Berlin: Wowereit geht - und das ist gut so

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Berlin: Wowereit geht - und das ist gut so

von Tobias Hansen, Neue Internationale 192, September 2014

Nach 13 Jahren als regierender Bürgermeister gab Wowereit nun seinen Abschied für den 11. Dezember bekannt. Zum 2. Advent bekommt Berlin also einen neuen Bürgermeister. „Natürlich“ wird der nicht von allen BerlinerInnen neu gewählt, sondern allenfalls von den SPD-Mitgliedern in einer Urabstimmung. Schon lange scharren die potentiellen Nachfolger Wowereits mit den Hufen: SPD-Landeschef Stöß, Fraktionschef Saleh und Bau-Senator und Ex-Fraktionschef Müller.

Neben anderen Fragen sorgte v.a. das Fiasko mit dem BER-Flughafen dafür, dass Wowereits Stern zu sinken begann. Nun tritt er also zurück, bevor der BER eröffnet wird. Zur nächsten Abgeordnetenhauswahl 2016 wäre es wahrscheinlich auch knapp geworden, auch wenn Wowereits Wunschmanager Mehdorn sich bemüht, möglichst jeden zu entlassen, der etwas mit der Planung zu tun hatte - geholfen hat es bis jetzt nicht.

Als Wowereit antrat, hatte die CDU gemeinsam mit der SPD die Berliner Landesbank runter gewirtschaftet, der damalige CDU-Fraktionschef Landowsky wurde der Bestechlichkeit überführt und das Land Berlin blieb auf den Schulden sitzen. War die SPD zuvor aus der Großen Koalition ausgetreten, durfte sie dann in Koalition mit der Linkspartei (damals noch PDS) die entstandenen Schulden des Bankenskandals übernehmen. [Anmerkung KN-Admin vom 16. September 2019, 13:15 Uhr: Die im Artikel getätigte und jetzt gestrichenen Aussagen des Autors TOBIAS HANSEN erwiesen sich als FALSCH:

Das 2009 vor dem Landgericht Berlin eröffnete Verfahren endete am 14. Februar 2011 mit einem Freispruch, da nach Ansicht des Gerichts die Untreue nicht ausreichend nachgewiesen werden konnte. Als Grund dafür wurde genannt, dass für eine Verurteilung zur Untreue ein konkreter Schaden für die BerlinHyp zum Tatzeitpunkt bekannt gewesen sein müsse (unabhängig davon, wie hoch der Schaden später wurde), dies aber nicht nachweisbar sei.[5] Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen das Urteil ein, die jedoch vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen wurde.

Damit ist nach über 13 Jahren die rechtliche Aufarbeitung der Bankenaffäre ohne eine Verurteilung Landowsky abgeschlossen.[6]]

Zur Klarstellung scrollen Sie bitte weiter runter zur offiziellen Presseerklärung des Landgerichts Berlin! Demnach ist Klaus-Rüdiger Landowsky juristisch rehabilitiert!!

Schwache Bilanz von Rot-Rot

Wowereit führte die Koalition mit der Linkspartei über 10 Jahre. Dieser Senat übernahm 21,7 Mrd. Euro an Risiken und Schulden von der Landesbank. Wowereits Job dabei war es,  diese Misere als neues „Selbstbild“ von Berlin zu verkaufen: „Arm, aber sexy“ war die neue Parole der öffentlichen Finanzen und daran hat sich auch nichts verändert.

SPD und Linkspartei sparten im Öffentlichen Dienst und verließen den Tarifverbund der Länder. Damit wurde in Berlin eine der größten Attacken auf die öffentlichen Beschäftigten durchgeführt, viele tausend Stellen werden nicht neu besetzt. Die Linkspartei wurde von Wowereit wie am Nasenring durch die Manege geführt. So galt Wowereit auch immer als  Befürworter von Koalitionen mit der Linkspartei auch auf Bundesebene - schließlich bewies der rot-rote Senat in Berlin, dass die Linkspartei in der Regierung durchaus handzahm ist und als „Opposition“ in der Praxis entzaubert wird.

Vom rot-roten Senat wurde auch der Verkauf von landeseigenen Wohnungen in sechsstelliger Zahl durchgepeitscht, ebenso die (nach dem Volksentscheid inzwischen wieder zurückgenommene) Privatisierung der Wasserwerke oder der fast vollständige Stopp der Jugend- und Sozialarbeit des „Landes“ Berlin. All das hätte eine schwarz-gelbe Regierung auch nicht besser hinbekommen.

