Brüssel Business -
Wer steuert die Europäische Union
Eine informative wie auch zugleich beklemmende Dokumentation von F. Moser und M. Lietaert über die dichten Verflechtungen von Industrie/Lobbyisten und EU. Wieviel Einfluss haben Konzernvertreter auf die EU?
Aufgezeigt wird, dass der ERT und die EU-Kommission enge Kontakte haben und Hand in Hand arbeiten. Alle 6 Monate findet ein Treffen statt, das 2 Jahre im Voraus geplant wird. Dabei wird deutlich, dass es sich bei den Treffen um einen “CLUB” von Top-Wirtschaftsvertretern und vereinnahmten EU-Politikern handelt. Zu jedem Treffen spricht entweder ein Premierminister oder ein EU-Außenminister. Der neoliberale Masterplan dieses elitären Clubs lautet: liberalisierte Entwicklung des Binnenmarktes, Währungsunion, Deregulierung, Infrastrukturprojekte, flexibilisierter Arbeitsmarkt, Reduzierung (und Privatisierung) öffentlicher Dienstleistungen usw.
Interessant auch Minute 44: Zitat: Pascal Kerneis (Lobbyist von “European Service Forum ESP): “Das Interessante am Internationalen Handel ist: ein internationaler Vertrag von der Europäischen Union unterschrieben, steht über dem EU-Gesetz. Alle Länder der Europäischen Union müssen einen internationalen Vertrag respektieren, den die EU unterzeichnet hat.”
Ganz Europa wird also regiert von einem “Privat-Club von Wirtschaftsvertretern”, der soviel Macht hat, unser Grundgesetz, die nationale und europäische Gesetzgebung und unsere demokratischen Bürgerrechte (von einem “Wohnzimmer in Brüssel” aus) in den Müll zu stampfen.
Dann schaffen wir doch unser Justizsystem und den EUGH gleich ganz ab und überlassen das ein paar privaten Wirtschaftskanzleien!
Diese EU hat den Boden der Demokratie längst verlassen.
ARTE-Themenabend:
The Brussels Business - Die Macht der Lobbyisten
In Brüssel sind rund 2.500 Lobby-Organisationen angesiedelt und bilden die zweitgrößte Lobby-Industrie der Welt; nur die in Washington DC ist größer. Rund 15.000 Lobbyisten scheuen weder Kosten noch Mühen, um die Kommission und die Parlamentarier intensiv über die Bedürfnisse der Interessenverbände zu informieren. Rund 80 Prozent der gesamten Gesetzgebung, die direkten Einfluss auf den Alltag der Europäischen Bürger hat, wird hier initiiert.
"Die EU-Gesetzgebung ist kompliziert, sie durchläuft viele Stufen", erklärt Olivier Hoedeman, Gründer von Corporate Europe Observatory. "Alles beginnt mit der Europäischen Kommission. Dort werden neue Anträge für Gesetze und Richtlinien entworfen, welche dann die Institutionen durchlaufen - das Parlament und den EU-Ministerrat. Vom Moment an, in dem die Europäische Kommission erste Schritte zu neuen Gesetzen und Richtlinien unternimmt, ist die Industrie vor Ort um sie zu beeinflussen."
Die Bemühungen, den Lobbyismus in der EU zu regulieren, stießen zunächst auf wenig Resonanz.
Dann geschah im Winter 2004/2005 etwas Unerwartetes: Siim Kallas, EU-Kommissar aus Estland, zuständig für Verwaltung, griff das Thema auf. Im Zuge der Europäischen Transparenzinitiative sollte der Lobbyismus in Brüssel streng reguliert werden - ein Pflichtregister, Auskunftspflicht, Offenlegung der Geldflüsse. Nach drei Jahren politischer Streitereien und Bemühungen stellte Siim Kallas schließlich im Sommer 2008 das Lobby-Register vor. Doch die Enttäuschung war groß: Das Lobby-Register war freiwillig - und damit völlig zahnlos.
Im Oktober 2008, einen Monat nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise, ernannte Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine unabhängige hochrangige Gruppe zur Aufsicht der Finanzmärkte. Ihre Aufgabe ist die Regulierung dieser Märkte, um einen Weg aus der Krise zu finden. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich diese Gruppe von acht "EU-Weisen" als gar nicht so unabhängig: drei der acht Weisen sind direkt mit jenen US-Banken verbandelt, die die Krise ausgelöst haben. Der Kopf der Gruppe ist Vorsitzender einer großen Finanzlobby.
Steht nach 20 Jahren Deregulierung und Liberalisierung die Europäische Union selbst plötzlich am Rande des Zusammenbruchs? Und steht nicht vielmehr die Demokratie selbst auf dem Spiel, und mit ihr jene Werte, die uns teuer sind?
► Brüssel Business - Wer steuert die europäische Union? (Dauer: 1:13:59 Min.)
In Brüssel sind etwa 2.500 Lobbying-Organisationen ansässig, für die rund 15.000 Lobbyisten tätig sind. Doch die Bemühungen um mehr Transparenz auf diesem Gebiet waren in Europa bisher vergebens. Der Vorstoß, eine Pflicht zur Registrierung von Lobbyisten - wie in den USA - einzuführen, scheiterte bisher. Das vorhandene Register ist freiwillig - und damit wirkungslos. Filmemacher Friedrich Moser und Matthieu Lietaert wollen verstehen, wer in der EU in Wirklichkeit die Strippen zieht. Ihr Dokumentarfilm macht sich dabei auf eine kriminalistische Spurensuche und befragt Unternehmer, Lobbyismus-Kritiker, Aktivisten, EU-Kommissare und Wissenschaftler.
Horst Seehofer, Bayrischer Ministerpräsident: "Diejenigen, die entscheiden sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nicht zu entscheiden." (⇒ Quelle: ZDF "Pelzig" 28.05.10)
Joseph Pulitzer (1847-1911), ungarisch-amerikanischer Journalist, Herausgeber, Zeitungsverleger und Stifter des nach ihm benannten Pulitzer-Preises.: "Es gibt kein Verbrechen, keinen Kniff, keinen Trick, keinen Schwindel, kein Laster, das nicht von Geheimhaltung lebt. Bringt diese Heimlichkeiten ans Tageslicht, beschreibt sie, attackiert sie, macht sie vor allen Augen lächerlich. Und früher oder später wird die öffentliche Meinung sie hinwegfegen. Bekannt machen allein genügt vielleicht nicht - aber es ist das einzige Mittel, ohne das alle anderen versagen..."
Grafikquellen: beide Grafiken wurden von Wilfried Kahrs / QPress erstellt.