfangen.

Ayten Kaplan: Die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) wurde 2014 gegründet, um kurdische Frauenorganisationen in Europa zu vernetzen und ihre Arbeit sichtbarer zu machen. Ziel ist es, Frauen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zu stärken und ihre Organisierung zu unterstützen – sei es durch Bildung, soziale Arbeit oder Kulturprojekte. Es geht darum, Frauen eine Plattform zu geben, ihre Anliegen in der Öffentlichkeit zu vertreten und sich international zu vernetzen.

Berivan: Wie wurde der Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft und die Botschaft für die Frauen am 8. März aufgenommen? Welche Perspektiven ergeben sich für die kurdische Frauenbewegung?

Ayten: Abdullah Öcalans Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft basiert auf seinem Paradigma, das die Perspektive der kurdischen Freiheitsbewegung darstellt. Seit Jahren setzen wir uns für eine gesellschaftliche Neuordnung ein, in der ethnische und religiöse Vielfalt als Bereicherung verstanden wird. Rojava ist ein Beispiel für ein funktionierendes basisdemokratisches Modell. Dabei geht es nicht nur um Kurdinnen und Kurden, sondern auch um andere ethnische Gruppen und Interessierte, die das alternative Gesellschaftssystem unterstützen wollen. Für uns ist es wichtig, ethnische oder religiöse Unterschiede nicht als Fremdheit oder Ausgrenzung zu sehen, sondern als Chance, voneinander zu lernen und sich durch unterschiedliche Kulturen und Hintergründe gegenseitig zu stärken. Frauen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Über Jahrhunderte wurden sie systematisch aus gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen verdrängt. Gerade im Nahen Osten war dieser Ausschluss aufgrund patriarchaler Strukturen und religiöser Normen besonders ausgeprägt. Frauen wurden nicht als eigenständige Individuen anerkannt, die denken, analysieren und die Gesellschaft aktiv mitgestalten können. Ihr Kampf um Gleichberechtigung ist daher nicht nur ein Kampf gegen patriarchale Unterdrückung, sondern auch gegen ein System, das sie jahrhundertelang unsichtbar gemacht hat. Der Einsatz für Frauenrechte ist daher untrennbar mit dem Kampf für eine gerechte Gesellschaft verbunden.

Berivan: Welche Rolle spielen Frauen in der kommenden Zeit für Frieden und eine demokratische Gesellschaft und inwiefern spielen Frauen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung einer demokratischen Gesellschaft?

Ayten: Frauen sind die treibende Kraft für gesellschaftliche Veränderungen. Sie bewahren das kulturelle Erbe, erziehen kommende Generationen und tragen entscheidend zum sozialen Gefüge bei. Ein Beispiel dafür ist, dass kurdische Frauen trotz jahrhundertelanger Unterdrückung ihre Sprache und Kultur in den eigenen vier Wänden weitergegeben haben. Ihre Erziehung und Wissensvermittlung ist ein wesentlicher Bestandteil des sozialen Zusammenhalts. Indem sie ihre Kinder erziehen und ihr Wissen weitergeben, tragen sie entscheidend zur gesellschaftlichen Transformation bei. Ein weiterer Aspekt, wie Frauen zum Frieden beitragen: Sie erleben Krieg unmittelbar – als Betroffene von Gewalt und Vertreibung. Deshalb haben sie ein besonderes Interesse am Frieden. Die Versöhnung zwischen Müttern, die ihre Kinder im Krieg verloren haben, ob Kurdinnen oder Türkinnen, zeigt, dass Frauen Brücken bauen können, wo Männer oft nur in Kategorien von Sieg und Niederlage denken. Wenn zwei Mütter, die eine von einem türkischen Soldaten, die andere von einer Guerillakämpferin oder Guerillakämpfer, ihren Schmerz teilen, entsteht eine tiefere Versöhnung, als es politische Erklärungen allein vermögen.

Berivan: Das diesjährige Newroz-Fest steht unter dem Motto “Newroz für die Freiheit”. Was bedeutet das?

Ayten: Newroz ist für uns nicht nur ein Neujahrsfest, sondern auch ein Symbol des Widerstands. Es erinnert an den Kampf gegen Unterdrückung und den Einsatz für Freiheit und Demokratie. Frauen spielen dabei eine besondere Rolle, denn sie sind die Trägerinnen des gesellschaftlichen Wandels. Das diesjährige Newroz steht im Zeichen der Verantwortung, die wir als Frauen unter anderem für die Demokratisierung des Nahen Ostens tragen. Dabei erinnern wir uns auch an Mazlum Doğan, dessen Widerstand und Selbstaufopferung 1982 im Gefängnis von Diyarbakır zum Symbol des kurdischen Freiheitskampfes wurde. Seine Tat inspirierte viele, darunter zahlreiche Frauen, die eine führende Rolle im Kampf für Gerechtigkeit übernahmen und sogar ihr Leben dafür gaben. Newroz steht somit nicht nur für einen Neuanfang, sondern auch für den unerschütterlichen Willen, gegen Unterdrückung zu kämpfen und eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen. Gleichzeitig soll es den Beginn einer neuen Phase der Demokratisierung markieren, in der Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit im Mittelpunkt stehen. Ein zentraler Schritt in diesem Prozess ist die Freilassung von Abdullah Öcalan, dessen Ideen einer demokratischen, ökologischen und geschlechtergerechten Gesellschaft nach wie vor eine neue Perspektive für den Kampf um Frieden und Gerechtigkeit darstellen.

Berivan: Welche Rolle spielen kurdische Frauen bei Newroz und wie tragen sie dazu bei, das kulturelle Erbe und die Traditionen rund um Newroz zu bewahren?

Ayten: Frauen haben über Jahrhunderte hinweg Traditionen bewahrt und weitergegeben, auch unter schwierigsten Bedingungen. Sie haben aber nicht nur die Kultur bewahrt, sondern auch aktiv Widerstand geleistet. Die Selbstopferungen der Frauen während Newroz in den 90er Jahren waren ein starkes Zeichen gegen die Unterdrückung. Ihr Vermächtnis verpflichtet uns, den Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit fortzusetzen.

Berivan: Was sind eure spezifischen Botschaften und Forderungen? Welche Rolle kann dabei die kurdische Diaspora spielen?

Ayten: Die kapitalistische Moderne befindet sich in einer tiefen Krise. Soziale Ungleichheit, Flucht und Ausgrenzung sind direkte Folgen eines Systems, das den Profit über den Menschen stellt. Eine Alternative ist die demokratische Selbstverwaltung, wie sie in Rojava praktiziert wird. Doch wenn Staaten keine Lösungen für soziale, kulturelle oder politische Probleme bieten und stattdessen auf Repression setzen, führt das unweigerlich zu Widerstand. In vielen Teilen der Welt gewinnen faschistische Organisationen an Einfluss, weil sie das Unbehagen der Menschen aufgreifen, während die etablierten Systeme keine wirklichen Alternativen bieten. Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung werden zur Alltagssprache, weil sich die Menschen nicht mehr sicher fühlen. Dies zeigt, dass es den Staaten nicht gelungen ist, die Gesellschaft in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Entscheidungen werden von einer kleinen Elite getroffen, während Millionen von Menschen kein Mitspracherecht haben – weder in Friedens- noch in Kriegszeiten. Diese Entmündigung führt zu Frustration und Auflehnung. Die kurdische Diaspora kann eine Schlüsselrolle spielen, indem sie sich organisiert, politische Forderungen stellt und echte demokratische Partizipation einfordert. Nur durch gemeinsames Handeln kann langfristig etwas verändert werden. Ein Beispiel dafür ist Rojava. Dort hat sich in den letzten 13 Jahren eine föderale Struktur entwickelt, die die Partizipation aller ethnischen und religiösen Minderheiten ermöglicht. Zum ersten Mal im Nahen Osten wurde hier ein Demokratisierungsmodell als Alternative zur kapitalistischen Moderne geschaffen – ein System, das dem Paradigma der kurdischen Freiheitsbewegung entspricht und eine Lebensform bietet, in der die Menschen selbstbestimmt entscheiden, wie sie leben wollen.

Berivan: Möchtest du zum Schluss noch etwas sagen?

Ayten: Frauen sind die Stütze jeder Gesellschaft. Wenn wir eine gerechtere Welt wollen, müssen wir unsere Rolle erkennen und aktiv werden. Es geht nicht nur um unsere eigene Freiheit, sondern auch um das Erbe, das wir den kommenden Generationen hinterlassen. Eine Gesellschaft, in der Mensch und Natur im Einklang leben, ist möglich – wenn wir sie gemeinsam gestalten.

Berivan: Vielen Dank für deine Zeit und deine wertvollen Einblicke.

wb_sunnyNEWROZ 2025

Am 29. März 2025 wird das traditionelle Newroz im Rebstockpark in Frankfurt am Main gefeiert. Es werden zehntausende Menschen aus ganz Europa erwartet.
Beginn ist um 11:00 Uhr.

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Die kurdische Frage und die Demokratisierung der Türkei

19. März 2025 - 12:49

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Der ungelöste Konflikt zwischen der kurdischen Freiheitsbewegung und dem türkischen Staat prägt nicht nur die politische Landschaft der Türkei, sondern hat Auswirkungen auf den gesamten Nahen Osten und darüber hinaus. Mit dem jüngsten Aufruf von Abdullah Öcalan, dem Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), könnte sich eine historische Wende abzeichnen. Seine Erklärung skizziert einen demokratischen Weg zur Lösung der kurdischen Frage und betont die Notwendigkeit eines strukturellen Wandels, um einen nachhaltigen Frieden zu ermöglichen. Cemil Bayık, Ko-Vorsitzender des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), unterstreicht in seiner Analyse die zentrale Bedeutung dieser Initiative und hebt hervor, dass die Umsetzung maßgeblich von der Haltung der türkischen Regierung abhängt. Die zentrale Frage bleibt jedoch, ob die türkische Regierung bereit ist, diesen Weg mitzugehen.

Demokratische Nation als Alternative zu Nationalstaat und Assimilation

Öcalans Konzept der “Demokratischen Nation” stellt eine Alternative zu klassischen Nationalstaaten dar, die mit Unterdrückung ethnischer, religiöser und kultureller Minderheiten einhergehen. Während regionale und globale Mächte versuchen, die Krise im Nahen Osten für ihre eigenen geopolitischen Interessen zu nutzen und ethnische und religiöse Spannungen verschärfen, um ihre Kontrolle auszuweiten, verfolgt Öcalan einen dem diametral entgegengesetzten Ansatz: Sein Modell setzt auf eine gesellschaftlich getragene Lösung, die nicht von staatlicher Dominanz oder Machtkämpfen zwischen Großmächten bestimmt wird, sondern von den Menschen vor Ort. Die “Demokratische Nation” soll nicht nur ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt anerkennen, sondern auch die Grundlage für eine gerechtere Gesellschaft bilden. Sie basiert auf Partizipation, Gleichberechtigung und Selbstverwaltung – Prinzipien, die für einen nachhaltigen Frieden entscheidend sind. Die Frauenbefreiung spielt in diesem Konzept die Schlüsselrolle, da eine wahrhaft demokratische Gesellschaft ohne die Freiheit der Frau nicht denkbar ist. Dieser Bruch mit traditionellen Staatsmodellen eröffnet neue Wege für den Frieden, da er auf einer gesellschaftlichen Mitbestimmung und einer tiefgreifenden Demokratisierung basiert.

Öcalans Friedensinitiative und die anhaltende Gewalt der Türkei

Am 27. Februar 2025 rief Öcalan die PKK zur Niederlegung der Waffen auf, um die kurdische Frage auf diplomatischem Wege zu lösen – ein Ansatz, den er bereits mehrfach verfolgt hat. Darüber hinaus rief Öcalan die PKK dazu auf, einen Kongress zu ihrer Auflösung einzuberufen, sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen seien. Es gehe darum, dass die repressiven Verhältnisse, die Vernichtung und Verleugnung, auf die die Gründung der PKK die notwendige Antwort war, zu beseitigen und durch einen Demokratisierungsprozess bewaffnete Kräfte obsolet zu machen. Daraufhin erklärte die PKK einen einseitigen Waffenstillstand, während die Türkei ihre Angriffe auf kurdische Gebieteunvermindert fortsetzt. Diese Diskrepanz zwischen Öcalans Friedensinitiative und der militärischen Gewalt des türkischen Staates verdeutlicht nicht nur die Herausforderungen eines nachhaltigen Friedensprozesses, sondern wirft auch die zentrale Frage auf, ob die türkische Regierung überhaupt bereit ist, den Weg zum Frieden einzuschlagen.

Die Rolle der Türkei und internationale Verantwortung

Trotz zahlreicher Friedensinitiativen bleibt der türkische Staat in seiner Politik der Assimilation und Repression gefangen. Der bewaffnete Kampf der kurdischen Bewegung entstand aus der Notwendigkeit, das Überleben der Kurd:innen zu sichern, doch Öcalan betont, dass eine politische Lösung die einzige nachhaltige Option ist. Eine Vorbedingung für den Fortschritt des Friedensprozesses ist die Schaffung von Bedingungen, unter denen Abdullah Öcalan frei arbeiten kann. Die gegenwärtige Isolation auf der Gefängnisinsel Imrali verhindert nicht nur seine persönliche Freiheit, sondern blockiert auch politische Fortschritte. Damit der Friedensprozess vorankommt, muss das Imrali-System abgeschafft werden. Außerdem muss eine parlamentarische Kommission gegründet werden, die einen politischen Prozess für die verfassungsrechtliche Anerkennung der Rechte der Kurd:innen und anderer Minderheiten sowie die Demokratisierung der Türkei einleitet. Nur so kann die Grundlage dafür geschaffen werden, die Waffen zum Schweigen zu bringen und den Raum für die demokratische Politik zu öffnen.

Auch die internationale Gemeinschaft spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Während westliche Staaten öffentlich Demokratisierung und Menschenrechte fordern, unterstützen sie gleichzeitig den türkischen Staat, indem sie die PKK als terroristische Organisation einstufen. Eine Neubewertung dieser Haltung und aktiver Druck auf Ankara könnten den Friedensprozess positiv beeinflussen.

Politische Handlungsempfehlungen für die deutsche Bundesregierung

Als einflussreicher Partner der Türkei sollte Deutschland eine vermittelnde Rolle im Friedensprozess übernehmen. Dazu gehört die Forderung nach einem Ende der Isolation Öcalans sowie die Unterstützung eines inklusiven Dialogs zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Bewegung. Wie auch der kurdische Rechtshilfefonds Azadî fordert, muss Deutschland seine innenpolitische Haltung überdenken und die PKK von der Terrorliste streichen. Dies würde nicht nur die Repressionen gegenüber Kurd:innen in Deutschland beenden, sondern auch einen konstruktiven Beitrag zur Lösung des Konflikts leisten.

