Belagerung und Angriffe auf Kobane halten an

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Civaka Azad
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Verbunden: 29.09.2014 - 13:36
Belagerung und Angriffe auf Kobane halten an
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Belagerung und Angriffe auf Kobanê halten an


YPG-Kommandant Xebat:


Der Krieg in Kobanê geht weiter, deswegen muss die Unterstützung auch weitergehen


Am 55. Tag des Widerstands von Kobanê haben die Kommandanten der YPG, der YPJ und der Peshmerga-Einheiten eine gemeinsame Pressekonferenz in der Stadt abgehalten. Der YPG- Kommandant Dijwar Xebat erklärte hierbei, dass die Kämpfe mit dem Islamischen Staat (IS) weiter in all ihrer Heftigkeit anhalten. Vor allem an der Ostfront werden erbitterte Kämpfe geführt. Man habe den Vorstoß des IS allerdings erfolgreich stoppen und einige Stellungen zurückerobern können. „Es gibt keinen Tag, an dem es keine Kämpfe gibt. Sie haben neue Einheiten hier an die Front gebracht, mit denen sie derzeit angreifen“, berichtete Xebat.
 

 

Im Namen der Peshmerga-Einheiten in Kobanê hielt der Kommandant Amid Ehmet Gerdi eine kurze Rede. Gerdi erklärte, dass er mit seinen Einheiten seit acht Tagen in der Stadt sei und fuhr wie folgt fort: „Schon bald werden wir unserer Bevölkerung die frohe Botschaft von der Befreiung Kobanês verkünden können. Diese Banden haben überall ihre Visiere auf Kurdistan gerichtet und wollen uns vernichten. Aber das werden sie im Traum nicht hinbekommen. Wir kämpfen hier gemeinsam gegen den IS und werden auch gemeinsam diejenigen bald vernichten, die den Terror nach Kurdistan bringen wollen.“ Auf die Frage, ob neue Peshmerga-Einheiten nach Kobanê kommen werden, begegnete Gerdi, dass dies geschehen werde, sobald eine Verstärkung notwendig erscheine.


„Mehr als 3000 Tote in den Reihen der IS“

Auf Nachfrage eines Journalisten, wie viele IS-Mitglieder und wie viele YPG-Kämpferinnen und Kämpfer seit Beginn der Angriffe auf Kobanê gestorben seien, erklärte Xebat, dass sie keine genauen Angaben machen können. Sie gehen davon aus, dass mehr 3000 IS-Kämpfer bislang getötet worden sind. „Die Verluste in unseren eigenen Reihen werden täglich veröffentlicht“, ergänzte der Kommandant der Volksverteidigungseinheiten.

Xebat forderte zudem, dass die internationale Unterstützung für den Kampf gegen den IS anhalten müsse. Medienberichte, wonach es in der Stadt ruhiger geworden sei, entsprächen nicht der Wahrheit. „Sie erleiden hier große Verluste. Aber sie versuchen diese Verluste mit neuen Einheiten, die sie überall aus Syrien und dem Irak hierherziehen, wieder wettzumachen. Deswegen halten die Kämpfe unvermindert an. Und solange der Krieg sich in die Länge zieht, umso mehr Schaden fügt der den Zivilisten zu. Doch wir sind gewillt, den IS hier aus Kobanê zu vertreiben. Und nicht nur in Kobanê sondern auch anderswo werden wir die Stellungen des IS angreifen. Die Welt muss begreifen, dass der IS nicht nur unser Feind sondern ein Feind der gesamten Menschheit ist. Um den IS härtere Schläge zu versetzen und die Zivilisten hier effektiver schützen zu können, brauchen wir weiterhin Unterstützung“, fuhr der YPG- Kommandant fort.
 

