"Die Linke" taumelt wehrlos ihrer Bedeutungslosigkeit entgegen

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Franz Witsch
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Verbunden: 18.07.2013 - 17:22
"Die Linke" taumelt wehrlos ihrer Bedeutungslosigkeit entgegen
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Theorielosigkeit linker Aktivisten

"Die Linke" taumelt vollkommen wehrlos ihrer Bedeutungslosigkeit entgegen

Liebe FreundeInnen des politischen Engagements,

Linkspartei_Die_Linke_schafft_sich_ab_Gregor_Gysi_Dietmar_Bartsch_Sarah_Wagenknecht_Katja_Kipping_Kritisches_Netzwerk_Vertrauensverlust_Arbeiterverraeter_Lafontaine_Bernd_RiexingerGott sei Dank vorbei; ich habe gestern, nach Schließung der Wahllokale, bewusst nicht vor dem Fernseher gesessen, weil ich dieses Gequatsche der Parteien, Linke eingeschlossen, einfach nicht ertrage. Es war klar, das Die Linke, von der SPD erwartet man es gar nicht anders, mächtig an Präsenz in den Parlamenten einbüßen würde. Das allein wäre nicht schlimm, vielleicht sogar ehrenhaft, wenn es nicht so traurig wäre.

Doch was ist so traurig. Traurig ist, dass "Die Linke" vollkommen wehrlos ihrer Bedeutungslosigkeit entgegen taumelt, obwohl sie in Parlamenten, zumal mit immer wieder den gleichen Namen wie z.B. Gysi, Wagenknecht und Lafontaine in der Öffentlichkeit vertreten sind, also gehört werden. Ja vielleicht ist dies gerade der Grund. Denn selbst der Bürger spürt es, ohne es zu begreifen: Die Linke unterscheiden sich von den anderen Parteien nur dem Augenschein nach - nur dass sie noch unerträglicher jammern, sich noch mehr - ohne Sinn und Verstand - empören.

Das allein wäre wiederum nicht schlimm, wenn es über die Empörung hinaus bei den Linken nicht so theorielos zugehen würde. Sagen wir mal so: ihre Theorie ist substanzlos, egal wohin man schaut. Darin unterscheidet sie sich nicht von der AfD, nur dass die AfD sagt, was sie anders machen will: Flüchtlinge nicht mehr ins Land lassen. Das findet der Bürger gut. Und die AfD will sie notfalls mit (Waffen-)Gewalt nicht ins Land lassen. Frauke Petry beruft sich auf die völlig absurde Annahme, daß eine solch menschenverachtende Vorgehensweise bereits durch ein Gesetz legitimiert sei. Bitte dazu den von Annett Meiritz bei SPIEGEL-ONLINE veröffentlichten Artikel vom 01.02.2016 lesen. "Schusswaffen-Vorschlag der AfD: Bar jeder Vernunft, wider geltendes Recht" und weiter . . 

"Ja, Polizisten dürfen bei akuter Gefahr Waffen an Deutschlands Grenzen einsetzen. Nein, Schüsse auf Flüchtlinge erlauben unsere Gesetze nicht. Der Überblick über die Rechtslage.

Petry hatte in einem Interview auf die Frage, wie ein Grenzpolizist einen illegalen Grenzübertritt von Flüchtlingen verhindern kann, geantwortet: "Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz."

So steht es im Gesetz - die AfD-Chefin als Hüterin des Rechts? Als eine, die den Anschein erweckt, einfach nur gültige Paragrafen zu zitieren?

Tatsächlich benutzt Petry eine vermeintliche Gesetzesgrundlage auf perfide Weise, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Petrys Gedankenspiel ist nicht nur moralisch verwerflich - es entbehrt auch jeder rechtlichen Grundlage. Der Überblick. "
(⇒ Quelle: SPIEGEL ONLINE)

Genau das entspricht der Mentalität des Bürgers. Sie wird in dem Moment zu einer Mentalität der Gewalt, wo es drauf ankommt: wenn sich die Konflikte zuspitzen, wenn es etwas zu verteilen gibt und der "Fremde" dabei zu gut wegkommt. Dann hört der Spaß auf. Dann zeigt sich, wessen Geistes Kind der Bürger ist, dass er nämlich grundlegend gewalttätig tickt.

