Ein Hektar pro Kopf
Kostenlose Landnahme im Fernen Osten angeschoben
Im russischen Fernen Osten soll jeder Interessent kostenlos einen Hektar Land bekommen können – sofern er russischer Staatsbürger ist. Ab 1. Juni werden die ersten Parzellen vergeben.
Ein Hektar Land für jedermann, kostenlos vom Staat zugeteilt – mit dieser großzügigen Maßnahme möchte Russland seinen unterbevölkerten Fernost-Provinzen „jenseits von Sibirien“ einen Entwicklungsschub geben. Das Gesetz über die Landverteilung wurde jetzt von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet.
► Ein Mensch pro Quadratkilometer
Ungenutztes Land gibt es in den Fernostgebieten mehr als genug: Auf einer Fläche von 6,3 Mio. Quadratkilometern (zum Vergleich: Das Gebiet aller EU-Staaten zusammen umfasst nur 4,3 Mio. Quadratkilometer) leben dort nur 6,2 Mio. Menschen – wobei es 1991, am Ende der Sowjetzeit, noch etwa 8 Mio. waren. Für Russland ist die Unterbevölkerung des Fernen Ostens (auf 36 Prozent der Landesfläche Russlands leben nur 5 Prozent der Gesamtbevölkerung) auch ein strategisches Problem: Allein in der benachbarten chinesischen Provinz Heilongjiang leben 38 Mio. Menschen.
► Ausländer kommen nicht zum Zug
Chinesen wie auch andere Ausländer bleiben bei der Landverteilung deshalb ausgeschlossen. Zunächst sollen nur russische Staatsbürger, die bereits in den Fernostgebieten (Jakutien, Amurgebiet, Chabarowsk, Jüdisches Autonomes Gebiet, Magadan, Tschukotka, Kamtschatka, Sachalin und Primorje) leben, in den Genuss der kostenlosen Landnahme kommen. Allerdings werden anfangs auch nur einzelne Gemeinden im Rahmen von Pilotprojekten Ländereien zur Verfügung stellen – ein Problem ist die mangelhafte Kataster-Erfassung vieler potentiell nutzbarer Areale.
Ab dem 1. Februar 2017 dürfen sich dann auch Inhaber russischer Pässe aus anderen Landesteilen um ein Grundstück im Fernen Osten bewerben. Eine anschließende Übergabe der Parzellen an Ausländer bleibt im Weiteren verboten.
Das gegenwärtig nicht genutzte Land – grundsätzlich außerhalb geschlossener Ortschaften – wird dem Gesetz zufolge für fünf Jahre zur Verfügung gestellt, danach kann es gepachtet oder in Eigentum überführt werden. Wird das Grundstück allerdings nicht genutzt, kassiert es der Staat nach dieser Frist wieder ein. Die Neusiedler sind auch verpflichtet, im Lauf des ersten Jahres eine Erklärung über die angestrebte Nutzungsart einzureichen, nach drei Jahren müssen sie eine entsprechende Deklaration abgeben.
Gliederung
# | Flagge | Föderationssubjekt |
Fläche in km². |
Bevölkerung 2010 |
Bevölkerung 2015 |
Hauptstadt/ Verwaltungszentrum |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Oblast Amur | 363.700 | 830.103 | 809.873 | Blagoweschtschensk | |
2 | Jüdische Autonome Oblast | 36.000 | 176.558 | 168.368 | Birobidschan | |
3 | Region Kamtschatka | 472.300 | 322.079 | 317.269 | Petropawlowsk-Kamtschatski | |
4 | Oblast Magadan | 461.400 | 156.996 | 148.071 | Magadan | |
5 | Region Primorje | 165.900 | 1.956.497 | 1.933.308 | Wladiwostok | |
6 | Republik Sacha | 3.103.200 | 958.528 | 956.896 | Jakutsk | |
7 | Oblast Sachalin | 87.100 | 497.973 | 488.391 | Juschno-Sachalinsk | |
8 | Region Chabarowsk | 752.600 | 1.343.869 | 1.338.305 | Chabarowsk | |
9 | Autonomer Kreis der Tschuktschen | 737.700 | 50.526 | 50.540 | Anadyr | |
Gesamt | 6.169.329 | 6.293.129 | 6.211.021 |
► Freiraum für Initiativen und Ideen
Vorschriften, wie der Grund und Boden genutzt wird, macht der Staat dabei nicht. Ob nun Ackerbau, Vieh- oder Forstwirtschaft oder sonstige clevere Ideen, zunächst ist alles möglich: Die regionale Entwicklungsgesellschaft hat sogar einen Ideenwettbewerb für Jung und Alt ausgerufen, mit dem interessante Projekte generiert und popularisiert werden sollen.
Eine kostenlose Landverteilung ist in Russlands Fernostprovinzen keine richtig neue Entwicklungsmaßnahme. So war auch schon bei der Besiedlung der erst Mitte des 19. Jahrhunderts von Russland vereinnahmten Gebiete an Amur und Ussuri üblich. Übersiedler aus dem russischen Kernland, die ab 1883 per Schiff aus Odessa nach Wladiwostok gebracht wurden, erhielten damals pro männliches Familienmitglied gleich 15 Desjatinen Land (1 Desjatine = 1,09 Hektar) zugeteilt – und dazu noch Bauholz, Verpflegung bis zur ersten Ernte und günstige langfristige Staatskredite.
