Angela Merkels Grauzone: Wie der Islamische Staat (IS) an deutsche Waffen kommt

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Thierry Meyssan
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Angela Merkels Grauzone: Wie der Islamische Staat (IS) an deutsche Waffen kommt
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Angela Merkels Grauzone

Wie der Islamische Staat (IS) an deutsche Waffen kommt

von Said Al-Khalaki / voltairenet.org

Seit Oktober 2014 hat Deutschland Irakisch-Kurdistan mit Waffen beliefert. Dies war ein entscheidender Zeitpunkt, der den weiteren Verlauf der deutschen Außenpolitik bestimmte. Unter Druck durch die Vereinigten Staaten hob die deutsche Regierung das Lieferverbot für Waffen und Militärfahrzeuge in kriegsbetroffene Krisengebiete auf. Nach Angaben von deutschen Regierungsbeamten stellte Deutschland fest, dass die Kurden fähig waren, sich gegen die IS-Terroristen zu behaupten. „Die kurdischen Kämpfer stehen in vorderster Linie gegen den ’Islamischen Staat’“, erklärte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Zur gleichen Zeit feierte auch Washington seinen Sieg: Das Weiße Haus hatte erreicht, dass die Deutschen nach der Pfeife der Vereinigten Staaten tanzten. Jedoch ist im Januar diesen Jahres bekannt geworden, dass deutsche Waffen auf Schwarzmärkten im Norden des Irak offen verkauft werden. Berlin forderte die kurdische Führung auf, die Verwendung des gelieferten Waffenarsenals zu belegen. Der Bericht deckte auf, dass ein Teil der Waffen, die von Deutschland an die Kurden geliefert wurden, in die Hände von Terroristen gelangte. Im Syria Media Center konzentrierte man sich auf diesen Punkt und beschloss herauszufinden, auf welchen Wegen das militärische Frachtgut in die irakische Autonome Region Kurdistan geliefert wurde.


Eine sehr wichtige Person (VIP)

Unsere Aktivisten in Erbil fanden heraus, dass Dilshad Barzani (ein Bruder von Masud Barzani, dem Präsidenten von Irakisch-Kurdistan) für die Organisierung der Waffenlieferungen aus Deutschland verantwortlich war. Er lebt schon lange in Deutschland und vertritt in diesem Land jetzt die kurdische Regierung und die Kurdische Demokratische Partei. Die größte kurdische Diaspora Europas mit etwa 1.000.000 Menschen steht faktisch unter seiner Kontrolle. Dilshad Barzani hat enge, auf Vertrauen gegründete Beziehungen zu Angela Merkel und besucht häufig Veranstaltungen der regierenden Christlich-Demokratischen Partei als VIP.

Der wichtigste Kurde Deutschlands“ hat ein gepanzertes Auto und für gewöhnlich begleiten Beamte des Bundesnachrichtendienstes (BND) seinen Wagen. Er genießt auch den Vorteil verschlüsselter Kommunikationseinrichtungen, die es ihm ermöglichen, jeder Zeit in Verbindung mit der Bundeskanzlerin oder jedem anderen Regierungsmitglied zu treten. Dilshad Barzani ist mit Sicherheit eine sehr mächtige Person in Deutschland.


Deutschland – Bulgarien – Kurdistan

Nun schauen wir uns den Weg an, auf dem die Waffen von Deutschland in den Nahen Osten geliefert werden.

Mit Sicherheit kann Deutschland Kurdistan nicht auf direktem Wege mit Waffen beliefern, weil dies gegen Internationales Recht verstoßen würde. Aber der Westen oder seine besonderen

Dienste hatten nie Probleme, eine spezielle Frachtlieferung über Mittlerstaaten in jeden Winkel der Welt zu befördern.

