Widerstandskämpfer Gauck - Reflektionen über den Kriegseinsatz

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Widerstandskämpfer Gauck - Reflektionen über den Kriegseinsatz
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Widerstandskämpfer Gauck

Reflektionen über den Kriegseinsatz


Gerade wollte ich nach getaner Arbeit den PC zuklappen und den geruhsamen Sonntag im Krankenhaus genießen, da erhaschte ich noch gerade das Wort zum Sonntag unseres Bundespastors Joachim Gauck. 

 
Der wirkt bei mir immer wie ein Aufputschmittel, so daß ich nicht eher zur Ruhe komme, bevor ich mich abreagiert habe. Ich muß zugeben, der Gauck macht es mir aber sehr leicht, denn er ist äußerst gut zu berechnen, weil er immer wieder in die gleichen Fettnäpfchen tritt und dieselben Stereotypen und Klischees bemüht. Eines seiner Lieblingsthemen ist bekanntlich die Verteidigung der Freiheit und der Auslandseinsatz der Bundeswehr, den er stets zu rechtfertigen versucht.
 
Die von Gauck konstruierte Rechtfertigungsfassade sowie sein naives Weltbild sind leicht zu durchschauen, weshalb es mir eigentlich schon Spaß bereitet, ihn zu zitieren. Seine Appelle an Patriotismus , Vaterlandsliebe sowie seine wirtschaftstreuen Bekenntnisse können leicht als nationalistische Impulse aufgegriffen werden und in falsche Bahnen geraten. Das ist aber eine Absicht, die ich Gauck nicht unterstelle. Er ist wegen seiner Herkunft DDR noch so besoffen und irrational vom kapitalistischen Paradies und von der dort angeblich herrschenden Freiheit derartig beeindruckt, daß er offensichtlich nicht in der Lage ist, sich rational und realistisch mit der existierenden Wirklichkeit auseinander zu setzen.
 
 
Anlaß der neuesten Proklamation Gauck war übrigens der 69. Jahrestag des Hitler-Attentats, dessen gestern im Bendlerblock in Berlin-Plötzensee gedacht wurde. Deshalb greife ich nun die dort zum Besten gegebenen vielsagenden Zitate auf. Dabei beginn ich mit dem Regierenden Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit (SPD), der die Widerstandskämpfer rund um von Stauffenberg als Helden feiert:
 
„Das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 war eine Tat von beispiellosem Mut“
 
Es ist nicht in Abrede zu stellen, daß es sich um eine mutige Tat gehandelt hat. Allerdings sollte man sich auch einmal der Motivationen von Stauffenbergs und seiner Mitverschwörer aus den gehobenen und geadelten Offizierskreisen erinnern. Ich kann nicht ausschließen, daß die Attentäter tatsächlich in Hitler einen Unmenschen, Faschisten, eine Gefahr für Deutschland und Völkermörder erblickten, der zum Wohle der gesamten Menschheit ausgeschaltet werden müßte. Aber man sollte doch einmal darüber reflektieren, ob Stauffenberg & Co. lupenreine Gutmenschen und uneigennützige Philantropen waren und sich nur aus dieser moralischen Haltung heraus zum Märtyrern machten. Sie konnten ja nicht voraussehen, daß sie posthum heilig gesprochen wurden! 
 
Es gilt als erwiesen, daß die betreffenden Offiziere als Mitglieder des reaktionären preußischen Adels darauf bedacht waren, ihre persönliche Ehre und die ihrer militärischen Tradition zu wahren. Sie standen grundsätzlich hinter den aggressiven territorialen Eroberungszielen Hitlers, weil sie aufgrund ihrer Herkunft und Privilegien Patrioten oder gar Nationalisten waren. Ihre rationalen Überlegungen brachten sie jedoch zu der Ansicht, daß Hitlers Strategien über ein realistisch zu erreichendes Ziel hinausschossen, unausgewogen waren und unweigerlich zu einer Niederlage führen mußten. Dieses Resultat konnten sie nicht akzeptieren, weil es gegen ihre Berufs- und Standesehre verstieß. Die Protagonisten waren wahrscheinlich auch nicht als destruktive Wahnsinnige einzuschätzen, die ihrem Ziel die Zerstörung ganz Deutschlands geopfert hätten, wie Hitler dies in Kauf nahm. Aber die ihnen heute zugedachten Attribute besaßen sie auch nicht – oder nur zum Teil. Das sollte zumindest einmal erwähnt werden.
 
