Der Deutsche Terror: Ein brauner Haufen stinkt zum Himmel

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Ulrich Gellermann
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Verbunden: 22.03.2013 - 15:43
Der Deutsche Terror: Ein brauner Haufen stinkt zum Himmel
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Der Deutsche Terror

Ein brauner Haufen stinkt zum Himmel

Rundherum wächst nach den Anschlägen in Paris die Terror-Hysterie. Schon wird der Einsatz der Bundeswehr in Syrien erwogen. Angeblich, um Deutschland vor dem Terror zu schützen. Anderswo wächst Moos über den Terror. Gezählte 416 Anschläge auf Flüchtlinge gab es bis zum Oktober dieses Jahres allein in Deutschland. Brandanschläge, Schüsse, Molotowcocktails, Attentate aller Art.

Der Staat hat zwar ein Gewaltmonopol, übt es aber nur sehr selektiv aus. Trügen die Anschläge das Etikett "Islam", hätte der Polizeiapparat längst die Backen aufgeblasen, wäre die Bundeswehr im Gerede zum Schutz der Asylbewerber-Heime. Doch das einschlägig bekannte Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) befürchtet nur, „dass ein neuer organisierter Rechtsterrorismus entstehen könnte“. Befürchtet. Könnte. Zur Absage eines Fußballspieles in Hannover und seinen Hintergründen weiß Innenminister de Maizière zu sagen: "Ein Teil der Antworten würde die Bevölkerung verunsichern."

Rund um den rechten Terror, in den NSU-Anschlägen gebündelt, tragen bereits die Fragen das Grauen in sich. Jüngste Horror-Meldung: Akten der rassistischen Terror-Gruppe Ku-Klux-Klan (KKK) in Baden-Württemberg sucht der dortige Verfassungsschutz noch immer. Seit geraumer Zeit vom Landtag angefordert, sind sie bis heute nicht geliefert worden.

Seit man von der Terror-Organisation NSU weiß, gab und gibt es in der Bundesrepublik Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern. Zum Terror und seinen Verbindungslinien in das Amt, das die Verfassung schützen soll. Seit dem 26. Januar 2012 tagte der Bundestagsausschuss zur „Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund". Am 22. August 2013 legte der Bundestagsausschuss seinen Abschlussbericht vor. Dazu fiel dem Vize-Präsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte Rolf Gössner ein: "Die parlamentarischen Kontrolleure blickten in unglaubliche Abgründe einer organisierten Verantwortungslosigkeit der Sicherheitsorgane. Entsprechend vernichtend fällt nun parteiübergreifend das Urteil aus, obwohl der Abschlussbericht nach vorläufiger Einschätzung keineswegs alle wesentlichen Fragen nach den Hintergründen der Mordserie beantworten kann und sich mit dem Problem des institutionellen Rassismus, der tief im staatlichen Handeln verwurzelt ist, zu wenig auseinandersetzt." Kein vernünftiger Mensch glaubt, dass die Gruppe, die so niedlich "Terror Trio" genannt wird, allein gehandelt hat. Seit dem 6. Mai 2013 dauert der NSU-Prozess in München an. Das braune Netzwerk spielt dort kaum eine Rolle.

Es tagte schon der Thüringer Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ ohne erkennbare Konsequenzen. Nicht einmal jene zwei Männer sind bisher ermittelt, die eine thüringische Polizistin bedroht hatten, die vor dem Ausschuss aussagen wollte, und die ihr geraten hatten, sich „an bestimmte Dinge“ im Zusammenhang mit dem Heilbronner Polizistenmord an der aus Thüringen stammenden Michèle Kiesewetter nicht zu erinnern. Es tagte der Sächsische Ausschuss, dem zeitweilig ein NPD-Mitglied angehörte. Und er tagt immer noch, ohne brauchbares Ergebnis. Es tagte der Bayerische Ausschuss, der nach 31 – teils öffentlichen, teils geheimen – Sitzungen über ein Jahr hinweg einen Schlussbericht vorlegte, der in diesem Satz gipfelt: "Die Arbeit im Untersuchungsausschuss war aufgrund des Untersuchungsgegenstandes geprägt vom Umgang mit Angelegenheiten, die im staatlichen Interesse durch besondere Sicherheitsmaßnahmen vor Unbefugten geheim zu halten waren."