Tickt Die Linke anders? Ich denke nicht. Dort, wo sie an der Regierung ist, hat sie sich mit Hartz4 angefreundet, so wie Kretschmann mit Stuttgart 21, Seehofer, Merkel und Keynes (oder das, was von Keynes übrig geblieben ist).

Kurz: irgendwann sondern auch Linke - wenn es für sie, v.a. Posten, zu verteilen und zu halten gibt - nur noch das Unvermeidliche ab. Weil ihre Praxis sich der herrschenden Ideologie der Kapitalverwertung verpflichtet fühlt. So handeln Linke seit über 100 Jahren und scheitern damit immer wieder. Und sie lernen nichts dazu. Einfach weil sie machtgeil sind.

So deutlich möchte man es allerdings in den Interpretationen zu den Wahlergebnissen lieber nicht sagen. Schließlich möchten man seinen Genossen nicht in den Rücken fallen. Und die, die es "zu deutlich" sagen, werden diskriminiert oder ausgegrenzt:

Seit WASG-Tagen (2005) spreche ich von der Theorielosigkeit linker Aktivisten; kritisierte unter diesem Aspekt ein Zusammengehen von WASG und PDS (ehemals SED) zur Partei Die Linke. Man reagierte gar nicht. Schlimmer: Oskar Lafontaine und Herbert Schui (damals wirtschaftspolitischer Sprecher der WASG/PDS im BUndestag) wollten aus dem Bürgerverteiler raus, um nicht zu sagen: sie wollen von Kritik nichts wissen. Sie finden sich ganz offensichtlich kritisch genug.

Heute gibt man sich generös: Sahra Wagenknecht und Bernd Riexinger sind noch drin im Verteiler. Freilich ohne die geringste Resonanz, es sei denn mit dummen Sprüchen. Riexinger sinngemäß: Es gebe in der Partei "Die Linke" durchaus einen anti-kapitalistischen Kampf; ich würde pauschalisieren.

Er müsste auf meiner Webseite www.film-und-politik.de vielleicht ein wenig mehr recherchieren. Er würde dann vielleicht gewahren, dass Allgemeinaussagen Ziel wissenschaftlicher Analyse sind, d.h. durchaus begründet sein können, und wo sie es sind, die Wirklichkeit dennoch nicht im Sinne von 1:1 abbilden.

Es geht um Wahrscheinlichkeit sowie um Entwicklungen, Tendenzen, Befürchtungen. Nicht um absolute Wahrheiten. Dass ich mich nicht zuletzt für die Linke um mehr Theorie bemühte und immer noch bemühe, bedeutet nicht dass es sie gibt, aber auch nicht unbedingt, dass es sie ganz und gar nicht gibt.

Lieber Herr Riexinger: Man muss in Aussagen (nach dem "Prinzip der Nachsicht", wie Wolfgang Detel in seiner Hermeneutik [siehe "„Geist und Verstehen: Historische Grundlagen einer modernen Hermeneutik, Bd. 1, ISBN 978-3-465-03711-8.] sagt) . . schon ein wenig hineinhören, was zwischen den Zeilen steht. Das ist das Einmaleins sozialer Theoriebildung. Das muss er als Parteivorsitzernder ganz offensichtlich nicht wissen. In dieser seiner Position als Parteivorsitzender geht es schließlich um mehr.

Ein weiteres Beispiel: "Zu meinen, dass Kriminalität und Terror mit den Flüchtlingsströmen steigen oder dass Flüchtlinge, Terror und Kriege zusammen gehören, bedeutet daher auch keineswegs, Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen." (⇒ bitte dazu meinen Vortrag lesen: "Erzeugt der Kapitalismus das Flüchtlingsproblem" - Vortrag auf der Jahrestagung der NGfP (Neue Gesellschaft für Psychologie) in Berlin - März 2016, S. 3 Text als  im Anhang dieses Artikels)

Und es bedeutet keineswegs, Flüchtlingen kein Asyl zu gewähren! Im Gegenteil: "Wir müssen sie alle retten [auch wenn sie straffällig werden, Hinzuf.], wohl wissend, dass es unter den herrschenden Strukturen sehr wahrscheinlich nicht menschenwürdig möglich ist." (ebd.)

