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Aktualisiert: vor 1 Stunde 55 Minuten

Lobbyismus von Gerhard Schröder: Transparenz-Niemandsland

10. März 2023 - 9:22

Die Berliner Verwaltungsgerichte machen es unmöglich, Auskünfte über den Gazprom-Lobbyismus des Ex-Kanzlers Gerhard Schröder einzuholen. Erst schickten sie uns von Behörde zu Behörde – jetzt soll es gar keine Infos mehr geben.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat zum zweiten Mal unseren Eilantrag zu Gerhard Schröders Lobby-Terminen abgelehnt. Es entschied, dass Gerhard Schröder keine Auskunft darüber geben muss, welche Lobby-Termine er für Gazprom und andere Unternehmen durch das steuerfinanzierte Ex-Kanzlerbüro organisieren ließ. Der Grund: Das Büro von Schröder sei derzeit nicht besetzt und könne unseren Antrag deswegen nicht bearbeiten.

Damit endet unser Gerichtsverfahren in einer Sackgasse, die das OVG vorher selbst gebaut hatte: In unserem ersten Eilantrag vor einem Jahr hatten wir die Lobby-Infos direkt vom Bundeskanzleramt angefordert, dem das Ex-Kanzlerbüro untersteht. Es dürfte Zugriff auf den Terminkalender von Schröder haben. Im Sommer hatte das Gericht allerdings entschieden, dass wir uns nicht ans Kanzleramt, sondern an Schröders Büro wenden müssen – um jetzt ein weiteres halbes Jahr später zu entscheiden, dass dieses auch keine Auskunft geben muss.

Gazprom-Lobby darf im Dunklen bleiben

Damit endet vorerst eine einjährige Gerichts-Farce. Begonnen hatte sie damit, dass das Berliner Verwaltungsgericht in erster Instanz unseren Eilantrag abgewiesen hatte, weil wir keine Presse seien. Als wir dann selbst eine Zeitung herausgaben, akzeptierte das OVG unseren Presse-Status – nur um den Antrag abzuweisen, weil das Ex-Kanzlerbüro selbst zuständig sei. Dabei hatten wir unsere Presseanfrage sowohl an das Kanzleramt als auch an das Ex-Kanzlerbüro gerichtet und hatten nur in dem Antrag an das Gericht das Kanzlerbüro nicht separat benannt.  

Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren ist aber ohnehin die Bundesrepublik Deutschland und keine bestimmte Behörde. Die zuständige Behörde vertritt die Bundesrepublik Deutschland lediglich vor Gericht und falls zunächst die falsche Behörde genannt wird, kann dies im Gerichtsverfahren noch geändert werden. Das OVG hätte damals also auch über unseren Antrag gegenüber dem Ex-Kanzlerbüro entscheiden können. Es wollte aber offenbar nicht. Zwischenzeitlich wollte das VG Berlin das Verfahren sogar an das Verwaltungsgericht in Schröders Heimatstadt Hannover abgeben.

Der Putin-Vertraute und Ex-Kanzler Gerhard Schröder unterhielt bis vor kurzem ein Büro in den Räumen des Bundestags, das für ihn auf Steuerzahlerkosten arbeitete. Es organisierte für Schröder zahlreiche private Lobbytermine. Das Kanzleramt ließ sich das Büro 400.000 Euro jährlich kosten, allerdings wurde Schröder im vergangenen Jahr vom Haushaltsausschuss des Bundestags der Geldhahn zugedreht. Die Infos über die Organisation seiner Lobby-Termine in den vergangenen Jahren liegen seitdem weiterhin vor, die Akten wurden offenbar nicht gelöscht. Nur können wir durch den OVG-Beschluss weder das angeblich nicht zuständige Kanzleramt noch das unbesetzte Ex-Kanzlerbüro verpflichten, uns die Infos herauszugeben. Willkommen im Transparenz-Niemandsland.

zum Beschluss

 

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Job: Investigative Journalist*in bei FragDenStaat

6. März 2023 - 13:42

Für unseren Investigativ-Bereich suchen wir zur Verstärkung eine Journalist*in für FragDenStaat! 60-100% (24 bis 40 h/Woche), idealerweise ab Juni 2023.

Wir streben eine gleichmäßige Repräsentation gesellschaftlicher Gruppen im Team an und möchten den Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte, Schwarzen Personen, PoCs und Menschen mit Behinderungen im Team erhöhen.

Wer wir sind

FragDenStaat ist die Organisation für Informationsfreiheit in Deutschland. Seit 2011 ermöglicht sie es allen Menschen, möglichst einfach und transparent Informationen von Behörden zu befreien – mit technischen Tools, Kampagnen, strategischen Klagen und investigativen Recherchen. Inzwischen haben rund 120.000 Personen insgesamt 230.000 Anfragen über FragDenStaat gestellt. In den vergangenen drei Jahren haben wir mehr als 140 Klagen gegen deutsche und EU-Behörden eingereicht.

Trägerverein von FragDenStaat ist der gemeinnützige Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. mit Sitz in Berlin, der sich für offenes Wissen, Transparenz und Beteiligung einsetzt. Unsere Arbeit ist spendenfinanziert, unabhängig, überparteilich und interdisziplinär.

Informationsfreiheit ist uns ein Herzensanliegen. FragDenStaat ist ursprünglich als ehrenamtliches Projekt gestartet und wird inzwischen von einem 20-köpfigen hauptamtlichen Team getragen. Wir wachsen weiter und haben viel vor, um Informationsfreiheit in Deutschland und auf EU-Ebene strategisch voranzubringen. Dafür suchen wir Verstärkung!

Wie wir im Investigativ-Bereich arbeiten

Wir haben mit unseren investigativen Recherchen das Ziel, die Mächtigen zu kontrollieren und durch das Aufdecken von Fehlverhalten Veränderungen anzustoßen. Unsere Arbeitsweise trägt dazu bei: Wir sind bei unserer Arbeit so transparent wie möglich. Wo möglich veröffentlichen wir die Grundlagen unserer Recherchen und zeigen, wie alle Menschen ebenfalls vergleichbare Informationen erhalten können.

Dabei arbeiten wir eng mit anderen Bereichen von FragDenStaat zusammen, verklagen den Staat regelmäßig auf Auskunft und nutzen technische Tools zur Auswertung von Anfragen.

Investigative Recherchen bei FragDenStaat haben in der Regel einen Bezug zu 

  • Informationen, die per Informationsfreiheitsgesetz (IFG/UIG/VIG etc.) angefragt werden
  • Presserechts-Anfragen und -Klagen
  • offenen Daten(sätzen)
  • geleakten Dokumenten
  • Registerdaten (z.B. Grundbuch)

Wir kooperieren bei allen Recherchen mit anderen Medien und Journalist*innen. Unser Ziel ist dabei, dass auch andere Medien verstärkt Auskunftsrechte nutzen und transparent arbeiten. Außerdem bereichern die Kooperationen die Arbeit, erhöhen die Reichweite für unsere Themen und machen Freude. Bisher haben wir u.a. mit dem ZDF Magazin Royale, WDR/NDR/SZ, der taz, Correctiv und dem Spiegel zusammengearbeitet. Einen Überblick über unsere Recherchen findest du hier. Wir möchten noch mehr internationale Kooperationen vorantreiben.

Wen wir suchen

Wir sind auf der Suche nach einer Person, die im Investigativ-Team gemeinsam mit Vera, Aiko und Arne arbeitet.

Daran arbeitest Du: 

  • Eigene investigative Recherchen und Medienkooperationen, gerne mit Deinem eigenen „Beat“
  • Kleinere Recherchen mithilfe von Dokumenten, die von anderen Menschen über FragDenStaat befreit wurden
  • Nach Interesse ab und zu Workshops für andere Medien und Organisationen

Wir möchten die anfallenden Tätigkeiten und auch die wöchentliche Arbeitszeit so arrangieren, dass sie zu Dir passen.

Profil

Bei uns gibt es viel Raum für Entwicklung und Deine eigenen Ideen. Das Projekt lebt vom starken Engagement und Einsatz aller Teammitglieder. Dementsprechend wünschen wir uns von Dir, dass Du eigenständig arbeiten kannst und ein gutes Zeitmanagement mitbringst.

Du solltest folgendes mitbringen:

  • Motivation, dich regelmäßig durch große Aktenberge zu wühlen, um wichtige Informationen zu finden
  • Vorkenntnisse mit Auskunftsrechten sind nicht nötig, aber ein großes Interesse an Anfragen sowie Klagen ist wichtig
  • Bereitschaft, neben Deinen Arbeitsergebnissen auch Deine Recherchewege zu veröffentlichen (z.B. die FragDenStaat-Anfragen)

Du solltest Freude daran haben, an der Schnittstelle von Technik und Politik neue kreative Wege in der Informationsfreiheit zu beschreiten. Teamarbeit ist uns sehr wichtig – und damit offene und wertschätzende Kommunikation mit Kolleg*innen und Kooperationspartner*innen auch aus anderen Fachbereichen.

