Die Jackenwechsler

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Die Jackenwechsler
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Die Jackenwechsler

Chaqueteros

Von Gerhard Mersmann | Forum-M7.com

Vorbemerkung von Helmut Schnug: "chaquetero" spanisch für Wendehals, Opportunist, also jemand der sein Fähnchen nach dem Wind dreht. Ein "Jackenmann" ist jemand, der gerne seine Meinung ändert oder die politische Partei wechselt, wenn er/sie denkt, dass es eine Chance ist, schneller voran zu kommen und um kurzfristig die angestrebten Ziele oder Vorteile zu erreichen. Dabei werden auch gerne mal die bisherige Haltung und Überzeugung rückgradlos, chamäleonartig und unberechenbar sogar ins Gegenteil verkehrt - ein “Jenachdemer / Jenachdemerin”.

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Was er/sie heute sagt, muss morgen keine Gültigkeit mehr haben. Eben je nachdem. Wie der Wind sich dreht. Wo der Vorteil liegt. Was halt gerade opportun und woke ist. Opportunismus ist zum Kotzen, aber er ist kein Monopol der Politiker obgleich er bei ihnen überwiegend zur Grundausstattung gehört. [H.S.]

Dass Menschen ihre Meinung ändern, dass sie etwas von einer anderen Position aus betrachten und sich aufgrund dessen neu orientieren, sollte zur Normalität des Lebens gehören. Und wenn das so ist, dann ist es auch legitim und vernünftig, sich für die geänderte Sicht neue Bündnispartner zu suchen. Was sollte daran frevelhaft sein?

Wenn dieses Schicksal Politikern widerfährt, ist es nicht so einfach. Natürlich haben Politiker wie jedermann sonst auch das Recht, sich grundlegend anders zu positionieren. Das Leben ist keine statische Veranstaltung. Und dass dies ausschließlich aufgrund einer Absage an die eigene und die Suche nach einer anderen Partei so schlecht beleumundet ist, zeugt nicht von einem demokratischen Verständnis.

Wenn jetzt, zum Beispiel, Menschen nicht mehr mit den Vorstellungen einverstanden sind, die das Gros der Parteien zum Ukrainekrieg an den Tag legen, bei der Frage von Krieg und Frieden, sollte es doch möglich sein, einen solchen Schritt zu gehen. Dass davon bis heute nur wenige Gebrauch machen, sollte auf keinen Fall als uneingeschränkte Zustimmung aufgefasst werden.

Heikel wird es für Parteien, wenn sie durch den Wechsel Mandate verlieren, die, aus ihrer Sicht, wegen der von der Partei vertretenen Positionen erlangt worden sind, und nicht exklusiv durch die zur Wahl stehende Person. Aber wer will das messen oder beurteilen? Die Gesetzeslage ist hingegen klar und unmissverständlich: gewählte Abgeordnete [1] sind exklusiv ihrem Gewissen verantwortlich. Ein durch die Partei bestimmtes imperatives Mandat existiert nicht.

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Vor vielen Jahren hatte ich einen regen Austausch mit einer Spanierin und einem Chilenen. Wir diskutierten sehr oft und viel über Politik und hatten dabei Gelegenheit, eine Menge voneinander zu lernen. Die Spanierin hatte den 'Franco-Faschismus' noch erlebt und der Chilene war durch die Folterkeller des Generals und von 1973 bis 1990 Diktator Augusto Pinochets gegangen und schließlich in einer Odyssee über Argentinien hier in Deutschland gelandet. Zu dieser Zeit gab es übrigens auch eine Diskussion darüber, ob man politische Flüchtlinge, die einem nicht schmeckten, nicht an ihre Heimatländer ausliefern könne. Der Wortführer dieser Position versuchte sich später sogar als Kanzlerkandidat.

Es war keine Überraschung, dass wir uns nicht nur über politische Systeme, über Diktatur und Demokratie, über Asyl und Exil und über die Frage der Gewalt unterhielten. Schließlich hatte der Franco-Faschismus sein endgültiges Ende nicht exklusiv durch das Bekenntnis des Königs zur Demokratie gefunden, sondern das erfolgreiche Attentat der separatistischen baskisch-nationalistischen Untergrundorganisation 'Euskadi ta Askatasuna', kurz ETA, auf den designierten Franco-Nachfolger, den General Carrero Blanco, gefunden. Dass man selbiges nicht in den Geschichtsbüchern findet, steht auf einem anderen Blatt.

Was meine beiden Freunde jedoch gleichsam verabscheuten, war ein Politiker-Typus, der nicht aufgrund innerer Konflikte die Partei wechselte, sondern um sich persönliche Vorteile zu verschaffen. Und im Spanischen gab es dafür einen wunderbaren Begriff. Sie sprachen in diesem Zusammenhang immer von den Chaqueteros, den Jackenmännern.