 

Die YPJ- Kommandantin Hebûn Dêrik ging bei der Pressekonferenz auf die Rolle der Frauenverteidigungseinheiten im Kampf gegen den IS ein. Sie erklärte, dass die Frauen mit an der vordersten Front die Stadt verteidigen. „Der Gedanke, dass die Frauen lediglich an der zweiten Front zu kämpfen haben, gehört der Vergangenheit an. Viele unserer Freundinnen haben in einem heldenhaften Kampf ihr Leben gelassen. Arin Mirxan ist nur ein Beispiel hierfür“, erklärt Dêrik für die YPJ.


Asia Abdullah: Solidaritätskundgebungen am 1. November haben uns große Kraft gegeben

Auch die Co-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Einheit (PYD) Asya Abdullah bestätigte uns gegenüber am 08. November telefonisch aus Kobanê, dass es weiterhin zu heftigen Kämpfen mit dem Islamischen Staat komme. „Während der IS seine Angriffe fortsetzt, versucht er gleichzeitig auch neue Kämpfer um die Stadt herum zu sammeln. Sie schießen mit schwerem Geschütz teilweise aus 3 km Entfernung wahllos in das Stadtzentrum und treffen immer wieder auch Wohngebiete, in denen sich noch Zivilisten aufhalten. Gleichzeitig plündern sie die evakuierten Dörfer in der Umgebung von Kobanê aus. Wir haben durch Augenzeugen mitbekommen, dass sie mit Lastwägen die Häuser ausräumen und die Dörfer zerstören“, erklärte Abdullah.
 

 

Gleichzeitig berichtete sie, dass der IS in der Stadt in den letzten Tagen große Verluste hat hinnehmen müssen, während die YPG und YPJ in gemeinsamer Koordination mit den Peshmerga-Einheiten an Schlagkraft gewonnen haben. Abdullah erneuerte die Forderung nach einem Korridor für Kobanê. „Das Erreichen der Peshmergakräfte bedeutet nicht, dass die Forderung nach einem Korridor sich erledigt hat. Wir brauchen weiterhin diesen Korridor und wir benötigen auch weiterhin die Luftangriffe auf die IS-Stellungen. Die YPG und die YPJ leisten einen großen Widerstand. Aber es muss Wege geben, damit Waffen hierher gelangen. Nur durch einen Korridor kann die Umzinglung der Stadt aufgebrochen werden“, erklärt die PYD Co-Vorsitzende und fuhr wie folgt fort: „Auch medizinisch brauchen wir hier Unterstützung. Es mangelt an Ärzten und medizinischem Material. Doch die Stadt steht weiterhin unter Isolation. Selbst die Menschen, die nach Kobanê zurückkehren wollen, werden von der Türkei aufgehalten. Auf Menschen aus Nordkurdistan, die sich der YPG oder der YPJ anschließen wollen, schießt das türkische Militär scharf.“

Zum Schluss erklärte Asia Abdullah, dass sie von Kobanê aus die weltweiten Demonstrationen und Kundgebungen am 1.November zum Internationalen Tag der Solidarität mit Kobanê mitverfolgt haben und dass ihnen diese weltweite Solidarität große Kraft gegeben habe. „Wichtig ist, dass die Solidarität nicht mit dem einen Tag beschränkt bleibt. Wir rufen deshalb alle solidarischen Menschen auf, weiterhin an uns zu denken und mit uns zu kämpfen. Der Kampf, den wir hier gegen den IS führen ist nämlich unser aller gemeinsamer Kampf für eine demokratische und gerechte Zukunft und gegen den Faschismus des IS“, ergänzte sie.
 

 

Sie rief außerdem die internationale Presse dazu auf, nach Kobanê zu kommen, um direkt vor Ort über die Lage in der Stadt zu berichten. „Es wird sehr viel über Kobanê berichtet. Das freut uns. Doch es fehlt an Bildern aus der Stadt selbst. Deswegen laden wir die Journalisten dazu ein, hierher zu kommen und von Kobanê aus über Kobanê zu berichten“, so Abdullah.