Da Deutsche und Bulgaren vereinbarten, einige Posten Waffen sowjetischer Bauart, die in bulgarischen Depots gelagert waren, an die Kurden zu liefern, wurde es als sinnvoll betrachtet, alle Waffen durch dasselbe Land zu überführen. Zur Berichterstattung waren Einzelheiten dieses Verkehrs ab Anfang 2015 untersucht worden, dabei stellte Berlin fest, dass dies keine perfekter Plan war. Weil Bulgarien ein NATO-Mitgliedstaat ist, war es nicht zweckdienlich, die Operationen auf diese Weise abzuwickeln. So überlegten sie sich einen anderen Weg über die Ukraine, was in diesem Fall eines geheimen Verkehrs von halb-legalen Frachten am ehesten passend aussah. Im Jahr 2015 kamen kurdische Repräsentanten mehrmals nach Kiew, um alternative Verkehrswege auszuarbeiten. Zu den Delegierten gehörten Generalmajor Sirwan Barzani, der Neffe des Präsidenten von Irakisch-Kurdistan, und Brigadegeneral Hazhar Ismail.

Doch die Situation veränderte sich auf dramatische Weise. Nachdem Russland Einsätze in Syrien einleitete, begannen Ankara und Kiew ihre Positionen anzupassen. Das ist vor allem durch die Ausweitung der bilateralen und technischen Kooperation wie auch durch den verstärkten Austausch von Geheimdienstinformationen charakterisiert. Da die Peschmerga-Führer befürchteten, geheime Informationen über Waffenlieferungen an die Kurden könnten an die türkischen Fachdienste weitergegeben werden, wurde die Idee von Waffenlieferungen über die Ukraine verworfen.

Schließlich entschieden sie sich für Bulgarien als Hauptvermittler für die Militärfrachtlieferungen nach Kurdistan, wobei die amerikanische Seite die Verantwortung für die Sicherheit und die Aufsicht über die gesamte Operation übernahm. Seit August 2015 haben mit Waffen beladene Frachtmaschinen der deutschen Luftwaffe von dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein bei Kaiserslautern aus regelmäßige Flüge zur Stadt Plowdiw in Bulgarien durchgeführt. Von dort wird die Fracht in Begleitung von US-Botschaftsangehörigen und bulgarischen Sonderdienst-Mitarbeitern zum Hafen von Varna befördert. Die „Waren“ werden für eine unbekannte Firma „Eleko“ registriert. Unglücklicherweise konnten wir keinerlei Informationen über diese Firma finden und sie nicht kontaktieren.

Von Varna werden die deutschen Waffen auf dem Seeweg zum Hafen von Basra im Irak transportiert. Der Webseite des Marine Traffic zufolge wurden solche Seetransporte seit August letzten Jahres regelmäßig durchgeführt. Von Basra aus wird die Fracht unter dem Schutz amerikanischer Soldaten nach Kurdistan überführt. Ein eigenartiger Umstand ist die Lieferung der Waffen für die Peschmerga durch den Bosporus, buchstäblich vor der Nase der Türkei, die mit allen Mitteln versucht, die Stärkung der Kurden zu untergraben und die Befürchtung hat, dass sie deutsche Waffen benutzen könnten, um gegen das türkische Heer zu kämpfen. Allerdings zwingen die Vereinbarungen mit der EU über Migranten und die finanzielle Unterstützung durch den Westen Ankara, sich damit abzufinden.

Nach den Bedingungen, die von der deutschen Seite gestellt wurden, sollten die Kurden in Bagdad eine Endverbleibserklärung für die gelieferten Waffen erlangen. Dieses Dokument sieht vor, dass der Empfänger die volle Verantwortung für die Verwendung der Fracht übernimmt und nicht vorhat, sie an eine andere Partei weiterzuleiten. Die verantwortliche Schlüsselperson für den Erwerb dieser Bescheinigung ist Hoshyar Zebari, Onkel des amtierenden Präsidenten von Irakisch-Kurdistan und Finanzminister des Irak.

Es muss aber vermerkt werden, dass die irakischen Behörden die Tatsache, dass Drittländer die irakischen Kurden ohne Überwachung durch Bagdad bewaffnen, offensichtlich nicht begrüßen. In ihrem Versuch, auf den Vorgang einzuwirken, verzögert die irakische Regierung absichtlich die Konformitätsbescheinigungen oder verweigert schlicht ihre Herausgabe. In diesen Fällen benutzt Barzani seine Off-Shore-Firmen, um diese Bescheinigungen in dem kleinen afrikanischen Staat Swasiland für 1 Million Dollar pro Dokument zu erwerben.

