100 Jahre imperialistische Kriege: Antikriegs-Aktionstag in München

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Wolfgang Blaschka
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Verbunden: 09.11.2010 - 02:16
100 Jahre imperialistische Kriege: Antikriegs-Aktionstag in München
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100 Jahre imperialistische Kriege


Antikriegs-Aktionstag in München - ein Rückblick


Ein wackeres Häufchen Kriegsgegner und Friedensfreunde trat am 1. August auf dem Stachus in München an, den Lügen und Halbwahrheiten der Mainstream-Presse umfassende Information entgegenzusetzen. Mit kompetenten Redebeiträgen, Musik vom Roten Wecker und gehaltvollem Info-Material gelang ein notwendiges Stück Aufklärung in Zeiten uniformierter Hetze gegen Russland und der Dämonisierung Putins. Es wurde nicht nur von einem ausdauernden "Stammpublikum", sondern auch von zahlreichen interessierten Passanten dankbar angenommen.

Veranstaltet vom "Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus" wurde die Kundgebung unter dem Motto "Stoppt den Griff nach der Ukraine – Keine Komplizenschaft mit Faschisten" von verschiedenen Organisationen, Parteien und gewerkschaftlichen Arbeitskreisen unterstützt. Es herrschte ein "Kaiserwetter" wie zu Beginn des Ersten Weltkrieges, als wollte es das Kulminieren der heißen Juli-Krise von 1914 noch einmal vor Augen führen.

Geschichte wiederholt sich nicht, es sei denn als Farce, stellte Karl Marx fest. Wir erleben sie gerade als Reminiszenz an die Ukraine-Politik der damaligen Reichswehr-Führung 1914: Die wollte einen Vasallenstaat installieren, um das Zarenreich zu schwächen. Ein Vierteljahrhundert später errichtete die faschistische Wehrmacht ihr "Reichskommissariat Ukraine", um die Sowjetunion zu zerschlagen.

Pünktlich zum 100. "Jubiläum" der Entfesselung des Ersten Weltkriegs, der maßgeblich vom Deutschen Kaiserreich herbeigesehnt worden war, wird wieder gezündelt, gedroht und mit Sanktionen gerasselt, als hätte es die verheerenden Weltbrände nie gegeben, als könne man bedenkenlos einen neuerlichen Kalten Krieg entfachen und ohne Risiko eine erneute Aufrüstungsspirale lostreten, den traditionellen deutschen "Drang nach Osten" unter der Fahne der EU-Erweiterung ungestört weiter betreiben und als globale Ost-West-Konfrontation wiederbeleben.

Dazu scheint jedes Mittel recht. Die Bundesregierung protegiert eine von Faschisten durchsetzte Regierung, die vom blutigen Euro-Maidan ins Amt geputscht nun zurückgetreten ist, um Platz zu machen für eine "seriösere", die den Terror gegen die Ostukraine und deren überwiegend russisch-stämmige Bevölkerung nach demselben Muster fortführen kann, ohne der direkten Kooperation mit Nazi-Mordbanden geziehen zu werden. Steinmeier hatte dazu maßgeblich beigetragen letztere salonfähig zu machen, indem er sich mit Vertretern der "Swoboda" traf und ablichten ließ. Hauptsache, sie gaben sich "westfreundlich".
 

 

Die deutsche Außenpolitik befeuert den Konflikt nach Kräften, zwar nicht ganz so blindwütig und rücksichtslos wie die USA, doch mindestens ebenso zielstrebig, um die Ukraine gegen Russland in Stellung zu bringen, sie assoziativ an die EU anzubinden und letztlich in die NATO einzufügen. Das alte dumme deutsche Spiel, um "Russland zu zwingen". Ein gefährliches Spiel mit möglicherweise ernsthaften, unkalkulierbaren Folgen, und das nicht nur wirtschaftlich und energiepolitisch betrachtet.
 

       

 

So musste die Kundgebung zu einer Protestveranstaltung geraten, weniger zu einem historischen Erinnerungs-Seminar. Der Anlass war brandaktuell. Die Beiträge erhellten sowohl die Historie als auch das aktuelle Geschehen in und um die Ukraine. Angefangen von der Beleuchtung der Absichten und Ziele des Imperialismus (Claus Schreer) bis hin zu Aktionsvorschlägen der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner (Tommy Rödl u.a.), der Initiative "Klassenkampf statt Weltkrieg" (Stefan Schindlbeck) und der "Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung" im Münchner Friedensbündnis (Franz Iberl) reichte die Bandbreite der Redebeiträge, moderiert von Wolfgang Blaschka. Zwischendurch berichtete Dagmar Henn (ehemalige Abgeordnete der LINKEn im Münchner Stadtrat) detailliert und kompetent über die aktuellen Geschehnisse im Osten und Süden der Ukraine wie auch über die historischen Verflechtungen und eher düsteren Verbindungen von und nach Bayern, zwischen München und Kiew, den heutigen Partnerstädten. Inge Knöckel referierte die harsche Medienkritik von Eckart Spoo, die er vor dem ARD-Hauptstadtstudio in Berlin vorgetragen hatte, im Namen aller Zwangs-Rundfunkgebühren-Zahler, die sich von der Ukraine-Berichterstattung desinformiert fühlen.
 

      

 

Den optischen Leckerbissen bot der "Bundesprediger" in Talar und Maske, der die Frage auf der Tafel eines kleinen Mädchens "Was lernen wir aus dem 1. August 1914?" drakonisch beantwortete mit seinem Schild: "Der Russe ist unser Feind". Darin waren sich alle auf dem Platz einig: Man muss nicht "Putin-Versteher" sein, um die gefährliche, verbrecherische, russlandfeindliche Politik des Westens zu durchschauen und zu durchkreuzen – trotz diverser teils erheblicher Differenzen in der Einschätzung der Strategien und divergierenden Interessenslagen der NATO-Staaten.

Wolfgang Blaschka, München

 



Bild- und Grafikquellen:

1. "Was lernen wir aus dem 1. August 1914? DER RUSSE IST UNSER FEIND!" Aktionskünstler Günter Wangerin protestiert als Bundespräsident Gauck verkleidet. Foto: © H. Heller

2. Aktionstag in München: 100 Jahre I. Weltkrieg, 75. Jahre II.. Weltkrieg. 15 Jahre Angriffskrieg gegen Jugoslawien.

3. + 4. Die Figur "Mutter mit Kind" stammt von der Gruppe "Arbeitergeschwister" aus München, und ist anlässlich der jährlichen Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz entstanden. Sie ist seither auf vielen Demos dabei, zuletzt auch bei der Kundgebung gegen das Gaza-Massaker am Tag darauf, dem 2. August. Das "Kriegerdenkmal" wurde vom "Münchner Friedensbündnis" beigesteuert. Fotos: © Daniel Reichelt

5. + 6. Location: Der Karlsplatz, auch Stachus genannt, ist ein bekannter Platz in der Münchner Altstadt, angelegt 1791-1792. Fotos: © Daniel Reichelt

7. Großes Foto auf der Startseite: Aktionskünstler Günter Wangerin protestiert als Bundespräsident Gauck verkleidet. Foto: © W. Smuda

Herzlichen Dank allen Fotografen!