CSU-Abgeordneter Stracke verhöhnt Arbeitslose und Hartz IV Bezieher

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
CSU-Abgeordneter Stracke verhöhnt Arbeitslose und Hartz IV Bezieher
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CSU-Abgeordneter Stracke verhöhnt Arbeitslose und Hartz IV Bezieher


Stephan Stracke, Bundestagsabgeordneter der CSU, ist einer von 41 Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Soziales. In der 51. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 11. September 2014 beleidigte er in der Debatte um den "Etat für Arbeit und Soziales" in seiner Rede Arbeitslose / Hartz- IV Bezieher als "faule Grippel" und fordert Sanktionen.  

Zitat Stracke:

[..] Die wirtschaftliche Situation in diesem Land ist hervorragend „[..] Es nützt nichts noch so viele Hilfesysteme zu implementieren, bereitstehen zu haben, wenn man halt einer fauler Grippel ist und einfach nicht arbeiten will, äh, sondern dann muss man, äh, ihn entsprechend ertüchtigen und die notwendigen Sanktionen notfalls auch ausüben, um in diesen Bereich auch Jugendliche den richtigen Weg zu führen [..].“

Wer nun denkt, es hätte hörbaren Protest oder Widerspruch seitens der anwesenden Abgeordneten oder des Bundestagspräsidenten gegeben, der irrt. Einzig und allein die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, protestiert kurz darauf in einer Gegenrede. Nachdem Stracke vom Bundestagsvizepräsidenten für eine Kurzintervention nochmal das Wort erteilt wurde, stellte Stracke klar, die Bezeichnung „fauler Grippel“ sei nicht als pauschale Verunglimpfung zu sehen, sondern [..] Das was ich gesagt habe ist vielleicht ein etwas äh bayrisch-allgäuischer Slang, in dem Bereich, wenn man von einem ,faulen Grippel‘ spricht. Es ist kein Krüppel, sondern ein ,Grippel‘. Das ist jemand, der beispielsweise äh etwas zurückhaltend seiner Arbeit, äh, nachgeht. Und das war gemeint und keine in irgend einer Art und Weise Verunglimpfung, so wie Sie (Abgeordnete Katja Kipping) verstanden hatten, äh, und äh, deswegen, äh, bitte ich hier dies entsprechend zur Kenntnis zu nehmen.“ 

Wie weit ist eine Partei gesunken, die sich nicht nur "christlich" sondern obendrein auch noch "sozial" nennt? Selbst wenn man den Ausdruck "fauler Grippel" im Sinne von Stephan Stracke deutet und nicht mit "Krüppel" interpretiert („Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“), handelt es sich auch in dieser Variante um eine verachtenswerte pauschale Herabwürdigung von Menschen, die sich ernsthaft um Arbeit bemühen, sich aber z.T. viele Jahre in erheblicher finanzieller Not befinden und ihren Alltag mehr schlecht als recht fristen müssen.

Fragen: Wie kann ein "fauler Grippel" eigentlich "etwas zurückhaltend seiner Arbeit" nachgehen, wenn er als Erwerbsloser gar keine hat? Was ein dilettantischer unlogischer Versuch, sich aus dieser Bredouille wieder herauszureden. Ist jemand schon deshalb faul nur weil er keiner Erwerbstätigkeit nachgeht?

Von den meisten Vertretern der CDU/CSU (.. und nicht nur dieser Parteien!) darf man kaum etwas anderes erwarten. Ihre Ideologie mißt den Wert eines Menschen an dessen Verwertbarkeit für die Profite(ure) der Wirtschaft.  

Das "Erwerbslosen Forum Deutschland" fordert derweil eine nachträgliche Rüge vom Bundestagspräsidenten. Der Sprecher des Forums lies verlauten, dass Stracke bewusst eine Verwechselung ins Spiel gebracht habe, um auf Erwerbslose einzudreschen.