Und so regierte Wowereit mit einer neoliberalen Gleichgültigkeit, die ihn sogar für den Boulevard interessant machte. Sein Outing als erster homosexueller Bürgermeister trug ebenfalls dazu bei, seine Bekanntheit zu steigern - die Bekanntheit der sozialen Probleme Berlins traten dabei eher in den Hintergrund. So hatte der rot-rote Senat in 10 Jahren seines Wirkens auch den sozialen Wohnungsbau völlig eingestellt und gleichzeitig die Wohnungsbaugenossenschaften teilprivatisiert, so dass diese jetzt auch ihre Grundstücke an private Investoren verschleudern dürfen. Diese Politik hat direkt zu einem ernsten Wohnraumproblem und zu steigenden Mieten beigetragen.

Immer an Wowereits Seite war lange Zeit auch der Salon-Rassist der SPD Thilo Sarrazin als Finanzsenator. Unvergessen seine rassistischen und sozialdarwinistischen Ausfälle gegenüber MigranntInnen und Arbeitslosen. Auch damit hatten die Berliner SPD und Wowereit keine allzu großen Probleme.

Stattdessen überraschte die SPD bei der letzten Wahl mit noch inhaltsleereren Plakaten als zuvor - ein Kind mit einer Stoffpuppe spielt mit dem regierenden Bürgermeister und darunter steht „Sei Berlin, sei SPD!“
 

 

Dabei hätte gerade die Jugend viel zu erzählen über fehlende Ausbildungsplätze, einen verkommenen schulischen Ausbildungssektor, fehlende Jugend- und Sozialarbeit in vielen Teilen der Stadt. Wowereit und der SPD war das egal, Hauptsache die Popularitätswerte stimmten. Diese gingen aber mit dem Flughafenchaos immer weiter flöten, schließlich sollten auch Aufsichtsratsvorsitzende wissen, ob ein Flughafen drei Wochen vor der Eröffnung fertig ist oder nicht. Und so sind mögliche Nachfolger schon seit einiger Zeit nervös, wann denn Wowereit von selbst zurücktritt.


Wowi = Chauvi

Zuletzt konnten dieser Senat und dieser Bürgermeister auch zeigen, was sie unter Flüchtlingspolitik verstehen. Nach zwei Jahren des Hinhaltens und der Verzögerung wurde ein Großteil der Refugees in Berlin im Frühjahr schlicht vom Senat belogen. Aus der versprochenen „Sonderprüfung“ der Asyl-Anträge wurde die Abschiebung - weltoffen ist Berlin nur für Touris, die ihre Unterkunft selber bezahlen können und die Umsätze steigern, nicht aber für Flüchtlinge, denen es oft ums nackte Überleben geht. Für die gibt es Bullengewalt und Isolation. Dieser Senat treibt die Refugees aus Verzweiflung auf das Dach ihrer „Unterkunft“ - auch dafür trägt Wowereit die Verantwortung.

Deshalb weinen wir Wowereit keine Träne nach, sondern können uns freuen, wieder einen Neoliberalen in den Vorruhestand zu schicken, vielleicht kommt er ja als Berater des BER wieder.

Tobias Hansen


Quelle:  Gruppe Arbeitermacht - deutsche Sektion der Liga für die 5. Internationale > zum Artikel

Bildquellen:

1. Plakat "Projektmanagement heute". Dieser witzige Plakatentwurf mit Teddybären und Kuscheltiere an einer Wäscheleine wurde von einem Mitarbeiter der Berliner Fa. Data Farms GmbH als Fotomontage kreiert. Die Fa. bietet Wikitechnologie für Unternehmen und Schulen und man darf getrost annehmen, daß ihr die skandalösen Fehler in Sachen Projektmanagement des sich seit 2006 in Bau befindlichen Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ nicht passiert wären.