Es hat der nordrheinwestfälische Untersuchungsausschuss zu tagen begonnen, dessen ältester Fall vom 27. Juli 2000 ist: Zehn Menschen wurden bei einem Sprengstoffanschlag in Düsseldorf lebensgefährlich verletzt, eine im fünften Monat schwangere Frau verlor ihr ungeborenes Kind. Die Spuren sind so kalt wie toter Fisch, aber was da stinkt, ist offenkundig die über Jahre angezogene Untersuchungsbremse.

Volker-Bouffier-Kritisches-Netzwerk-Hessen-Vorratsdatenspeicherung-Onlineueberwachung-Massenueberwachung-SchnueffelstaatNach langen Verhinderungsbemühungen tagt seit dem 19. Februar 2015 sogar der hessische Untersuchungsausschuss, obwohl die schwarz-grüne Landesregierung ihn auf keinen Fall wollte. Im Parlament enthielten sich CDU, Grüne und FDP bei der Abstimmung, da der Ausschuss "nicht zielführend" sei. Die berühmte grüne Menschenrechtspartei verweigerte dem Antrag ihre Zustimmung. Obwohl oder gerade weil in seinem Mittelpunkt der zwielichtige Fall von Verdunkelung einer Verfassungsschutz-NSU-Connection durch den heutigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (Foto links) stehen müsste. Der einstige Innenminister Bouffier verhinderte damals, mit Nachwirkungen bis heute, die Vernehmung jenes verdächtigen Verfassungsschutz-Beamten, der am 6. April 2006 zumindest Zeuge beim Mord an Halit Yozgat in dessen Internetcafé gewesen sein muss. Unter rechtsstaatlichen Bedingungen nennt man das Strafvereitelung im Amt. Im grün-schwarzen Hessen macht man sich offenkundig primär Sorgen, zu welchem Ziel die immer noch nicht erfolgte Vernehmung des Ministerpräsidenten führen könnte.

Schließlich kam es endlich auch in einem GRÜN-geführten Land, in Baden-Württemberg, zu einem NSU-Ausschuss. Obwohl der koalitionäre Innenminister Reinhold Gall von der SPD den düsteren Fall der vom NSU ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter als "Zufallsopfer" einordnete. Ein Zufall, dass am 25. April 2007 auf zwei Bereitschaftspolizisten gezielt geschossen wurde. Ein Zufall, dass die 22-jährige Michèle Kiesewetter vom damaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, als persönliche Bekannte des Mörders Uwe Böhnhardt bezeichnet wurde und der Mord an ihr deshalb wohl eine “Beziehungstat" sei. Ein Zufall, dass zwei Kollegen ausgerechnet jener Polizei-Einheit, der Frau Kiesewetter angehörte, Mitglied des rassistischen Ku-Klux-Klans (KKK) waren. Und wie der Zufall so will, erzählt die Chefin des baden-württembergischen Verfassungsschutzes, Beate Bube, in diesen Tagen treuherzig, dass die fehlenden KKK-Akten vom Amt "nicht bewusst aussortiert" worden sind.

Der Verfassungsschutz war eine Nazi-Gründung in der jungen Bundesrepublik. Der braune Haufen wurde nie ausgemistet. Bis heute stinkt er zum Himmel. Dort werden immer noch jene V-Leute gepflegt, die dem rechten Terror Informationen, Struktur und Geld beschaffen. Wer den NSU-Prozess beobachtet, kann feststellen, was und wen diese Behörde schützt: Die Hintermänner des braunen Terrors.

Ulrich Gellermann, Berlin


► Quelle:  RATIONALGALERIE > Artikel vom 23.11.2015.



Bild- und Grafikquellen:

1. Der Verfassungsschutz war eine Nazi-Gründung in der jungen Bundesrepublik. Der braune Haufen wurde nie ausgemistet. Bis heute stinkt er zum Himmel. Dort werden immer noch jene V-Leute gepflegt, die dem rechten Terror Informationen, Struktur und Geld beschaffen. Wer den NSU-Prozess beobachtet, kann feststellen, was und wen diese Behörde schützt: Die Hintermänner des braunen Terrors.

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2. Volker Bouffier, seit August 2010 Ministerpräsident des Landes Hessen. Foto: Alexander Kurz. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.