Zwei Zivilisten durch Raketenbeschuss des IS getötet

Unterdessen verlautbarte die YPG in einer Erklärung, dass in den letzten 24 Stunden bei den Kämpfen in Kobanê 38 Mitglieder des IS getötet worden seien. In den Reihen der YPG und YPJ seien insgesamt acht Kämpferinnen und Kämpfer bei der Verteidigung der Stadt ums Leben gekommen. Auch durch die Unterstützung der schweren Waffen der Peshmerga-Einheiten habe man an der Ostfront wichtige Erfolge gegen den IS erzielen können. Infolge der schweren Verluste habe der IS mehrere Raketen in das Stadtzentrum von Kobanê abgefeuert. „Dadurch sind zwei Zivilisten getötet und vier weitere verletzt worden“ heißt es in der Erklärung.

Civaka Azad
 



Quelle:  Chivaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V. > Pressemitteilung vom 09.11.2014

Über Civaka Azad:

Seit Jahrzehnten gibt es in Kurdistan einen Krieg gegen das kurdische Volk. Dabei ist die Forderung der Kurden ausschließlich die Anerkennung ihrer Identität und ihrer Rechte. Allerdings ist diese Forderung Grund genug für die Regierungen der Staaten Türkei, Iran, Irak und Syrien, in denen die Kurden leben, um sie aufs Bitterste bekämpft. Und es ist ein Krieg, der in der Weltöffentlichkeit mehrheitlich keine Beachtung findet. Das ermutigt die Staaten bei Gelegenheit auch auf eine „schmutzige Kriegsführung“ zurückzugreifen. So werden sowohl zivile Opfer billigend in Kauf genommen, als auch Waffen eingesetzt, die nach Genfer Kriegskonvention geächtet sind. Die Schaffung von Öffentlichkeit und ihre Sensibilisierung für die Geschehnisse in Kurdistan können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diesen Krieg einzudämmen und mittelfristig den Weg für eine friedliche Lösung zu ebnen. Hierzu möchten wir als Civaka Azad unseren Beitrag leisten.

„Only bad news, are good news“, so lautet die Maxime vieler Mainstream Medien hierzulande. Die Ereignisse aus Kurdistan werden, wenn überhaupt, nur einseitig mit dem Fokus auf den Krieg beleuchtet. Allerdings werden in Kurdistan seit Jahren trotz permanenten Kriegszustands auch Projekte für eine kommunale Selbstverwaltung und zivilgesellschaftliche Organisierung der Bevölkerung vorangetrieben. Die Menschen fangen an die Probleme ihrer Region basisdemokratisch selbst zu lösen. Es keimt ein freiheitliches, demokratisches, ökologisches und geschlechterbefreiendes Bewusstsein in der Bevölkerung auf. Mit diesem Bewusstsein und den fortschrittlichen Projekten bauen die Menschen aus Kurdistan ihre Civaka Azad – ihre freie Gesellschaft – gegen die permanenten Repressalien durch die jeweiligen Staatsapparate auf. Auch diesbezüglich haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, diese Projekte in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen, um sowohl einen Schutz vor Repressalien zu bilden als auch Interessierten einen Einblick in das Projekt der Demokratischen Autonomie zu gewähren.

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Bild- und Grafikquellen:


1. Selbstverteidigungskräfte der YPG (People's Protection Units) in der Region von Kobanê. Foto / Quelle: © CopyLEFT Sendika.org 


2. Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) im Kampf gegen den IS. Foto / Quelle: © CopyLEFT Sendika.org

3. Schwere Zerstörungen hinterlassen unbewohnbare Häuserruinen.  Foto / Quelle: © CopyLEFT Sendika.org

4. Karikatur von Carlos Latuff, einem "Politischen Karikaturist", geboren November 1968 in Rio de Janeiro, Brazil. Carlos Latuff (eigentlich Carlos Henrique Latuff de Souza) gewährt jedem das bedingungslose Recht, seine Karrikaturen für jedweden Zweck zu nutzen, es sei denn, Bedingungen sind gesetzlich erforderlich. Sein Blog > latuffcartoons.wordpress.com