Sie trugen diesen Namen, weil sie, je nach persönlichem und momentanem Vorteil, die Partei wechselten wie das Jacket. Argwöhnisch beobachteten sie die Entwicklung in der noch jungen spanischen Demokratie und sie waren fest davon überzeugt, dass dieser Politiker-Typus eine ebensolche Gefahr für das politische System darstellte wie Figuren wie der damalige Oberstleutnant Antonio Tejero, der in Madrid ins Parlament vorgedrungen war und in die Kronleuchter geschossen hatte.

Wenn ich mir die damaligen Diskussionen ins Gedächtnis rufe, dann sehe ich den einen oder anderen Chaquetero, oder auch Chaquetera [w], die allerlei Gründe für ihren Wechsel anführen. Von einem Gewissen, das die Entscheidung verursacht habe, ist da allerdings nie die Rede.

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Nachbemerkung von H.S.: »[..] gewählte Abgeordnete sind exklusiv ihrem Gewissen verantwortlich.[..]« ? 299 Abgeordnete des Deutschen Bundestages werden direkt in ihrem Bundestagswahlkreis gewählt (Direktmandate). Die Mehrzahl der Abgeordneten haben also KEIN Direktmandat, wie im Artikel 38 GG, Satz 1 (Stichwort: unmittelbar) gefordert, sondern ziehen über Listen in das Parlament ein (Listenkandidat). Somit ist der BT ein unkonstitutionelles Organ. Kümmert aber anscheinend niemanden. Hauptsache, die Illusion stimmt, gell? Ebenso: »Ein durch die Partei bestimmtes imperatives Mandat existiert nicht.« Die Praxis sieht anders aus, Stichwort 'Partei- bzw. Fraktionsdisziplin'. Wer dagegen 'verstößt' wird kaum noch einmal auf einem guten Listenplatz landen. So funktioniert palamentarische Demokratie Demokratur! [H.S.]

Gerhard Mersmann
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Gerhard Mersmann, Dr. phil., (Jahrgang 1956), gebürtiger Westfale, ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen.

Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Publizistische Aktivitäten durchziehen seine gesamte Biographie. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse sind auf seinem persönlichen Blog M7 regelmäßig nachzulesen. >> https://form-7.com/ .


► Quelle: Dieser Beitrag wurde am 18. Juli 2024 erstveröffentlicht auf https://form-7.com/ >> Artikel. Eigentümer, Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich ist Gerhard Mersmann.

ACHTUNG: Die Bilder, Grafiken, Illustrationen und Karikaturen sind nicht Bestandteil der Originalveröffentlichung und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten folgende Kriterien oder Lizenzen, siehe weiter unten. Grünfärbung von Zitaten im Artikel und einige zusätzliche Verlinkungen wurden ebenfalls von H.S. als Anreicherung gesetzt, ebenso die Komposition der Haupt- und Unterüberschrift(en) geändert.

► Bild- und Grafikquellen:

1.  Symbolbild: Politikertypus Jackenmann / Jackenwechsler / Jenachdemer / Chaquetero. Politischer Opportunismus ist zum Kotzen, aber er ist kein Monopol der Politiker. Der Opportunismus stellt die Zweckmäßigkeit über die Grundsatztreue. Politischer Opportunismus nimmt unter Umständen langfristige Nachteile in Kauf, um kurzfristig Zustimmung zu erzielen und bedeutet oftmals das Aufgeben der eigenen Meinung – teilweise oder ganz – zum Vorteil einer anderen Meinung, welcher man größere Chancen auf allgemeine Zustimmung einräumt.

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2. #NichtMeinKanzler Olaf Scholz einmal mehr unerträglich! Olaf Scholz (*14. Juni 1958 in Osnabrück) ist seit 1975 Mitglied der SPD. Der gefallene Sozialdemokrat: Seine kalkulierte Kampfansage und Eskalation der Kriegsrhetorik. Olaf: Der Mann mit den zwei Gesichtern!

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3. ALLES IST VÖGLICH. Wenn JA, dann NEIN. Sonst lieber NICHT! Bevor sie es ausgesprochen hat, ergab es sogar noch einen Sinn. - Annalena Baerbock während der "Ordentlichen Landesdelegiertenkonferenz" von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW, 14./15. Juni 2019, Stadthalle Neuss. Foto OHNE Textinlet: Bündnis 90/Die Grünen NRW. Quelle: Flickr. Die Datei ist mit der CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0) lizenziert. Der Text wurde von Helmut Schnug nachträglich in das Foto eingearbeitet. Die Originallizenz bleibt natürlich auch weiter bestehen.