Du glaubst, dass ein paar Aspekte aus der Ausschreibung nicht zu Dir passen, aber viele andere schon? Dann bewirb Dich bitte trotzdem.

Wir bieten Dir
  • Eine sinnstiftende Tätigkeit zur Stärkung von Demokratie und Informationsfreiheit
  • enge Zusammenarbeit im Investigativ-Team von FragDenStaat sowie mit unseren Kooperationspartner*innen
  • dazuzulernen in den Bereichen, die Dir wichtig sind, auch durch Fortbildungen, die FragDenStaat für dich bezahlt
  • flexible, familienfreundliche Arbeitszeiten
  • Unterstützung bei technischen Hilfsmitteln
  • Eine gute Büroatmosphäre in Berlin mit einem motivierten Team – Home Office und remote arbeiten ist auch möglich. Das Büro ist mit Fahrstuhl stufenfrei erreichbar. Wenn du auf weitere Barrieren stößt, möchten wir sie abbauen. Wir haben eine Menstrual Leave Policy.
  • Eine Vergütung angelehnt an TV-L E13, Stufe 1
  • 30 Urlaubstage im Jahr

Die Stelle ist zum 1. Juni 2023 zu besetzen. Sie ist auf zwei Jahre befristet. Wir streben eine Entfristung an.

Bitte schicke uns Deine Bewerbung mit Anschreiben, Lebenslauf, Arbeitsproben, möglichem Beginn und bevorzugtem Stundenumfang bis zum 2. April 2023 per E-Mail an jobs@okfn.de. Wir möchten vor allem wissen, woran Du Interesse hast, was Du gut kannst, was Dich bewegt und motiviert.

Bitte sende uns weder Bewerbungsfotos noch Angaben zu Alter und Familienstand zu. Ob du einen Hochschulabschluss hast, ist für uns nicht entscheidend. Arbeits- und Abschluss-Zeugnisse brauchen wir nicht.

Wie es weitergeht

Wir werden alle Bewerbungen sichten, ggf. nachanonymisieren und dann dem Personalverantwortlichen zur Auswahl vorlegen. Im Anschluss werden wir möglicherweise mit ausgewählten Kandidat*innen Telefongespräche führen, um offene Fragen zu klären. Nach Sichtung der Ergebnisse wird die Anonymisierung aufgehoben und wir laden einige Bewerber*innen zum persönlichen Kennenlernen ein. Diese Gespräche finden vom 17.04.-28.04 in Berlin statt. Die innerdeutschen Reisekosten für die Bewerbungsgespräche übernehmen wir, sofern sie nicht von der Arbeitsagentur getragen werden.

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Klage gegen Gebühren: 10.000 Euro Kosten für Null Information

2. März 2023 - 9:26

Baden-Württembergs Innenministerium will uns keine Dokumente über Polizisten geben, die im Ku-Klux-Klan aktiv waren. Stattdessen will das Innenministerium jetzt von uns viel Geld. Deshalb klagen wir.

Rund 140 Arbeitsstunden will Baden-Württembergs Innenministerium benötigt haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass es einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ablehnt – die Rechnung dafür sollen wir jetzt zahlen. Wir gehen juristisch dagegen vor.

Im Juni 2022 hatten wir vom Innenministerium Dokumente zu drei Polizisten angefordert, die nachweislich Mitglieder des deutschen Ablegers des Ku-Klux-Klans waren – darunter der Dienstvorgesetzte der durch den NSU ermordeten Michèle Kiesewetter. Der Fall war im Zuge der NSU-Ermittlungen publik geworden und beschäftigte damals auch einen Untersuchungsausschuss des Landtags

Mehr als drei Monate nach unserer Anfrage erhielten wir vom Ministerium zwar keine Informationen, jedoch eine Rechnung: Demnach hätte eine Person fast einen ganzen Monat nichts anderes gemacht, als diesen einen Antrag zu bearbeiten. Dadurch angefallene Personalkosten laut Innenministerium: 9.460 Euro. Zusätzlich seien auch noch „Sachkosten“ angefallen. Insgesamt 519,20 Euro. Wofür genau das Innenministerium so viel Geld ausgegeben hat, ist unklar. Es soll also rund 10.000 Euro gekostet haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass wir Dokumente haben wollen, die das Innenministerium gar nicht hat oder nicht herausgeben muss.

IFG-Gebühren: Sonderfall Baden-Württemberg

Diese Kosten will das Innenministerium uns nun zumindest zum Teil in Rechnung stellen: 500 Euro sollen wir für den Ablehnungsbescheid zahlen. Um unser Recht auf Informationszugang zu berücksichtigen, das „nicht durch die Erhebung von Gebühren übermäßig beeinträchtigt werden soll“, habe man sich auf diesen Betrag beschränkt, schreibt das Innenministerium dazu. Dass es überhaupt möglich ist, eine Rechnung für eine IFG-Anfrage zu bekommen, obwohl die Behörde die Anfrage ablehnt, ist nicht nur fraglich, sondern auch eine Besonderheit, die wir bisher nur in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt erlebt haben.

Im Wortlaut des baden-württembergischen Informationsfreiheitsgesetz findet sich gar keine Angabe, wie bei einer abgelehnten Anfrage mit Gebühren umzugehen ist. Eher spricht das Gesetz dafür, in solchen Fällen keine Gebühren zu erheben. Denn Gebühren dürfen laut Gesetz keine abschreckende Wirkung haben. Außerdem ist das baden-württembergische IFG im Paragraphen zur Ablehnung von Anfragen wortgleich zum Bundes-IFG, zu dem die einhellige Rechtsmeinung herrscht, dass abgelehnte Anfragen gebührenfrei sein müssen.

Innenministerium widerspricht Innenminister

Neben der Gebührenfrage hat dieser Fall eine weitere Dimension. Denn dass wir das Ministerium nach diesen Unterlagen gefragt haben, geht auf eine Aussage des Behördenleiters zurück. Im letzten Jahr gab Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) interne Unterlagen aus einer Untersuchung gegen einen ranghohen Polizisten an einen Journalisten. Später erklärte der Innenminister über seinen Anwalt, er sei wegen Transparenz- und Pressegesetzen sogar dazu verpflichtet gewesen, die Dokumente weiterzugeben.

Einen so vehementen Einsatz für Informationsfreiheit können wir nur begrüßen und haben daher geprüft, ob das Innenministerium den selbsterklärten Transparenzrichtlinien des Behördenchefs folgt. Deshalb haben wir nicht nur selbst auch noch einmal jene Dokumente angefordert, die Innenminister Strobl weitergegeben hatte, sondern versuchsweise auch Unterlagen aus anderen internen Ermittlungen gegen Polizisten in einem besonders brisanten Fall: jene baden-württembergischen Polizeibeamte, die im Ku-Klux-Klan aktiv waren. Die angeforderten Dokumente erhielten wir allerdings in keinem der Fälle.

→ zur Anfrage 

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Jahresbericht 2022: FragDenStaat schlagkräftig wie nie

1. März 2023 - 9:00

Dutzende Klagen, Leaks und Löcher im Zaun von Frontex – in unserem Jahresbericht 2022 fassen wir noch einmal das vergangene Jahr zusammen und machen unsere Finanzen transparent.

Eigentlich wollten wir 2022 nicht weiter wachsen – dieser Vorsatz ist nicht ganz aufgegangen. Neue Förderungen haben es uns ermöglicht, Verstärkung im Legal- und Tech-Bereich sowie der Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus zu bekommen. Auch unser Spendenziel haben wir erreicht, worüber wir uns sehr gefreut haben. So konnten und können wir weiterhin dafür sorgen, dass Informationsfreiheit – auch auf kreativen Wegen – durchgesetzt und gestärkt wird.

Im vergangenen Jahr haben wir zusammen mit dem ZDF Magazin Royale die „NSU-Akten“ veröffentlicht; unsere Recherchen zur zwielichtigen Klimastiftung in Mecklenburg-Vorpommern haben mit zur Auflösung der Stiftung beigetragen und die Brandenburger Landesregierung ist durch uns in Erklärungsnöte zum BER-Abschiebezentrum gekommen. Wir haben dutzende Klagen eingelegt und gewonnen, etwa zu Polizei-Schmerzgriffen, dem Lobbyismus von Gerhard Schröder und Nazis im EU-Parlament. Wir haben FragDenStaat technisch weiterentwickelt und arbeiten weiter daran, die Plattform nachhaltig zu gestalten.

Unsere wichtigsten Themen haben wir in unserem Jahresbericht zusammengetragen. Daneben wollen wir Euch auch einen Einblick in unsere Finanzen geben. Vielen Dank an alle Wegbegleiter*innen, die uns auf die eine oder andere Weise unterstützt und all dies ermöglicht haben!

→ Zu unserem Jahresbericht 2022

Zu allen Transparenzberichten von FragDenStaat

 

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Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste: Die Verschlusssachen des Bundestags

28. Februar 2023 - 9:00

Eigentlich sollten die Wissenschaftlichen Dienste im Bundestag all ihre Gutachten veröffentlichen. In einigen Fällen ist das aber nicht passiert – wir füllen die Leerstellen.

