Auch NRW-Ministerpräsidentin Kraft ließ Blockupy niederknüppeln

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Jörg Gastmann
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Verbunden: 08.04.2012 - 01:49
Auch NRW-Ministerpräsidentin Kraft ließ Blockupy niederknüppeln
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Auch NRW-Ministerpräsidentin Kraft ließ Blockupy niederknüppeln

Wer trägt eigentlich die politische Verantwortung für die Prügel -und Gasangriffe der Polizei gegen protestierende Bürger? Was die Wenigsten wissen: Auch NRW Ministerpräsidentin Kraft, die NRW-Grünen, Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht und die Thüringer SPD entsandten Prügel-Truppen.

Die Wut der Betroffenen und das Entsetzen der Beobachter konzentriert sich auf Polizei-Einsatzleiter Harald Schneider, Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU), Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann (SPD). Bouffiers Koalitionspartner von der hessischen FDP und Feldmanns Koalitionspartner von den Frankfurter Grünen. Aber was hat bloß NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihre Vize- Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) sowie Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und ihre SPD-Knechte geritten, ihre Polizeitruppen zu einem Prügelausflug nach Frankfurt zu senden?

Familienausflug zu Blockupy?

„Auf nach Frankfurt! Auf zu Blockupy!“ Dachten wir jedenfalls. Am 1.6. gehörte ich zu 2 Familien mit Kindern, die von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen wollten, dies aber nicht konnten, weil sie von den Regierungsparteien daran gehindert wurden.

Zunächst einmal war es schwierig, überhaupt zum Demo-Bereich zu gelangen. Nicht nur, daß die Polizei entgegen einem Verwaltungsgerichtsurteil die Demo schikanierte. Sie sperrte auch die komplette Innenstadt für den Verkehr. Selbst mit öffentlichen Verkehrsmitteln war die EZB nicht erreichbar, da die hessische CDU-Landesregierung gemeinsam mit Frankfurts SPD-Bürgermeister die U-Bahn-Station Willi-Brand-Platz sperren ließ. Zudem ließen diese von Bürgern gewählten Herrschaften alle zentralen Mainbrücken sperren. Untermainbrücke und Friedensbrücke wurden zu Parkplätzen für  Mannschaftswagen umfunktioniert (siehe Foto).



Um die Sperrungen zu umfahren, mußte man über A5 und A3 tatsächlich halb Frankfurt umkurven. Endlich am Südufer des Main angekommen, wunderten wir uns, daß das Sachsenhäuser Ufer und den Schaumannkai komplett mit Mannschaftswagen aus NRW (Kfz-Kennzeichen NRW 5-XXXX) aus dem Regierungsbezirk Köln) zugeparkt war.

Das wirft die Frage auf: Warum in aller Welt sendet die von den Medien als „beliebt“ und „volksnah“ hochgeschriebene SPD-Ministerpräsidentin Kraft (mit Wissen und Billigung ihrer Grünen-Koalitionspartner) ihre Polizeitruppen nach Frankfurt, um die Interessen der Bankster zu schützen und einen sowohl legalen als auch legitimen Volksaufstand mit rechtswidriger massiver Polizeigewalt (siehe Axel Köhler-Schnuras Artikel „Polizeigewalt als Mittel der Repression“) niederzuknüppeln? Als NRW-Bürger haben wir uns Frau Krafts „Volksnähe“ anders vorgestellt.

Blockupy als „Katastrophenfall“ und „Innerer Notstand“?

Länder-übergreifende Entsendung von Polizeitruppen ist zwar offiziell legal, aber nur, weil die Regierungsparteien die Gesetze erlassen, die Legalität definieren. Nur unter besonderen Ausnahmen sind Polizeientsendungen in andere Bundesländer legitim. Unter polizei.hessen.de begründet das hessische Innenministerium dies mit der „Unterstützung anderer Bundesländer bei der Bewältigung von Einsätzen aus besonderem Anlass, einschließlich sogenannter spezifischer Verfassungslagen (Katastrophenfall, Innerer Notstand)“.

Angst der politischen Klasse wird zu brutaler Polizei-Gewalt

Das Hochwasser in Bayern und Ostdeutschland wäre ein solcher Katastrophenfall. Aber Blockupy? Ist das ein „Katastrophenfall“ oder ein „Innerer Notstand“? Könnte man so sagen, aber anders als von den Regierungsparteien interpretiert. Ebenso wie Stuttgart 21 ist es eine Katastrophe für die Regierungsparteien, wenn immer mehr Bürger aufwachen und sich  gegen ihre Politik auflehnen. Es ist ein „Innerer Notstand“ des politischen und des Wirtschafts- und Finanzsystems, gegen den zunächst einmal hilft, nicht länger die Parteien zu wählen, die für dieses System stehen.

Das Kartell der „politischen Klasse“ hat Angst vor den Bürgern und dem Machtverlust. Die Illusion einer Demokratie wird auch in den westlichen Industrienationen nur noch durch hartnäckig politisch desinteressierten Wähler der etablierten Parteien aufrecht erhalten (mehr dazu in der demnächst startenden Serie „Warum Deutschland keine Demokratie ist“).