Kann dies nun ein Grund dafür sein, dass deutsche Waffen in den Waffenmarkt gelangten? Offensichtlich müssen die Kurden solch unvorhergesehene Ausgaben wieder hereinbringen. Und natürlich ist es kein schlechter Weg, durch den Verkauf der Waren auf dem Schwarzmarkt die Verluste zu reduzieren. Und an diesem Punkt tauchen wieder Fragen an die deutsche Führung auf. Hat Merkel wirklich Kenntnis von der Tatsache, dass deutsche Waffen manchmal offiziell nach Swasiland geliefert werden? Überdies drückt das deutsche Verteidigungsministerium bei der Einhaltung von Formalitäten manchmal beide Augen zu. Oft schickt es Militärgut per Luftfracht direkt nach Erbil.

Bei diesem Ablaufschema startet ein Flugzeug von Deutschland nach Bagdad, macht aber auf dem Weg eine erzwungene Landung in der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan unter dem Vorwand technischer Betriebsstörungen oder um Crew-Mitglieder notfallmedizinisch versorgen zu lassen. Bei so einem ungeplanten Stopp werden die Waffen entladen, in Bagdad kommt dann ein leeres Flugzeug an. In diesem Fall ist die irakische Regierung hilflos und hat keine Möglichkeit, die Art und den Zweck der geheimen Fracht zu ermitteln.


Die „Grauzone“ von Angela Merkel

Heutzutage gibt es einen gut entwickelten und effektiven Transport von geschmuggelten Waffen ins Zentrum eines der feindseligsten Gebiete. Die Regionalpolitik von Washington und Berlin hat eine ideale „Grauzone“ entstehen lassen, in der Öl, Menschen, Drogen und Waffen ohne jede Kontrolle verkauft werden. Indem die USA den Norden des Irak und Syriens ins Chaos stürzt, treiben sie ihr eigenes Spiel und versuchen, die eigenen Interessen zu fördern. Warum hilft Angela Merkel, die eher eine Marionette als die Führungskraft eines europäischen Staates ist, ihnen aktiv dabei? Es sind die Deutschen, die diese Frage beantworten müssen.

Deutschland will die Kurden mit 200 Panzerabwehrlenkwaffen „MILAN“, 4.000 Sturmgewehren G36 und sieben Millionen Schuss Munition dafür beliefern, des Weiteren mit fünf gepanzerten Wagen „Dingo“ im Juni. Trotzdem gibt es absolut keine Garantie dafür, dass diese Waffen nicht in die Hände des „Islamischen Staates“ fallen. Die deutsche Regierung und Angela Merkel persönlich sollten die Verantwortung für die Tatsache übernehmen, dass von Deutschland gelieferte Waffen in die Hände von Terroristen gelangen.

Said Al-Khalak

Übersetzung Sabine
 



Quelle: « Angela Merkels Grauzone: Wie der Islamische Staat (IS) an deutsche Waffen kommt «, von Said Al-Khalaki, Übersetzung Sabine, The People Voice, Voltaire Netzwerk, 16. Mai 2016 > Artikel.

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► Bild- und Grafikquellen:

1. Texttafel HÄNDLER DES TODES - Rüstungsexporteure und Waffenlieferanten: DIEHL, EADS (EADS heißt seit 2014 Airbus Group und hat eine neue Struktur. Im neuen Teilkonzern Airbus Defence and Space (ADS) sind jetzt die bisherigen EADS-Teilkonzerne Airbus Military, Astrium und Cassidian zusammengefasst.), HECKLER & KOCH, KRAUSS MAFFEI-WEGMANN, MAN, RHEINMETALL, SIEMENS, THYSSEN KRUPP. Grafik: Wolfgang Blaschka (WOB), München.