Ob Gutachten zu Völkerrecht und deutschen Waffenexporten, zu Rechtsverstößen des Verkehrsministerium oder zu Grundrechtseingriffen bei der Chatkontrolle – die Einschätzungen der Wissenschaftlichen Dienste im Bundestag haben in der öffentlichen Debatte ein hohes Gewicht. Eigentlich soll der Bundestag alle Ausarbeitungen veröffentlichen, die die Wissenschaftler*innen im Parlament auf Geheiß der Abgeordneten und Ausschüsse anfertigen. Über 10.000 Gutachten kamen in den letzten 15 Jahren zusammen. Jedoch wurden nicht alle veröffentlicht.

Wie eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz von uns zeigt, blieben in den Jahren 2021 und 2022 ein dutzend Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes in der Schublade, weil sie als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft wurden. Wir veröffentlichen sie an dieser Stelle erstmals.

Seit unserer Kampagne „FragDenBundestag“, die wir 2016 mit abgeordnetenwatch.de durchgeführt haben, sollte der Bundestag eigentlich alle Gutachten und Sachstände veröffentlichen, die bei ihm in Auftrag gegeben werden. Wie sich zeigt, waren davon aber bisher Gutachten ausgenommen, in denen aus Sicht der Parlamentsverwaltung schutzwürdige Inhalte stehen. Typische Beispiele sind nach Auskunft des Parlaments etwa „Berichte des Auswärtigen Amts in Angelegenheiten der Europäischen Union.“

Gutachten zu Bundespräsidenten und Enteignungen

Die von uns nun veröffentlichten Gutachten behandeln u.a. die Impfstoffbeschaffung, die Amtsausstattung des Bundespräsidenten und die Enteignung ausländischen Staatsvermögens. Der Bundestag hat sie nach unserer Anfrage und unserem Widerspruch entweder teilweise geschwärzt herausgegeben oder die Einstufung als Verschlusssache aufgehoben.

In vielen Fällen haben selbst Abgeordnete bisher nicht erfahren, dass es eingestufte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes gibt, wenn sie nicht direkt danach gefragt haben. Um sie zu erhalten, mussten sie nach Auskunft des Bundestags parlamentsintern die „Hotline W“ anrufen und nach einem Themenbereich fragen, um darauf hingewiesen zu werden, dass Gutachten vorliegen. Jetzt geht es einfacher: Die bisher unveröffentlichten Gutachten gibt es bei FragDenStaat.

zur Anfrage

zu den Gutachten

 

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100 Milliarden Euro Rüstungsbudget: Bundeswehr-Sondervermögen geht vor Gericht

27. Februar 2023 - 12:03

Wie kam es zur „Zeitenwende“? Die Bundesregierung hält sämtliche Dokumente zur Entscheidung um das Sondervermögen für die Bundeswehr geheim. Wir ziehen vor Gericht.

Foto-Credit: eigene Bearbeitung, Original: O. Scholz Von Bernhard Ludewig, CC BY 2.0

Drei Tage Bedenkzeit für 100 Milliarden Euro: unmittelbar nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz heute vor einem Jahr im Bundestag an, ein Sondervermögen für die Bundeswehr zu schaffen. Der Bundestag beschloss nach einigen weiteren Verhandlungen eine Grundgesetzänderung, die den Geldsegen für die deutsche Armee besiegelte. Selten zuvor besiegelte die deutsche Bundesregierung in so kurzer Zeit einen derart offensiven Politik-Umschwung.

Aber wie genau kam es zu dieser „Zeitenwende“? Welche Interessen berücksichtigte das Kanzleramt unter Scholz? Wen bezog das Amt in die Entscheidung ein und wen nicht? All das hält Scholz’ Behörde geheim. Deswegen ziehen wir jetzt mit einer Transparenzklage vor Gericht.

Geheim, was geheim ist

Das Kanzleramt möchte sogar geheim halten, welche E-Mails, Vermerke und andere Dokumente ihm zum Bundeswehr-Sondervermögen überhaupt vorliegen. In einem internen Vermerk, den wir im Rahmen der Klage einsehen konnten, schreiben die Beamten: „Vielmehr sollte offen gelassen werden, ob und ggf. welche Informationen vorliegen. Auch aus der Information über das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein bestimmter Informationen/Unterlagen könnten gegebenenfalls Rückschlüsse gezogen werden, die die o.g. Schutzgüter [zur Sicherheit] beeinträchtigen könnten.“

Unsere Klage hat – auch aus Sicht des Kanzleramts – grundsätzliche Bedeutung. Die Ablehnung unseres Antrags wurde vom Chef des Kanzleramts sowie der Leiterin des Kanzleramts genehmigt. In internen Mails schreibt die Behörde, es gehe bei der Beantwortung der Anfrage zum Sondervermögen auch darum, wie man mit allen anderen Anfragen zum Thema Ukraine umgehe – beispielsweise zu Sanktionslisten, Hilfsmaßnahmen an die Ukraine oder Treffen des Bundeskanzlers zum Krieg.

Im Rahmen unserer Klage muss das Berliner Verwaltungsgericht also auch eine Grundsatzentscheidung treffen, ob das Krisenmanagement des Kanzleramts an seiner Tradition der Geheimhaltung festhalten darf, oder ob die Bundesregierung auch in Sachen Transparenz eine Zeitenwende braucht.

Auf dem Laufenden bleiben, wie die Klage ausgeht? Jetzt unseren Newsletter abonnieren!
 

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Dozent mit rechter Vergangenheit: Verfassungsschutz überprüft Polizeiprofessor

15. Februar 2023 - 17:24

Seit seine rechte Vergangenheit öffentlich ist, darf ein Politikwissenschaftler keine Polizist*innen mehr unterrichten. Nun rücken auch aktuelle Texte in den Blick der Behörden.

Der Geheimdienst fischt oft im Trüben

Foto-Credit: qimono,CC0

Das Bundesamt für Verfassungsschutz überprüft derzeit erneut einen Professor der Bundespolizeiakademie. Das bestätigten Bundespolizei und Bundesinnenministerium nach einer gemeinsamen Recherche von NDR und FragDenStaat. Bei der Untersuchung geht es um Texte des Politikwissenschaftlers Stephan Maninger, der als Professor für Sicherheitspolitik an der Bundespolizeiakademie angehende Bundespolizist*innen ausbildet. Zu klären ist, ob diese einen Rechtsextremismus-Verdacht nahelegen.

„Derzeit erfolgt eine ergänzende Überprüfung der jüngeren Schriften von S. M. Über die bereits genannten umfassenden Untersuchungen hinaus wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz zu den bekannten Schriften des S. M. eingebunden“, erklärte das Innenministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion.

IfS-Gründer darf aktuell nicht unterrichten

 

Unterrichten darf Stephan Maninger, der als Professor für Sicherheitspolitik an der Bundespolizeiakademie Bundespolizisten ausbildet, schon seit längerem nicht mehr. 

Im Sommer 2021 hatte eine Recherche von Ippen Investigativ Maningers Vergangenheit öffentlich gemacht: Er ist einer der Gründer des „Institut für Staatspolitik“, das mittlerweile vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall und vom Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Er war Sprecher einer separatistischen Bewegung in Südafrika, die sich für einen Volksstaat für Weiße einsetzte. Zudem trat er als Redner auf einer Veranstaltung auf, an der auch Unterstützer aus dem NSU-Umfeld teilnahmen. Deshalb findet sich Maningers Name in den NSU-Akten.

Hinzu kommen Dutzende Texte, die in neu-rechten Zeitschriften wie „Junge Freiheit“, „Blätter der Deutschen Gildenschaft” oder dem „Ostpreußenblatt” veröffentlicht wurden. Dort schrieb Maninger von einem „Zeitalter der ethnischen Konflikte“ und einem drohenden „Ethnosuizid“. Die Bundeswehr müsse sich auf die Lösung von „ethnischen Konfliktszenarien“ auch im Inneren einstellen. Europäischen Städten drohe eine Afrikanisierung und Islamisierung. Maninger warf Fragen nach der „Einsatzfähigkeit von Frauen in Kampfeinheiten“ auf, warnte: „Die ‚Problemkinder‘ eines multikulturellen Deutschlands heißen am Anfang des nächsten Jahrtausends ‚Mehmet‘ und ‚Kaplan‘ “ – und er forderte in einem Interview mit dem rechten Verleger Götz Kubitschek, es sei „dringend an der Zeit, daß die westliche Welt die Demographie als Waffe“ begreife.

Mildes Urteil der Innenrevision: „als unkritisch bewertet”

 

Von all dem habe die Bundespolizei nichts gewusst, erklärte sie 2021 – trotz Sicherheitsüberprüfung durch den Verfassungsschutz. Auch, dass Maninger im Unterricht, als es um die gleichgeschlechtliche Ehe ging, gegenüber Polizeischülern sinngemäß sagte, in Deutschland verstünde man unter Ehe den Bund zwischen Mann und Frau – vielleicht könne man jetzt ja auch bald sein Hausschwein heiraten.

