Bundespräsident Gauck - ein gern gesehener Gast bei der Rüstungslobby

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Peter Weber
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Bundespräsident Gauck - ein gern gesehener Gast bei der Rüstungslobby
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Bundespräsident Gauck – ein gern gesehener Gast bei der Rüstungslobby


Gaucks Eröffnungsrede auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz


Bundespräsident Joachim Gaucks Eröffnungsrede vom 31. Januar 2014, gehalten auf der 50. Münchner "Sicherheitskonferenz", bietet wieder eine exzellente Grundlage, um ihn als hoffnungslosen Beschöniger und kalten Krieger zu entlarven und ihm hinsichtlich seiner wahren Absichten auf die Schliche zu kommen. Es darf auch nicht versäumt werden, auf den Artikel von Wolfgang Blaschka (unserem Redaktionskollegen vor Ort) „München – Proteste gegen NATO-Kriegstagung“ im Kritischen Netzwerk hinzuweisen, der weitere detaillierte Hintergrundinformationen zum Thema bietet.

 
Wenn man genau hinschaut, dann sind die Parallelen zur jüngsten Regierungserklärung der Bundeskanzlerin unverkennbar. Offensichtlich haben die beiden sich abgesprochen. Über diesen Hintergrund könnt Ihr Euch im Artikel „Regierungserklärung Merkel: die neue kognitive Dissonanz“ informieren.
 
Über allem schweben bei Gaucks außerirdischen Schönrednereien und quasi-religiösen Botschaften stets Phrasen von imaginärer Verantwortung, vom Frieden, „den ich meine“, dem jeglicher Kritik entzogenen besten Deutschland aller Zeiten sowie der bedingungslosen Treue zur Vasallenschaft der westlichen Verbündeten. Diese bezieht sich speziell auf die USA, die für den naiven Gauck der Hort der Freiheit und Demokratie "sui generis" darstellt, den man nicht anzweifeln und mit Kritik beschmutzen dürfe.
 
Ohne zunächst einmal auf den Inhalt von Gaucks Rede einzugehen, muß der Anlaß dieses Vortrags zur Diskussion  sowie die Frage gestellt werden, was den obersten Repräsentanten der Bundesrepublik dazu motiviert hat, diese Lobbyveranstaltung der Rüstungsindustrie durch seine Anwesenheit zu unterstützen. Dabei ist es weniger seine Anwesenheit sondern die Tatsache, daß sich Gauck durch das Gewicht seiner Rede, die zumindest unterschwellig ständig zu weltweiter Verantwortung Deutschlands und der militärischen Präsenz der Bundeswehr aufruft, der Rüstungsindustrie unter die Arme greift und ihr dadurch auch noch eine moralische Rechtfertigung verleihen will. Das bedeutet für mich Verantwortungslosigkeit pur und zudem einen nicht zu entschuldigenden Mißbrauch seines Amtes als Bundespräsident.
 
In der Süddeutschen Zeitung könnt Ihr nachlesen, welche Hintermänner und Wirtschaftskräfte genau hinter dieser rein privaten Veranstaltung stehen und in welchem Ausmaß die Bundesregierung und das Land Bayern dieses Lobbyistentreffen tatkräftig finanziert: durch Subventionen in Millionenhöhe, Präsenz der Bundeswehr und dem kostenlos zur Verfügung gestellten Sicherheitsaufgebot von 3.100 Polizisten, die man aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengekarrt hat. Auch die TAZ geht mit Gauck in ihrem Artikel „Der Schlafwandler aus Berlin“ nicht gerade zimperlich um. Am ausführlichsten begründet ist die Gauck-Kritik allerdings von Albrecht Müller in den NachDenkSeiten. Müller geht mit Gauck hart ins Gericht und bezeichnet ihn gerade heraus als „Cheflobbyist der Rüstungsindustrie“.  
 