Das schließt aber ein: wir brauchen eine Theorie, die sich mit den sozial-ökonomischen Strukturen, dem Kapitalismus, beschäftigt, um eine eine Alternative zur kapitalistischen Produktionsweise zu entwickeln. Um eine solche Theorie bemühen sich die Linken seit über 100 Jahren immer weniger. Heute geben sie sich durchweg mit Keynes zufrieden, obwohl der nun wirklich nicht mehr das Gelbe vom Ei ist. (aaO, S. 6, 7ff)
 

Sich um eine Theorie von Substanz zu bemühen braucht Zeit. Gute Wahlergebnisse sind dabei nicht zu erwarten. Langfristig über die Jahre vielleicht schon. Sicher ist nur: ohne Theorie läuft heute schon mittelfristig gar nichts mehr. Darüber muss man sich nicht beschweren, schon gar nicht bei den AfD-Wählern. Die wählen erst aus Verzweifelung und dann aus Überzeugung, weil sie es nicht besser wissen - der Linken sei Dank.

Herzliche Grüße

Franz Witsch
www.film-und-politik.de



 Jedenfalls habe ich um dieses und andere Probleme herum einiges in meinen Büchern geschrieben, welche hier im Kritischen Netzwerk bereits ausführlich vorgestellt wurden und über mich bezogen werden können - weiter. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung:

Die Politisierung des Bürgers, 1.Teil: Zum Begriff der Teilhabe

'Die Politisierung des Bürgers' ist bemüht, dem Paradoxon einer Entpolitisierung bei um sich greifender Armut auf die Spur zu kommen, indem sie einmal mehr das Subjekt, resp. den einzelnen Bürger ins Zentrum des Interesses rückt, ohne ihn - wie traditionell üblich - auf einen Sockel zu heben. Dort ist er nicht als ein der Analyse zugänglicher sozialer Sachverhalt begreifbar. An einer zureichenden Analyse ist die herrschende Politik freilich nicht interessiert, gedeiht diese doch als Geschäft am besten auf dem Rücken eines entpolitisierten Bürgers.

Verlag: Books On Demand (Februar 2015, überarbeitete Neuauflage) - ISBN 978-3-8370-4369-3

Die Politisierung des Bürgers, 2.Teil: Mehrwert und Moral

Der zweite Teil führt den ersten weiter im Bemühen, das Verhältnis von Moral und Ökonomie zu entziffern - zumal im Kontext einer Theorie der Gefühle, ist jenes Verhältnis doch hochgradig emotional besetzt. Indes liegt es im Kapitalismus im Mehrwertzwang verborgen; dieser treibt das Subjekt in die Atomisierung, der es mit Gefühlen auf Gegenstände der Verheißung zu entrinnen sucht. Dieser einer Analyse zugängliche Sachverhalt findet in der veröffentlichten Meinung wie in der Sozialtheorie keine zureichende Würdigung. Sie wäre aber die wesentliche Voraussetzung einer wirksamen antikapitalistischen Politik, die auf die Abschaffung des Kapitalismus zielen muss und nicht, wie von Keynesianern und der PDL betrieben, auf seine Fortführung im veränderten Gewand; was die Zerstörung überlebenswichtiger sozialer wie ökonomischer Strukturen zusätzlich beschleunigt.

Verlag: Books On Demand (Mai 2017, zweite korrigierte Auflage) - ISBN-13: 978-3-8482-5273-2