Maninger ließ damals über seinen Anwalt Ralf Höcker mitteilen, er sehe sich in vielen Prognosen seiner früheren Texte bestätigt, andere sehe er heute kritischer. Das Hausschwein-Zitat hatte er zunächst als „menschenverachtend“ bezeichnet, später aber gegenüber der Innenrevision der Bundespolizei eingeräumt. Rassistische Konzepte teile er nicht, in seinem Unterricht würde er zudem auch positive Aspekte von Migration erwähnen. Privat habe er mitunter andere Ansichten gehabt als die Partei, für die er sich in Südafrika engagiert hatte. Aus dem Verein, der hinter dem Institut für Staatspolitik steht, sei er recht schnell wieder ausgetreten; die Veranstaltung, bei der er als Redner vor Mitgliedern des NSU-Unterstützerumfelds auftrat, habe er mit der Absicht, sich von den Teilnehmern zu distanzieren, vorzeitig verlassen.

Nachdem Maningers Vergangenheit öffentlich geworden war, untersuchte die Bundespolizei den Fall intern. Das Fazit des Berichts, den wir im Sommer 2022 öffentlich zugänglich gemacht haben: Für disziplinar- oder personalrechtliche Schritte seien die Sachverhalte entweder zu alt oder nicht gewichtig genug. Ob im neurechten Institut für Staatspolitik zu seiner Gründungszeit bereits „extremistische Bestrebungen oder rassistische Sichtweisen” vorherrschten, sei unbekannt. Und ob es sich bei dem Hausschwein-Vergleich denn wirklich „um einen herabwürdigenden, beleidigenden Vergleich handelt oder lediglich um eine nicht wertende Überspitzung“ das läge, so die Bundespolizei, „auch in der subjektiven Wahrnehmung jedes Einzelnen.“ Die einzige Konsequenz für Maninger: Er sollte vorerst nicht in den Unterricht zurückkehren, sondern sich an der Ausbildungseinrichtung mit Forschungen beschäftigen.

„Kontinuierlich neurechte Positionen” – Studie mit kritischem Ergebnis 

 

Zwischenzeitlich haben sich zwei Politikwissenschaftler intensiv mit Maningers Veröffentlichungen auseinandergesetzt. Daniel Peters ist ebenfalls Dozent am Fachbereich Bundespolizei, Matthias Lemke wurde nach dem Eklat um Maninger 2021 von dort entlassen – er sei als Hochschullehrer nicht befugt gewesen, Forschungsgelder einzuwerben, lautet die offizielle Begründung. Im renommierten „Jahrbuch Öffentliche Sicherheit“ veröffentlichten beide im Herbst 2022 eine umfangreiche Studie. Darin sezieren sie auch neuere Texte Maningers, in denen der Professor den Staat als „Handlungseunuch“ beschreibt. Maningers Publikationen wiesen seit Ende der 1990er Jahre kontinuierlich neurechte Positionen auf, die mit den Kernelementen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar seien, lautet das Fazit der Studie.

Nun soll auch der Verfassungsschutz noch einmal einen genauen Blick auf die Texte des Sicherheitspolitikprofessors werfen.

 

zur Berichterstattung des NDR

 

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Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner u. a. und der Fraktion DIE LINKE. Mögliche Verbreitung neurechter Ideologie und neurechten Gedankengutes am Fachbereich Bundespolizei (FB BPol) der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (HS Bund) in Lübeck BT-Drucksache 20/5157 Vorbemerkung der Fragesteller: Am Lübecker Fachbereich Bundespolizei (FB BPol) der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (HS Bund), der organisatorisch der Bundespolizeiakademie (BPolAk) angegliedert ist, sind Vorwürfe gegen einen dort lehrenden Professor be­ kannt geworden – und das nicht zum ersten Mal. Bereits 2021 hat die zuständige In­ nenrevision der BPolAk Schriften des Hochschullehrers untersucht, ist damals aber zu dem Schluss gekommen, dass kein straf- und oder/disziplinarrechtlich relevantes Fehlverhalten festgestellt werden konnte; die Vorwürfe bezögen sich auf das politi­ sche Handeln von S.M. vor seiner Zeit bei der Bundespolizei, so die Begründung (vgl. taz (22.11.2022): Bundespolizei lernt Muslim-Phobie; Fehler! Linkreferenz ungül­ tig.). Nun weist eine wissenschaftliche Studie von Daniel Peters und Matthias Lemke die rechtsideologischen Positionen von Prof. S.M. auch in seinen neueren Schriften nach (vgl. „Ethno-religiöse Brückenköpfe“, „postheroische Handlungseunnuchen“ und die „Selbsterhaltung des Volkes in seiner optimalen Form“. Neurechte Positionen und ihre Verbreitungsstrategie in den Schriften des Bundespolizei-Professors S. M.). Die Schriften von S.M. sind der Bundesregierung bekannt. Eine Überprüfung steht aus. In die Überprüfung sind erneut die zuständigen Stellen der Bundespolizei eingebun­ den (vgl. Antwort auf die Frage 11/50, MdB Martina Renner, DIE LINKE., zur Frage­ stunde im Deutschen Bundestag vom 30.11.2022), die in ihrer vorherigen Untersu­ chung u.a. nicht gekennzeichnete Wikipedia-Zitate zur Begründung der Unbedenk­ lichkeit der von S.M. vertretenen Positionen herangezogen hatten (vgl. Der Spiegel (11.12.2021); Dozent der Bundespolizeiakademie unter Extremismusverdacht: Der Professor und das Hausschwein, https://www.spiegel.de/panorama/dozent-der-bun­ despolizeiakademie-unter-extremismusverdacht-was-die-pruefer-zutage-foerderten- a-767e03d0-e8a7-4b0b-b000-282d9324416f,).

-2- In den Schriften von S.M. zeigt sich u.a. der auch in Verschwörungsideologien ver­ breitete Mythos eines Volksschwundes durch Einwanderung, der in einer angebli­ chen Gefahr der Selbstauflösung münden würde und mit einem Ethnosuizid gleich­ gestellt wird. Insbesondere die Einwanderung von Muslim:innen nach Deutschland wird zur Bedrohung pauschalisiert, um für eine „pragmatische Terrorismusbekämp­ fung“ im Sinne einer „größtmöglichen operativen Freiheit der Exekutivorgane“ (vgl. Peters und Lemke; S. 91) zu argumentieren. Ziel der Argumentation ist die schran­ kenlose Anwendung von polizeilicher und militärischer Gewalt im In- und Ausland. Die hohe Relevanz des Falles S.M. ist in dem Umstand begründet, dass es sich nicht um irgendeine Hochschule, sondern um die zentrale Ausbildungsstätte des gehobe­ nen und höheren Polizeivollzugsdienstes des Bundes, nämlich um den an der Bun­ despolizeiakademie angesiedelten Fachbereich Bundespolizei der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung handelt. Der Präsident der Bundespolizeiakademie ist qua Amt zugleich Dekan des Fachbereichs Bundespolizei der HS Bund. S.M. lehrt dort als W3-Professor Sicherheitspolitik und nimmt damit Einfluss „auf einen beson­ ders sensiblen Bereich. Ihm obliegt die Ausbildung des gehobenen und höheren Poli­ zeivollzugsdienstes einer der größten Sicherheitsbehörden Deutschlands. In der Lübecker Hochschuleinrichtung studiert die künftige Führungselite der Bundespolizei, darunter auch Angehörige von Spezialeinheiten, wie der GSG 9.“ (vgl. Peters/Lemke, S. 91). Die Lehrtätigkeit S.M. genießt, wie jene aller Lehrenden, den besonderen Schutz des Grundrechts der Lehr- und Forschungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG. Aus dieser Freiheit resultiert aber auch die Verpflichtung, in besonderem Maße für die Wahrung und Verteidigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung einzutreten. Die Wis­ senschaftsfreiheit hört also dort auf, wo die unabänderlichen und obersten Wertprin­ zipen als Kernbestand unserer Demokratie gefährdet werden. In diesem Sinne ur­ teilte auch das Oberlandesgericht Köln, dass S.M. „als Fachhochschulprofessor ein nicht ganz unbedeutendes öffentliches Amt bekleide. In dieser Stellung müsse er es hinnehmen, dass „sein früheres politisches Wirken als Pressesprecher der ‚Afrikaaner Volksfront‘ und seine früheren Veröffentlichungen zu politischen Fragen auch unter voller Namensnennung aufgegriffen und zum Anlass genommen werden, den Einfluss seiner ‚zumindest früher vertretenen Positionen‘ auf sein heutiges Wirken als Hochschullehrer kritisch zu hinterfragen“ (OLG Köln 2021, Beschlussnummer: 28 O 307/21; S. 7). Für die Fragestellenden ist ein wesentliches Ergebnis der Studie von Peters und Lemke, dass sich S.M. der grundgesetzlich ver­ bürgten Wissenschaftsfreiheit und somit seiner Position als Hochschullehrer bedient, um neurechtes Gedankengut zu verbreiten.