Deshalb ist es auch nicht mehr erforderlich, daß meine Abrechnung mit Gauck ganz so ausführlich ausfällt wie bei der Regierungserklärung Merkels, der zweit-ranghöchsten staatlichen Repräsentant(e)in. Aus der Eröffnungsrede Gaucks anläßlich der Sicherheitskonferenz habe ich daher nur ausgewählte Zitate herausgegriffen, die mir besonders ins Auge gefallen sind und die ich hier kommentarlos aufliste:
  • Sie haben – gemeinsam mit Ihrem Vorgänger Horst Teltschik und dem Gründer Ewald-Heinrich von Kleist-Schmenzin – die Sicherheitskonferenz zu jenem herausragenden Forum gemacht, das wir nicht mehr wegdenken mögen aus dem Jahresplan der Außen- und Sicherheitspolitiker. Deshalb bin ich gern gekommen, um Ihre 50. Tagung zu eröffnen.
  • Eines gleich vorweg: Dies ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir kennen. Das auszusprechen, ist keine Schönfärberei. 
  • Gauck haut in die gleiche Kerbe wie Angela Merkel und ihre Regierung, die ebenfalls das hohe Lied vom „Bündnis mit den Vereinigten Staaten als Grundpfeiler der Nordatlantischen Verteidigungsallianz“ singen. 
  • Deutschland tritt ein für einen Sicherheitsbegriff, der wertebasiert ist und die Achtung der Menschenrechte umfasst. Im außenpolitischen Vokabular der Republik reimt sich Freihandel auf Frieden und Warenaustausch auf Wohlstand. 
  • Wir beschweren uns, zu Recht, wenn Verbündete bei der elektronischen Gefahrenabwehr über das Ziel hinausschießen. 
  • Politiker müssen immer verantworten können, was sie tun. Sie müssen aber auch die Folgen dessen tragen, was sie unterlassen. Auch wer nicht handelt, übernimmt Verantwortung. 
  • Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein. Eines haben wir gerade in Afghanistan gelernt: Der Einsatz der Bundeswehr war notwendig, konnte aber nur ein Element der Gesamtstrategie sein. 
  • Aber wenn schließlich der äußerste Fall diskutiert wird – der Einsatz der Bundeswehr –, dann gilt: Deutschland darf weder aus Prinzip "nein" noch reflexhaft "ja" sagen. 
  • Das Prinzip der staatlichen Souveränität und der Grundsatz der Nichteinmischung dürfen gewalttätige Regime nicht unantastbar machen. 
  • Als äußerstes Mittel ist dann der Einsatz von Militär möglich, und zwar nach sorgfältiger Prüfung und Folgenabwägung sowie Ermächtigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. 
  • Jedes Jahr eine Sicherheitskonferenz in München – das ist gut, aber nicht genug. Ich frage mich: Ist es nicht an der Zeit, dass die Universitäten mehr aufbieten als eine Handvoll Lehrstühle für die Analyse deutscher Außenpolitik? Muss nicht auch die Sicherheitsforschung gestärkt werden, einschließlich der Abwehr von Cyberangriffen durch Kriminelle oder Nachrichtendienste?
  • Das wäre ein Schritt auf dem Weg zu einer neuen gesellschaftlichen Selbstverständigung. Das Gespräch darüber, wie, wo und wann wir unsere Werte und unsere Sicherheit verteidigen wollen, führt uns zu mehr Klarheit über Maß und Ziel von Deutschlands internationalem Engagement. 
  • Nicht weil wir die deutsche Nation sind, dürfen wir vertrauen, sondern weil wir diese deutsche Nation sind.
Ganz ohne ein wenig Begleitmusik von mir kommt der Gauck dann doch nicht davon. Die Arie vom „guten und besten Deutschland, das es gab“ schallert er schon seit Amtsantritt. Besonders amüsant ist es zu hören, daß er diese Lobpreisungen ausdrücklich nicht als Schönfärberei gedeutet haben will. Merkel und er wollen sich anscheinend gegenseitig in der Meisterschaft der Realitätsleugnung übertreffen.
 

 
Wenn sich „Freihandel auf Frieden und Warenaustausch auf Wohlstand“ reimt, dann reimt sich auch genau so gut Ausbeutung auf Menschenliebe und Unersättlichkeit auf Gesundheit. Ist Gauck schon so weit, daß er an seine eigenen Wahnvorstellungen glaubt?
 
Ein „Sicherheitsbegriff, der auf Werte basiert“ ist aber das Gegenteil dessen, was die internationale Terrorbekämpfung an Schäden anrichtet. Dabei entwickeln sich die beteiligten nationalen Terrorbekämpfer selbst zu Staatsterroristen der schlimmeren Art. Eine andere Seite der Sicherheit verharmlost Gauck durch die beiläufige Bemerkung „wenn Verbündete bei der elektronischen Gefahrenabwehr über das Ziel hinausschießen“. Das ist Gaucks einziger Beitrag zur Demokratie und Freiheit aushöhlenden sowie riesige ökonomische Kosten verursachenden internationalen Ausspionierung durch die USA und GB mit ihren zahlreichen Geheimdienstorganisationen. Sie haben eben mal so aus "Versehen" übers Ziel hinaus geschossen, was man guten Busenfreunden entschuldigen könne. Eine bösartigere Verniedlichung fiele mir nicht ein.
 