Appell an die Zivilgesellschaft und demokratische Kräfte

Neben den staatlichen Akteuren sind auch die Zivilgesellschaft und demokratische Kräfte weltweit gefordert, sich aktiv für eine politische Lösung der kurdischen Frage einzusetzen. Die internationale Solidarität und die anhaltenden Proteste haben bereits dazu beigetragen, die Totalisolation Öcalans zumindest teilweise zu durchbrechen. Erklärungen allein reichen jedoch nicht aus – es bedarf konkreter Schritte, um politischen Druck auf die türkische Regierung auszuüben. Die Lösung der kurdischen Frage ist nicht nur für die Kurd:innen von Bedeutung, sondern auch für die Stabilität und den Frieden im Nahen Osten und darüber hinaus. Deshalb ist die internationale Gemeinschaft gefordert, sich für die Umsetzung von Öcalans Friedensaufruf einzusetzen und an einer gerechten, demokratischen Zukunft mitzuarbeiten.

Demokratisierung als Schlüssel zum Frieden

Ein nachhaltiger Frieden im Nahen Osten kann nur durch eine umfassende Demokratisierung erreicht werden. Öcalans Ansatz einer demokratischen Gesellschaft bietet einen Ausweg aus dem jahrzehntelangen Konflikt, doch ihre Umsetzung hängt von politischen Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene ab.

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Türkei verübt in Kobanê ein Massaker an einer Familie: Neun Tote, darunter sieben Kinder

17. März 2025 - 7:01

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die Türkei hat bei einem Drohnenangriff in Nordsyrien neun Mitglieder einer Familie getötet. Der Angriff erfolgte heute Nacht gegen 0.40 Uhr Ortszeit auf das Haus einer Familie im Dorf Berxbotan in der nordsyrischen Stadt Kobanê. Die beiden Eltern und sieben Kinder der Familie wurden getötet, zwei weitere Personen überlebten verletzt.

Seit der Machtübernahme der islamistischen Miliz Hayat Tahrir al-Scham (HTS) in Damaskus Anfang Dezember nutzt die Türkei das entstandene Machtvakuum für eine neue Besatzungsoffensive in den Gebieten der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES). Dabei setzt sie neben Panzern, Kampfflugzeugen und Drohnen auch ihre dschihadistische Stellvertretertruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) ein. Es kommt hierbei immer wieder zu gezielten Angriffen auf zivile Siedlungsgebiete oder auf zivilen Protest. Derzeit konzentrieren sich die Angriffe auf das Gebiet des Tişrîn-Staudamms. Sollten die Türkei und die SNA dort die Kontrolle erlangen, droht ein Großangriff auf Kobanê.

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Muslim: Das Abkommen entspricht Öcalans Perspektiven

12. März 2025 - 14:54

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, und der syrische Interimspräsident Ahmed al-Scharaa haben am Montag ein Abkommen mit acht Artikeln unterzeichnet. Salih Muslim hat sich Sprecher der PYD für auswärtige Beziehungen gegenüber ANF zu dem Abkommen und den von Abdullah Öcalan vorgelegten Perspektiven für Rojava und die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien geäußert und die einzelnen Bestimmungen erläutert.

Gestern wurde ein Abkommen zwischen Mazlum Abdi, Generalkommandant der QSD, und dem syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-Scharaa unterzeichnet. Was ist Ihr erster Kommentar zu diesem Abkommen?

Diese Vereinbarung wurde vor einigen Tagen auf einer gemeinsamen Sitzung der Autonomieverwaltung und der QSD getroffen. Es wurde vereinbart, dass Ausschüsse gebildet werden und dass es ein Abkommen mit sieben bis acht Artikeln geben wird. Es werden Ausschüsse gebildet, und die Einzelheiten werden zwischen diesen Ausschüssen besprochen.

Wir werden über jeden einzelnen Artikel sprechen, aber wie interpretieren Sie den allgemeinen Rahmen? Können wir sagen, dass die Revolution in Rojava mit diesem Abkommen konsolidiert wurde? Kann man sagen, dass Rojava an Status gewonnen hat, zumindest im regionalen Sinne?

Ja, wir können sagen, dass sie gefestigt wurde. Nachdem wir so viel gekämpft und gerungen haben, sind wir jetzt Partner in allem; das können wir sagen. Wir sind Partner in allem, was diesen Staat betrifft. Wir sind Partner in seiner Verwaltung, seiner Verfassung, seinem Leben, seiner Wirtschaft, in allem.

Beginnen wir mit dem ersten Artikel: „Gewährleistung des Rechts aller Syrerinnen und Syrer auf Vertretung und Beteiligung am politischen Prozess und an allen staatlichen Institutionen auf der Grundlage von Kompetenzt und Verantwortung, unabhängig von ihrer religiösen und ethnischen Herkunft“. Dabei handelt es sich um ein Projekt, das auf die Koexistenz aller gesellschaftlichen Gruppen abzielt und in Rojava umgesetzt wurde. Wird dieses Projekt in ganz Syrien umgesetzt oder wurde es nur für Rojava diskutiert?

Nein, es wird nicht nur für die Autonomieverwaltung, sondern für ganz Syrien umgesetzt werden. Die Details werden noch besprochen, aber es geht um ganz Syrien.

Der zweite Artikel ist wichtig: „Die kurdische Gemeinschaft ist eine autochthone Gemeinschaft des syrischen Staates und der syrische Staat garantiert ihre Staatsbürgerschaft und alle verfassungsmäßigen Rechte“. In Syrien hatten die Kurdinnen und Kurden keine Identität, sie galten nicht einmal als Staatsbürger. Wie ist dieser Artikel zu bewerten?

Das Programm des baathistischen Regimes, Menschen die Identität abzusprechen, ist vorbei. Es gab auch einige alte Gesetze, sie werden korrigiert. Mit anderen Worten: Die Kurdinnen und Kurden werden gleiche Bürgerrechte erhalten.

Ein weiterer Artikel ist die Einführung eines Waffenstillstands im gesamten syrischen Gebiet. Die Angriffe auf Rojava gehen jedoch weiter. Es gibt Angriffe des türkischen Staates und mit ihm verbundener Banden. Wird eine gemeinsame Haltung gegen diese Angriffe eingenommen?

Diese Konflikte und das Vorgehen der Banden werden illegal sein. Wir werden uns gemeinsam gegen diese Angriffe wehren. Niemand kann sagen, dass diese eine Kraft des Staates sind. Denn sie sind Banden und illegal. Wenn die Banden ihre Angriffe fortsetzen, müssen wir gemeinsam kämpfen.

Ein weiterer Artikel lautet: „Integration aller zivilen und militärischen Einrichtungen in Nord- und Ostsyrien in die Verwaltung des syrischen Staates, einschließlich der Grenztore, Flughäfen, Öl- und Gasfelder“. Was können Sie zu diesem Artikel sagen?

Wir werden die Grenzübergänge, wie etwa Nisêbîn und Til Koçer, gemeinsam verwalten. Wir werden gemeinsam über die Verteilung und Verwaltung der Einnahmen aus diesen Orten entscheiden. Dies wird also von Gesetzen und Vereinbarungen abhängen. Die Einzelheiten dazu werden in den Vereinbarungen festgelegt.

Ein weiterer Artikel soll sicherstellen, dass alle vertriebenen Syrerinnen und Syrer in ihre Städte und Dörfer zurückkehren und dass sie vom syrischen Staat geschützt werden. Als erstes fallen mir Efrîn, Girê Spî und Serêkaniyê ein. Wie sieht der Plan für diese Regionen aus? Was verstehen wir unter diesem Abkommen?

Alle werden an ihre Orte zurückkehren dürfen. Die Häuser vieler Menschen wurden beschlagnahmt und von Außenstehenden besiedelt. Diese Menschen werden in ihre alten Häuser zurückkehren. In gewissem Sinne bedeutet dies die Befreiung dieser Gebiete von der türkischen Besatzung.

Und was bedeutet es, „den Kampf des syrischen Staates gegen die Überreste des Assad-Regimes und jede Bedrohung seiner Sicherheit und Einheit zu unterstützen“?

Wir werden zusammen sein. Die Überreste des Baath-Regimes werden keinen Platz finden. Das heißt, sie werden unsere Gebiete nicht nutzen, um gegen das neue Regime zu kämpfen.

Der siebte Artikel beinhaltet die Ablehnung von Aufrufen zur Spaltung aller Teile der syrischen Gesellschaft, von Hassreden und Versuchen, Zwietracht zu säen. In diesem Sinne hat der türkische Staat über die HTS auf Monismus gedrängt. Kann man sagen, dass dieser Druck mit diesem Abkommen zunichte gemacht wurde?

Die Bürgerinnen und Bürger Syriens werden unabhängig von ihrer Religion oder Ethnie als gleichberechtigt angesehen. Zum Beispiel wird niemand mehr sagen können, dass er die ezidische Gemeinschaft nicht akzeptiert, oder sie zwingen, zum Islam zu konvertieren. Mit einer großen demokratischen Verwaltung können alle so leben, wie sie möchten. In diesem Sinne ist es eine große Errungenschaft. Es ist ein großer Gewinn für Aleviten, Drusen, Eziden und Christen.

Werden also die Exekutivausschüsse daran arbeiten und dafür sorgen, dass dieses Abkommen bis Ende des Jahres umgesetzt wird? Bezieht sich das auch auf die Ausarbeitung der Verfassung? Oder werden hier nur die praktischen Handlungen realisiert? Wird die Verfassung längerfristig vorbereitet werden?

Für jeden dieser acht Artikel wird ein Ausschuss gebildet. Für die bewaffneten Kräfte wird es einen Ausschuss geben. Dieser wird darüber diskutieren, wie sich die Streitkräfte beteiligen werden. Es wird eine Einigung erzielt, und dann wird darüber diskutiert, wie die Verwaltung aussehen soll. Diese Ausschüsse werden innerhalb eines Jahres eine Einigung erzielen. In diesem Zusammenhang kann es auch die Frage einer Verfassung geben, es kann eine Interimsverfassung geben. Über diese vorläufige Verfassung wird dann ein Referendum abgehalten werden.

Was bedeutet diese Einigung auf internationaler Ebene? Die internationale Unterstützung für die derzeitige Übergangsregierung ist bekannt. Wir sehen, dass insbesondere die westlichen Mächte eine wichtige Rolle beim Aufbau des neuen Syrien spielen.

Die internationalen Mächte waren Vermittler. Sowohl unsere Verwaltung als auch die syrische Regierung hatten Vermittler. Das bedeutet, dass diese Vermittler zugestimmt haben und alle ihren Beitrag dazu leisten werden. Wir sind also offiziell ein Partner dieses Staates.

Heißt das, dass die internationalen Mächte auch an diesem Text beteiligt sind oder dass sie auf einer Seite dieses Abkommens stehen?

In allem; wir sind Partner in den Angelegenheiten dieses Staates, sowohl innerhalb als auch außerhalb.

Ein weiteres Thema, das in diesem Zusammenhang viel diskutiert wurde, war der Brief von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] an Rojava. Was er in diesem Brief gesagt hat, ob er über Entwaffnung gesprochen hat oder nicht, wird viel diskutiert. Vor allem in AKP-Medien wurde behauptet, dass es einen Aufruf zur Entwaffnung an die QSD und die YPG/YPJ gab. Wurde mit dem Abkommen auf diese Propaganda reagiert?

Dieses Schreiben ging an die Verwaltung. Kurz gesagt, soweit ich weiß, zeigt dieses Schreiben, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das heißt, wir wollen ein Teil Syriens sein, wir wollen zusammen sein, wir wollen Frieden schließen. Mit anderen Worten, wir sind nicht von dem abgewichen, was in diesem Brief gesagt wurde. Wir sind also nicht über die von Rêber Apo genannten Punkte hinausgegangen.

Haben Sie den Brief gelesen?

Der Inhalt des Briefes wurde mir übermittelt, ich habe gehört, was in dem Brief stand. Im Prinzip akzeptieren wir, Frieden zu schließen und Teil dieses Staates zu sein. Natürlich werden wir unseren Platz in diesem Staat unter der Bedingung einnehmen, dass wir unsere Rechte und Eigenheiten schützen. Das haben wir von Anfang an gesagt, wir sind also nicht außen vor. Sie haben von den parteiischen Medien gesprochen. Diese Medien werden die heutige Vereinbarung als „Kapitulation“ betrachten oder eine solche Propaganda betreiben. Die Realität sieht jedoch anders aus. Das Erreichen einer solchen Vereinbarung ist ein großer Gewinn für uns. Wenn so etwas auch in Bakurê Kurdistanê [Nordkurdistan] geschehen wäre, wäre das sehr gut.

Da Sie den Inhalt des Briefes von Rêber Apo kennen, frage ich noch einmal der Klarheit halber: Sagt er in seinem Brief an Rojava etwas über Entwaffnung oder den Verzicht auf Selbstverteidigung?

Nein, es gibt nichts dergleichen. Es gibt absolut nichts dergleichen.

Können wir also sagen, dass der Text des Abkommens mit der Perspektive übereinstimmt, die Rêber Apo für Rojava vorgesehen hat?

Wir sind ein Teil von Syrien. Wir wollen zusammen leben. Wir wollen unsere Einzigartigkeit bewahren. All das ist in diesem Abkommen enthalten.

Gibt es etwas, was Sie noch hinzufügen möchten?

Unser Volk sollte den parteiischen Medien keinen Glauben schenken. Wir haben nie gelogen, also bitten wir, uns zuzuhören. Ich danke Ihnen vielmals.

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Kein Ende, sondern ein neuer Anfang

11. März 2025 - 10:55

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die mit Spannung erwartete Erklärung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan wurde am 27. Februar in Istanbul durch eine Pressekonferenz der siebenköpfigen İmralı-Delegation der Öffentlichkeit verkündet. Dieser Aufruf Abdullah Öcalans ist zentrales Thema der politischen Debatten in der Türkei und öffnet die Tür zu einer neuen Phase in der Lösung der kurdischen Frage. Der Ko-Vorsitzende von KONGRA-GEL Remzi Kartal betont, dass Öcalans Aufruf zur Auflösung der PKK nicht als ein Ende, sondern als ein neuer Anfang betrachtet werden müsse.

Der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan präsentiert in seiner jüngsten Erklärung die Auflösung der PKK und das Ende des bewaffneten Kampfes als eine historische Notwendigkeit. Wie bewerten Sie diesen Aufruf?