-3- Für die Fragestellenden ist eine ebenso wesentliche Frage, welche strukturellen Be­ dingungen am FB BPol im Besonderen und an der HS Bund insgesamt es S.M. er­ möglichten, entsprechende Positionen und Meinungen ohne Einschreiten der zustän­ digen Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht zu veröffentlichen und zu lehren. Die Struk­ tur der HS Bund ist insgesamt undurchsichtig und die Zuständigkeiten insbesondere in Fragen der Dienst- und Fachaufsicht unklar. Für die HS Bund gilt die Grundord­ nung der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (HS Bund GO). Der Lübecker FB BPol ist eine von den Ländern Schleswig-Holstein und Nordrhein-West­ falen anerkannte Einrichtung, die der HS Bund mit Sitz in Brühl angehört (vgl. Be­ scheid des Kultusministers des Landes Schleswig-Holstein vom 14.12.1981 (X 650 a - 76/069); Urkunde des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nord­ rhein-Westfalen vom 25.6.1980 (I B 2 - 6230/163); Grundordnung der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung: https://www.hsbund.de/ SharedDocs/Down­ loads/1_Rechtsvorschriften/1_Hochschulrechtliche_Vorschriften/1_Grundordnung- HS-Bund.html?nn=49410). Die schwer durchschaubare und strukturell problemati­ sche Verbindung der Hochschuleinrichtung mit der Bundespolizei besteht über die ebenfalls in Lübeck ansässige Bundespolizeiakademie (BPolAk). Sie ist für die Aus- und Fortbildungszentren der Bundespolizei zuständig und untersteht dem Bundespo­ lizeipräsidium in Potsdam. Die oberste Dienstbehörde sowohl der Bundespolizei als auch der HS Bund ist das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Da der Präsident der BPolAk in Personalunion zugleich die Funktion des „Dekans“ des FB BPol innehat, verschmelzen die Leitung der „Sicherheitsbehörde“ (BPolAk) und der „Hochschule“ (FB BPol der HS Bund) miteinander. Dies bedeutet in der Realität, dass das Amt „Dekan*in“ von uniformierten oder zivilen Personen wahrgenommen wird, die weder zwingend über eine hinreichende akademische Ausbildung noch über hinreichende Erfahrung im Hochschulmanagement verfügen. Die Auswirkungen dieser institutionellen Verflechtung setzen sich bei den zivilen Hochschullehrenden fort: Das Dienstverhältnis besteht zur Bundespolizei, die Einstellung erfolgt als Ver­ waltungsbeamte bzw. -angestellte durch das Bundespolizeipräsidium. Gleichzeitig genießen Hochschullehrende die Lehr- und Forschungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG, was unvermeidlich konfliktbehaftet ist; etwa bei der Frage, ob und in­ wieweit Forschung überhaupt und zu welchen Themen möglich ist. Schon diese Eck­ punkte zur Organisationsstruktur des FB BPol deuten auf die tiefergehende, grund­ sätzliche Problematik hin: Die Lübecker Hochschuleinrichtung ist durch ihre Anbin­ dung an die Sicherheitsbehörde Bundespolizei in besonderer Weise vom Span­ nungsverhältnis der „Staatsaufgabe Sicherheit“ zur „freiheitlichen Verfassung des Grundgesetzes“ geprägt. Die Eingliederung in das Hierarchiegefüge des BMI bringt es zudem mit sich, bestehenden politischen Machtverhältnissen und Interessen der vollziehenden Staatsgewalt unmittelbar ausgesetzt zu sein.

-4- Vorbemerkung der Bundesregierung: Die Bundesregierung implementiert in allen Bereichen geeignete Maßnahmen und Instrumente, um Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus vorzubeugen. Auch die Bundespolizei setzt auf eine frühzeitig einsetzende Fehlverhaltensprävention so­ wie strukturelle, gesetzlich verankerte Verfahren, die – je nach Eskalationsstufe – von Kritikgesprächen mit Führungskräften bis zu Disziplinar- und Strafverfahren füh­ ren können. Vorgänge, die darauf hindeuten, dass es sich um inner- bzw. außer­ dienstliche Dienstpflichtverletzungen bzw. Straftaten im Kontext von Radikalisierung und Extremismus handeln könnte, sind frühzeitig zu melden und zu überprüfen. 1. Wann und wie wurden die Inhalte der aktuellen Schriften von S.M., in denen er bei­ spielsweise über vermeintliche Bedrohungen durch „Ethno-religiösen Brückenköpfen“ schreibt, westliche Sicherheitsakteure aufgrund ihrer Rechtbindung als „Postheroi­ schen Handlungseunuchen“ karikiert und die Achtung der fundamentalen Grund­ rechte von Terrorverdächtigen in Frage stellt, der Bundesregierung bekannt? Zu 1. Die Schriften mit den genannten Inhalten wurden im Jahr 2021 umfangreich unter­ sucht. 1 a) Wie bewertet die Bundesregierung die Inhalte der Schriften von S.M. vor dem Hinter­ grund seiner Stellung und Aufgabe als W3-Professor im Studienbereich Staats- und Gesellschaftswissenschaften (StG SGW), fachlicher Schwerpunkt Sicherheitspolitik am FB BPol der HS Bund? 1 b) Welche Schritte wurden eingeleitet, nachdem bekannt wurde, dass S.M. auch in sei­ nen neueren Schriften und damit während seiner Tätigkeit als Dozent und als W3- Professor am FB BPol der HS Bund neurechte Ansichten vertritt und verbreitet? 1 c) Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob seitens der Bundespolizei ein Rechts­ gutachten eingeholt wird oder wurde bzgl. der Überprüfung, ob die neueren Schriften von S.M. eine Überschreitung der Grenzen freiheitlich-demokratischer Grundordnung darstellen? Wenn ja, zu wann ist mit den Ergebnissen rechnen?

-5- 1 d) Ist es der Bundesregierung im Rahmen ihrer Fach- und Rechtsaufsicht mög-lich, ein solches Rechtsgutachten selbst einzuholen und auszuwerten? Wenn ja, wurde ein solches Rechtsgutachten seitens der Bundesregierung beauftragt und ggf. bereits eingeholt? Wenn ja, zu wann ist mit den Ergebnissen zu rechnen? Wenn ja, weshalb wurde ein solches Rechtsgutachten nicht bereits 2021 zum damals bereits erhobe­ nen, gleichlautenden Vorwurf eingeholt? Zu 1 a) bis 1 d) Derzeit erfolgt eine ergänzende Überprüfung der jüngeren Schriften von S. M. Über die bereits genannten umfassenden Untersuchungen hinaus wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz zu den bekannten Schriften des S. M. eingebunden. Dies gilt auch explizit für die jetzt in Rede stehende Ausarbeitung. Der Bundesregierung ist es im Rahmen ihrer Fach- und Rechtsaufsicht möglich, Rechtsgutachten einzuholen und zu bewerten. Dies erfolgt, sobald und soweit dies im Rahmen der Überprüfung etwaiger Vorwürfe erforderlich ist. Im Jahr 2021 lagen diese Voraussetzungen nicht vor. 2. Ist der Bundesregierung die politikwissenschaftliche Studie von Daniel Peters und Matthias Lemke - „Ethno-religiöse Brückenköpfe“, „postheroische Handlungseunu­ chen“ und die „Selbsterhaltung des Volkes in seiner optimalen Form“, Neurechte Po­ sitionen und ihre Verbreitungsstrategie in den Schriften des Bundespolizei-Profes­ sors S.M. - bekannt? 2 a) Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung die darin enthaltenen Erkenntnisse bzgl. der Nachweisführung neurechter Ideologie und ihrer Verbreitung durch S.M. mit Mit­ teln der Begriffsarbeit, der Diskurs-verschiebung und durch Instrumentalisierung der grundgesetzlich verbürgten Lehr- und Forschungsfreiheit? 2 b) Welche Schlüsse und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der vorgelegten Studie zur Überprüfung der Aktivitäten von S.M. als Professor am FB BPol?