Die Politisierung des Bürgers, 3.Teil: Vom Gefühl zur Moral

Die beschleunigte Zerstörung ökonomischer wie sozialer Strukturen liegt, wie im zweiten Teil untersucht, in der wachsenden Unfähigkeit des Subjekts, Mehrwert zu erzeugen, begründet, die wiederum seine emotionalen und moralischen Fähigkeiten begrenzt. Der dritte Teil bemüht sich um die Folgen: die emotional-moralischen Modalitäten der Zerstörung. In diesen ist das Subjekt gehalten, Zerstörungen aktiv zu begleiten, mehr noch, zu exekutieren in Anlehnung eines sozialen Sachverhalts, den Hannah Arendt die Banalität des Bösen genannt hat: Das Subjekt fühlt sich unbeteiligt, gar unschuldig, zurecht, denn es gibt einen Weg vom Gefühl zur Moral, den zu beschreiten das Gefühl nicht umhinkommt. Allerdings ist die moralische Verantwortung des Subjekts in dem Maße rekonstruierbar wie es im Kontext seiner (Re-)Sozialisierung gelingt, die Moral der heutigen Gesellschaft im Innenleben als krank freizulegen.

Verlag: Books On Demand (Mai 2017, zweite korrigierte Auflage) - ISBN-13: 978-3-8482-5231-2

Die Politisierung des Bürgers, 4.Teil: Theorie der Gefühle

Nachdem es im dritten Teil um die emotional-moralischen Modalitäten der Zerstörung sozialer Strukturen sowie um die psychosozialen Bedingungen einer Rekonstruktion der moralischen Verantwortung des Subjekts ging, ist der vierte Teil bemüht zu zeigen, dass und auf welche Weise Gefühle eine tragende Rolle im Hinblick auf eine sozialverträgliche Ausbildung sozialer wie ökonomischer Strukturen spielen; sie spielen genau dann eine tragende Rolle, wenn es dem Subjekt (1.) gelingt, Gefühle als Ressourcen der Verständigung zu begreifen, wenn (2.) die Externalisierung des Gefühls nicht nachhaltig scheitert: der externe Objektbezug des Gefühls gewahrt bleibt, wenn (3.) negative Gefühle nicht ausgegrenzt werden aus Verständigungsbemühungen, und wenn (4.) - bezugnehmend auf den zweiten Teil - die Mehrwertfähigkeit des Subjekts nicht mehr als das entscheidende Kriterium seiner sozialen Existenz gilt.

Verlag: Books On Demand (August 2015, zweite korrigierte Auflage) - ISBN-13: 978-3-7322-4461-4

     


Bild- und Grafikquellen:

1. DIE LINKE SCHAFFT SICH AB! - "Die Linke" taumelt vollkommen wehrlos ihrer Bedeutungslosigkeit entgegen. Bildidee: KN-Admin Helmut Schnug, techn. Umsetzung: Wilfried Kahrs / QPress.de

2. Engstirnigkeit - Ignoranz - Verblendung: Bildung verkommt zur Un-Bildung. "Die Mentalität vieler Bürger wird in dem Moment zu einer Mentalität der Gewalt, wo es drauf ankommt: wenn sich die Konflikte zuspitzen, wenn es etwas zu verteilen gibt und der "Fremde" dabei zu gut wegkommt. Dann hört der Spaß auf. Dann zeigt sich, wessen Geistes Kind der Bürger ist, dass er nämlich grundlegend gewalttätig tickt." (Zitat Franz Witsch, HH)

An dieser Stelle zwei Aussagen des britischen Philosophen, Mathematiker, Analyst und Friedensaktivist Bertrand Russell (* 18. Mai 1872 bei Trellech, Monmouthshire, Wales; † 2. Februar 1970 in Penrhyndeudraeth, Gwynedd, Wales): "Die Tatsache, dass eine Meinung weit verbreitet ist, belegt keinesfalls, dass sie nicht völlig absurd wäre." und "Manche Menschen würden eher sterben als nachzudenken. Und sie tun es auch". Quelle / Foto: new product visions .

3. Max Frisch Zitat: "Die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Die glaubt niemand!" Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de

4. DIE LINKE SCHAFFT SICH AB! - "Die Linke" taumelt vollkommen wehrlos ihrer Bedeutungslosigkeit entgegen. Bildidee: KN-Admin Helmut Schnug, techn. Umsetzung: Wilfried Kahrs / QPress.de

5. - 8. Buchcover Band I - IV: "Die Politisierung des Bürgers - Beiträge zur Wahrnehmung und Produktion sozialer Strukturen"; Autor: Franz Witsch, Hamburg