Der historische Aufruf von Abdullah Öcalan steht in direktem Zusammenhang mit den politischen Entwicklungen in Kurdistan, im Mittleren Osten und weltweit. Die militärische Strategie der Türkischen Republik, insbesondere seit 2014, hat die kurdische Frage nicht gelöst, sondern noch verschärft. Dieser Ansatz ist gescheitert und hat die Türkei in eine schwere wirtschaftliche, politische und soziale Krise geführt. Der Appell kommt zu einer Zeit, in der der als Dritter Weltkrieg bezeichnete Machtkampf im Nahen Osten und die Entwicklungen in Palästina-Israel, Syrien, Irak und Iran die Region neugestalten. Die Türkei ist von diesem Prozess unmittelbar betroffen und sieht sich derzeit großen innenpolitischen Risiken ausgesetzt. In diesem Zusammenhang wird betont, dass die Lösung der kurdischen Frage im Sinne des Konzepts der demokratischen Nation eine Chance nicht nur für die Kurden, sondern für alle Völker der Türkei darstellt. Andernfalls werden schnell Warnungen vor der Gefahr einer Spaltung der Türkei laut. Öcalan betont, dass sowohl der Staat als auch die Gesellschaft einen Mentalitätswandel benötigen und daher der Aufbau demokratischer Strukturen unabdingbar ist. Diesen Wandel sieht er als lösungsorientierten Ansatz, den er zunächst innerhalb seiner eigenen Bewegung einleitet. Er prognostiziert, dass dieser Ansatz sowohl den Staat als auch die demokratischen Kräfte beeinflussen wird. Öcalan, der seit den 2000er Jahren eine Strategie des Wandels und der Transformation verfolgt, betont, dass diese aus organisatorischen Gründen nicht vollständig umgesetzt werden konnte.

Der Lösungsprozess von 2013 hatte damals eine ernsthafte Grundlage für diesen Wandel geschaffen, konnte aber aufgrund des mangelnden Willens des Staates zu keinem Ergebnis führen. Heute hat das Scheitern der türkischen Politik eine neue Chance für den kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan eröffnet. In diesem Zusammenhang betont er, dass er den bewaffneten Konflikt in einen politischen und juristischen Prozess umwandeln könne und auch die Kraft dazu habe, wenn der Staat dazu bereit sei und entsprechende demokratische Bedingungen geschaffen würden. Diese Botschaft wurde durch Rückmeldungen von politischen Parteien in der Türkei und in Südkurdistan sowie aus verschiedenen anderen Kreisen geformt und dementsprechend dieser historische Aufruf verkündet.

Öcalans Aufruf zur Auflösung der PKK ist nicht als ein Ende, sondern als ein neuer Anfang zu verstehen. Das grundlegende Ziel des kurdischen Freiheitskampfes, der 1973 begann, war die Lösung der kurdischen Frage und die Sicherung der gesellschaftlichen Freiheit. Die PKK war eines der Mittel dieses Kampfes, aber jetzt wird erklärt, dass der Prozess mit anderen Methoden fortgesetzt werden muss. Öcalan wählt diesen Weg, weil er davon überzeugt ist, dass neue Ansätze den Kampf voranbringen werden.

Abschließend ist zu sagen, dass dieser Aufruf eine große Verantwortung für alle Seiten mit sich bringt. Es ist entscheidend, den Prozess richtig zu verstehen, Verantwortung zu übernehmen und den Aufbau der Gesellschaft zu stärken. Diese Erklärung stellt einen kritischen Wendepunkt in dar. Alle Teile der Bewegung müssen sich diesem neuen Prozess entsprechend neuausrichten. Den Prozess richtig zu verstehen und die eigenen Verpflichtungen zu erfüllen, ist eine historische Aufgabe für alle.

In der Erklärung heißt es: „Es gibt keinen undemokratischen Weg.“ Doch in der Türkei dauern der Druck auf die kurdische politische Bewegung, Verbotsverfahren und Verhaftungen an. Unter diesen Bedingungen – welche Roadmap sehen Sie vor, um den Weg für demokratische Politik zu ebnen?

Derzeit gibt es kein Abkommen oder einen Fahrplan zwischen dem Staat und Öcalan. Es gibt keinen klaren Verhandlungsprozess. Vielmehr geht es darum, geeignete Bedingungen für die Entwicklung des demokratischen und politischen Kampfes zu schaffen.

Öcalan betont: „Wenn ihr bereit seid, die Demokratie weiterzuentwickeln, dann kann auch ich meinen Beitrag zu diesem Prozess leisten.“ Damit signalisiert er, dass er den Boden für den politisch-demokratischen Kampf bereiten könnte. Allerdings betont er, dass dieser Prozess nicht einseitig verlaufen könne und auch der Staat unterstützende Schritte unternehmen müsse.

Der wichtigste Punkt in diesem Zusammenhang ist die Verbesserung der physischen Bedingungen Öcalans und die Schaffung eines freien Arbeitsumfelds. Denn der Fortschritt des Prozesses hängt direkt von seiner Freiheit, seiner Sicherheit und seinen Arbeitsbedingungen ab. Die Haltung des Staates in dieser Frage wird zeigen, wie ernst er den Prozess nimmt.

Die kommenden Wochen werden zeigen, welche Haltung der Staat einnehmen wird. In diesem Prozess widersprechen jedoch anhaltende Angriffe und Repressionen seitens des Staates dem Geist der Entwicklung und erschweren die Suche nach einer Lösung. Es darf nicht übersehen werden, dass bestimmte Kräfte innerhalb des Staates versuchen könnten, den Prozess zu sabotieren.

Deshalb ist der Kampf für Demokratie und Freiheit nicht nur die Verantwortung der kurdischen Bewegung, sondern eine gemeinsame Aufgabe aller, die in der Türkei für Demokratie, Freiheit und Gleichheit eintreten. Dieser Prozess ist nicht nur ein Dialog am Verhandlungstisch, sondern auch ein Prozess des Widerstands. Demokratie und gesellschaftliche Freiheit können nur durch gemeinsamen Widerstand aufgebaut werden.

Der wichtigste Schritt für den Fortschritt dieses Prozesses ist die Verwirklichung konkreter Bestrebungen in Bezug auf die physische Freiheit von Öcalan. Die Entscheidung des Staates in dieser Frage wird das Schicksal des Prozesses bestimmen. Sollte die AKP-Regierung eine klare Haltung einnehmen, wird es für die demokratischen Kräfte entscheidend sein, sich gegen die Repressionen zu organisieren und den Widerstand auszuweiten. Trotz der bestehenden Herausforderungen sollte der Kampf mit Entschlossenheit und ohne Verlust des Glaubens an eine Lösung fortgesetzt werden.

Die PKK hat erklärt, dass sie sich dem Aufruf des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan anschließt und die erforderlichen Maßnahmen umsetzen wird. Wie sollte diese Erklärung interpretiert werden?

Diese Erklärung bringt klar zum Ausdruck, dass der Aufruf von Öcalan uneingeschränkt unterstützt wird und die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung seines Appells ergriffen werden. Dass auf Öcalans Botschaft positiv reagiert wird, ist keine Überraschung – vielmehr wird es als eine Pflicht und Verantwortung verstanden. Das Wesentliche hierbei ist die entschlossene Verbundenheit der PKK mit der Führung von Öcalan sowie ihr Wille, im Einklang mit seinen Botschaften zu handeln. Die PKK hat ihren Teil erfüllt und auf den Aufruf geantwortet. Nun richtet sich der Blick auf die andere Seite – den Staat. Entscheidend ist nun, welche Haltung der Staat einnehmen wird. Sollte er konkrete Schritte in Richtung der physischen Freiheit von Öcalan unternehmen, wird dies als Zeichen dafür gewertet, dass der Prozess fortgesetzt und vertieft werden kann. Der nächste entscheidende Punkt ist daher, ob die Gegenseite die gleiche Entschlossenheit zeigt und entsprechende Schritte unternimmt, um den Prozess voranzutreiben.

Angesichts der Lehren aus dem Lösungsprozess von 2013–2015: Ist es möglich, einen ähnlichen Prozess erneut zu starten? Wie kann ein Vertrauensklima geschaffen werden?

Dieser Prozess unterscheidet sich politisch und strukturell von dem Lösungsprozess der Jahre 2013 bis 2015. Damals war bereits bekannt, dass der Staat keine ernsthafte, auf eine Lösung ausgerichtete Politik verfolgte und dass der Prozess nicht wirklich voranschreiten würde. Während der Staat weiterhin eine kriegszentrierte Strategie verfolgte, betrachtete die kurdische Bewegung den Lösungsprozess als eine Möglichkeit, insbesondere um die Rojava-Revolution zu stärken, und hielt ihn bis zum Ende aufrecht.

Heute zeigt sich jedoch deutlich, dass die Kriegsstrategie des Staates gescheitert ist und in eine tiefe Sackgasse geführt hat. Zwar gibt es innerhalb des Staates Anzeichen für eine neue Suche nach Alternativen, doch bleibt ungewiss, ob ein neuer Prozess tatsächlich erfolgreich sein kann. Denn innerhalb des politischen und militärischen Apparats gibt es weiterhin Kräfte, die gegen eine Lösung sind und den Prozess jederzeit sabotieren könnten. Diese internen Dynamiken sind ein fester Bestandteil des türkischen Staatssystems und dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Gleichzeitig unterscheidet sich die aktuelle politische Lage grundlegend von früheren Phasen. Die allumfassende Kriegsstrategie hat nicht nur ihr Ziel verfehlt, sondern auch massive Zerstörungen und weitreichende Konsequenzen mit sich gebracht. Der andauernde geopolitische Konflikt im Nahen Osten, der als eine Art Dritter Weltkrieg betrachtet wird, hat die politischen Machtverhältnisse in der Region verändert und zu einer Neuordnung geführt. Gleichzeitig befindet sich die Türkei in einer tiefgreifenden wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Krise, die das Land dazu zwingt, seine bisherigen Strategien zu überdenken. Diese strukturelle Krise hat den Staat in eine Situation gezwungen, seine politischen Entscheidungen neu zu bewerten. In diesem Kontext ist auch der jüngste Aufruf von Öcalan zu verstehen, der als eine Antwort auf die aktuelle politische und regionale Lage verstanden werden muss.

Für die Türkei gibt es nun zwei grundlegende Optionen: Entweder sie tritt in einen demokratischen Lösungsprozess mit den Kurden ein, beendet den Konflikt und entwickelt sich zu einem politisch und wirtschaftlich stärkeren Land. Oder aber das Konfliktumfeld bleibt bestehen und die Türkei wird in einen unkontrollierbaren Zerfallsprozess hineingezogen. Aus diesem Grund unterscheidet sich der heutige Prozess von den vorherigen, da er den Staat mit einer tiefen Krise konfrontiert, die ihn unter Druck setzt. Auch die Gespräche, die laut des CHP-Vorsitzenden Özgür Özel seit einem Jahr auf İmralı stattfinden, gestalten sich innerhalb dieses Rahmens. Ob dieser Prozess tatsächlich seit einem Jahr andauert oder schon länger läuft, darüber verfügen wir über keine gesicherten Informationen.

Wie sollte Ihrer Meinung nach ein Ansatz zur Lösung der kurdischen Frage in der Türkei entwickelt werden? Welche Schritte sollten unternommen werden?

Der erste und wichtigste Schritt ist die Sicherstellung der physischen Freiheit von Öcalan. Anschließend muss dieses Thema umgehend auf die Agenda des Parlaments gesetzt werden. Die einseitige Waffenruhe, die die PKK als Antwort auf Öcalans Aufruf erklärt hat, stellt eine historische Gelegenheit dar. Allerdings muss auch der Staat diesem Schritt entsprechend handeln.

Die Waffenruhe muss eingehalten, militärische und politische Angriffe müssen gestoppt werden. Es ist entscheidend, provokative und den Prozess sabotierende Politiken zu vermeiden und dass der Staat in dieser Angelegenheit eine ernsthafte Haltung zeigt. Darüber hinaus müssen die politischen Repressionen ein Ende finden. Verhaftungen von Politikern, kommunalen Mandatsträgern und Journalisten behindern den Fortschritt des Prozesses und untergraben das gesellschaftliche Vertrauen.

Damit der Prozess nachhaltig und stabil voranschreiten kann, müssen im Parlament die notwendigen gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Regelungen zur Lösung der kurdischen Frage getroffen werden. Der Hauptgrund, warum die Botschaft von Öcalan an alle politischen Parteien gerichtet ist, liegt genau darin: Das Parlament muss Verantwortung übernehmen und die erforderlichen Schritte einleiten.

Die erste gesetzliche Regelung sollte sich auf die Freiheit von Öcalan beziehen. Danach müssen verfassungsrechtliche Änderungen vorgenommen werden, die die Freiheiten der Kurden sowie aller gesellschaftlicher Gruppen, die nach mehr Demokratie verlangen, sichern und fördern. Solche Schritte werden das Vertrauen der Öffentlichkeit stärken und den Prozess schneller und effektiver voranbringen. Allerdings reicht es nicht aus, diesen Prozess nur vom Staat oder der Regierung zu erwarten. Alle gesellschaftlichen und politischen Kräfte müssen diesen Prozess sowohl im Parlament als auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen unterstützen. Wie Öcalan betont, ist die Stärkung der demokratischen Denkweise und des gesellschaftlichen Aufbaus von entscheidender Bedeutung. Sobald diese Schritte unternommen werden, kann sich der Prozess auf einer stabilen Grundlage entfalten und der Weg für einen dauerhaften Frieden geebnet werden.

Welche Reaktionen erwarten Sie auf diese Erklärung in der internationalen Arena? Wie könnte insbesondere die Haltung der USA und der europäischen Länder aussehen?

Die Verleugnungs- und Vernichtungspolitik, die die Türkei in der kurdischen Frage verfolgt, führt nicht nur das Land selbst, sondern die gesamte Region in eine zunehmende Instabilität. Während in Syrien der Versuch unternommen wird, eine demokratische Ordnung aufzubauen, haben die türkischen Angriffe auf Gebiete wie Tişrîn und Qereqozax  Nord- und Ostsyrien zu einem der Hauptschauplätze der Instabilität gemacht. In ähnlicher Weise verschärfen die militärischen Operationen, die die Türkei im Irak unter dem Vorwand des Kampfes gegen die PKK durchführt, die Unsicherheit in der Region weiter. Daher würde die Lösung der kurdischen Frage nicht nur Frieden und Stabilität innerhalb der Türkei gewährleisten, sondern auch zum allgemeinen Frieden und zur Sicherheit in der gesamten Region beitragen. Die notwendigen Bedingungen hierfür sind bereits vorhanden. Diese Realität hat dazu geführt, dass die internationale Öffentlichkeit den Aufruf von Abdullah Öcalan mit ernsthafter Aufmerksamkeit betrachtet. Seine Botschaft hat nicht nur in der kurdischen Bevölkerung, sondern auch bei den USA, europäischen Staaten und regionalen Akteuren Widerhall gefunden und Unterstützung erhalten. Sogar Kreise, die bisher eher auf Distanz zu Öcalan und der kurdischen Bewegung standen, haben diesen Aufruf zur Kenntnis genommen. Denn die Ausrichtung der Türkei auf einen Lösungsprozess wird nicht nur als ein Schritt zur Sicherung des inneren Friedens, sondern auch als Maßnahme zur Stabilisierung der gesamten Region betrachtet. Gegenwärtig bieten sowohl die internen als auch die externen Bedingungen eine bedeutende Gelegenheit zur Lösung der kurdischen Frage. Diese Chance muss effektiv genutzt und darf nicht verschwendet werden.