Eine Rüge kann bei Störung der parlamentarischen Ordnung vom Bundestagspräsidenten verhangen werden.  



Die Ergänzungsrede mit der Richtigstellung hat Stracke auf seiner Facebookseite eingestellt - weiter

Bildquelle:

1. MdB Stephan Stracke, 2013. Autor: Marta Ifrim. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ lizenziert.

 

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Marie-Luise Volk
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Verbunden: 28.10.2010 - 13:29
Offener Brief an Bundestagsabgeordneter Stracke



Sehr geehrter Herr Stracke,

eigentlich muss die Öffentlichkeit dankbar sein, dass sie über Ihre Entgleisung im Bundestag erfahren hat, mit wem sie es bei Ihnen zu tun hat und wes Geistes Kind Sie sind.

Frau Kipping hat wenigstens prompt auf Ihre „Grippel-Äußerung“ reagiert und Sie wenigstens zur Ordnung gerufen.

Es ist unglaublich infam, wenn jemand, der auf Kosten des Steuerzahlers studiert, später durch öffentliche Gelder in Lohn und Brot gekommen ist und jetzt wieder vom Steuerzahler alimentiert wird, sich auf „Bild-Zeitungsniveau“ herausnimmt, Erwerbslose öffentlich zu beleidigen.

Damit tragen Sie dazu bei, die Gesellschaft zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen.

Natürlich stehen Sie mit Ihrem Gedankengut nicht allein: Die OECD erlaubt sich, vom „Lumpenproletariat“ zu sprechen. Gewisse Kreise  in Deutschland bereiten den Boden für derartige öffentliche Diskriminierung der Menschen, die darauf angewiesen sind, unterstützt zu werden, indem sie ständig  die Ausweitung der Sozialsysteme infrage stellen. (Siehe hierzu: "Zurüstung zum Bürgerkrieg" von Thorsten Hinz, S. 31, Verlag Antaios, ISBN 978-3-935063-79-1)

Was Ihnen vorzuwerfen ist, dass Sie sich bisher offensichtlich noch keine Gedanken gemacht haben, wie es zu der katastrophalen Entwicklung von Erwerbslosigkeit gekommen ist. Es muss aber von einem Bundestagsabgeordneten verlangt werden können, dass er sich mit den ökonomischen Ursachen dieser Fehlentwicklung beschäftigt. Besonders dann, wenn er öffentlich dazu Stellung bezieht.

Erwerbslose sind das Ergebnis eines Kapitalsystems, genauer gesagt eines Geldsystems, welches inzwischen breite Schichten der Bevölkerung zugunsten einer kleinen Minderheit auspresst.  Es sind nicht die Erwerbslosen, denen leistungslose Zuwendungen vorzuwerfen sind, sondern einer Clique von Kapitalhaltern, die über das Zinseszinssystem völlig leistunglos reich werden. Diese Herrschaften lassen nämlich auf unsere Kosten ihr Geld „arbeiten“. Und diese Herrschaften haben den lieben langen Tag nichts anderes zu tun, als sich darum zu kümmern, wie ihr Geld noch gewinnbringender angelegt werden kann. Wenn Sie schon von „Grippel“ sprechen, dann dürfte dieser Ausdruck doch eher dieser Clientel zuzuordnen sein.

Ich halte Ihre Äußerungen im Bundestag für derartig unqualifiziert, dass es nach meiner Auffassung nicht mit einer Entschuldigung abgetan sein kann. Da Sie zu erkennen gegeben haben, dass Ihnen jeglicher Sachverstand in ökonomischen Dingen fehlt und Sie bisher offensichtlich nicht in der Lage waren, sich mit den Ursachen der Erwerbslosigkeit zu beschäftigen, halte ich Sie für die Ausübung Ihres Amtes als Bundestagsabgeordneter für völlig ungeeignet und fordere Sie hiermit zum sofortigen Rücktritt auf.

Mit freundlichen Grüßen

Marie-Luise Volk

 

 

 

 

 

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