Donbass vor neuem offenen Krieg?

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Donbass vor neuem offenen Krieg?
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Donbass vor neuem offenen Krieg?

von Roland Bathon

Inden letzten Tagen gab es trotz des formalen Waffenstillstands umfangreiche Kampfhandlungen im Donbass. Die Onlinezeitung Tajmer spricht von mindestens vier toten Zivilisten. Die Gefahr wird immer größer, dass eine Seite die Nerven verliert, offensiv und umfassend vorstößt und die Phase relativer Ruhe entgültig beendet.

Beschuss von Donezk und Gorlowka

Durch zahlreiche Filmaufnahmen belegt ist ein erneuter, lange anhaltender Beschuss von Donezk und dem Vorort Gorlowka durch Regierungstruppen. 20 Häuser sollen dabei beschädigt worden sein, darunter ein Krankenhaus. Von zwei Toten und sechs Verletzten ist hier die Rede, wobei diese Zahlen ausdrücklich nicht entgültig sind, da die Kampfhandlungen andauern und noch nicht alle Verluste erfasst sind. Daneben gibt es Todesopfer in kleinen, auswärtig gelegenen Ortschaften, die ebenfalls unter Beschuss stehen. Auch Makejewka steht unter Beschuss, wovon es hier aktuelle Fotos gibt.

 


Schwere Waffen fehlen in den Rückzugsräumen

Auch die OSZE bestätigt diese Beschuss „aus westlicher Richtung“, wo gerade eben die Regierungseinheiten liegen. Hierbei ist zu bemerken, dass die OSZE grundsätzlich nicht den Schützen benennt, sondern nur die Schussrichtung. In den Bereitstellungsräumen, in die gemäß einer früheren Vereinbarung die schweren Waffen abgezogen werden sollten, fehlen laut den Beobachtern auch sowohl bei den Regierungstruppen als auch bei den Rebellen Materialien, die sich anderswo aufhalten, wobei die festgestellten Fehlmengen bei den Regierungstruppen höher sind.

Auch Rebellen feuern fleißig

Doch die Regierungstruppen sind nicht die einzigen, die den Waffenstillstand brechen. Auch unabhängige Quellen bestätigen den Beschuss der von Regierungstruppen gehaltenen Ortschaften Awdejewka, Marinka und Dserschinsk. Über die Anzahl der Opfer ist hier noch nichts bekannt. Die örtliche Onlinezeitung Mariupol Schisn berichtet von Beschuss der Rebellen auf Dörfer in der Umgebung in der letzten Nacht. Auch in der Stadt waren Artilleriesalven deutlich zu hören. Hierbei wurde eine Gasleitung getroffen, das Dorf Sartane sei ohne Strom.

Friedenswille der Führungen fraglich

Gelegentliche offene Worte hinter der Front stimmen dabei nicht optimistisch. In der ukrainischen Zeitung „Ukrainiskij Tischden“ gibt die ukrainische Abgeordnete Anna Gopko, ihres Zeichens Ausschussvorsitzende im Parlament, zu, dass die Regierungstruppen die letzten Wochen relativer Ruhe für umfangreiche Umgruppierungen genutzt hätten. Die Größe und Bewaffnung der örtlichen Truppe würde Fortschritte machen, so die Politikerin und sprach von „Vorbereitungen“, den „Krieg zu gewinnen“. Auch Rebellenführer Puschilin sprach in einem Interview mit der Onlinezeitung Politnavigator von einer Bereitschaft zur Offensive und zum Angriff.
 

Von den Hinterleuten der Kiewer und Rebellen im Ausland, dem Westen und Russlands Regierung, ist ebenfalls keine Unterbrechung der Gewaltspirale zu erwarten. So vermeiden es westliche wie russische Politiker weiter in ihren öffentlichen Statements, ihre eigene Seite zur Mäßigung aufzufordern und ergehen sich eher in Appelle an die Hinterleute der Gegenseite, was bereits in der Vergangenheit wirkungslos war.

Aktion wird Reaktion erzeugen

Die Umgruppierungen der Regierungstruppen für offensive Kämpfe bleiben den Rebellen nicht verborgen – sie verfügen über zahlreiche Informanten unter der Bevölkerung im Hinterland der Ukrainer, das ja ebenfalls zum Donbass gehört. Ein Angriff – egal welcher Seite – würde bei seinem Scheitern der Gegenseite den schon fast erwarteten Vorwand für eigene Offensivaktionen liefern. Und so steigert sich immer weiter die Spirale der Gewalt die, wie es scheint, sich schon fast zwangsläufig bis zum Ausbruch neuer offener Kämpfe zu steigern scheint.

Roland Bathon, russland.RU



Quellen:  Dieser Artikel erschien als Erstveröffentlichung bei russland.RU

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► Bild- und Grafikquellen:

1. Unexploded ordnance, Nikishine, Eastern Ukraine. The situation in Ukraine poses significant humanitarian risks to children and their families. At least 5 million people are affected by the crisis, including 1.7 million children. The number of the registered internally displaced people in Ukraine reached about 1,151,581 persons (as of 16.03.15, Ukraine Ministry of Social Policy), including 147,339 children. A rise in the number of casualties, including civilians, has been reported. Foto: UNICEF Ukraine. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).

2. Shell in Debaltseve, Eastern Ukraine. After a year of conflict, many communities in eastern Ukraine have been exposed to extreme levels of violence with heavy weapons, the remnants of which have been left behind in devastated towns and villages. As families are coming back in post conflict areas in Donbas, children’s life and health are at risk due to children’s and parents’ lack of knowledge about the dangers from weapon and explosive objects and how to stay safe in the territories full of mines and explosives. Foto: UNICEF Ukraine. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).

3. Buchcover: "Russland auf eigene Faust" von Roland Bathon und Sandra Ravioli. Paperback, 120 Seiten, ISBN 978-3-8334-9869-5, VK € 8,90 [D].

Russland auf eigene Faust ...beginnt dieses Buch. Nicht touristische Sehenswürdigkeiten stehen im Mittelpunkt, sondern wichtige Tipps und Infos, um das Land auf eigene Faust zu erkunden. Das Buch bietet Informationen zu allen Reisearten und für jedes Budget, von der Unterkunft vor Ort, ueber Themen wie Versorgung bis zu den notwendigen Formalitäten. Zusätzlich gibt es viele Buchtipps, Adressen und Weblinks für die Planung der eigenen Traumreise nach Russland.

Roland Bathon hat zehn umfangreiche selbst organisierte Reisen seit dem Millennium nach Russland unternommen, die ihn in die verschiedensten Gegenden zwischen Ostsee und Sibirien führten, von Sankt Petersburg bis in das entlegenste Dorf im Ural. Seit fünf Jahren betreibt er im Internet mehrere führende Russland-Reiseseiten.

Sandra Ravioli lebt in Russland seit 1992 und ist als Privatdozentin für diverse Universität tätig. Sie arbeitet nebenher als Projektmanager für unterschiedliche Unternehmen. Sie betreibt als Hobby das Russlandnetz, einen selbst organisierten Service für Unternehmensberatung, Übersetzungen und Individualreisen, in dem Hochschuldozenten aus ganz Russland beratend tätig sind.