Angesichts der aktuellen Machtverhältnisse im Nahen Osten und der unterschiedlichen Positionen der kurdischen Bewegungen in den verschiedenen Regionen – welche regionalen Auswirkungen könnte der Aufruf von Herrn Öcalan haben?

Der Nahe Osten erlebt derzeit einen als Dritten Weltkrieg bezeichneten großflächigen Konflikt, der immense Zerstörung mit sich bringt. Dieser Krieg wird von Machtkämpfen zwischen Staaten, nationalistischen Strömungen, dem Einfluss der Religion auf die Politik und geopolitischen Auseinandersetzungen geprägt. Inmitten dieses Chaos könnte der von Öcalan vorgeschlagene Lösungsprozess, der auf dem Konzept der demokratischen Nation basiert, nicht nur für die Türkei, sondern für alle Völker der Region weitreichende Auswirkungen haben. Die Beendigung der Konflikte und die Entwicklung von Lösungen auf der Grundlage von Demokratie und Dialog könnten ein beispielhaftes Modell für den gesamten Nahen Osten darstellen. Eine der größten Auswirkungen dieses Prozesses wäre in Syrien zu spüren. Sollte die Türkei die kurdische Frage auf demokratischem Wege lösen, wäre sie gezwungen, ihre militärischen Angriffe und den politischen Druck auf Syrien zu beenden. Dies würde eine neue Grundlage für die Entwicklung eines demokratischen Prozesses in Syrien schaffen. Dasselbe gilt für den Irak und andere Länder der Region. Der Erfolg eines solchen Modells könnte nicht nur in der Türkei und ihren Nachbarländern, sondern auch in einer weiteren geopolitischen Dimension, etwa im andauernden Palästina-Israel-Konflikt, als Vorbild dienen. Es könnte demonstrieren, dass bestehende Konflikte nicht durch Krieg und Gewalt, sondern durch Verhandlungen, gegenseitige Akzeptanz, Toleranz und demokratische Prinzipien gelöst werden können.

Aus diesem Grund könnte das von Öcalan vorgeschlagene Modell der Demokratie und des Dialogs nicht nur für die Türkei und den Nahen Osten, sondern auch für Bevölkerungsgruppen, Organisationen und Staaten, die mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind, eine bedeutende Inspirationsquelle sein. Es könnte die Idee des Friedens und des gemeinsamen Zusammenlebens stärken und somit weltweit große Resonanz finden.

In einer Ihrer Reden haben Sie erwähnt, dass Sie einen Brief des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan erhalten haben. Was können Sie über den Inhalt dieses Briefes sagen?

Dieser Brief bildet die Grundlage für den Aufruf, den Öcalan machen wollte. Mit anderen Worten, er sagte: „Ich werde einen solchen Aufruf machen, seid darauf vorbereitet“ und erläuterte die Gründe für diesen Schritt sowie die relevanten Informationen. Gleichzeitig wollte er verstehen, welche Haltung wir zu diesem Aufruf einnehmen würden. Der Brief wurde nicht nur nach Europa gesandt, sondern auch an die PKK, die KCK und die DEM-Partei. Öcalan entschied sich, diesen Brief zu schreiben, nachdem er endgültig beschlossen hatte, den Aufruf zu machen. Denn er war der Überzeugung, dass ein solcher Aufruf zu einer unvermeidlichen Notwendigkeit geworden sei. Diese Briefe entstanden als Ergebnis der gemeinsamen Gespräche mit dem Staat. In diesen Verhandlungen wurde ein bestimmter Punkt erreicht, woraufhin Öcalan eine Entscheidung traf und seinen Aufruf formulierte. Gleichzeitig fragte er, ob es dazu Anmerkungen oder Ergänzungen gebe. Der Brief enthält keine detaillierten Informationen darüber, wie der Prozess weiter verlaufen wird. Allerdings betont er, dass er nach seinem Aufruf auch Vorschläge und Meinungen zum demokratischen Wandel und Transformationsprozess einholen werde. Der Zweck dieses Briefes bestand vorerst darin, Überlegungen zum Prozess auszutauschen und mögliche Vorschläge zu sammeln. Der weitere Verlauf hängt nun von den Entwicklungen nach dem Aufruf und den nächsten konkreten Schritten ab.

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Chronik: 2024–2025 Kurdische Friedensgespräche in der Türkei und Syrien

4. März 2025 - 10:31

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

In dieser Chronik wollen wir den Weg zur historischen Botschaft von Abdullah Öcalan nachzeichnen. Wir blicken auf die vergangenen zwölf Monate zurück und zeichnen die Entwicklungen Schritt für Schritt nach.

Diese Chronik wurde vom Kurdish Peace Institut erstellt und von uns übersetzt und überarbeitet. Der Originalbeitrag für die englischsprachige Chronik ist unter dem folgenden Link aufzurufen: https://www.kurdishpeace.org/research/conflict-resolution-and-peacebuilding/timeline-2024-2025-kurdish-peace-talks-in-Türkey-and-syria

27. Februar 2025

26. Februar 2025

  • Der Gründer und Vordenker der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans), Abdullah Öcalan, wird voraussichtlich am 27. Februar nach einem Treffen mit einer erweiterten Delegation der DEM-Partei einen historischen Aufruf zum Frieden machen, wie die DEM-Partei mitteilte.
    • Wer: Der Delegation sollen die ursprünglichen Mitglieder der Imrali-Delegation Pervin Buldan und Sırrı Süreyya Önder, die Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei Tuncer Bakırhan und Tulay Hatımoğulları, der DEM-Abgeordnete Cengiz Cicek, der gewählte Bürgermeister von Mardin Ahmet Türk und der Anwalt Özgür Faik Erol von der Anwaltskanzlei Asrin angehören.
    • Wann und wo: Die Pressekonferenz findet um 17 Uhr Ortszeit in Istanbul statt. Sie wird live auf Kundgebungen übertragen, die von der DEM-Partei in Diyarbakir und Van organisiert werden. Die Delegation wird während der Pressekonferenz die Botschaft von Öcalan verkünden.
    • Was: Inhalt und Format der Botschaft von Öcalan sind noch nicht bestätigt. Vertreter der DEM-Partei haben um eine Videobotschaft gebeten. Während der türkische Justizminister dies für unmöglich hält, teilten zwei anonyme türkische Beamte dem Middle East Eye mit, dass eine Videobotschaft nicht ausgeschlossen sei. Es wird erwartet, dass Öcalan einen Fahrplan für ein dauerhaftes Ende des 40-jährigen bewaffneten Konflikts zwischen seiner Gruppe und der Türkei vorlegt. Dieser wird wahrscheinlich Anweisungen sowohl an die PKK als auch an die türkische Regierung enthalten.
  • Der Präsident der KRI (Kurdische Autonomieregion) Nêçîrvan Barzani, sprach in einer Rede auf dem Erbil Forum über den Friedensprozess in der Türkei.
    • Öcalans Botschaft: Barzani sagte, dass er aufgrund seiner Treffen mit der Imrali-Delegation der DEM Partei erwarte, dass Öcalan zum Frieden und zur Beendigung des bewaffneten Kampfes der PKK aufrufen werde. Er forderte die Gruppe und „alle anderen Seiten“ auf, die Botschaft zu beherzigen.
    • Die Rolle der KRI: „Welche Verantwortung auch immer auf uns zukommen mag, wir sind bereit, den Prozess zu unterstützen“, sagte Barzani. Er spielte auf einige der Themen an, die die DEM-Imrali-Delegation mit der KRI besprochen hatte, darunter das Schicksal der PKK-Kämpfer nach der Entwaffnung.
    • Der Oberbefehlshaber der SDF, Mazlum Abdi, teilte einer Gruppe von Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft mit, dass die Entwicklungen in den Gesprächen zwischen SDF und Damaskus in den nächsten zwei Wochen deutlich werden könnten, so die North Press Agency. Abdi traf sich auch mit einer hochrangigen britischen Delegation.
    • Der Ko-Vorsitzende der PYD, Salih Muslim, kommentierte die erwartete Erklärung Abdullah Öcalans in einem Interview mit der Mezopotamya Agency: „Die Türkei bringt uns mit der PKK in Verbindung und sieht uns als Feind. Wenn Herr Öcalan einen Aufruf macht, wird sich auch die Sichtweise der Türkei auf uns ändern. Es gibt Millionen von Kurden. Sie alle respektieren Herrn Öcalan. Herr Öcalan wird einen Aufruf zum Wohle des Volkes machen. Ich hoffe, dass mit diesem Aufruf die Einmischung der Türkei in die inneren Angelegenheiten Syriens abnehmen wird … Das kurdische Volk wird sich an alles halten, was gesagt wird.”

25. Februar 2025

  • An diesem Tag sprach der Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tuncer Bakırhan, auf der wöchentlichen Fraktionssitzung seiner Partei und beantwortete anschließend Fragen von Journalisten.
    • Öcalans Botschaft: Bakırhan sagte, er könne noch nicht sagen, wann die erwartete Erklärung des Gründers und Vordenkers der PKK, Abdullah Öcalan, veröffentlicht werden würde. Er sagte, die DEM-Partei hoffe, dass es sich um eine Videobotschaft handeln würde, da dieses Format „überzeugender“ sei, aber dass dies letztendlich „etwas sei, worüber die Regierung gemeinsam mit Herrn Öcalan entscheiden werde“. Politische Lösung: Bakırhan beschrieb sowohl die Verfassung der Türkei von 1921 als auch das „Dolmabahce-Abkommen“ vom 28. Februar 2015 aus dem letzten Friedensprozess als Modelle für eine politische Lösung.
    • Kurdische Einheit: „Herr Masud Barzani und alle Politiker in der Region Kurdistan haben erklärt, dass sie für den Frieden sind und die von Herrn Öcalan vorgestellte Lösungsperspektive unterstützen. Wir schätzen und würdigen diese historische Haltung“, sagte Bakırhan.
  • Der stellvertretende Vorsitzende der AKP-Fraktion, Efkan Ala, sagte Reportern, dass er erwarte, dass Abdullah Öcalan die PKK auffordern werde, die Waffen niederzulegen. Auf die Frage, ob die PKK dem Folge leisten werde, sagte er: „Wir wollen, dass diese Arbeit Ergebnisse bringt. Jeder hat hier etwas zu tun. Mit anderen Worten, jeder sollte sein Bestes geben. Jeder sollte einen Beitrag leisten, dann können höchstwahrscheinlich Ergebnisse erzielt werden. Ich bin hier vorsichtig optimistisch.“
  • Die Nationale Dialogkonferenz Syriens ist zu Ende gegangen. Die DAANES, die nicht eingeladen waren, gaben eine Erklärung ab, in der sie die Konferenz verurteilten. „Wir sagen, dass diese Konferenz nicht das syrische Volk repräsentiert. Wir sind ein Teil Syriens, und wir waren nicht vertreten. Wir sind mit dem Inhalt der Konferenz nicht zufrieden und werden uns nicht an der Umsetzung ihrer Ergebnisse beteiligen.“

24. Februar 2025

  • Ko-Vorsitzende der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans), Besê Hozat sagte, dass die erwartete Erklärung des Gründers und Vordenkers der PKK, Abdullah Öcalan, in Form einer Videobotschaft erfolgen müsse. „Wir, die Kader, Militanten, Kämpfer dieser Bewegung, unser Volk, unsere Freunde, alle demokratischen Segmente, die gesamte Gesellschaft, die Völker, sollten in der Lage sein, den Aufruf und die Erklärung aus dem Mund von Rêber Apo(Öcalan) zu hören und zu sehen. Sie sollten in der Lage sein, Rêber Apo zu sehen. Nur so können wir, die Kämpfer, unser Volk, die demokratischen Kräfte und die gesamte öffentliche Meinung überzeugt werden. Alles andere ist inakzeptabel. Das stellen wir eindeutig klar.“, betonte Hozat.
  • Die stellvertretende Vorsitzende der Parlamentsfraktion der DEM-Partei, Gülistan Kılıç Koçyiğit, kündigte an, dass die DEM-Partei-Imrali-Delegation in Kürze einen Antrag auf ein drittes Treffen mit Abdullah Öcalan stellen werde. Öcalans erwartete Erklärung würde auf dieses Treffen folgen.
    • Zeitrahmen: „Unsere Delegation wird in wenigen Tagen nach Imrali reisen. Wir erwarten, dass sie in dieser Angelegenheit in wenigen Tagen die erforderlichen Anträge stellen wird. Die Vorbereitungen für den Antrag sind abgeschlossen. Während dieses Besuchs werden Herrn Öcalan Informationen über die Besuche in Südkurdistan und die geführten Gespräche übermittelt. Nach diesem Treffen wird auch der Zeitplan für den historischen Aufruf von Herrn Öcalan geklärt werden“, sagte Koçyiğit.
    • Rolle des Parlaments: „Ich möchte das Parlament erneut dazu aufrufen, nach diesem historischen Aufruf Verantwortung zu übernehmen und sofort mit der Ausarbeitung der rechtlichen Regelungen zu beginnen, die den Anforderungen dieses Aufrufs gerecht werden“, sagte Koçyiğit und lobte die jüngste Unterstützungserklärung des türkischen Parlamentspräsidenten Numan Kurtulmus für die laufenden Friedensgespräche.
  • Ein Zwangsverwalter wurde für die Stadtverwaltung des Bezirks Kağızman ernannt und ersetzt den gewählten Bürgermeister der DEM-Partei, Mehmet Alkan. Die DEM-Partei verurteilte die Ernennung.
  • Die Nationale Dialogkonferenz Syriens begann. Die wichtigsten kurdischen Fraktionen des Landes wurden ausgeschlossen.
    • Die Außenministerin der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nordsyriens (DAANES), Ilham Ahmed, und der Sprecher der SDF, Farhad Şamî, bestätigten gegenüber Reuters, dass keine Vertreter der DAANES oder der SDF eingeladen worden seien.
    • Auch der ENKS wurde ausgelassen. In einer Erklärung kritisierten sie ihre Marginalisierung und die Organisation der Konferenz: „Die Konferenz in solcher Eile abzuhalten und sie einen Tag vorher anzukündigen und die politischen und nationalen Komponenten, einschließlich des Kurdischen Nationalrats (ENKS), bei der Vorbereitung und Planung zu marginalisieren, ist eine Verletzung des Prinzips und des Rechts auf nationale Partnerschaft für das kurdische Volk, das der Eckpfeiler jedes ernsthaften Dialogs sein sollte, der auf einen echten nationalen Konsens abzielt.“
      • Das ENKS-Mitglied Hewas Egid erklärte gegenüber Rudaw, dass er zwar persönlich eingeladen worden sei, aber nicht teilnehmen wolle. „Ich habe [dem Vorbereitungsausschuss] gesagt, dass es den ENKS und die kurdische politische Bewegung gibt und dass sie teilnehmen sollten. Ich werde nicht in meiner eigenen Eigenschaft teilnehmen. Wenn Kurden als politische Bewegung teilnehmen, wird die Konferenz stärker sein“, sagte er.

