BFH-Urteil zu Ausfall einer Kapitalforderung

1 Beitrag / 0 neu
Bild des Benutzers Helmut S. - ADMIN
Helmut S. - ADMIN
Offline
Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
BFH-Urteil zu Ausfall einer Kapitalforderung
DruckversionPDF version

Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) 

Ausfall einer Kapitalforderung muss vom Finanzamt steuerlich berücksichtigt werden

von Laurenz Nurk

einkommensteuer_einkommensteuererklaerung_finanzamt_bundesfinanzhof_abgeltungsteuer_steuerzahler_steuerabzug_steuerausfaelle_steuerschuldner_kritisches_netzwerk_quellensteuer.jpgAls der vorläufige Gipfel zum Vorteil der Vermögenden in Deutschland ist das jüngste Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zu bewerten. Das höchste Finanz­gericht hat entschieden, dass der endgültige Ausfall einer Kapital­forderung eines Gläubigers zu einem Verlust führt, der vom Finanzamt steuerlich berücksichtigt werden muss. Konkret bedeutet das: Wer als Gläubiger sein Geld nicht zurückbekommt, muss weniger Einkommensteuer zahlen.

Dieses Urteil wird vor allem die vermögenden Geldverleiher, Spekulanten und die Finanzbranche insgesamt erfreuen. Wenn sie Geld verlieren, haftet der Staat.

Im konkreten Fall hatte ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010 rund 24.000 Euro gegen fünf Prozent Zinsen verliehen. Der Schuldner hatte mehr als 19.000 Euro nicht zurückgezahlt und schlussendlich Insolvenz angemeldet. Das örtliche Finanzamt hatte die 19.000 Euro Einbuße nicht als Verlust anerkannt. Das Ehepaar zog vor Gericht und hatte nun in der letzten Instanz Erfolg.

Mit dem Urteil wurde die Neuorientierung des Bundes­finanz­hofs deutlich, denn bisher fanden sich Gläubiger steuerlich in einer unerfreulichen Lage, wenn ihre Schuldner nicht mehr zahlten: Sie mussten für verliehenes Geld Steuern bezahlen, auch dann, wenn die Schuldner nichts oder nur einen Teil zurück­gezahlt hatten.

Laut BFH hat sich die Rechtslage mit der Einführung der Abgeltungsteuer 2009 geändert. Danach gilt die früher übliche Trennung von Vermögen und Gewinnen bei der Versteuerung von Kapitalerträgen nicht mehr. Die Abgeltungssteuer ist eine Quellensteuer, die die Einkommensteuer abgilt. Hierdurch wird eine Veranlagung des Steuerschuldners überflüssig. Die bekannteste Abgeltungssteuer ist die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, auch der Steuerabzug von Vergütungen von Aufsichtsräten werden als Abgeltungsteuer bezeichnet.

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung führt nach Ansicht des BFH seit der Einführung der Abgeltungssteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre. Ein für die Steuer relevanter Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass über schon gezahlte Beträge hinaus keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens reiche hierfür in der Regel nicht aus.

Die Finanzämter erkannten diese Einbußen bisher nicht als Verlust an und auch sie müssen nun umdenken, denn gemäß dem Urteil gilt ja die früher übliche Trennung von Vermögen und Gewinnen bei der Versteuerung von Kapitalerträgen nicht mehr. Der BFH legt nun fest, dass die Finanzämter nicht zurückgezahlte faule Kredite steuerlich ebenso anerkennen müssen, wie Verluste beim Verkauf von Forderungen.

Nach diesem Urteil werden bei den vermögenden Geldverleihern, Spekulanten und der Finanzbranche insgesamt die Sektkorken geknallt haben. Wenn sie Geld verlieren, haftet der Staat und für die Steuerausfälle muss bei den Staatsausgaben gespart werden.

BFH-Urteil vom 24.10.2017, Az. VIII R 13/15) >> Urteil und Entscheidungsgründe.

Laurenz Nurk, Dortmund (Quellen: Handelsblatt, FAZ.net).

bundesfinanzhof_bfh_muenchen_oberstes_gericht_hoechstgericht_finanzgericht_finanzgerichtsbarkeit_kritisches_netzwerk_ismaninger_strasse_steuerbescheide_rechtsmittel_revision.jpeg



► Quelle: Erstveröffentlicht am 30. Januar 2018 auf gewerkschaftsforum-do.de >> Artikel. Die Texte (nicht aber Grafiken und Bilder) auf gewerkschaftsforum-do.de unterliegen der Creative Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 3.0 DE), soweit nicht anders vermerkt. Die Bilder im Artikel sind nicht Bestandteil des Originalartikels und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten ggf. andere Lizenzen, s.u..

► Bild- und Grafikquellen:

1. Vordruck Einkommensteuererklärung. Wer als Gläubiger sein Geld nicht zurückbekommt, muss weniger Einkommensteuer zahlen. Das Urteil des Bundesfinanzhofs wird vor allem die vermögenden Geldverleiher, Spekulanten und die Finanzbranche insgesamt erfreuen. Wenn sie Geld verlieren, haftet der Staat. Foto: falco / Oberhausen. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

2. Bundesfinanzhof, Ismaninger Straße 109 in München; schlossartiger, neubarocker Monumentalbau mit Ecktürmen, Hausteinfassaden, begonnen 1909 von Heilmann & Littmann als Privatbau, 1921-23 vollendet; in großem Garten gelegen. Dies ist ein Foto des bayerischen Baudenkmals mit der Akten-Nummer D-1-62-000-3037. Der BFH ist das oberste Gericht für Steuer- und Zollsachen und als solches neben dem Bundesgerichtshof, dem Bundesverwaltungsgericht, dem Bundesarbeitsgericht und dem Bundessozialgericht einer der fünf obersten Gerichtshöfe der Bundesrepublik Deutschland. Urheber: Renardo la vulpo. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.