Diese Datei wurde von diesen Werken abgeleitet:

Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

2. Klaus Wowereit und das Krokodil waren auf einem SPD-Wahlplakat zu sehen. Der Urheber dieser animierten Grafik ist nicht bekannt. Herzlichen Dank deshalb an einen ungenannten Künstler. :)

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FREISPRUCH für Klaus-Rüdiger Landowsky


Landgericht Berlin: Freispruch für alle Angeklagten im „Bankenverfahren„ gegen Klaus-Rüdiger Landowsky u.a.(PM 17/2011)
Pressemitteilung vom 14.02.2011

Die Präsidentin des Kammergerichts
- Pressestelle der Berliner Strafgerichte -

Die 26. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin hat heute im sog. Bankenverfahren fünf ehemalige Mitglieder der Geschäftsleitung und sieben ehemalige Mitglieder des Aufsichtsrates der Immobilen und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH (IBG) vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil der IBG freigesprochen.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war der Vorwurf der Untreue zu Lasten der Immobilien und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH, einer Tochtergesellschaft der Landesbank Berlin Girozentrale (im Folgenden: LBB), der Bankgesellschaft Berlin AG, der Berliner Bank und der BerlinHyp. Dabei soll dem Vermögen der IBG bzw. der IBG GmbH gemäß dem Anklagevorwurf der Staatsanwaltschaft Berlin durch die in den Jahren 1997 bis 1999 initiierte und durchgeführte Auflage von zwei geschlossenen Immobilienfonds dem Theseus Immobilien Verwaltungs GmbH & Co KG – LBB Fonds Zwölf (im Folgenden nur: LBB Fonds 12) – und dem Prometheus Immobilien Verwaltungs GmbH & Co KG – Erster IBV – Immobilienfonds für Deutschland (im Folgenden nur: IBV Fonds Deutschland 1) unter Verstoß gegen die den Angeklagten jeweils obliegende Vermögensbetreuungspflicht ein (Vermögens)Nachteil zugefügt worden sein.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten vorgeworfen, sie hätten die im Gegenzug für die langfristig abgegebenen Mietgarantien über 25 Jahre vereinnahmten Mietgarantieprovisionen nicht ausreichend kalkuliert und des weiteren das Fondsgeschäft mit einem unzureichenden Risikocontrolling betrieben. Dadurch seien nach der Fondsauflage erhebliche Vermögensnachteile bei der IBG entstanden. So sei es beim LBB Fonds 12 im Zeitraum 1999 bis Ende 2003 zu einem Mindestschaden von 72,2 Mio. DM und einem zusätzlichen Gefährdungsschaden von rund 53,5 Mio. DM gekommen sowie beim IBV Fonds Deutschland 1 im Zeitraum von 2000 bis 2003 zu einem Mindestschaden in Höhe von rd. 44,5 Mio. DM und zusätzlich zu einem Gefährdungsschaden in Höhe von rund 24 Mio. DM.

Die 26. Strafkammer hat die Angeklagten unter Beachtung der Vorgaben der neuen Rechtsprechung des BVerfG (Entscheidung vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 491/09) zum Tatbestand der Untreue aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil das Verhalten der Angeklagten bei den Fondsschließungen im Ergebnis trotz Mängeln in der Kalkulation der Mietgarantiegebühren als insgesamt nicht pflichtwidrig einzustufen sei. Im Übrigen habe die Beweisaufnahme ergeben, dass die Gesellschafterinnen der IBG – LBB, Berliner

Bank, BerlinHyp und Bankgesellschaft Berlin AG – in Kenntnis der Risiken der Fortsetzung der LBB-Fonds-Reihe mit den anklagegenständlichen Fonds zugestimmt hätten. Diese Zustimmung sei ihrerseits nicht pflichtwidrig und schließe den Tatbestand der Untreue daher aus.

Da es für eine Strafbarkeit wegen Untreue auf den Zeitpunkt der Fondsschließungen per 31. Oktober 1998 und per 31. Oktober 1999 ankomme und die IBG zu diesen Zeitpunkten nach allen internen und externen Gutachten nachweislich nicht in ihrer Existenz gefährdet gewesen sei, scheide eine Verurteilung auch dann aus, wenn – wie hier – die IBG später, per 31. Dezember 2000, bilanziell überschuldet gewesen sei, weil sich das Risiko aus den Mietgarantieverpflichtungen eben erst später manifestiert habe.

Da die Kammer alle – darunter auch sachverständige – Ermittlungen und Bewertungen zur damaligen Vermögenslage der IBG im Tatzeitraum bei der Sachaufklärung berücksichtigt habe, sei die von der Staatsanwaltschaft beantragte Einholung eines weiteren Gutachtens, welches den Schaden aus heutiger Sicht hätte bewerten sollen, bedeutungslos gewesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann von der Staatsanwaltschaft mit dem Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof binnen einer Woche ab Urteilsverkündung angegriffen werden.

Dr. Tobias Kaehne
Pressesprecher

§ 266 StGB (Untreue)

Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm Kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

[…]

Quelle: Pressemitteilung des Landgerichtes Berlin.

 

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