23. Februar 2025

  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erörterte die laufenden Friedensgespräche in einer Rede auf dem 8. ordentlichen Großkongress der AKP in Ankara: „Terrorismus und Politik, Terrorismus und Demokratie können nicht gleichzeitig nebeneinander existieren. Deshalb sagen wir: „Entweder Terrorismus oder Demokratie“, „Entweder Waffen oder zivile Politik“. Ich muss dies noch einmal betonen: Wir haben keine Zeit, uns mit einem Haufen Literatur herumzuschlagen, die das Produkt externer Zwietracht ist und weder Türken noch Kurden, Sunniten oder Aleviten nützt. Während eine neue Welt entsteht, muss die Türkei ihre Galle loswerden, insbesondere die Geißel des Terrors. Die Tage, an denen der dunkle Schatten von Terror, Gewalt und Waffen vollständig aus unserem Land und unserer Region verbannt sein wird, sind nicht mehr fern … Wir werden alle als Türken, Kurden und Araber zusammenkommen und die Mauer des Terrors niederreißen, die seit 40 Jahren auf dem Blut unserer Kinder errichtet wurde. Sobald das Problem des Terrors beseitigt ist, werden sich die Türen zu einer neuen Ära öffnen, von der Demokratie bis zur Entwicklung, von der Brüderlichkeit bis zur regionalen Integration.”
  • Der Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei Tuncer Bakırhan begrüßte Erdoğans Äußerungen in einer Rede auf dem Istanbuler Parteitag der DEM Partei und forderte ihn zum Handeln auf. „[Erdoğan] hat in seiner Rede auf dem Parteitag eine Botschaft der Demokratie für die neue Periode verkündet. Diese Botschaft ist wichtig, sie ist uns wichtig. Aber wir haben noch nicht gesehen, inwieweit diese Botschaft erfüllt wird. Auch wir kämpfen für die Entwicklung von Demokratie und Recht. Wenn Sie es ernst meinen, kommen Sie zu uns. Wir sind hier. Wir verteidigen diese bereits. Lassen Sie uns die kommende Periode gemeinsam auf der Grundlage demokratischer, versöhnlicher, freier Politik und universeller Gesetze aufbauen. Wir sind dabei. Sind Sie auch dabei?“ Bakırhan wiederholte auch, dass ‚Herr Öcalan einen historischen Aufruf aus dem Imrali-Gefängnis machen wird‘ und dass der Aufruf ‚nicht gegen den Staat‘ gerichtet sei, sÖndern für einen demokratischen Staat.
  • Die Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tülay Hatımoğulları, gab weitere Informationen über die erwartete Erklärung des Gründers und Vordenkers der PKK, Abdullah Öcalan, bekannt.
    • Format: „Nach den uns vorliegenden Informationen handelt es sich um einen Videoanruf“, sagte Hatımoğulları.
    • Zeitrahmen: “Es könnte in ein paar Tagen sein. Es könnte sich bis zum nächsten Monat verzögern. Wir wissen es nicht genau„, sagte sie und fügte hinzu, dass die Imrali-Delegation Öcalan zunächst das Ergebnis ihrer jüngsten Treffen mitteilen müsse.
    • Inhalt: “Jeder in der rechtlichen und politischen Arena ist daran beteiligt. Die Einrichtung einer Kommission, der hauptsächlich im Parlament vertretene politische Parteien angehören, der Aufbau ihrer Infrastruktur und die Arbeit an lösungsorientierten Maßnahmen gehörten ebenfalls zu den Punkten, die zu den Botschaften von Herrn Öcalan gehörten“, erklärte sie.
  • Öztürk Türkdoğan, Sprecher der Rechtskommission der Demokratischen Partei der Türkei (DPT), reagierte auf die Behauptung des türkischen Justizministers Yılmaz Tunç, dass das Gesetz es Öcalan nicht erlaube, sich per Videobotschaft an die Öffentlichkeit zu wenden. Türkdoğan behauptete, dass es Gesetze gebe, die einen solchen Aufruf erlaubten, wenn das Justizministerium und der Präsident die Erlaubnis dazu erteilen würden.
  • Der PUK-Führer Bafel Talabani sagte: „Als PUK sind wir für den Frieden und unterstützen den aktuellen Prozess [in der Türkei]“ und forderte in einer Rede auf der Internationalen Dialogkonferenz in Bagdad internationale Unterstützung für den Friedensprozess.

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PKK verkündet einseitigen Waffenstillstand und unterstützt Aufruf von Abdullah Öcalan

1. März 2025 - 9:38

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat einen einseitigen Waffenstillstand erklärt und sich geschlossen hinter den Aufruf ihres Gründers Abdullah Öcalan zu Frieden und einer demokratischen Gesellschaft gestellt. Dies teilte der Exekutivrat der Partei am Samstag mit.

Als Zeichen ihrer Unterstützung für diesen Prozess verkündet die PKK: “In diesem Rahmen erklären wir einen ab dem heutigen Tag gültigen Waffenstillstand, um den Weg für die Umsetzung des Aufrufs von Rêber Apo (gemeint A. Öcalan) zu Frieden und einer demokratischen Gesellschaft zu ebnen. Solange keine Angriffe auf uns erfolgen, werden unsere Kräfte keine bewaffneten Aktionen durchführen.” Die vollständige Entwaffnung der Partei setze jedoch bestimmte politische und rechtliche Rahmenbedingungen voraus.

Forderung nach freien Bedingungen für Öcalan

Die PKK erklärt weiter, dass für die erfolgreiche Umsetzung des Aufrufs für Frieden und eine demokratische Gesellschaft, eine demokratische Lösung der kurdischen Frage, die Demokratisierung der Türkei und des Nahen Ostens sowie die Förderung der globalen Demokratiebewegung Abdullah Öcalan unter freien Bedingungen leben und arbeiten können muss. Er müsse ohne Hindernisse mit allen Personen, einschließlich seiner Weggefährt:innen, in Kontakt treten können.

Ein Neuanfang für Bewegung und Partei

Die PKK betont, dass der Aufruf Öcalans keinen Rückzug bedeutet, sondern den Beginn einer neuen Phase des politischen Kampfes. “Der Aufruf von Rêber Apo ist keineswegs ein Ende, sondern im Gegenteil ein völliger Neuanfang. Wie die Erklärung auch sehr eindrucksvoll zeigt, geht es darum, das, was wir allgemein in den letzten 35 Jahren und insbesondere in den vergangenen 20 Jahren hätten tun müssen, aber nicht rechtzeitig und ausreichend getan haben, nun sehr klar und entschlossen umzusetzen.”

Im Hinblick auf den Internationalen Frauentag am 8. März und das kurdische Neujahrsfest Newroz ruft die PKK insbesondere Frauen und Jugendliche dazu auf, sich für den Frieden und eine demokratische Gesellschaft einzusetzen: “Wir rufen alle dazu auf, im Geiste des 8. März und Newroz den Aufruf des Vorsitzenden zu unterstützen und den Freiheitskampf in allen Bereichen weiterzuentwickeln!”

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Öcalans Apell für den Frieden und die Reaktionen aus Deutschland

1. März 2025 - 8:20

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die Erklärung Abdullah Öcalans vom 27. Februar hat die kurdische Frage erneut in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit gerückt. Der seit seiner Entführung im Jahr 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierte kurdische Repräsentant betonte in seiner Erklärung die Notwendigkeit, den politischen und zivilgesellschaftlichen Kampf auf demokratischer Ebene zu stärken. Er rief die PKK auf, einen Kongress einzuberufen, um eine Entscheidung bezüglich ihre Auflösung und der Niederlegung der Waffen zu treffen. Gleichzeitig stellte Öcalan klar: „Zweifellos erfordern die Niederlegung der Waffen und die Auflösung der PKK in der Praxis eine demokratische Politik und die Anerkennung der juristischen Grundlage.“

Der Appell Öcalans hat auch in Deutschland erste Reaktionen hervorgerufen. Bemerkenswert ist die schnelle Reaktion des Auswärtigen Amtes, das noch am selben Tag der Veröffentlichung von Öcalans Botschaft, diese begrüßte und erklärte: „Ein Ende der Gewalt ist der wichtige erste Schritt, aber es sind noch weitere Schritte erforderlich auf dem Weg zu einer tragfähigen Lösung für die Menschen in der Türkei. Dazu gehört vor allem auch, kulturelle und demokratische Rechte der Kurdinnen und Kurden in der Türkei zu respektieren und zu gewährleisten.“ Weiterhin heißt es, die Bundesregierung stehe bereit, „zu tun, was wir können, um einen solchen Prozess zu unterstützen“. 

Der Aufruf von Abdullah #Öcalan die PKK aufzulösen und die Waffen niederzulegen, öffnet ein Fenster, um die jahrzehntelange Spirale aus Terror, Gewalt und Vergeltung zu durchbrechen. Diese historische Chance darf nicht ungenutzt verstreichen.
Statement: https://t.co/UolCZSyGGJ

— Auswärtiges Amt (@AuswaertigesAmt) February 27, 2025

Der Ko-Vorsitzende der Linkspartei Jan van Aken nahm auch die Bundesregierung in die Verantwortung und forderte: „Abdullah Öcalan hat die Tür für einen Friedensprozess in der Türkei aufgestoßen. Die deutsche Bundesregierung sollte alles dafür tun, Frieden zu unterstützen. Dazu gehört auch eine Aufhebung des PKK-Verbots. Und Öhttps://x.com/jan_vanaken/status/1895131592529506759calan muss freigelassen werden.“

Abdullah Öcalan hat die Tür für einen Friedensprozess in der Türkei aufgestoßen.
Die deutsche Bundesregierung sollte alles dafür tun, Frieden zu unterstützen. Dazu gehört auch eine Aufhebung des PKK-Verbots.
Und Öcalan muss freigelassen werden.https://t.co/YuyaLtKz4C

— Jan van Aken (@jan_vanaken) February 27, 2025

Auch der größte kurdische Dachverband in Deutschland KON-MED schloss sich dem Appell Öcalans an: „Der Aufruf, die notwendigen politischen und juristischen Grundlagen für die Niederlegung der Waffen durch alle Gruppen sowie die Auflösung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu schaffen, ist ein historischer Moment, den es von allen Seiten intensiv zu unterstützen gilt. In einer von Kriegen und Krisen gezeichneten Zeit erhellt ein neuer Hoffnungsschimmer den Horizont.“

Deutsche Strafbehörden erschweren Weg zu einer politischen Lösung

Während der Appell Öcalans den Weg zu einer nachhaltigen friedlichen Lösung eröffnet, sieht das deutsche Innenministerium offenbar keinen Anlass für eine Neuausrichtung seiner Politik. Die politische Verfolgung kurdischer Aktivist:innen in Deutschland dauert unvermindert an. Während die Hauptverhandlung im Strafprozess gegen den Kurden Mehmet Ali Yilmaz am OLG Stuttgart am 28. Februar gestartet wurde, steht bereits am 18. März der nächste Prozessbeginn gegen Selahattin K., der im Juni 2024 aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Italien festgenommen und anschließend an Deutschland ausgeliefert wurde. Parallel wurde vor dem OLG München ebenfalls am 28. Februar 2025 der kurdische Aktivist Haci Atlı wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

Diese anhaltende politische und juristische Verfolgung steht in einem auffälligen Widerspruch zur politischen Debatte über eine mögliche friedliche Lösung der kurdischen Frage. Die Bundesregierung betont in ihrer Reaktion auf Öcalans Erklärung ihre Bereitschaft, einen Friedensprozess zu unterstützen. Gleichzeitig bleibt die PKK in Deutschland weiterhin verboten, und ihre Mitglieder werden gemäß den Paragraphen 129a und 129b des Strafgesetzbuches strafrechtlich verfolgt. Wenn die Bundesregierung tatsächlich eine konstruktive Rolle in einem möglichen Friedensprozess spielen will, muss sie deshalb als ersten Schritt genau das tun, was der Linkspartei Ko-Vorsitzende van Aken einfordert: Die Kriminalisierung der Kurd:innen in Deutschland beenden.

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Aufruf von Abdullah Öcalan für Frieden und eine demokratische Gesellschaft

27. Februar 2025 - 16:23

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die Imrali-Delegation der DEM-Partei hat auf einer Pressekonferenz im Elit World Hotel in Istanbul den mit Spannung erwarteten Aufruf von Abdullah Öcalan veröffentlicht. Die Erklärung wurde zunächst auf Kurdisch von dem abgesetzten Bürgermeister Ahmet Türk aus Mêrdîn (tr. Mardin) und anschließend auf Türkisch von der DEM-Abgeordneten Pervin Buldan verlesen und von zahlreichen Anwesenden mit tosendem Applaus kommentiert.

Zeitgleich wurde ein Foto veröffentlicht, das Abdullah Öcalan und seine drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş zusammen mit den DEM-Politiker:innen Pervin Buldan, Ahmet Türk, Sırrı Süreyya Önder, Tülay Hatimoğulları, Tuncer Bakırhan und Cengiz Çiçek sowie dem Rechtsanwalt Faik Özgür Erol von der Istanbuler Kanzlei Asrin zeigt. Die Erklärung von Öcalan ist auf Video aufgenommen worden, der Imrali-Delegation der DEM-Partei wurden jedoch nur Fotos ausgehändigt.

Der Aufruf von Abdullah Öcalan lautet:

Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft

Die PKK wurde im 20. Jahrhundert gegründet, in der gewalttätigsten Epoche der Menschheitsgeschichte mit zwei Weltkriegen, im Schatten der Erfahrung des Realsozialismus und des Kalten Krieges auf der ganzen Welt. Die völlige Leugnung der kurdischen Realität, die Einschränkung der Grundrechte und -freiheiten – insbesondere der Meinungsfreiheit – spielten eine bedeutende Rolle bei ihrer Entstehung und Entwicklung.

Die PKK stand hinsichtlich ihrer angenommenen Theorie, ihres Programms, ihrer Strategie und ihrer Taktik unter dem starken Einfluss der Realitäten des Jahrhunderts und des Systems des Realsozialismus. In den 1990er Jahren führten der Zusammenbruch des Realsozialismus aufgrund interner Dynamiken, die Auflösung der Leugnung der kurdischen Identität im Land und Verbesserungen der Meinungsfreiheit zu einer Schwächung der grundlegenden Bedeutung der PKK und zu einer übermäßigen Wiederholung.