Schlumpfhausen Adé

Wenn man in Deutschland auf eine Demo geht, hat man immer Dietrich Wagner im Hinterkopf, dem Stefan Mappus (CDU) und Innenminister Rech (CDU) bei Stuttgart 21 nach Kastanien(!)-Würfen von einem Wasserwerfer ein Auge aus dem Kopf ballern ließen (weitere 16 Personen mussten mit Augenverletzungen behandelt werden und hatten mehr Glück). Vor Stuttgart 21 hätten die wenigsten Bundesbürger eine solche Gewalt von deutschen Regierungsparteien gegen die eigenen Bürger für möglich gehalten.

Polizeigewalt verband man bis dahin mit Diktaturen im Ausland oder mit durchgedrehten US-Cops – aber in Deutschland? Deutschland empfand man eher als Schlumpfhausen, auch wenn häufige Demo-Teilnehmer wie wir Polizisten meist als grundlos aggressiv und abschreckend unfreundlich erleben. Seit Benno Ohnesorg stand man nicht mehr so ablehnend der Polizei gegenüber. Prügel-Polizisten ruinieren den Ruf aller anderen Polizisten, auch den der guten Idealisten. Das Vertrauen in eine ganze Berufsgruppe ist bis auf weiteres zerstört, zumal jeder Polizist die Freiheit hat, nachzudenken und Befehle infrage zu stellen, statt auf Bürger einzudreschen, sie mit Gas anzugreifen und die ihrer Freiheit zu berauben. Einfach nur „Befehle zu befolgen“ ist einfach erbärmlich.

Die legale Tötung von Aufständischen laut EU-Menschenrechtskonvention

Stuttgart 21 und Dietrich Wagner waren ein Meilenstein des Kampfes der Mächtigen die Bürger. Wilfried Kahrs erläutert im "Kritischen Netzwerk" unter dem bitterbös-ironischen Titel „Ein bisschen Todesstrafe muss sein, auch in der EU“, auf welch grotesken Weg die Mächtigen die EU brachten. Der Lissabon-Vertrag, den die Große Koalition unter Merkel und Steinbrück unterschrieb, enthält vor allem unter Artikel 2 „Recht auf Leben“ einen Absatz, der allein schon zum Austritt aus der EU genügt. Unter „Amtsblatt der Europäischen Union, C 303/17 vom 14.12.2007, Erläuterungen zur Charta der Grundrechte“, (PDF) steht wörtlich auf Seite 1 unten:


"Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um … einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen".


Merkel, Steinbrück und der Rest der „europäischen Eliten“ erklären sofortige standrechtliche Ermordungen von Bürgern für rechtens, wenn sie Teil eines Aufstand sind. Blockupy ist ein Aufstand. Jede Demo ist ein Aufstand. Jeder Demonstrant darf lt. Gesetzen, die unsere Regierungsparteien beschlossen, auf der Stelle ermordet werden.

Wer sind hier eigentlich die Staatsfeinde? Regierende, die Bürger zu Staatsfeinden erklären, die sich gegen ihre Politik wehren? Oder die Regierenden selbst?

Mit Kindern auf eine Demo?

Mit all diesen Gedanken im Kopf fuhren wir durch Frankfurt. Wir hörten Berichte von Pfeffersprayangriffen der Polizei gegen die Bürger. Wir hörten von prügelnden Polizisten. Wir hörten, daß die Polizei die Holzstäbe, an denen die Bürger ihre Transparente trugen, zu Waffen erklärten und damit Festnamen begründeten. Wir hörten von 900-1.000 Menschen, die die Polizei umzingelt hat. Wir sahen Unmengen Polizei und einen Hubschrauber, der über dem Polizeikessel in der Luft stand. Das war ein Krieg der Mächtigen gegen die Bürger.

Sollten wir da hingehen? Eigentlich „jetzt erst recht“, aber mit Kindern (davon das jüngste 3 Jahre alt) war das nicht zu verantworten. Also kehrten wir nach Köln zurück, mit einer Stinkwut auf alle Verantwortlichen. Keiner von uns wird diese Parteien jemals wieder wählen.

Leider hatten wir dadurch keine Gelegenheit, unseren Flyer zu verteilen. Womit wir beim wichtigsten Aspekt des „Familienausflugs“ waren.


Bei der BGE-Demo in Berlin anlässlich der BGE-Petition beim Petitionsausschuss des Bundestags


Protest! Wogegen ist klar, aber wofür?

Occupy ist ergebnislos im Sande verlaufen, ebenso 99%, attac und viele andere Initiativen. Es ist ungemein wichtig, öffentlich in möglichst großer Zahl aufzustehen, um gegen Mißstände zu protestieren, aber das kann nur der erste Schritt sein.

Was folgen muß, ist für eine Lösung zu sein, statt nur gegen ein Problem. Dabei sind die Wettbüro-Finanzmärkte nur eines von vielen drängenden Problemen. Die Staatsverschuldung ist ein weiteres, und man könnte nun eine lange Liste aufzählen. Das Wichtigste aller Probleme ist allerdings der Arbeitsmarkt, und damit verbunden persönliche Perspektiven, Einkommen und Lebensqualität.

Wir laden Sie daher ein, über unseren Demo-Flyer nachzudenken, der mögliche Lösungen für die Forderungen von Blockupy, Occuoy, 99% & Co. anbietet.

Ihr

Jörg Gastmann > zur Vorstellung meines Buches "Die Geldlawine" - weiter.