-6- Zu 2, 2 a) und 2 b) Die genannte Veröffentlichung der Autoren Daniel Peters und Matthias Lemke ist der Bundesregierung bekannt. Die Bewertung der neuen Vorwürfe und der Inhalte des Aufsatzes ist noch nicht abgeschlossen. Diese Bewertung bildet die Grundlage für das weitere Vorgehen. 3. Plant die Bundesregierung eine Überprüfung und ggf. eine Anpassung der Beru­ fungsordnung(en) für Professorinnen und Professoren an der HS Bund, um zukünfti­ gen Fällen der Verbreitung neurechter Ideologie durch Lehrende vorzubeugen? 3 a) Wenn ja, weshalb wurde eine solche Änderung nicht bereits von Grund auf und spä­ testens nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe 2021 vorgelegt? 3 b) Wenn nein, wie gedenkt die Bundesregierungen die besondere Ausbildungssituation zur rechtsstaatlichen Ausübung des Polizeidienstes des Bundes anderweitig sicher­ zustellen? Zu 3, 3 a) und 3 b) Eine einheitliche Berufungsordnung für alle Fachbereiche an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (HS Bund) existiert nicht. Anpassungen an den Berufungsordnungen sind nicht geplant. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wird die Einhaltung der beamtenrechtlichen Vorgaben und Voraussetzungen geprüft. Dies schließt selbstverständlich ein, dass die zu berufenden Professorinnen und Professo­ ren die Gewähr für Verfassungstreue bieten und für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen. Bisherige Prüfverfahren haben keine Belege für eine Aus­ übung der Lehre oder eine Haltung von Lehrenden ergeben, die eine rechtliche Grundlage für eine Beendigung der Professur darstellen. 3 c) Wie bewertet die Bundesregierung die Berufung von S.M. als Angehöriger des FB BPol an den FB BPol vor dem Hintergrund von §130 Abs. 4 Satz 1 BBG? Sind der Bundesregierung Berufungsverfahren am FB BPol in den letzten fünf Jahren be­ kannt, in denen Verfahren wegen Verstoßes gegen §130 Abs. 4 Satz 1 BBG aufge­ hoben bzw. abgebrochen werden mussten?

-7- Zu 3 c) Die Berufung von S. M. erfolgte in enger Anlehnung an übliche Professorenberu­ fungsverfahren deutscher Hochschulen. Es mussten in den letzten fünf Jahren keine Berufungsverfahren am Fachbereich Bundespolizei der HS Bund wegen Verstoßes gegen § 130 Abs. 4 Satz 1 Bundesbe­ amtengesetz (BBG) aufgehoben bzw. abgebrochen werden. 3 d) Wie viele Berufungsverfahren auf Professuren (bitte nach W2- und W3-Stellen und Studienfächern / Denominationen aufschlüsseln) haben im Zeitraum von 2019 bis 2022 am FB BPol stattgefunden? In wie vielen Fällen mussten Verfahren abgebro­ chen werden (bitte Abbruchgrund mitteilen)? Wie viele der Berufungskommissionen waren mit externen Mitgliedern von außerhalb des FB BPol besetzt und in wie vielen verfahren wurden externe Gutachten zur Beurteilung der Bewerber*innen herangezo­ gen? Zu 3 d) Im benannten Zeitraum wurden jeweils drei Berufungsverfahren für W2- und W3-Pro­ fessurstellen durchgeführt. Ein Berufungsverfahren wurde aufgrund eines Fehlers im Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen. Die Berufungskommissionen waren nicht mit externen Mitgliedern besetzt. Eine Her­ anziehung externer Gutachter ist nicht erfolgt. 3 e) Welche Verfahrensschritte haben welche Verantwortlichen konkret zur Überprüfung und Umgang von Fällen der Veröffentlichung und Verbreitung verfassungsschutzre­ levanter, bspw. neurechter Ideologien verständigt? Zu 3 e) Sollten derartige Fälle bekannt werden, greifen die im Beamten- und ggf. im Straf­ recht festgeschriebenen Normen und die damit verbundenen Verfahren. Es gibt keine spezifischen Verfahren für derartige Verdachtsfälle, wie bei allen Fällen erfolgt hier eine Überprüfung entsprechend der Bedingungen des Falles.

-8- 3 f) Ist ein geregeltes Verfahren und eine regelmäßige Überprüfung des Lehrkörpers der HS Bund, und hier insb. des FB BPol sowie der BPolAk, hinsichtlich möglicher neu­ rechter, rassistischer oder weiterer Inhalte, die dem Grundgesetz entgegenstehen und damit die staatliche Ausbildungsaufgabe gefährden, vorgesehen? Wenn ja, wann fand die letzte reguläre Überprüfung statt und mit welchem Ergebnis? Zu 3 f) Die Dozierenden des Fachbereiches Bundespolizei, die im Rahmen ihrer Lehrtätig­ keit mit eingestuften Inhalten befasst sind, unterliegen den Bestimmungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG). Die entsprechende Überprüfung wird durch das Bundesamt für Verfassungsschutz regelmäßig gemäß den gesetzlichen Fristen wiederholt. Im Übrigen erfolgen Überprüfungen wie bei allen Bediensteten, wenn sich entsprechende Hinweise auf mögliche Anhaltspunkte ergeben. 3 g) Wie erklärt die Bundesregierung trotz Pflicht zur Fach- und Rechts-aufsicht des Bun­ des und der Länder, dass die aktuellen Vorwürfe der Veröffentlichung und Verbrei­ tung erst durch Investigativ-Journalismus und eine wissenschaftliche Studie zu Tage gefördert wurden? Welche Versäumnisse gab es seitens des Bundes, die eine frühere Kenntnisnahme und Aufdeckung durch die zuständigen Stellen verhinderte? Zu 3 g) Bestandteil der Rechts- und Fachaufsicht sind die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns. Dies umfasst, auch aus grundrechtlicher Betrachtung heraus, kein ständiges Monitoring von Veröffentlichungen staatlicher Bediensteter. Die Fach- und Rechtsaufsicht setzt hier bei konkreten Hinweisen auf dienstrechtlich relevantes Verhalten auf. In Bezug darauf sind keine Mängel vorhanden. 3 h) Weshalb, in welcher Form, in welchem Umfang und mit welchen Rechten und Pflich­ ten ist die Bundespolizeiakademie in die Überprüfung der Vorwürfe gegen S.M. ein­ gebunden? Wer ist bei der Überprüfung federführend? Wie wird die unabhängige Überprüfung des Falles S.M. gewährleistet, sofern die Bundespolizeiakademie feder­ führend ist?

-9- Zu 3 h) Die Leitung des Fachbereichs Bundespolizei der HS Bund wird durch die Präsiden- tin/den Präsidenten der Bundespolizeiakademie wahrgenommen. Diese/dieser ist Disziplinarvorgesetzte/Disziplinarvorgesetzter für alle Angehörigen des Fachbereichs und gemäß der geltenden Rechtslage zuständig für die Überprüfung etwaiger Vor­ würfe. 3 i) Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der ersten Verwaltungsvorermitt­ lungen durch die Stabsstelle Innenrevision der BPolAk zu S.M. im Jahr 2021 mit dem Ergebnis einer unkritischen Bewertung und vor dem Hintergrund sich nunmehr wie­ derholender Sachverhalte? Zu 3 i) Der Bericht wurde zur Kenntnis genommen. Die Bewertung des Berichtes hat nach der dienst- oder strafrechtlichen Relevanz eines beschriebenen Verhaltens zu erfol­ gen. Eine Veranlassung, die Ergebnisse des Berichtes in Frage zu stellen, hat sich nicht ergeben. 4. Wie wird die nach Art. 5 Abs. 3 GG zur Wahrung der Lehr- und Forschungsfreiheit notwendige Distanz zwischen den behördlichen Trägern und der jeweiligen Hoch­ schule - im konkreten Fall der Bundespolizeiakademie - gewährleistet? Welche Vor­ schriften wurden zum Erhalt und Schutz dieser Distanz erlassen und wo sind sie zu finden? Zu 4. Die Grundordnung der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (HS Bund­ GrO) enthält die notwendigen Regelungen. 5. Wie sind die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen dem Bundesminis­ terium des Inneren und den zuständigen Landesministerien in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Falle des an der Bundespolizeiakademie in Lübeck ange­ gliederten Fachbereichs Bundespolizei der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung im Konkreten geregelt?

- 10 - Zu 5. Es wird auf die HS BundGrO und die einschlägigen gesetzlichen Regelungen im Hochschulrecht verwiesen. Die jeweiligen Landesministerien sind zuständig für die staatliche Anerkennung der HS Bund und der einzelnen Studiengänge. Zur Sicherung der Gleichwertigkeit des Studiums kann das Landesministerium in den Anerkennungsbescheid Bedingungen, Auflagen und sonstige Nebenbestimmungen aufnehmen. 5 a) Bei welchen Sachverhalten und wonach greift jeweils die Dienst-, Fach- und Rechts­ aufsicht und welche Auswirkungen hat das für die Lehrkräfte? Zu 5 a) Es gelten die Grundsätze der allgemeinen Dienst- und Fachaufsicht gemäß den be­ amtenrechtlichen Bestimmungen, sowie insbesondere die §§ 20, 21 HS BundGrO. Untersteht eine Behörde der Dienst- und der Fachaufsicht, unterliegt damit jede ihrer Einrichtungen und Handlungen entweder der Fach- oder der Dienstaufsicht; auf­ sichtsfreie Räume gibt es nicht. 5 b) Wie, zu welchen Sachverhalten, durch wen und mit welchen Befugnissen wird die Dienstaufsicht an der Bundespolizeiakademie ausgeführt? Wie sind Länder und Bund dabei eingebunden? Zu 5 b) Die Dienstaufsicht über die Bundespolizeiakademie obliegt dem Bundespolizeipräsi­ dium, die Dienstaufsicht über die gesamte Bundespolizei obliegt dem Bundesministe­ rium des Innern und für Heimat. Die Befugnisse ergeben sich aus dem Bundesbeam­ tengesetz, dem Bundesdisziplinargesetz und der HS BundGrO. Die Zuständigkeit der Länder an den Hochschulstandorten beschränkt sich auf die staatliche Anerkennung der HS Bund und der einzelnen Studiengänge und die Sicherung der Gleichwertig­ keit des Studiums.