In ihrer über tausendjährigen gemeinsamen Geschichte waren die Beziehungen zwischen Türk:innen und Kurd:innen durch gegenseitige Zusammenarbeit und Bündnisse geprägt. Türk:innen und Kurd:innen hielten es für unerlässlich, in diesem freiwilligen Bündnis zu bleiben, um ihre Existenz zu sichern und gegen Hegemonialmächte zu überleben.

Die letzten zweihundert Jahre der kapitalistischen Moderne waren vor allem von dem Ziel geprägt, dieses Bündnis zu brechen. Die beteiligten Kräfte haben im Einklang mit ihren klassenbasierten Interessen eine Schlüsselrolle bei der Förderung dieses Ziels gespielt. Durch monistische Interpretationen der Republik hat sich dieser Prozess beschleunigt. Heute besteht die Hauptaufgabe darin, die historische Beziehung, die äußerst fragil geworden ist, neu zu strukturieren, ohne dabei die Berücksichtigung von Überzeugungen im Geiste der Geschwisterlichkeit auszuschließen.

Die Notwendigkeit einer demokratischen Gesellschaft ist unumgänglich. Die PKK, die längste und umfangreichste Aufstandsbewegung und bewaffnete Bewegung in der Geschichte der Republik, fand eine soziale Basis und Unterstützung und wurde in erster Linie durch die Tatsache inspiriert, dass die Kanäle der demokratischen Politik verschlossen waren.

Das unvermeidliche Ergebnis der extremen nationalistischen Abweichungen – wie ein separater Nationalstaat, eine Föderation, Verwaltungsautonomie oder kulturalistische Lösungen – ist keine Antwort auf die historische Soziologie der Gesellschaft.

Respekt für Identitäten, freie Selbstdarstellung und demokratische Selbstorganisation jedes einzelnen Gesellschaftsteils auf der Grundlage ihrer eigenen sozioökonomischen und politischen Strukturen sind nur durch die Existenz einer demokratischen Gesellschaft und eines politischen Raums möglich.

Das zweite Jahrhundert der Republik kann nur dann eine dauerhafte und geschwisterliche Kontinuität erreichen und sichern, wenn es von Demokratie gekrönt ist. Es gibt keine Alternative zur Demokratie bei der Verfolgung und Verwirklichung eines politischen Systems. Der demokratische Konsens ist der grundlegende Weg.

Im Einklang mit dieser Realität muss eine Sprache der Epoche des Friedens und der demokratischen Gesellschaft entwickelt werden.

Der Aufruf von Herrn Devlet Bahçeli, zusammen mit dem vom Herrn Präsidenten geäußerten Willen und den positiven Reaktionen der anderen politischen Parteien darauf, hat ein Umfeld geschaffen, in dem ich einen Aufruf zur Niederlegung der Waffen mache, und ich übernehme die historische Verantwortung für diesen Aufruf.

Beruft euren Kongress ein und fasst einen Beschluss zur Integration in den Staat und die Gesellschaft, wie es jede moderne Gesellschaft und Partei, die nicht zur Auflösung gezwungen wurde, freiwillig tun würde; alle Gruppen müssen ihre Waffen niederlegen und die PKK muss sich auflösen. Ich grüße alle, die an das Zusammenleben glauben und meinen Aufruf beherzigen.

25. Februar 2025, Abdullah Öcalan

Anerkennung der juristischen Grundlage

Nach der Erklärung zitierte Sırrı Süreyya Önder die Worte von Abdullah Öcalan an die Delegation: „Zweifellos erfordern die Niederlegung der Waffen und die Auflösung der PKK in der Praxis eine demokratische Politik und die Anerkennung der juristischen Grundlage.“ 

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Delegation besucht heute Abdullah Öcalan auf Imrali

27. Februar 2025 - 8:34

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die DEM-Partei gibt bekannt, dass eine hochrangige Delegation am heutigen Donnerstag, den 27. Februar, den inhaftierten kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali besuchen wird. Anschließend wird die Delegation im Rahmen einer Pressekonferenz in Istanbul über die Ergebnisse des Treffens berichten. Die Pressekonferenz soll um 15 Uhr (MEZ) in Istanbul abgehalten werden.

Bei dem Besuch handelt es sich um das dritte offizielle Treffen mit Öcalan in der jüngsten Vergangenheit. Die Delegation besteht aus sieben Personen, darunter die DEM-Abgeordneten Pervin Buldan und Sırrı Süreyya Önder, die bereits zwischen 2013 und 2015 an den Gesprächen zwischen dem türkischen Staat und Abdullah Öcalan beteiligt waren. Begleitet werden sie von den beiden Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei, Tülay Hatimoğulları und Tuncer Bakırhan, dem DEM-Fraktionsmitglied Cengiz Çiçek, dem abgesetzten Oberbürgermeister von Mêrdîn (tr. Mardin), Ahmet Türk, sowie dem -Anwalt Öcalans Faik Özgür Erol.

Die DEM-Partei hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass von Abdullah Öcalan ein „historischer Aufruf“ zur Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts sowie zur Demokratisierung der Türkei erwartet werde. Ob diese Erklärung während der heutigen Pressekonferenz veröffentlicht wird, bleibt jedoch offen. „Das wird sich erst nach dem Besuch auf Imrali klären“, erklärte die DEM-Sprecherin Ayşegül Doğan gestern in Ankara.

Mit dem anstehenden Besuch kommt erneut Bewegung in die Diskussionen um eine politische Lösung der kurdischen Frage in der Türkei. Die DEM-Partei unterstreicht ihr Engagement für einen friedlichen Dialog und erwartet, dass Öcalans Beitrag dazu von der Öffentlichkeit gehört wird.

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Öcalans „Roadmap für Verhandlungen“ kostenlos erhältlich

22. Februar 2025 - 8:52

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Als Beitrag zu den Gesprächen über einen möglichen Dialogprozess zwischen Abdullah Öcalan und dem türkischen Staat stellt die Internationale Initiative „Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan“ die „Die Roadmap für Verhandlungen“ kostenlos als Download zur Verfügung. Bei dem Werk des in der Türkei inhaftierten Begründers der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) handelt es sich die Skizze eines umfassenden Friedens im Mittleren Osten.

„Die Roadmap für Verhandlungen“ gilt als außergewöhnliches Dokument. Sie bildete das Herzstück des geheimen Dialogprozesses zwischen Öcalan und dem türkischen Staat, die von 2009 und 2011 in Oslo stattfanden. Öcalan definiert hier die für den Beginn eines wirklichen Friedensprozesses nötigen Schritte und skizziert eine radikaldemokratische föderative Lösung für die kurdische Frage. Jenseits traditioneller Lösungsmodelle wie Eigenstaatlichkeit oder territorialer Autonomie zeichnet er die Vision einer demokratischen Nation und einer gemeinsamen Heimat für alle Staaten, in denen Kurd:innenen leben. Indem er konventionelle Argumente entkräftet, schafft er Denkanstöße für sämtliche Parteien des Konflikts.

Die Internationale Initiative „Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan“, die Öcalans Bücher übersetzt und herausgibt, bietet die Roadmap auf ihrer Webseite in mehreren Sprachen als PDF-Datei an. Erhältlich ist das Werk in den Sprachen Deutsch, Englisch, Italienisch, Französisch und Spanisch. Unter folgenden Links stehen die Downloads und weitere Informationen zu dem Buch zur Verfügung:

DEU-die-roadmap-fuer-verhandlungenHerunterladen

Englisch: https://www.freeocalan.org/books/#/book/the-road-map-to-negotiations

Italienisch: https://www.freeocalan.org/books/#/book/scritti-dal-carcere-iii

Französisch: https://www.freeocalan.org/books/#/book/la-feuille-de-route-vers-les-negociations

Spanisch: https://www.freeocalan.org/books/#/book/hoja-de-ruta

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Massive Polizeigewalt gegen Protestierende in Wan – Über 400 Festnahmen

19. Februar 2025 - 8:02

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Die Proteste gegen die Absetzung des demokratisch gewählten Ko-Oberbürgermeisters von Wan (tr. Van), Abdullah Zeydan, durch das türkische Innenministerium haben zu massiven Polizeieinsätzen und schweren Menschenrechtsverletzungen geführt. Ein Krisenstab aus dem Verein freiheitlicher Juristen (ÖHD), der Rechtsanwaltskammer Van und der örtlichen Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD übt scharfe Kritik an der Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte und fordert die sofortige Freilassung der Inhaftierten.

Nach aktuellen Berichten beläuft sich die vorläufige Bilanz der Proteste auf etwa 400 Festnahmen, 40 Verhaftungen und rund 200 Verletzte. Mindestens 106 der Betroffenen – darunter 16 Minderjährige – wurden Opfer gezielter und exzessiver Gewalt durch die Polizei. Zahlreiche Demonstrierende erlitten Knochenbrüche oder schwere Quetschwunden, zwei Menschen droht der Verlust ihres Augenlichts. In vielen Fällen sind die Misshandlungen so gravierend, dass sie den Tatbestand der Folter erfüllen, darunter auch gegen Minderjährige. Der ÖHD bereitet derzeit hunderte Strafanzeigen gegen die Polizei vor.

Die Eskalation begann am Samstag, als die Polizei mit einem Großaufgebot das Rathaus von Wan stürmte. In den frühen Morgenstunden drangen Einsatzkräfte mit Tränengas und Gummigeschossen in das Gebäude ein, in dem sich zahlreiche Protestierende, darunter Zeydan selbst, Parlamentsabgeordnete der DEM-Partei sowie Medienschaffende, verbarrikadiert hatten. Die brutale Vorgehensweise sorgte landesweit für Empörung.

Hintergrund der Proteste ist die umstrittene Absetzung von Abdullah Zeydan durch das Innenministerium. Die Regierung ersetzte ihn durch einen Zwangsverwalter, gestützt auf eine Verurteilung wegen vermeintlicher Terrorverbindungen, die zu einer fast vierjährigen Haftstrafe führte. Die Entscheidung wird von Oppositionellen und Menschenrechtsorganisationen als politisch motiviert kritisiert. Seitdem kommt es in Wan täglich zu Demonstrationen.

Besonders besorgniserregend ist die hohe Anzahl minderjähriger Festgenommener. Nach Angaben des Krisenstabs wurden über 50 Minderjährige in Polizeigewahrsam genommen, gegen sieben von ihnen wurden Haftbefehle erlassen. Mehr als 100 Menschen befinden sich weiterhin in Haft, ohne klare Informationen über eine mögliche Freilassung.

Der Krisenstab fordert die sofortige Freilassung aller unrechtmäßig Inhaftierten, eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt und eine juristische Aufarbeitung der massiven Menschenrechtsverletzungen. Die internationale Gemeinschaft wird aufgerufen, Druck auf die türkische Regierung auszuüben, um die demokratischen Rechte und die Meinungsfreiheit in der Region zu schützen.

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Erneut Journalist bei türkischem Drohnenangriff in Nordsyrien getötet

16. Februar 2025 - 12:24

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Erneut ist ein kurdischer Journalist bei einem türkischen Drohnenangriff in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien getötet worden. Bei dem Getöteten handelt es sich um Egîd Roj, der zuletzt von der Euphratfront über die Angriffe der türkischen Armee und der pro-türkischen Söldnergruppe SNA berichtete. Nach Angaben der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) wurde er am Samstag durch einen Angriff mit einer sogenannten Kamikazedrohne auf die Friedenswache an der Tişrîn-Talsperre getötet.

Der Journalistenverein Dicle Firat (DFG) erklärte angesichts der Tötung von Egîd Roj: „Wir akzeptieren das Schweigen internationaler Organisationen zu diesem Rechtsbruch nicht. Sie sehen zu, wie Journalistinnen und Journalisten ermordet werden. Die Ermordung von Egîd Roj und seiner Kolleg:innen muss untersucht werden und die Verantwortlichen müssen wegen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Wir werden den Journalismus weiterhin um jeden Preis verteidigen.”

Gezielte Tötungen von Journalist:innen durch türkische Armee 

Die türkische Armee und ihre Söldner gehen offenbar gezielt gegen die Berichterstattung über die Lage in Nord- und Ostsyrien vor. Bereits im Dezember wurden mit Nazım Daştan und Cihan Bilgin zwei kurdische Journalist:innen bei einem türkischen Drohnenangriff in der selbstverwalteten Region getötet. Im Januar wurde außerdem der Journalist Aziz Köylüoğlu bei einem gezielten Drohnenschlag des türkischen Staates in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) getötet. Er hatte ebenfalls zur Berichterstattung über die türkischen Kriegsverbrechen in Nord- und Ostsyrien beigetragen.

Vorgehen der Türkei ist als Kriegsverbrechen zu werten

Civaka Azad-Sprecher Michael Knapp erklärte dazu: „Wir schließen uns dem Appell des DFG an. Gezielte Angriffe auf Medien und Journalist:innen sind ein Kriegsverbrechen. Wenn die türkische Armee Pressevertreter:innen bewusst ins Ziel nimmt, behindert sie die Berichterstattung über den Konflikt und schneidet die zivile Bevölkerung von wichtigen Informationen ab. Dies würde das Vorgehen der Türkei nicht nur als Kriegsverbrechen, sondern auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit qualifizieren. Auch wenn die Türkei das Römische Statut nicht unterzeichnet hat, kann sie nach dem Weltrechtsprinzip zur Verantwortung gezogen werden. Derzeit findet in München die Sicherheitskonferenz statt. Die Verantwortlichen für diese Taten sind also in Deutschland, darunter auch der türkische Außenminister Hakan Fidan. Dies wäre eine Gelegenheit für die Vertreter:innen der internationalen Gemeinschaft und insbesondere der völkerrechtlichen Institutionen, die Vertreter:innen der türkischen Regierung zur Rechenschaft zu ziehen.“

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Bundestagswahlen 2025: Militarismus, Rassismus und Kapitalismus Hand in Hand

12. Februar 2025 - 7:37

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Am 23. Februar wird ein neuer Bundestag gewählt. Schon jetzt steht fest, der Bundestag wird rechter, militaristischer und kapitalistischer. Daher möchte ich mit einem Appell starten: Jede:r deutsche:r Staatsbürger:in sollte von seinem Wahlrecht Gebrauch machen. Wer am Wahltag verhindert ist, kann vorab per Briefwahl wählen. Alle Wahlberechtigten erhalten postalisch eine Wahlbenachrichtigung. Auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung gibt es einen Vordruck, der ausgefüllt zurückgesendet werden kann. Dann wird der Stimmzettel zugeschickt. Alternativ können die Unterlagen beim Amt persönlich abgeholt werden. Dort kann auch direkt gewählt werden.