Nun geht es weiter mit Gauck-Zitaten, denn besser als damit kann man niemanden entlarven:
  • JG: „Unsere Demokratie tut sich nicht leicht damit, Soldatinnen und Soldaten in bewaffnete Einsätze zu schicken“, und „Aber gerade unsere Geschichte sagt uns doch: Wir dürfen uns nicht aus der Verantwortung stehlen.“
Nach dem Krieg war es vor der Wiederbewaffnung und Einführung der Bundeswehr Konsens, Verantwortung zu den Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands in der Weise zeigen, daß man auf Militär gänzlich verzichtet. Der Zeitgeist – oder man sollte besser sagen: der Druck unseres demokratischen Ziehvaters, der USA – hat die Verhältnisse und die Denkweise aber rasch umgekehrt. Deshalb darf Gauck heute den Holzhammer schwingen, an unsere Verantwortung und Pflichterfüllung mit der Aufforderung appellieren, bewaffnete Einsätze als alternativlos hinzustellen. Mittlerweile sind wir bereits wieder so weit in der Revision unserer pazifistischen Grundsätze, daß bewaffnete Einsätze im Ausland legitimiert werden – und dies sogar in kriegerischen Auseinandersetzungen.
 
Gegen eine rein auf Verteidigung ausgerichtete Bundeswehr ist ja in späteren Jahren bis auf die prinzipiellen Pazifisten von keiner Seite Bedenken angemeldet worden. Auch die sinnvolle Verwendung der Bundeswehr im Inneren als Hilfstruppe bei Naturkatastrophen ist begrüßenswert. Aber der Übergang vom inneren Einsatz als technischer Hilfsdienst zu weitreichenderen Funktionen ist fließend und gefährlich. Mittlerweile wird sogar schon von offizieller Regierungsseite die Einschaltung der Bundeswehr bei öffentlichem Widerstand der Bevölkerung gegen die Regierungspolitik gegen Demonstranten als postdemokratische Strategie vorgesehen. Die Durchführungsmaßnahmen liegen bereits in der Schublade. Angela Merkel hat sich in dieser heiklen Angelegenheit bisher herausgehalten, aber ich bin hundertprozentig sicher, daß sie im Ernstfall nicht die geringsten Skrupel besäße, die Aktionen freizugeben.
 
Zunächst in feldgrün getarnt als Friedensoperationen hat die Bundeswehr in verschiedenen Krisengebieten operiert. Die real bereits kriegerischen Aktionen der Bundeswehr wurden anfangs mit Sozialarbeit, Unterstützung von benachteiligten Kindern und Frauen, Schulbau- und Brunnenbohrvorhaben sanktioniert. Die nächste Steigerungsstufe war das euphemistische Zugeständnis, daß es sich bei den Operationen der Bundeswehr um „kriegsähnliche“ handele. Scheibchenweise, wie bei Politikern üblich, gaben sie schließlich doch zu, gedrängt durch die öffentliche Meinung, daß man sich auch an „echten“ Kriegen beteilige. Als weitere Eskalation kann die Motivation und der auslösende Moment für einen militärischen Eingriff  zugunsten von wirtschaftlichen Interessen bezeichnet werden. Horst Köhler mußte als Bundespräsident noch das Handtuch werfen, als er es wagte, das auszusprechen, was mittlerweise gang und gebe war: das Aufbieten der staatlichen Militärmacht, um Marktwirtschaft und den „freien“ Handel im Sinne der Wirtschaft, Konzerne und Kapitaleigner, bei ihren ökonomischen Ambitionen zu unterstützen. Mittlerweile zeigt sich schon keiner mehr befremdet, wenn dieses Ansinnen verteidigt wird. Selbst bei unserem derzeitigen führenden Moralapostel in Gestalt des Bundesspräsidenten gehört es zur Normalität, wie bereits von ihm deutlich geäußert und wie es auch aus dem folgenden Credo zu schließen ist:
  • JG: "Wie in der Präambel des Grundgesetzes festgeschrieben solle und wolle Deutschland „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen“ und dies „mit politischen Mitteln, zu allererst, aber, wo nötig und nach Abwägung, auch mit militärischer Gewalt“, meinte Gauck und setzte noch einen drauf mit „denn Verzicht auf Gewalt kann in bestimmten Situationen bedeuten, Unterdrückern oder Aggressoren das Feld zu überlassen.“
Wir bewegen uns hier auf unsicherem Terrain und auf Glatteis. Die gegenseitigen Abhängigkeiten und vorgegebenen Voraussetzungen kann man geschickt als logische Argumentation für die Anwendung von militärischer Gewalt instrumentalisieren, was Gauck auch perfekt beherrscht. Die Frage ist nur, welchem Ziel der Frieden dienen soll, was als Frieden vordefiniert wird und wer entscheidet, was diesen Zielen förderlich ist. Hier können sich die Geister unterscheiden und kontroverse Antworten sind unvermeidlich. Die Formulierung, daß nach Abwägung auch militärische Gewalt gerechtfertigt ist, ist genau so schwammig. Wer wägt ab und trifft die Entscheidung, in wessen Interesse die Gewaltlösung ist und wer kontrolliert dies? Etwa ein Parlament, das auf Zuruf und Fraktionszwang alles durchwinkt, was Mutti will? Und wer sind denn die Unterdrücker und Aggressoren, denen man das Feld nicht überlassen möchte? Etwa die Saudis, die afghanischen Warlords, das Rußlands Putins und das USA Obamas? Fragen über Fragen, auf die wir von unseren Eliten keine Antwort erwarten können.
 