Von derartigen staatlichen Großzügigkeiten ist im Rahmen der gegenwärtigen Landverteilung definitiv nicht die Rede.
Lothar Deeg, Korrespondent in St. Petersburg
► Quelle: veröffentlicht am 03.05.2016 bei russland.RU > Artikel.
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► Bild- und Grafikquellen:
1. Karte: Der Föderationskreis Ferner Osten ist eine administrative Einheit (Föderationskreis) der Russischen Föderation am Pazifik (siehe Föderale Gliederung Russlands). Verwaltungssitz ist Chabarowsk. Als „Fernen Osten“ (Дальний восток, Dalni wostok) bezeichnet man die Pazifikregion Russlands, die unter anderem die Gebiete Sacha (das frühere Jakutien), die Jüdische Autonome Oblast und die Halbinsel Kamtschatka umfasst.
Im Osten grenzt der Föderationskreis an den Pazifik und seinen Randmeeren Beringmeer und Ochotskisches Meer, im Norden an den Arktischen Ozean und den Randmeeren Ostsibirische See und die Laptewsee, im Süden an die Volksrepublik China, Japan und Nordkorea und im Westen an den Föderationskreis Sibirien.
Urheber: Wikimedia-User NuclearVacuum. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.
2. Tabelle: Gliederung des Föderationskreises Ferner Osten. Quelle: Wikipedia.
3. Armur. Das Amurbecken, in dem die Nadelwälder der Taiga auf die Busch- und Sumpflandschaft der Tundra treffen, ist eine Region mit einer großen Biodiversität. Der Amur ist auf seiner gesamten Länge von 2.824 km schiffbar. Urheber: Wiki-user Alexxx1979. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.
4. Amur mit Quellflüssen und Einzugsgebiet (gelb).Der Amur oder Heilong Jiang ist ein 2824 Kilometer langer Strom in China und Russland, der in den nördlichen Pazifik mündet. Urheber: Wiki-user Kmusser. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.
5. Buchcover: "Kunst & Albers: Die Kaufhauskönige von Wladiwostok. Aufstieg und Untergang eines deutschen Handelshauses jenseits von Sibirien" von Lothar Deeg. Verlag: KLARTEXT Verlag, Essen. 376 Seiten, zahlr. Abb., Broschur, 19,95 €; ISBN 978-3-8375-0764-5.
1864 begründeten die gebürtigen Hamburger Gustav Kunst und Gustav Albers ihr Handelshaus in Wladiwostok. Zur damaligen Zeit kaum besiedelt, blühte die Stadt mit dem Bau der Sibirischen Eisenbahn auf, und aus der einfachen Gemischtwarenhandlung wurde ein Handelsimperium mit über 30 Filialen. Hier gab es alles, von der Nähnadel bis hin zur Lokmotive. Es wurde mit Landmaschinen aus Mannheim, Bier aus München, französischem Champagner, Pariser Mode und amerikanischem Mehl gehandelt. Das Unternehmen war zugleich Bankhaus, Reederei und Versicherungsgesellschaft. Kunst & Albers überstand interne Machtkämpfe und politische Umwälzungen, bis die Lage nach dem Ersten Weltkrieg die beteiligten Kaufmannsfamilien zwang, ihre Geschäfte in Wladiwostok aufzugeben.
Lothar Deegs historische Reportage erzählt die abenteuerliche Geschichte eines deutschen Handelshauses in Russisch-Fernost, die zugleich die wechselvolle Entwicklung Russlands widerspiegelt.
6. Buchcover: "St. Petersburg - Zeit für das Beste. Highlights Geheimtipps Wohlfühladressen." von Lothar Deeg und Oliver Meinhart (Fotos). Verlag Bruckmann. 288 Seiten; ISBN-13: 978-3-7654-6194;
St. Petersburg ist als frühere Hauptstadt des Zarenreiches reich an herausragender Architektur und wertvollen Kunstschätzen. Allein mit den Sammlungen der Eremitage ließe sich ein längerer Besuch gut füllen, aber es gibt so viel mehr zu entdecken. Neben der weitläufigen historischen Innenstadt mit ihren unzähligen Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten sollte man auch die prächtigen Zarenschlösser um Umland nicht verpassen, die so manches europäische Pendant blass aussehen lassen. Ein Reiseführer für alle, die sich Zeit für das Beste nehmen wollen.
Lothar Deeg ist Russland-Kenner und fühlt sich als "Petersbürger" - seit 1994 lebt und arbeitet er in St. Petersburg als Russland-Korrespondent. Russlands Kulturmetropole St. Petersburg kennt er als Autor zweier Reiseführer in allen Details - auch weil er immer wieder zu Fuß, per Fahrrad oder mit seinem Lada hier auf der Suche nach interessanten Orten.