Der Bundestag wird kleiner

Bevor ich im Detail auf die politischen Begebenheiten eingehe, möchte ich noch einen Punkt ansprechen, der für die Zusammensetzung des Parlaments von Relevanz ist. Mit der nächsten Bundestagswahl wird der Bundestag kleiner. Nach derzeit 733 Sitzen wird der neue Bundestag insgesamt nur noch 630 Sitze haben. Das hat zur Folge, dass manche der Abgeordneten, die als Direktkandidat:innen zur Wahl antreten, um ihren (Wieder-)Einzug bangen müssen, selbst wenn sie in ihrem Wahlkreis siegen würden. Grund ist die Wahlrechtsreform aus dem Jahr 2023. Der Bundestag soll effizienter gemacht und Kosten sollen gespart werden. Die Frage ist, wie sich dies auf die Zusammensetzung auswirken wird. 

CDU/CSU+AfD: im 50-Prozent-Bereich

Nun aber zu den politischen Aspekten: Die Prognosen zeigen, dass es einen deutlichen Rechtsruck geben wird. CDU/CSU und AfD kommen zusammen auf fast 50 Prozent. Viele Parteien, insbesondere auch die CDU sprachen stets von einer Brandmauer gegen rechts, doch die ist – sollte sie jemals existiert haben – am 29. Januar 2025 endgültig eingebrochen. Die Zustimmung der AfD im Antrag wurde bewusst in Kauf genommen. Die Abstimmung ist knapp ausgegangen; wären die Fraktionen von Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen vollständig anwesenden gewesen, hätte es anders ausgehen können, aber auch wieder nur knapp. Der Damm ist gebrochen, so oder so. Aus Platzgründen verzichte ich auf weitere praktische Beispiele für diese Dammbrüche. Ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien zeigt, welche Tendenzen die Parteienlandschaft dominieren. Vielerorts sind rechte Narrative übernommen, Militarismus und Kapitalismus beherrschen die Agenda.

Migration und Asylpolitik

Beim Thema Migration strebt die CDU/CSU eine „grundsätzliche Wende“ an und will umgehend einen „faktischen Aufnahmestopp“ durchsetzen. Den Familiennachzug im Falle von subsidiär Schutzberechtigten will sie aussetzen. Asylbewerber sollen möglichst Sachleistungen statt Geld erhalten. Um mehr Rückführungen zu ermöglichen, sollen unter anderem mehr sichere Herkunftsländer definiert werden. Auch der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit bei straffällig gewordenen Doppelstaatlern ist im Gespräch. Auf EU-Ebene sollen Asylverfahren in „sicheren Drittstaaten“ erfolgen. Die FDP spricht sich ebenfalls für Sachleistungen sowie eine Beschleunigung von Rückführungen und Asylverfahren und Durchführung dieser in Drittstaaten aus. Die FDP will Zurückweisungen an den deutschen Grenzen „modellhaft“ erproben. Sie präferiert Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Die SPD verweist auf das Gemeinsame Europäische System GEAS, das 2026 in Kraft treten wird, und will umfassende Migrationsabkommen mit Herkunftsländern schließen. Bündnis 90/Die Grünen wollen „eine funktionierende und pragmatische Flucht- und Migrationspolitik, die Humanität und Ordnung verbindet“. Sie befürworten auch den „Spurwechsel“, wo er „sinnvoll“ ist. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) fordert, „unkontrollierte Migration“ zu beenden. Aus Sicht des BSW überfordert diese die Gesellschaft und die Sozialsysteme, zudem sei Migration ein Sicherheitsrisiko. Die Partei Die Linke lehnt Abschiebungen und Sachleistungen als diskriminierend ab.

Sicherheit und Verteidigung

Im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik sieht die CDU/CSU das Zwei-Prozent-Ziel der NATO als Untergrenze und will die Wehrpflicht wieder einführen. Die Verteidigungsfähigkeit Europas muss laut CDU/CSU ausgebaut werden. Nukleare Teilhabe und die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland gehören ebenfalls zu den Zielen. China wird als systemischer Konkurrent gesehen. Russland soll mit weiteren Sanktionen zum Einlenken bewegt werden. Die FDP spricht sich für eine realpolitische und weniger moralisch geleitete Außenpolitik aus. Bündnis 90/Die Grünen wollen als Teil der NATO Europas eigene Verteidigungsfähigkeit stärken. Der Wehretat soll dauerhaft über dem Zwei-Prozent-Ziel liegen. Auch die SPD betont die Wichtigkeit der NATO und Europas Stellung darin sowie das Zwei-Prozent-Ziel. Das BSW fordert Diplomatie und die Aufhebung von Sanktionen gegen politisch missliebige Regierungen, weil sie nur der Bevölkerung schadeten. Die Partei Die Linke will die Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen abziehen und zu einer reinen Verteidigungsarmee umbauen. Sie präferiert eine Stärkung der Vereinten Nationen.

Innenpolitik

Im Kontext innerer Sicherheit wirbt die CDU/CSU eine Null-Toleranz-Strategie gegen Kriminalität, Extremismus und Gewalt. Sie will mit voller Härte Links- und Rechtsextremismus bekämpfen. Sie befürwortet die Vorratsdatenspeicherung. Die FDP spricht beim Thema innerer Sicherheit auch über Bürgerrechte. Bündnis 90/Die Grünen sprechen von gut ausgestatteten Sicherheitsbehörden und gut finanzierten Präventionsprogrammen, mit denen sie gegen Rechtsextremismus und Islamismus vorgehen wollen. Die SPD verspricht, Diskriminierung, Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Islamismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen. Das BSW sieht Sicherheit als Voraussetzung für Freiheit und kritisiert eine „staatliche Übergriffigkeit“. Die Partei Die Linke will den Verfassungsschutz durch eine unabhängige Beobachtungsstelle „Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ ersetzen. Sie will die Antiterrorgesetzgebung der „vergangenen 30 Jahre“ auf den „bürgerrechtlichen Prüfstand“ stellen.

Armut und Wohnen

Beim Thema Armut und Wohnen will die CDU/CSU das Bürgergeld abschaffen und durch eine neue Grundsicherung ersetzen. Sie findet die Mieten zu hoch und will mehr Wohnraum schaffen. Die FDP plädiert für eine Absenkung des Bürgergelds und ein Auslaufen der Mietpreisbremse, um Investitionen anzukurbeln. Bündnis 90/Die Grünen setzen weiterhin auf das Bürgergeld und die Mietpreisbremse. Sie kündigen erneut eine Kindergrundsicherung an. Die SPD hält ebenso am Bürgergeld fest und will insbesondere Kinderarmut bekämpfen. Sie sieht im Kontext von Wohnraummangel eine Investitionsoffensive vor, hält aber an der Mietpreisbremse fest. Das BSW will das Bürgergeld durch „eine leistungsstarke und leistungsgerechte Arbeitslosenversicherung und eine faire Grundsicherung“ ersetzen. Die Partei Die Linke will das Bürgergeld zu einer „sanktionsfreien Mindestsicherung“ umbauen und fordert einen bundesweiten Mietendeckel.

Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf die Schwerpunkte sagen: Rassismus, Militarisierung und der Ausbau kapitalistischer Erträge für die Herrschenden stehen im Fokus. Frieden, demokratische Errungenschaften und Armutsbekämpfung sind Fehlanzeige.

Verletzung des Schengener Grenzkodex

Zahlreiche Forderungen im Kontext der Migration bzw. der Begrenzung dieser sind nicht rechtskonform. Dennoch erlauben sich einige Parteien, diese offen zu fordern. Andere sind verhaltener und signalisieren, dass auch sie für andere und damit restriktive Wege offen sind. Die geforderten dauerhaften Grenzkontrollen sind nicht zulässig, da Deutschland den Schengener Grenzkodex unterzeichnet hat, der keine Grenzkontrollen zwischen den Staaten im Schengen-Raum vorsieht. Schon die von Innenministerin Nancy Faeser angeordneten Grenzkontrollen im Nachgang zu Solingen dürften gegen den Kodex verstoßen. Im Kontext der Zurückweisungen an den Grenzen gilt EU-Recht. Die Dublin-III-Verordnung verbietet willkürliche Zurückweisungen ohne Prüfung der Zuständigkeit für das Asylverfahren. Die SPD verweist in der Thematik auf die GEAS, ein System, das Kinder in Haft, Asylschnellverfahren an den Außengrenzen, Abschiebungen in Länder ohne Schutz für Flüchtlinge und immer mehr Deals mit autokratischen Regierungen bedeutet.

Politik kontrastiert mit Versprechen

Die Widersprüche zwischen Wahlversprechen und de-facto Politik sind in vielen Bereichen erkennbar. So verspricht die SPD Rechtsextremismus und Islamismus bekämpfen zu wollen. Das Prüfverfahren zum Verbot der Grauen Wölfe ist noch immer nicht abgeschlossen, bei der Abstimmung zum Prüfverfahren eines AfD-Verbots will sie dem Antrag im Bundestag nicht zustimmen. Bündnis 90/Die Grünen sind ebenfalls von ihren Gründungsidealen deutlich abgerückt. Für die FDP reguliert der Markt, alles andere ist sekundär oder zählt nicht.

Die Stimme der Migrant:innen ist schwach

Um die Folgen dieser Veränderungen abschätzen zu können, lohnt sich der Blick in die Geschichtsbücher. Es existieren leider zu viele Parallelen zu der Phase, die zur Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur geführt hat.

Die Massendemonstrationen, die im Januar 2023 im Nachgang der Enthüllungen um das Treffen in Potsdam im Kontext von Remigration die Agenda dominierten, ebenso die Demonstrationen der vergangenen Tage erzeugen gute Bilder, aber werden die negativen Entwicklungen nicht aufhalten. Die rechten Narrative, insbesondere im Zusammenhang mit Migration, sind in der Gesellschaft angekommen und von einem nicht irrelevanten Teil übernommen worden. Auch wenn ich dem Effekt dieser Demonstrationen keine übermäßige Bedeutung beimesse, empfinde ich es als bedrückend, dass der Anteil migrantischer Menschen verhältnismäßig gering ist. Dabei sind sie die unmittelbar Betroffenen. Auch außerhalb dieser Demonstrationen sind migrantische Stimmen sehr leise.

Wird sich die Herangehensweise an die Kurd:innen ändern?

Hier gilt es auch, selbstkritisch die kurdische Community zu betrachten. Rechtsruck, Militarisierung und der Ausbau kapitalistischer Erträge betreffen uns ganz besonders. So ist unsere Gemeinschaft nicht nur dem Rassismus als migrantische Community ausgesetzt, sondern auch innermigrantischem Rassismus. Die extreme türkische Rechte ist ein Aspekt dessen, die staatliche Einflussname mittels Ditib ein weiterer. Schauen wir uns die Regierungen der vergangenen Jahre an, ist nicht zu erwarten, dass es beim einem Rechtsruck eine Änderung in der Herangehensweise gegenüber uns Kurd:innen geben wird, wenn schon die sog. Fortschrittskoalition der mittlerweile zerbrochenen Ampel das Prüfverfahren zum Verbot der Grauen Wölfe nicht abschließt und Waffenlieferungen in Milliardenhöhe an die Türkei genehmigt.

Wirksame Kritik fehlt

Immerhin hat die deutsche Außenministerin im Kontext der Post-Assad-Ära die Notwendigkeit der Einbeziehung der Kurd:innen in die Prozesse zur Neugestaltung Syriens thematisiert, und es gab einige Treffen zwischen DAANES- und SDF-Vertreter:innen mit hochrangigen deutschen Diplomaten. Doch die Angriffe der Türkei dauern an, wirksame Kritik, geschweige denn Sanktionen bleiben aus. Schauen wir uns die Jahre der Großen Koalition an, erinnern wir uns im Zusammenhang mit der deutschen Außenpolitik an die Tea Time von Außenminister Sigmar Gabriel und seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu, die nicht zu unseren Gunsten ausgefallen ist.

Anti-kurdische Stimmung wird zunehmen

Wer davon ausgeht, dass die AfD aufgrund ihrer rechten Ideologie eine Türkei-feindliche Haltung hat, irrt. Erinnert sei beispielhaft an die Lobeshymne – Waffenbrüder und enge Freunde – des Europaabgeordneten Maximilian Krah auf die Türkei. Gerade im Kontext der Migrationsdebatte und der Begrenzung von Migration war und ist die Türkei ein enorm wichtiger Partner. Der negative Impact und die Rechtswidrigkeit des EU-Türkei Deals sind bekannt, dennoch erhält die Türkei immer wieder massive finanzielle Unterstützung durch die Europäische Union. Mit der GEAS wird sich dies nicht zum besseren entwickeln. Auch der institutionelle antikurdische Rassismus in Deutschland wird sich unter einem Rechtsruck verschärfen.

Die Kriminalisierung wird zunehmen

Herkunftssprachlicher Unterricht in Kurdisch ist schon jetzt massiven Hürden ausgesetzt. Mit einer rechten Regierung wird es weitere Einschnitte geben. Auch eine Aufhebung des Unterrichts ist dann nicht ausgeschlossen. Die Herausforderungen im Kontext des PKK-Verbots, insbesondere die Kriminalisierung, werden ebenfalls zunehmen. Diese wird in der Argumentationskette für Abschiebungen einen wesentlichen Aspekt einnehmen. Die Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit ist ein wesentliches Kennzeichen von rechten, autokratischen Ideologien. 

Zeit für Volksdiplomatie

All dies sollte uns ein Weckruf sein. Selbstverständlich bleibt Kurdistan unser zentraler Fokus. Doch genau die Kraft, die wir im Kontext von Kurdistan zeigen, können und müssen wir auch hier einbringen. Wir sind die zentralen Demokratieakteure im Mittleren Osten. Gemäß unserer basisdemokratischen Ausrichtung und dem Verständnis wenig Staat – viel Demokratie ist es an der Zeit, die Basis zu organisieren, auch und vor allem die migrantische. Wir könnten führend sein im antifaschistischen Kampf und in der Neugestaltung der Demokratie. Auch im Kontext der Gendergerechtigkeit sind wir mit unserem Paradigma gefragt, denn die Rechten werden noch stärker am Patriarchat festhalten. Nicht zu vergessen ist auch der ökologische Aspekt, zu dem wir eine klare Haltung haben. Wir können und müssen die kapitalistische Moderne genau jetzt noch stärker herausfordern, auch und vor allem in Deutschland. Wir müssen uns mit allen Benachteiligten verbünden. Jetzt ist die Zeit der vollumfänglichen Umsetzung der Volksdiplomatie. Nicht vergessen, wählen gehen.

