Die Furcht vor der Freiheit
Autor: Erich Fromm
Verlag: DVADeutsche Verlagsanstalt (1983)
ISBN: 3-421-06144-0
oder als Taschenbuch
Verlag: dtv - Deutscher Taschenbuch Verlag (16. Auflage Oktober 2011)
ISBN-10: 3-423-35024-5 …/… ISBN-13: 978-3-423-35024-2
240 Seiten, Preis: 8,90 €
Die Furcht vor der Freiheit erschien als Original unter dem Titel „Escape from Freedom“ (1941)
► Inhalt:
Vorwort 9
1 Freiheit - ein psychologisches Problem? 11
2 Das Auftauchen des Individuums und das Doppelgesicht der Freiheit 28
3 Freiheit im Zeitalter der Reformation 42
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a)Mittelalterlicher Hintergrund und Renaissance 42
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b) Das Zeitalter der Reformation 61
4 Die beiden Aspekte der Freiheit für den modernen Menschen 94
5 Fluchtmechanismen 121
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a) Flucht ins Autoritäre 125
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b) Flucht ins Destruktive 157
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c) Flucht ins Konformistische 162
6 Die Psychologie des Nazismus 180
7 Freiheit und Demokratie 206
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a) Die Illusion der Individualität 206
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b) Freiheit und Spontaneität 220
Anhang: Charakter und Gesellschaftsprozeß 237
Literaturverzeichnis 256
Register 261
► Vorwort:
"Dieses Buch ist Teil einer umfassenden Untersuchung, welche die Charakterstruktur des modernen Menschen und die Probleme der Wechselwirkung zwischen psychologischen undsoziologischen Faktoren behandelt, mit der ich mich seit mehreren Jahren beschäftige und die noch lange nicht abgeschlossen ist.
Die gegenwärtigen politischen Entwicklungen und dieGefahren, die sie für die größte Leistung der modernen Kultur– für die Individualität und Einmaligkeit des Menschen – mit sich bringen, haben mich jedoch bewogen, meine Arbeit aneiner umfassenderen Untersuchung zu unterbrechen und mich auf einen bestimmten Aspekt zu konzentrieren, der mir für die kulturelle und gesellschaftliche Krise unserer Tage besonders wichtig ist: die Bedeutung der Freiheit für den modernen Menschen.
Es würde mir die Arbeit erleichtern, könnte ich in diesem Buch den Leser auf eine abgeschlossene Untersuchung der menschlichen Charakterstruktur hinweisen, weil man die Bedeutung der Freiheit nur wirklich verstehen kann, wenn man die gesamte Charakterstruktur des modernen Menschen analysiert. So muß ich mich immer wieder auf bestimmte Begriffe und Schlußfolgerungen beziehen, ohne sie so ausführlicher läutern zu können, wie ich es getan hätte, wäre die ganze Weite des Problems bereits erfaßt. Was andere, ebenfalls höchst wichtige Probleme betrifft, so konnte ich oft nur imVorübergehen und manchmal überhaupt nicht auf sie eingehen. Aber ich habe das Gefühl, daß der Psychologe unverzüglichzum Verständnis der gegenwärtigen Krise alles beisteuern sollte, was er zu bieten hat, selbst unter Aufgabe seines Wunsches nach Vollständigkeit.
Wenn ich die Bedeutung psychologischer Erwägungen beimgegenwärtigen Stand der Dinge hervorhebe, so möchte ich damit die Psychologie nicht überbewerten. Die reale Grundlage des gesellschaftlichen Prozesses ist das Individuum, seine Wünsche und Ängste, seine Leidenschaften und seine Vernunft, seine Neigung zum Guten und zum Bösen.
Um die Dynamik des gesellschaftlichen Prozesses zu verstehen, müssen wir die Dynamik der psychologischen Prozesse begreifen, die sich im Individuum abspielen, genauso wie wir den einzelnen im Kontext der ihn formenden Kultur sehen müssen, wenn wir ihn verstehen wollen.
Die These dieses Buches lautet, daß der moderne Mensch, nachdem er sich von den Fesseln der vorindividualistischen Gesellschaft befreite, die ihm gleichzeitig Sicherheit gab und ihm Grenzen setzte, sich noch nicht die Freiheit – verstanden als positive Verwirklichung seines individuellen Selbst – errungen hat; das heißt, daß er noch nicht gelernt hat, seine intellektuellen, emotionalen und sinnlichen Möglichkeiten voll zum Ausdruck zu bringen. Die Freiheit hat ihm zwar Unabhängigkeit und Rationalität ermöglicht, aber sie hat ihn isoliert und dabei ängstlich und ohnmächtig gemacht. Diese Isolierung kann der Mensch nicht ertragen, und er sieht sich daher vor die Alternative gestellt, entweder der Last seiner Freiheit zu entfliehen und sich aufs neue in Abhängigkeit und Unterwerfung zu begeben oder voranzuschreiten zur vollen Verwirklichung jener positiven Freiheit, die sich auf die Einzigartigkeit und Individualität des Menschen gründet.
Wenngleich dieses Buch eher eine Diagnose als eine Prognose – eher eine Analyse als eine Lösung – bietet, kommt es doch zu Ergebnissen, die unser Handeln beeinflussen könnten, denn nur wenn wir die Gründe für die totalitäre Flucht vor der Freiheit erkennen, können wir uns so verhalten, daß wir die totalitären Kräfte besiegen.
Ich muß mir leider das Vergnügen versagen, allen meinen Freunden, Kollegen und Studenten zu danken, die mir durch Anregungen und konstruktive Kritik bei der Entwicklungmeiner Ideen behilflich waren. Ich habe den Leser jeweils auf die Autoren hingewiesen, denen ich mich besonders verpflichtet fühle. Besonders möchte ich mich jedoch bei denen bedanken, die bei der Fertigstellung dieses Buches unmittelbar mitgeholfen haben. Das gilt vor allem für Elizabeth Brown, die mir durch ihre Vorschläge und ihre Kritik eine unschätzbare Hilfe war. Außerdem bedanke ich mich besonders bei T. Woodhouse für seine Arbeiten am Manuskript und bei Dr. A. Seidemannfür seine Beratung bei philosophischen Problemen". (E.F.)
► Textauszüge: hier bitte weiterlesen
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