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Neu auf FragDenStaat: Mehr Sichtbarkeit für Organisationen

7. Februar 2023 - 9:00

Wir wollen es zivilgesellschaftlichen Organisationen, Initiativen und Medien weiter erleichtern, FragDenStaat für Recherchen und Kampagnen zu nutzen. Mehr Überblick verschaffen neue Organisations-Seiten.

Seit Beginn von FragDenStaat vor 12 Jahren arbeiten wir daran, es vor allem der Zivilgesellschaft und Journalist*innen zu erleichtern, Informationen vom Staat zu erhalten und zu nutzen. Von den rund 230.000 Anfragen, die bisher über FragDenStaat gestellt wurden, kommt ein großer Teil von Nichtregierungsorganisationen, sozialen Bewegungen und Medien. Diese Arbeit wollen wir besser auf FragDenStaat sichtbar machen.

Deswegen gibt es eine neue Übersicht über Organisationen, die FragDenStaat nutzen. Mit dabei sind u.a. netzpolitik.org, Mehr Demokratie, Wikimedia Deutschland und die Bürgerbewegung Finanzwende. Und unser Team hat natürlich auch eine!

Auf den Orga-Seiten sind alle User mit öffentlichem Profil der Organisation zu finden sowie ihre öffentlichen Anfragen. So ist es jetzt möglich, auf einen Blick zu sehen, zu welchen Anfragen eine Organisation Informationen erhalten hat. Außerdem können neue Anfragen einer Organisation auch per RSS-Feed abonniert werden. Nicht-öffentliche Anfragen sind auf den Seiten selbstverständlich nicht zu sehen.

Daneben stehen weiterhin zahlreiche kostenlose Extra-Features zur Verfügung, um gemeinsam als Organisation Anfragen zu stellen – darunter FragDenStaatPLUS, eine Teams-Funktion zur gemeinsamen Bearbeitung von Anfragen sowie Anfragen-Kampagnen.

Du möchtest für deine Organisation auch ein Profil bei uns? Dann schreib uns einfach an info@fragdenstaat.de!

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Maskenaffäre: Erfolgreiche Klage zu den geheimen E-Mails zwischen Spahn und Tandler

6. Februar 2023 - 10:50

Nach jahrelanger Verzögerung des Bundesgesundheitsministeriums hat das Verwaltungsgericht Köln zu unseren Gunsten entschieden: Das Ministerium muss uns Teile der Kommunikation zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler zur Maskenbeschaffung geben.  

eigene Bearbeitung

Foto-Credit: FDS

Mit Masken Millionen Euro an Profit machen. Was lange unwahrscheinlich war, wurde im Frühjahr 2020 Realität. Und eine profitierte ganz besonders: Andrea Tandler, Tochter des ehemaligen bayerischen CSU-Ministers Gerold Tandler. Gemeinsam mit ihrem Partner hat sie Bund, Bayern und NRW zu einem 700 Millionen Euro-Kauf bei der bis dahin unbekannten Schweizer Firma Emix gebracht. Tandler und ihr Partner kassierten dafür 48 Millionen Euro Provision.

Mittlerweile ist klar: Die Masken waren nicht nur überteuert, sondern auch von schlechter Qualität. Mit der Maskenaffäre haben sich bereits verschiedene Staatsanwaltschaften und ein Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag beschäftigt. Tandler sitzt aktuell in Untersuchungshaft, weil sie die Gewinne nicht richtig versteuert haben soll. 

Einer, der seitens der Politik dabei eine wichtige Rolle spielte, war der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Wir haben bereits im Januar 2021 auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes die Kommunikation zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG) angefragt. Doch das BMG schwieg. Nach unserer Klage hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln am 19. Januar 2023 teilweise zu unseren Gunsten entschieden.

Jahrelange Verzögerungstaktik  

Doch der Weg dorthin war nicht leicht. Das BMG bearbeitete unsere Anfrage monatelang nicht. Die zuständigen Mitarbeitenden seien mit den Herausforderungen der Covid19-Krise beschäftigt, hieß es. Der weitere Verlauf lässt jedoch Zweifel darüber aufkommen, dass es sich um ein zeitliches Problem gehandelt hat. Vier Monate nachdem wir unsere Anfrage gestellt hatten, haben wir eine Untätigkeitsklage eingereicht.

In der Zeit bis zur mündlichen Verhandlung beharrte das BMG darauf, dass die angefragten Dokumente nachteilige Auswirkungen auf strafrechtliche Ermittlungen haben könnten. Zuerst auf Ermittlungen in Bayern, dann auf Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft und schließlich auf das steuerstrafrechtliche Verfahren gegen Tandler selbst. 

Eine neue Begründung kam zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung: Es seien nicht nur personenbezogene Daten, sondern auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in den Unterlagen enthalten. Man wolle erst die Betroffenen anhören und könne danach über die Herausgabe der Dokumente entscheiden. Allerdings hätte ein solches Drittbeteiligungsverfahren bereits ganz zu Beginn, als wir die Anfrage gestellt hatten, durchgeführt werden müssen – also vor zwei Jahren. 

Entscheidung des Verwaltungsgericht Köln

Nach der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2023 gibt uns das VG Köln in mehreren Punkten recht. Es wurden die Argumente für eine Ablehnung hinsichtlich laufender Ermittlungsverfahren sowie den Schutz personenbezogener Daten zurückgewiesen. Letzterer greife nicht, weil das BMG nicht plausibel genug dargelegt habe, dass der Email-Verkehr weitere persönliche Informationen über Spahn oder Tandler als die ohnehin bekannten Umstände enthalten würde. 

Ein voller Erfolg ist es dennoch nicht. Denn das Gericht hat unseren Anspruch auf Informationszugang nur anerkannt, „soweit nicht Versagungsgründe nach § 6 Satz 2 IFG in Rede stehen” – sprich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Die neue Argumentation kurz vor der mündlichen Verhandlung hat also gefruchtet. Das BMG muss nach dem Urteil nur die Teile der Kommunikation herausgeben, bei denen es sich nicht möglicherweise um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt. In Bezug auf den Rest muss es ein Drittbeteiligungsverfahren durchführen und danach erneut über unsere Anfrage entscheiden. 

Welcher Teil der Mails konkret nun sofort herauszugeben ist und wo es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handeln könnte, lässt das Gericht aber leider offen. Es hat leider darauf verzichtet, sich den Inhalt der circa 15 E-Mails näher darlegen zu lassen und auf dessen Grundlage klar zu benennen, welche Teile sofort herausgegeben werden müssen und welche ein Drittbeteilungsverfahren benötigen. Der bloße Verweis auf einen Paragraphen ist ungewöhnlich unbestimmt für ein gerichtliches Urteil und lässt leider viel Raum dafür, dass das Gesundheitsministerium mit seiner bisherigen Verzögerungstaktik weiter macht. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten können einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen. 

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zum Urteil

 

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Jetzt schnell bewerben!: Bundesfreiwilligendienst bei FragDenStaat ab sofort

6. Februar 2023 - 10:31

Du wolltest schon immer bei FragDenStaat arbeiten, weil Du an der Arbeit in einem aktivistischen Projekt interessiert bist? Perfekt! Wir können Dir kurzfristig einen Platz (ab 01. oder 15. März 2023, 38 Stunden/Woche) anbieten. Bewirb Dich noch diese Woche!

Wir haben kurzfristig einen Platz für einen 6-monatigen Freiwilligeneinsatz (38 Stunden/Woche) bei uns frei! Starten kannst Du am 01. oder 15. März 2023. Wir freuen uns, dich bestenfalls noch diese Woche kennenzulernen.

Wer wir sind

Seit 2011 kämpft FragDenStaat für Informationsfreiheit in Deutschland. Eine starke Demokratie braucht eine informierte und aktive Zivilgesellschaft, die auf Augenhöhe mit Politik und Verwaltung sprechen kann. Dafür setzt sich FragDenStaat ein!

Die Basis ist die Plattform FragDenStaat.de, mit der Nutzer*innen mühelos Anfragen an Behörden in Deutschland und der EU stellen können. Bürger*innen können damit auf einfache Weise ihr Recht auf Zugang zu Informationen wahrnehmen und bleiben dabei nicht allein, sondern bekommen bei Bedarf Hilfestellungen. Um außerdem den politischen Druck zu erhöhen und Informationsfreiheit in Deutschland voranzubringen, entwickeln wir – häufig mit zivilgesellschaftlichen Partner*innen – Kampagnen zu spezifischen Themen (wie z.B. Miete, Klima, Frontex, Hygienekontrollen). Mit Jan Böhmermann und dem ZDF Magazin Royale sowie anderen Medienpartner*innen gelingt es uns immer wieder wichtige Themen wie Fahren ohne Fahrschein, die “NSU-Akten” oder Menschenrechtsverletzungen durch die EU-Grenzpolizei Frontex in die Öffentlichkeit zu bringen.

