Der Joschka-Stammtisch. Grüner Atlantiker versucht Geopolitik

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Ulrich Gellermann
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Verbunden: 22.03.2013 - 15:43
Der Joschka-Stammtisch. Grüner Atlantiker versucht Geopolitik
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Der Joschka-Stammtisch


Grüner Atlantiker versucht Geopolitik


Man kann sich auf Joschka Fischer verlassen: Wenn ein großes Thema vorbeikommt, nimmt er sein Fußbänkchen, stellt sich drauf und kräht. Diesmal wieder in der SÜDDEUTSCHEN, im atlantischen Zentral-Blatt für neue deutsche Herausforderungen in fremden Ländern. "Die Rückkehr der Geopolitik" ist Fischers Beitrag dort überschrieben und unterstellt, die Geopolitik wäre zeitweilig weg gewesen. In der besonderen grünen Logik war sie weg, weil Russland sich lange nicht mehr auf der geopolitischen Welt-Bühne gezeigt hatte. Aber jetzt, nach der "Annexion" der Krim, da sei sie einfach wieder zurück, folgert Joschka Fischer. Was mag das zum Beispiel damals, vor 14 Jahren in Afghanistan gewesen sein, als die USA mit kräftiger deutscher Unterstützung einen Krieg vom Zaun brach? Eine Friedensmission zur Sicherung der afghanischen Grenzen vor einem mongolischen Überfall?

Damals war Fischer Mitglied der deutschen Regierung, die ihren Kriegs-Fall schon im NATO-Luftkrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien geprobt hatte, und eine ähnliche grundgesetzwidrige Nummer nun auch in Afghanistan durchziehen wollte. – "Als Geopolitik" schreibt Wikipedia, "wird allgemein das raumbezogene, außenpolitische Agieren von Großmächten im Rahmen einer Geostrategie bezeichnet." Sollte Fischer meinen, weil die Großmacht Russland zeitweilig kaum sichtbar war, habe die andere Großmacht aus der bipolaren Welt einfach mal Urlaub vom Geopolitischen genommen?

Die Blutspur US-amerikanischer "Missionen" zieht sich vom Jugoslawien- über den Irak- und Libyen- bis hin zum Syrien-Krieg. Irgendwie hatten die US-Machtinteressen einfach keine Auszeit zugelassen. Vielleicht hat der Lobbyist Fischer seinem Gehirn einfach nur eine Wahrnehmungspause verordnet.

Aber pünktlich, als Russland auf dem Feld geopolitischer Interessen auftaucht, schaltet Fischer seinen Impressions-Apparat wieder ein und stellt eine russische Militärintervention in Syrien fest. Immer noch fallen bei ihm türkische, amerikanische oder französische Interventionen in Syrien augenscheinlich nicht unter Geopolitik. Dafür aber entdeckt er mit Russland "eine beständige Gefahr für die europäische Sicherheit." Haben die Russen, ohne dass wir alle das bemerkten, einen Regime-Change in zum Beispiel Finnland bewerkstelligt? Oder sollten sie heimlich eine NATO-Grenze überschritten haben? An solch geheimen Erkenntnissen mag uns der große Josef auf der kleinen Fußbank nicht teilhaben lassen. Statt dessen plädiert er für "eine starke transatlantische Rückversicherung" und "die Sicherung des NATO-Bündnisgebietes im Osten". Wann immer Gebiete aller Art "gesichert" werden sollen, muss der Sprach-Warndienst eingreifend übersetzen: Wer Gebiete "sichern" will, sendet Truppen, wie jüngst die NATO ihre "Speerspitze".

Manchmal gerät der einstige Ministrant Fischer ins Lateinische: "Mare Nostrum" nennt er das Mittelmeer als einen Teil des "europäischen Sicherheitskalkül". Großzügig ist bei ihm bereits die Europäische Union das ganze Europa. Dass an "unserem" Mittelmeer acht Nicht-NATO-Staaten siedeln, fällt unter die selbe imperiale Großzügigkeit, der sich schon die Römer befleißigten, von denen der Begriff "Mare Nostrum" stammt. Doch vielleicht sieht Fischer auch nur sieben mittelmeerige NATO-Länder, will doch der grüne Böll-Stiftung-Vorstand Ralf Fücks seit Jahr und Tag Israel in die NATO holen. Wenn Fischer dann noch für eine enge Bindung der aktuellen Türkei an die EU eintritt, sie gar "alternativlos" nennt, blättert die ganze grüne Menschenrechts-Tünche ab – da haben die Kurden eben Pech gehabt – und der imperiale Stammtisch erhebt sein dummes Geschwätz zum Credo.
 

Das "Grünen- Ehepaar” Ralf Fücks und Marieluise Beck sie sind laut Springers DIE WELT “Das grüne Bollwerk gegen die Russland-Versteher”!