Verantwortung über alles in der Welt! Kann sich jemand an den Fall erinnern, daß ein Politiker einmal wirklich Reue gezeigt und Verantwortung für die angerichteten Milliardenschäden zur Lasten der Allgemeinheit oder nicht mehr gut zu machende Verbrechen an Mensch und Natur übernommen hat? Mehr will ich zum Gauckschen Verantwortungsgeschwätz nicht sagen. Ohne Widerrede darf auch nicht bleiben, daß unser oberster Freiheitsstratege den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr als „notwendig“ bezeichnete. Diese Verschwendung von Menschenleben und Milliarden an Steuergeldern, die nicht nur nichts gebracht hat, sondern das Land in einem größeren Chaos hinterlassen hat als vorher, kann auch nur ein Traumtänzer oder Ignorant als "gerechtfertigt" betrachten. Im Zweifelsfalle einer internationalen Bundeswehr-Beteiligung vorzuschlagen „weder aus Prinzip "nein" noch reflexhaft "ja" zu sagen“, ist eine reine Luft- und Lachnummer. Da kann man gleich das Orakel fragen oder die Bauernregel gelten lassen, die da heißt: „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt, wie es ist“.
 
Sehr vielsagend ist auch Gaucks Verständnis hinsichtlich der „Antastbarkeit von gewalttätigen Regimes“. Es ist zwar lobenswert, daß er deren Unantastbarkeit infrage stellt, allerdings sollte er sich dabei auch bewußt machen, mit welchen Diktatoren und Unrechtsregimes Deutschland und seine Verbündeten in der Vergangenheit bestens kooperiert haben und noch zusammenarbeiten – angefangen von Saudi-Arabien und anderer Nahostländer bis letztlich zu China oder Rußland. Selbst vor der heiligen Kuh "USA" darf man nicht zurückschrecken, wenn man wirklich strenge Kriterien bezüglich der Verwirklichung von Menschenrechten und demokratischer Freiheit anlegt.
 
Wenn ich ihn recht verstanden haben, so fordert Gauck durch die Blume mit den Formulierungen, daß „die Universitäten mehr aufbieten als eine Handvoll Lehrstühle für die Analyse deutscher Außenpolitik“ und dem Aufruf zu mehr „Sicherheitsforschung in Verbindung mit Abwehr von Angriffen“ die Einbeziehung deutscher Unis in die militärisch nutzbare Forschung. Es ist bereits Fakt, daß eine Anzahl deutscher Universitäten sich zur Etataufbesserung sich beim US-Militär verdungen haben. An diese gesunde Tradition lohnt es sich - laut Gauck - Anschluß zu halten.
 
Die Verteidigung unserer „Sicherheit und unserer Werte“ sollten wir uns nach Gaucks maßgeblicher Meinung etwas kosten lassen und auch etwas wert sein. Im Notfall kann man dann auch mal selbst die „Werte“ selbst opfern. Vertrauen steht ebenfalls beim Herrn Pastor hoch im Kurs. Sein Abschlußsatz der Eröffnungsrede „Nicht weil wir die deutsche Nation sind, dürfen wir vertrauen, sondern weil wir diese deutsche Nation sind.“ ist geradezu bahnbrechend und genial – ein philosophisches Meisterwerk. In der ehrlichen Praxis ist es aber die Vervollkommnung des Populismus. Die Stammtische werden sich freuen und applaudieren!
 
Nach den letzten Erklärungen und Offenbarungen von Ursula von der Leyen (siehe „Ursula von der Leyen – die Madonna für den Spind“), Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung und nun Gaucks Outing gewinnt man den Eindruck, daß Deutschland auf dem besten Weg ist, zum neuen Gelobten Land zu avancieren oder zumindest dem Schlaraffenland den Rang abzulaufen.
 
 
Demonstration gegen die SIKO in München. Foto: Heidrun Andre  /  2x Bildkollagen: Wilfried Kahrs / QPress.de
 
 
Mfg Peter A. Weber