Die Autorin Dr. Dersim Dağdeviren ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Zugleich ist sie Ko-Vorsitzende des Netzwerks kurdischer Akademiker:innen e.V. (Kurd-Akad) und Mitglied im Vorstand der EU Turkey Civic Commission (EUTCC). Der hier erschienene Text wurde für die Zeitung Yeni Özgür Politika verfasst. Die türkische Übersetzung kann unter folgendem Link gelesen werden: https://www.ozgurpolitika.com/haberi-militarizm-irkcilik-ve-kapitalizm-el-ele-197550

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Einsatz vom Ministerkomitee des Europarats für Öcalan gefordert

10. Februar 2025 - 9:31

ISKU | Informationsstelle Kurdistan e.V.

Seit fast 26 Jahren sitzt der Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Abdullah Öcalan unter schwierigsten Bedingungen in türkischer Haft. 115 Menschen des öffentlichen Lebens aus Deutschland haben daher einen offenen Brief an den Vorsitzenden des Ministerkomitee des Europarates Xavier Bettel gesandt. Darin fordern sie den luxemburgischen Politiker zum Handeln auf. Es brauche konkrete rechtliche, diplomatische und politische Schritte für Öcalans Freilassung, um eine friedliche Lösung für die kurdische Frage zu erreichen.

In dem Brief heißt es: „Am 15. Februar 2025 jährt sich zum 26. Mal die Entführung des kurdischen Volksrepräsentanten Abdullah Öcalan. Seitdem wird er auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali festgehalten. Besuche seiner Familie und seiner Anwälte unterliegen der politischen Willkür der türkischen Regierungen.

Im Jahr 2014 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass Öcalans verschärfte lebenslange Haftstrafe, die die Möglichkeit einer Bewährung ausschließt, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt. Das Gericht empfahl der Türkei, ihre Gesetze zu ändern, um zu gewährleisten, dass die Gefangenen eine Aussicht auf Entlassung haben – das sogenannte Recht auf Hoffnung.

Auf der Sitzung des Ministerkomitees des Europarates vom 17. bis 19. September 2024 drängte das Ministerkomitee des Europarates die Türkei erneut, unverzüglich Schritte zur Einhaltung des EGMR-Urteils von 2014 zu unternehmen. Das Komitee warnte, dass es die Ausarbeitung einer Interims-Entschließung in Betracht ziehen würde, wenn bis zum 20. September 2025 keine Fortschritte erzielt würden.

Seit dem 10. Oktober 2023 haben sich Millionen von Menschen in Kurdistan und auf der ganzen Welt an der Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage“ beteiligt, um auf die Lage von Herrn Öcalan aufmerksam zu machen und die Aufmerksamkeit der Welt auf den Weg zum Frieden zu lenken. Die politische Bedeutung Öcalans für den türkisch-kurdischen Konflikt kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, und eine Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts, der inzwischen über die Grenzen der Türkei hinausgeht, da das türkische Militär in Nordsyrien und im Nordirak einmarschiert, Gebiete angreift und besetzt, könnte den Frieden auch in den Nahen Osten bringen.

Neben 69 Nobelpreisträger:innen haben 1.500 Anwält:innen aus aller Welt, Menschen verschiedener Disziplinen, Gewerkschaften, soziale Bewegungen, politische Parteien, gewählte Mandatsträger:innen, Kunstschaffende, Intellektuelle, Aktivist:innen sowie Millionen von Kurd:innen und ihre Unterstützer:innen an den Europarat und den Präsidenten der Republik Türkei appelliert, die Isolationshaft von Herrn Öcalan zu beenden und ihn freizulassen. Darüber hinaus haben sich zahlreiche internationale Netzwerke gegründet, um sich für seine Freilassung einzusetzen, und ihre Bemühungen dauern bis heute an.

Die Tatsache, dass eine Delegation der DEM-Partei aufgrund des Drucks des Europarats und globaler politischer und zivilgesellschaftlicher Organisationen nun eingeschränkte Erlaubnis erhalten, Herrn Öcalan im Gefängnis zu besuchen, mag eine positive Entwicklung sein. Dennoch ist Herr Öcalan immer noch ein politischer Gefangener, der unter Missachtung verschiedener Gesetze und Menschenrechtskonventionen festgehalten wird. Die gegenwärtige Situation zeigt, wie wenig die türkische Führung und Regierung an den Frieden glauben, und wie sehr die Aussage von Nelson Mandela, dass „nur ein freier Mann verhandeln kann“, zutreffend ist. Angesichts der jüngsten Entwicklungen ist es nun an der Zeit, dass das Ministerkomitee eine proaktive Haltung einnimmt, um eine endgültige Lösung für dieses Problem zu finden. Herr Öcalan hat seine Bereitschaft zu einer friedlichen Lösung trotz der ungleichen Bedingungen zum Ausdruck gebracht. Der kurdische Vordenker Abdullah Öcalan muss die Möglichkeit erhalten, sich mit seinen Anwälten und seiner Familie zu treffen und schließlich unter Bedingungen freigelassen werden, die es ihm ermöglichen, eine Rolle bei der Suche nach einer gerechten und demokratischen politischen Lösung für die jahrzehntelange kurdische Frage in der Türkei zu spielen.

Es ist nun Aufgabe des Ministerkomitees, konkrete rechtliche, diplomatische und politische Schritte zur Freilassung von Herrn Öcalan zu unternehmen, um eine friedliche politische Lösung der kurdischen Frage zu erreichen.“

Die Unterzeichner*innen des Briefes lauten wie folgt:

  1. Agilan Waradarajah, Sprecher für den Volksrat der EelamTamilen in Deutschland
  2. Apl. Prof. Dr. Alex Demirovic, Politikwissenschaftler
  3. Alexander Glasner-Hummel, Autor, Co-Sprecher des Zentralen Menschenrechtsrats der Kurd*innen in Deutschland
  4. Andreas Buderus, Coach, Mediator, freier Autor, IWW, ver.di, RHD
  5. Andrej Hunko, Mitglied des Deutschen Bundestages, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), Vorsitzender der UEL-Fraktion in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  6. Anja Flach, Ethnologin, Autorin
  7. Anna Magdalena Busl, Rechtsanwältin und Strafverteidigerin
  8. Prof. Dr. Aram Ziai, Politikwissenschaftler, Uni Kassel
  9. Dr. Benjamin Schuetze, Politikwissenschaftler, Arnold Bergstraesser Institut (ABI) Freiburg
  10. Bernd Hahnfeld, Richter i.R.
  11. Bernhard Trautvetter, Friedensaktivist, Mitglied in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN)
  12. Cansu Özdemir, Ko-Vorsitzende Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft
  13. Prof. Dr. Cengiz Barskanmaz, Professor for Law and Social Work, Fulda University of Applied Sciences
  14. Christa Blum, Ärztin
  15. Prof. Dr. Christine Graebsch, Hochschullehrerin an der der Fachhochschule Dortmund
  16. Christoph Habermann, Staatssekretär a.D.
  17. Christoph Klug, Dipl.-Psychologe
  18. Clara Bünger, MdB, Mitglied im Rechtsausschuss
  19. Dr. Daniel Loick, Associate Professor of Political and Social Philosophy, University of Amsterdam
  20. Dr. Dr. Dario Azzellini, Politikwissenschaftler und Soziologe, Cornell University
  21. Dr. Dastan Jasim, Politikwissenschaftlerin
  22. Dersim Dagdeviren, EUTCC Vorstandsmitglied, KURD-AKAD,
  23. Dieter Kaltenhäuser, Bündnis Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinenser
  24. Elisabeth Kaltenhäuser, Bündnis Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinenser
  25. Erik Hagedorn, Aktivist und Politikwissenschaftler
  26. Erkan Pehlivan, Journalist
  27. Ernst-Ludwig Iskenius, Arzt, IPPNW
  28. Esther Winkelmann, Buchantiquarin, politische Aktivistin
  29. Eva von Redecker, Philosophin
  30. Ferat Kocak Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin – MdA
  31. Frank Jasenski, Rechtsanwalt
  32. Frank Laubenburg, Bundessprecher Die Linke queer
  33. Franz Hamburger, Prof. i.R. Dr., Universität Mainz
  34. Prof. Dr. Frieder Otto Wolf, Freie Universität Berlin, Institut für Philosophie
  35. Friedrich Roeingh, Journalist
  36. Friedrich Vetter, Pfarrer i.R., stellvertretendes Mitglied in der Härtefallkommission in RLP
  37. Prof. Dr. habil. Dr. hc. Frigga Haug, Ehrenvorsitzende des Inkrit (Institut für Kritische Theorie)
  38. Prof. Dr. Georg Auernheimer, Univ.Prof. i.R.
  39. Gerd Pütz, Organisationsberater, Verein Wissenskulturen e.V.
  40. Gerhard Keller, Vorstand Wahrheitskämpfer e.V.
  41. Gerhard Strauch, Rechtsanwalt Mitglied in der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen in Deutschland (VDJ) 
  42. Dr. med. Gisela Penteker, Ärztin, Türkeibeauftragte der deutschen Sektion der IPPNW
  43. Gisela Rhein, Aktivistin, Familien für den Frieden
  44. Prof. Dr. Gregor Büchel, Professor i.R.
  45. Hartmut Löschcke, Buchhändler
  46. Heike Hansen, Stadträtin Linke Liste Oberhausen
  47. Dr. Heinz Jürgen Schneider, ehm. Rechtsanwalt und Autor
  48. Heinz Schmitt, Rechtsanwalt
  49. Prof. Dr. Helga Baumgarten, Politologin (emeritiert), Universität Bir Zait, Palästina
  50. Dr. Helmuth Markov, vormals Abgeordneter/ Landesminister
  51. Holdger Platta, Autor und Journalist, Mitglied der “Initiative für eine humane Welt e. V.”
  52. Hüseyin Kenan Aydin, Mitglied des Bundestags a.D.
  53. Iñigo Schmitt-Reinholtz, Rechtsanwalt, Nürnberg
  54. Jens Carstensen, Friedenspolitisches Forum Oberhausen
  55. Joachim Schaller, Rechtsanwalt
  56. Jonna Sophie Kühl, Linksjugend
  57. Johannes Krug, Pfarrer, Evangelische Kirche
  58. jörg heuer, Intermedia-Künstler*
  59. Jürgen Klute, Ehemaliger Europaabgeordneter und Vorsitzender der Kurdischen Freundschaftsgruppe des Europäischen Parlaments
  60. Jürgen Repschläger, Mitglied der Linksfraktion im Rat der Stadt Bonn
  61. Prof. Dr. Karin Kulow, Nahostwissenschaftlerin
  62. Dr. Kerem Schamberger, Kommunikationswissenschaftler und Autor
  63. Konstantin Wecker, Liedermacher, Komponist und Autor
  64. Kurt Bovensiepen, Pädagoge
  65. Lena Wiese, Sozialwissenschaftlerin
  66. Lothar Zechlin, Prof. i.R. Dr., Universität Duisburg-Essen
  67. Dr. Lukas Theune, Rechtsanwalt, Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV e.V.)
  68. Marcel Bister, Stadtverbandssprecher Die Linke Moers & Neukirchen-Vluyn
  69. Marion Böker, Direktorin, Beratung für Menschenrechte & Genderfragen
  70. Marit Vahjen, Menschenrechtsgruppe Türkei, IPPNW
  71. Markus Lautenschlager, Pfarrer, Evangelische Landeskirche in Württemberg
  72. Martin Dolzer, Schriftsteller und Politiker
  73. Dr. Matin Baraki, Politologe
  74. Dr. Maurice Stierl, Wissenschaftler
  75. Dr. Max Oliver Schmidt, Soziologe, Uni Potsdam
  76. Prof. Dr. Michael Brie, Sozialphilosoph
  77. Dr. Michael Wilk, Notarzt, Psychotherapeut, Autor
  78. Prof. Dr. Mohssen Massarrat, Politikwissenschaftler und im wiss Beirat von IPPNW deutscher Sektion
  79. Monty Schädel, ehemaliger Co-Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
  80. Nicole Gohlke, Mitglied des Deutschen Bundestages Die Linke im Bundestag, Sprecherin für Bildung und Wissenschaft
  81. Norbert Müller, Fraktion der ‘Linken Liste’ und Mitglied im Vorstand der Oberhausener GEW
  82. Prof. Dr. Norman Paech, Jurist und em. Professor für Politikwissenschaft und für Öffentliches Recht
  83. Özlem Alev Demirel, Mitglied des Europäischen Parlaments
  84. Prof. i. R. Peter Brandt, Historiker und Publizist
  85. Prof. Dr. habil. Peter Herrman, Wissenschaftler am Human Rights Center, Juristische Fakultät der Central South University, Changsha, VR China
  86. Prof. Peter Ott, Filmemacher und Professor an der Merz Akademie, Stuttgart
  87. Peter Vonnahme, Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof i. R.
  88. Dr. Rainer Werning, Politikwissenschaftler & Publizist
  89. René Bahns, Rechtsanwalt
  90. Dr. Robert Krieg, Filmemacher und Publizist
  91. Roland Meister, Rechtsanwalt
  92. Dr. Rolf Gössner, Jurist, Publizist, parlamentarischer Berater und Bürgerrechtler, Internationale Liga für Menschenrechte
  93. Rudolf Bürgel, Die Linke Baden-Württemberg
  94. Prof. Dr. Rudolph Bauer, Politikwissenschaftler
  95. Dr. Sabine Kebir, Privatdozentin, Politik- und Kulturwissenschaflerin
  96. Sabine Skubsch, Die Linke Baden-Württemberg
  97. Sarah Reinke, Geschäftsführerin Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
  98. Şeyda Kurt, Autorin
  99. Prof. Susanne Brandtstädter, Professorin und Lehrstuhlinhaberin für die Anthropologie der Globalisierung an der Universität zu Köln
  100. Susanne Köhler, Vorstand Wahrheitskämpfer e.V.
  101. PD Dr. Susanne Schultz, Soziologin, Goethe-Universität Frankfurt/Main
  102. Dr. Theo Aalders, Postdoktorand an der Universität Bonn
  103. Thomas Kilpper, Künstler, Berlin, ehemaliger Prof. Universität Bergen, Norwegen
  104. Thorsten Müller, Rechtsanwalt
  105. Tim Engels, Rechtsanwalt   
  106. Dr. Torsten Bewernitz, Hochschule Darmstadt, Redaktion „express“
  107. Prof. Dr. Udo Mayer, Professor em. an der Universität Hamburg
  108. Prof. Dr. med. Ulrich Gottstein, IPPNW
  109. Ute Wellstein, Arbeitsmedizinerin, IPPNW
  110. Prof. Dr. Werner Ruf, Friedens- und Konfliktforscher
  111. Dr. jur. Wolfgang Bittner, Schriftsteller und Publizist
  112. Wolfgang Klinger, Die Linke Liste Moers, Stadtrat
  113. Wolfgang Marx, Arzt
  114. Yener Sözen, Rechtsanwalt
  115. Yusuf Karaçelik, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE.LISTE Fraktion im Rat der Stadt Oberhausen

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