Es gibt psychologisch und ökonomisch vorprogrammierte Tendenzen, die man nicht leugnen kann. Es ist der Aufrechterhaltung einer Streitmacht inhärent, daß sie sich vergrößern und ihre Einsatzmöglichkeiten erweitern will. Aufgrund der in der Sache bedingten nicht unbedingten demokratischen Gesinnung des militärischen Führungspersonals kann dessen Charakterstruktur und Ehrgeiz zu dem Frieden abträglichen Ambitionen führen. Aber es ist auch das Gesetz des Krieges, daß sich eine Eigendynamik entwickelt, die schwer zu stoppen ist, wenn sie einmal Fahrt aufgenommen hat. 
  • JG: „Nicht aus Verantwortungslosigkeit, sondern im Gegenteil aus Verantwortungsbereitschaft schicken wir Sie in Einsätze“, schmeichelt Gauck den anwesenden Soldaten." 
Als ob es selbstverständlich sei und global ausgeübte Praxis, preist Gauck den militärischen Apparat als Missionar, der in aller Welt Freiheit und Glückseligkeit verbreitet. Ausschließlich internationales Mandat (zum Beispiel die Nibelungentreue zu den USA und der NATO) und Solidarität sei die Basis für militärische Aufträge. Frühere Beweggründe wie Wahn der Überlegenheit und eine feindliche Absicht sei nicht mehr opportun. Der Herr Gauck macht seinem Namen als Pastor alle Ehre und zeigt, daß er nicht von dieser Welt ist.
  • JG: Gauck liegt am Herzen „Dass man Ihnen (den Soldaten) zur Seite steht – wenn nötig auch über Ihren aktiven Wehrdienst hinaus“ und weiter postuliert er: „Selbstverständlich sollte es sein, dass wir die Verletzungen der Seele genauso aufmerksam behandeln wie die des Körpers.“
Für ihn als prädestinierten Seelsorger steht nicht nur die körperliche Gesundheit sondern auch das Seelenheil der Soldaten an oberster Stelle. Wenn er seine diesbezüglichen Bekenntnisse selbst ernst nehmen würde, dann dürfte er militärischen Einsatz nicht so freimütig gutheißen. Den besten Schutz genießt der Soldat dann, wenn die politischen Führer zunächst einmal in solidarischer Verantwortung für die gesamte Menschheit vor der Freigabe von militärischen Operationen sämtliche friedlichen, diplomatischen und wirtschaftlichen Hilfen und Chancen ausschöpfen. Dazu gehören auch die ernsthaften Versuche, nationalistische Umtriebe und Kriegsfieber zu bekämpfen. Den Eindruck habe ich allerdings nicht, daß hierzulande und anderswo nach diesen humanistischen Prinzipien gehandelt wird.
 
 
Peter A. Weber  
 

 

Bildnachweis:

 

Quelle: Wikimedia • Foto von Gauck: Michael Lucan / Pixeldost • CC-BY-3.0 unportet

bearbeitet von Wilfried Kahrs / QPress.de


 
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Gaucksche Freiheit reloaded


Gaucksche Freiheit reloaded


In einem Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ lehnt sich Joachim Gauck sehr weit aus dem Fenster, wenn er mutig die Worte spricht: „Die NSA-Affäre beunruhigt mich sehr.“ Auf dieses eindeutige und leidenschaftliche Engagement haben wir lange gewartet. Der erste Mann im Staat nennt endlich Roß und Reiter und redet Tacheles! Gauck riskiert Kopf und Kragen mit seinen waghalsigen Erkenntnissen. Hier kommen die Enthüllungen, auf die wir alle gespannt sind:

  • "Es besteht die Gefahr, daß die Freiheit beschädigt wird." Gauck meint, daß er selbst habe Zweifel, ob seine Daten noch sicher seien. „Die Angst, unsere Telefonate oder Mails würden von ausländischen Nachrichtendiensten erfaßt und gespeichert, schränkt das Freiheitsgefühl ein - und damit besteht die Gefahr, daß die Freiheit an sich beschädigt wird," sorgte sich Gauck – und „Diese Affäre beunruhigt mich sehr.“

Demnach können wir ja eigentlich noch ruhig schlafen, denn es besteht nur die Gefahr, daß die Freiheit beschädigt wird. Passiert ist demnach noch nichts – und die rührigen deutschen Politiker werden schon alles richten. Mit Gauck als Fackelträger der Freiheit haben wir nichts zu befürchten! Trust in Gauck!

  • "Wir Deutsche haben den Missbrauch staatlicher Macht mit Geheimdienstmitteln zweimal in unserer Geschichte erleben müssen.“ Deutschland sei beim Datenschutz besonders sensibel, das müssten die USA ertragen.

Mit zweimal meinte Gauck aber nicht die BRD sondern nur die DDR und Nazideutschland. Was sich alle hinter die Ohren schreiben sollten, das sei unsere Empfindlichkeit in diesen Dingen, die uns fürchterlich auf die Barrikaden bringen kann. Das sollten sich besonders die USA merken, die unsere Unduldsamkeit in dieser Sache ertragen müßten. Ich sehe schon im Geiste, wie Obama und seine Geheimdienst-Schergen  blaß vor Angst werden.

  • "Ehrlich gesagt, ich habe auch schon mal überlegt ob ich noch ganz und gar offen telefonieren oder mailen kann. Aber ich tue es.“  Ihm selbst kämen Zweifel auf, ob seine Daten noch sicher seien. Er hätte bis zum Bekanntwerden der Affäre nie gedacht, daß in Deutschland noch einmal die Sorge aufkommen könnte, eine geschützte Kommunikation sei nicht mehr möglich.

Wie man sich irren kann! Ihr Naiven und Unbedarften dieser Welt vereinigt Euch! Da muß ich doch schnell einmal die Bergpredigt bemühen, in der es so vielsagend heißt: „…und selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.“

  • "Wir müssen dafür sorgen, dass auch Nachrichtendienste befreundeter Staaten bei uns die Grenzen beachten, die wir für erforderlich halten", In einer offenen Gesellschaft konkurrierten Freiheit und Sicherheit zuweilen miteinander. Ein staatlicher Eingriff in die Privatsphäre müsse aber verhältnismäßig sein.

Den Spruch, daß „Freiheit und Sicherheit zuweilen miteinander konkurrieren“, haben wir schon zu oft gehört. Und das mit der Verhältnismäßigkeit der Mittel ist das Gummikriterium, die jede Seite im Schilde führt und sich damit im Recht fühlt. Jetzt wäre der Zeitpunkt gewesen, an dem Gauck einmal unmißverständlich Kritik an den Menschenrechtsverletzungen der USA , den durch die Überwachung begangenen Gesetzwidrigkeiten sowie der Untätigkeit der Bundesregierung hätte üben sollen. Aber wie üblich kommt der Herr mit lauwarmem Gesäusel daher!

  • "Wer sie an die Öffentlichkeit bringt und dabei aus Gewissensgründen handelt, der verdient Respekt.“ Hiermit bezieht sich Gauck auf Edward Snowden, den er endlich einmal ins Spiel bringt. Er habe Verständnis für ihn, weil er „etliche Mißstände“ offenbart habe.

Da fliegt mir doch der Hut hoch, in welcher Weise Gauck angeblich Gewissensgründe respektiert und Sympathie aufbringt für jemanden, der der mächtigsten Militärmacht der Welt den Finger zeigt, indem er ein paar kleine Mißstände offenlegt. Wenn Gauck auch nur eine Spur von Glaubwürdigkeit beweisen würde, dann hätte er die amerikanische Führung und ihre Justiz angreifen müssen, die die Auslieferung und Verurteilung von Edward Snowden als Staatsfeind und Hochverräter verlangt. Außerdem hätte er Snowden für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen müssen. Aber nein, dieser transatlantische Wellenglätter bringt den Mumm dazu nicht auf und ergeht sich lieber in unverbindlichen Klausulierungen.


Peter A. Weber

 

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