 

Zwischendurch, wer weiß ob es in einer Atem- oder Denkpause ist, weist der Polit-Dirigent diesem und jenem Land mal eben die Plätze zu: "Russland wird sich mit der Rolle eines Juniorpartners Chinas abfinden müssen" weiß der Pipeline-Experte Fischer in der Konsequenz des chinesischen Seidenstraßen-Projekts. Dass der Traum einer Handels- und Verkehrsverbindung von Pazifik und Mittelmeer Zukunft verspricht, tröstet Fischer offenkundig über die geopolitische Gegenwart der BRICS-Staaten hinweg. Sie tauchen in seinem Große-Welt-Panorama erst gar nicht auf. Wollen doch die Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (eben BRICS) Geopolitik ohne Krieg entwickeln.

Wie langweilig für das ehemalige Mitglied der "Putztruppe", das sich im Frankfurt der 70er Jahre gesellschaftliche Veränderungen nur im Straßenkampf vorstellen konnte. Jemand, der Umgestaltung bis heute nur an der Spitze bewaffneter Truppen begreift, muss die Gründung der BRICS-Bank, der "New Development Bank" als Gegenmodell zum Internationalen Währungsfonds (IWF) ignorieren, wenn er von Geopolitik schreibt. Umfasst die doch nur ein Wirtschaftsgebiet von mehr als drei Milliarden Einwohnern, von rund 41 Prozent der gesamten Weltbevölkerung sowie 25 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes. Und hat bisher nicht mal einen ordentlichen Krieg begonnen.

Macht kommt von möchten, denken die Fischers auf den Bänken ihrer Stammkneipen rund um den Berliner Gendarmenmarkt. Und erinnern fatal an ihre Väter, die nach dem verlorenen deutschen Krieg ganz genau wussten, wie man die Schlacht bei Stalingrad beinahe gewonnen hätte: "Separatfrieden mit dem Ami, dann nix wie drauf auf den Russen. Herr Ober, noch ne Runde!"

Ulrich Gellermann, Berlin

Lesetipp: Acht Gründe für den Austritt Deutschlands aus der NATO - weiter

 

 



► Quelle:  RATIONALGALERIE > Artikel vom 12.11.2015



Bild- und Grafikquellen:

 

1. Joschka Fischer, Sept. 2014. Foto: Michael Thaidigsmann. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

2. AIR STRIKES - LUFTANGRIFFE: Die NATO hat bereits drei Angriffskriege geführt (Jugoslawien, Afghanistan, Libyen). Angriffskriege sind nicht nur Verletzungen des allgemeinen Völkerrechts und der UN-Charta, (siehe auch Volltext der Charta) sondern auch eigenständige kriminelle Straftatbestände gemäß internationalem Strafrecht. Angriffskrieg ist neben Völkermord das schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In dieser Hinsicht soll NATO als eine "kriminelle Vereinigung" bezeichnet werden. Reale Friedenspolitik, gemeinsam handeln - Raus aus der NATO!

Völkerrechtlich haben sich die USA zu einem Schurkenstaat entwickelt, der den Weltfrieden nicht nur bedroht sondern abermals in gröbster Weise durch Angriffskriege, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verletzt hat. Europäische Mitglieder der NATO können weder den US-Imperialismus zähmen noch aufgrund des NATO-Vertrages die USA aus der NATO ausschließen. Sie können auch nicht die Organisation gegen den Willen der USA auflösen.

Grafik: Flickr-user susu / susuzeck, Österreich. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).

3. Ralf Fücks (* 3. August 1951 in Edenkoben) ist ein deutscher Politiker (Die Grünen). Er war Bremer Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Bürgermeister und ist Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung. 1991 verfasste er die Schrift Sind die Grünen noch zu retten?. Dies kann man aus heutiger Sicht verneinen! Ein besonders unrühmliches Spiel in diesem üblen Treiben geht von dem “grünen Ehepaar” Ralf Fücks und Marieluise Beck aus. Sie sind laut Springers "DIE WELT" “Das grüne Bollwerk gegen die Russland Versteher”! (⇒ Quelle: Artikel auf WELT.de)

Foto: Stephan Röhl / Heinrich Böll Stiftung, Berlin. Quelle: Flickr / Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert.

4. Texttafel "HÄNDE WEG VON DER UKRAINE". Grafik: Wolfgang (WOB) Blaschka, München.

5. 2013 brachte der Think Tank des Außenministeriums, die "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP), zusammen mit dem "German Marshall Fund of the United States" (GMF), der eng an das US-Außenministerium angebunden ist, eine gemeinsame Studie heraus: "Neue Macht – Neue Verantwortung. Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik im Umbruch". Diese ist als PdF unten angehängt!

In der Studie, die in allen Punkten vom "Munich Security Report" (siehe PdF-Anhang) der sog. "Münchner Sicherheitskonferenz 2015" bekräftigt wurde, wird gesagt, dass die Weltordnung sich „im Umbruch“ befinde, wodurch neue Sicherheitsrisiken entstünden. Die USA seien „im Bewusstsein reduzierter eigener Ressourcen nur noch bedingt gewillt, die internationale Ordnung als globaler Hegemon zu garantieren“. Deutschland wachse damit „eine neue Verantwortung“ zu. Seine bisherige politische Rolle entspreche nicht seiner wirtschaftlichen Bedeutung. Deutschland müsse jetzt als bestimmende Macht in Europa eine globale Führungsrolle einnehmen.