Dein Einsatz bei uns

Uns ist es wichtig, dass wir Deinen Freiwilligeneinsatz so gestalten können, wie es zu Dir passt. Du hast bei uns die Gelegenheit, Einblicke in ein aktivistisches Projekt mit Schwerpunkten im Journalismus, Tech, Campaigning und Klagen zu bekommen.

Deine Aufgaben reichen von User*innen-Support, Veranstaltungsorganisation und Konzeptentwicklung über Webseitenadministration bis hin zu Recherchen und Öffentlichkeitsarbeit. Administrative Aufgaben, mit denen du unser gesamtes Team unterstützt, gehören ebenfalls dazu. Generell sind Eigeninitiative und Ideen sehr willkommen!

Der Träger des Bundesfreiwilligendienstes ermöglicht Dir darüber hinaus, dich durch 15 Bildungstage zu verschiedenen Themen fortzubilden.

Weiterer Ablauf

Bitte informiere Dich auf https://fj-beteiligung.de/freiwillige/ über die Rahmenbedingungen eines Bundesfreiwilligendienstes, bevor Du Dich bei uns bewirbst. Wir können Dir leider kein Praktikum losgelöst davon anbieten. Lass dich nicht davon irritieren, dass auf der Website bereits die Bewerbungen für das 12-monatige Freiwilligenjahr 2023/24 laufen.

Wenn wir Dein Interesse geweckt haben, schicke uns bitte Deine Bewerbung mit Motivationsschreiben und ein paar Worten zu Dir per E-Mail an judith.doleschal@okfn.de. Wir möchten vor allem wissen, warum Du glaubst, dass eine Mitarbeit bei FragDenStaat genau das Richtige für dich ist!

Der Starttermin für dein Freiwilligen(halb)jahr bei uns ist der 01.03.23, spätestens der 15.03.23. Lass uns gerne wissen, welchen Termin Du bevorzugst.

Wir melden uns nach Sichtung deiner Bewerbung schnellstmöglich bei dir zurück!
Übrigens: Dieser Einsatzplatz steht bevorzugt Menschen aus einkommensschwachen Haushalten zur Verfügung. Ist dieses Kriterium erfüllt, wird neben dem Taschengeld ein monatlicher Zuschuss zur Verpflegung in Höhe von 270 Euro gezahlt. Mehr Infos zu TaschengeldPlusPlätzen erhältst du hier.

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Klage gegen Finanzministerium: Schlecht beraten zur Intransparenz

2. Februar 2023 - 9:00

Die Bundesministerien geben Milliarden Euro für Beraterfirmen aus – Details bleiben aber verborgen. Wir verklagen Finanzminister Christian Lindner auf Herausgabe des Beraterberichts.

Foto-Credit: eigene Bearbeitung, Original: C. Lindner von Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Die externen Berater der Bundesregierung könnten problemlos ein eigenes Ministerium füllen. Alleine 2019 gaben die Bundesministerien zusammen 433,5 Millionen Euro für externe Beratungsleistungenaus – allein das Justizministerium kommt auf ein Budget von 940 Millionen Euro.

Das Beratungsunwesen der Bundesministerien stößt schon seit vielen Jahren auf starke öffentliche Kritik. Die Aufträge an Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers, Capgemini und Co. seien ineffektiv oder gar nutzlos, demokratisch nicht legitimiert und dabei auch noch teuer, kritisieren Expert*innen. Trotzdem steigt die Zahl externer Berater seit Jahren stark an. Eine direkte Folge: In vielen Politikbereichen wie der Digitalisierung besitzt die Verwaltung kaum noch Expertise. Mitunter schreiben externe Berater sogar politische Konzepte.

200 Seiten Infos über externe Berater

Um einen Überblick über in Anspruch genommene Beratungsleistungen zu geben, muss das Finanzministerium seit 2007 jährlich den sogenannten Beraterbericht anfertigen, der die Beratungsleistungen an alle Bundesministerien zusammenfasst. Das rund 200-seitige Dokument ist allerdings nicht öffentlich. Lediglich der Haushaltsausschuss des Bundestags bekommt Einblick in den Bericht. Deswegen verklagen wir jetzt das Finanzministerium auf Transparenz.

Wir hatten den Bericht unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetzes angefordert. Das Finanzministerium argumentiert, es habe den Bericht im Auftrag des Bundestags angefertigt und sei daher nicht auskunftspflichtig. Das ist nach unserer Ansicht aber falsch. Grundsätzlich sind Informationen dort herauszugeben, wo sie vorliegen – und dass das Finanzministerium als Autor eines Berichts auch darüber verfügt, sollte eigentlich unstrittig sein.

Chronisch intransparentes Ministerium

Dass das Ministerium von Christian Lindner die Unterlagen trotzdem nicht herausgibt, verwundert leider nicht. Denn die chronisch intransparente Behörde fiel auch unter Lindners Vorgänger Olaf Scholz immer wieder damit auf, dass sie selbst einfache Informationen geheimhielt. Dagegen hilft nur der Gang vors Gericht. Wir erwarten, dass das Berliner Verwaltungsgericht in diesem Jahr über die Herausgabe des Beraterberichts entscheidet.

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Steinmeiers Begnadigungen: Klage gegen Bundespräsidenten geht vor das Oberverwaltungsgericht

1. Februar 2023 - 9:00

Der Bundespräsident kann Menschen begnadigen, die Straftaten begangen haben. Öffentlicher Kontrolle unterliegt er dabei nicht, urteilte das Berliner Verwaltungsgericht nach unserer Klage. Wir ziehen in die nächste Instanz.

FragDenStaat-Team im Oktober 2022 vor Verwaltungsgericht

Foto-Credit: FDS

Ob Terrorismus oder Völkerstrafsachen, ob ausländische Agenten oder Beamte, die aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurden: Der Bundespräsident kann in vielen Fällen Menschen begnadigen, die eigentlich rechtskräftig verurteilt wurden. Doch darüber, wen der Bundespräsident begnadigt, bekommt die Öffentlichkeit in der Regel nichts mit. Denn das Bundespräsidialamt hält nicht nur geheim, welche Gnadengesuche bei ihm eingehen, sondern auch, wie darüber entschieden wird. Es könnte also sein, dass zukünftige Bundespräsident:innen – welcher Partei auch immer sie angehören mögen – ohne öffentliche Kontrolle Personen vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, die etwa wegen rechtsterroristischen Straftaten einsitzen.

Wir wollten vom Bundespräsidenten genaue Informationen zu seiner Begnadigungspraxis bekommen. Deshalb sind wir vor Gericht gezogen. Nach unserer Klage hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden, dass die Geheimhaltung vorerst bestehen bleibt. Auch für die Presse gibt es demnach kein Recht, zu erfahren, welche Gandengesuche und welche Entscheidungen des Bundespräsidenten es gibt. Damit ist das Verfahren aber noch nicht beendet. Wir haben gegen das Urteil jetzt Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht.

Steinmeiers persönliches Interesse

Mit unserer Klage berufen wir uns auf das Presserecht, das auf Artikel 5 des Grundgesetzes zurückgeht. Er ermöglicht allen Pressevertreter:innen, Informationen von Behörden anzufragen und einzuklagen.

Doch nach Argumentation des Verwaltungsgerichts muss weder der Bundespräsident, noch das Bundespräsidialamt Auskünfte erteilen, da es sich bei Begnadigungen nicht um eine Verwaltungs-, sondern um eine Verfassungstätigkeit ("Getaltungsmacht besonderer Art") handele. Würde diese Ansicht auch vor höheren Gerichten bestehen bleiben, blieben Begnadigungen möglicherweise für immer geheim.

Dass dies auch nach persönlicher Ansicht von Frank-Walter Steinmeier so bleiben soll, ist offenkundig. Der Vertreter des Bundespräsidialamts sagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, Steinmeier habe ihn angewiesen, ihn noch am selben Tag der Verhandlung über das Ergebnis zu informieren.

Vordemokratisch

Das Begnadigungsrecht ist ein Überbleibsel aus vordemokratischen Zeiten, in denen Herrschende über den Entscheidungen der Justiz standen. Dass der Bundespräsident überhaupt Entscheidungen der Bundesgerichte faktisch außer Kraft setzen kann, hat in einem Rechtsstaat eigentlich nichts verloren – schon gar nicht außerhalb jeglicher Transparenz.

Lediglich in einigen früheren Fällen ist überhaupt genauer bekannt, wie Bundespräsidenten über einzelne Begnadigungen entschieden, etwa in den Fällen von gefangenen DDR-Spionen oder auch Ex-RAF-Terroristen. Außerdem kann der Bundespräsident sein Gnadenrecht an andere Behörden wie Ministerien abgeben, was darauf hindeutet, dass dies eine Verwaltungstätigkeit ist. Ähnlich sieht es in den meisten Bundesländern aus. Dort haben meist die Ministerpräsident:innen oder die Justizminister:innen das Begnadigungsrecht.

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