ESM-Vertrag vom BVerfG gebilligt

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
ESM-Vertrag vom BVerfG gebilligt
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ESM-Vertrag vom BVerfG gebilligt


Der ESM-Vertrag (Vertrag zur Einrichtung des europäischen Stabilitätsmechanismus, siehe Vertragstext)  ist in Verbindung mit dem Fiskalpakt (Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion, siehe Vertragstext) am 18.3.2014 vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe gebilligt worden. Beide Verträge seien verfassungsgemäß, meint das BVerfG. Siehe den genauen Wortlaut des Urteilsspruches: hier.


Damit hat sich das BVerfG über die Anträge von mehr als 37.000 Beschwerdeführern hinweg gesetzt. Darunter waren zahlreiche Rechtsexperten, Politiker und Initiativen, die die Gefahren des Vertragswerkes für die Unabhängigkeit Deutschlands und in Bezug auf die unabsehbaren finanziellen Konsequenzen zu Lasten des Steuerzahlers aufgezeigt hatten. Es handelte sich um die umfangreichste Verfassungsbeschwerde in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichtes.

Nach meiner Meinung sowie der Kommentatoren im Kritischen Netzwerk handelt es sich bei diesem Vertragsmachwerk um nichts Geringeres als um ein Ermächtigungsgesetz zum Vorteil des Finanzkapitals. Es ist unverständlich, wie das BVerfG die begründeten Vorbehalte der Kläger gegenüber dem ESM-Vertrag übergehen konnte. Wahrscheinlich muß man dieses Urteil als eine Art Kuhhandel verstehen, der in Verbindung mit der Entscheidung  über die Beschwerden hinsichtlich der Euro-Rettungspolitik der EZB steht. Hier hatte das BVerfG befunden, daß von der EZB gegen EU-Recht verstoßen wirde und hat das Verfahren an  den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter gegeben.

Zusammengefaßt kann behauptet werden, daß durch das Inkrafttreten des ESM-Vertrages

  • die EU-Staaten in ihrer Fiskalpolitik total entmachtet würden, weil ihnen die Mittel für eine souveräne Staatsführung entzogen werden,
  • dem ESM und seinen Vertretern das Eigentum der EU-Bürger zu uneingeschränkten Verwendung übergeben wird,
  • dem ESM und seinen Vertretern Vollmachten zur grenzenlosen Anforderung (unter Sanktionsandrohungen) von finanziellen Mitteln ohne parlamentarische oder Regierungskontrolle der einzelnen Mitgliedsländer verliehen werden,
  • die Justiz der Nationalstaaten außer Gefecht gesetzt und entmachtet wird, so daß keinerlei rechtliche Handhabungen gegen willkürliche Entscheidungen des ESM möglich sind und
  • dies alles durch Übergabe einer unbeschränkten Immunität an den ESM, seine Mitglieder und seine Einrichtungen bewerkstelligt wird – also letztendlich durch einen feudalen Akt!

Das Gericht mit seinem Präsidenten Andreas Voßkuhle  formulierte eine ziemlich blauäugige Argumentation, daß sich

„aus der absoluten Höhe der eingegangenen Zahlungsverpflichtungen von derzeit 190 Milliarden EU für Deutschland keine Beeinträchtigung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Bundestages ableiten lasse“.

Weiter wurde vom BVerfG erklärt, daß

„der Bundestag der Ort bleiben müsse, an dem eigenverantwortlich über Einnahmen und Ausgaben entschieden werde – auch im Hinblick auf internationale und europäische Verbindlichkeiten“.


Kann es sein, daß das Hohe Gericht die Absicht des Vertrages nicht erkannt hat oder es den Bürgern ein unangemessenes Vertrauen einflößen will?  Denn es verhält sich in Wirklichkeit so, daß der fällige Betrag von 190 Milliarden nur der Anteil Deutschlands an einer ersten Abschöpfungsaktion der EU darstellt. Weitere werden folgen, weil der ESM-Vertrag Vollmachten zu einer grenzenlosen Anforderung von Geldmitteln beinhaltet. Diese sind nicht auf parlamentarische  Freischaltung oder das Einverständnis von nationalen Regierungen angewiesen. Außerdem sind rechtliche Mittel gegen dieses diktatorische Instrumentarium ausgeschlossen, weil die ESM-Akteure obendrein auch noch mit Immunität ausgestattet werden.
 

Das BVerfG stellt sich mit diesem Urteil ein demokratisches Armutszeugnis aus. Man fragt sich, wie unsere obersten Richter eine derartige Fehlentscheidung zu Lasten der Demokratie, der Unabhängigkeit Deutschlands und der Geldbeutel der Bürger treffen können. Sollte das angebliche Korrektiv unserer Gesetzgebung in Form des BVerfG doch nicht so unabhängig agieren, wie es sein selbst gestellter Anspruch einfordert?

Zur Zeit stehen die Verhandlungen an über eine weitere geplante gigantische Vergewaltigung der Demokratie und Souveränität. Ich meine das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP), über das wir im Kritischen Netzwerk auch schon ausführlich berichtetet haben.

An dieser Stelle will ich nicht ausführlich darauf eingehen, aber die enorme Bedeutung dieses Projektes überschreitet diejenige des ESM-Vertrages noch erheblich, weshalb diese Thematik in den nächsten Monaten oberste Priorität genießen sollte. Das TTIP sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn es stellt im Grunde genommen nur am Rande ein Handelsabkommen dar: Es handelt sich um eine Wirtschafts-NATO mit grenzenlosen Befugnissen, die in unser Leben eingreift und praktisch sämtliche Bereiche umfaßt. Dabei wird insbesondere das Investoren- und Profitmaximierungsrecht zum Leitsatz erhoben, das Vorrang gegenüber nationalen Gesetzen und dem Gemeinwohl erhält.

Wir sollten aufpassen, daß man uns nicht noch ein weiteres faules Ei ins Nest legt. Wenn die Hüterin unseres Gemeinwohls, die vom Sozialismus zum Kapitalismus konvertierte Angela Merkel, hinausposaunt

„Das Freihandelsabkommen ist mit Abstand unser wichtigste Zukunftsprojekt“,

dann ist Gefahr im Verzug! Es müssen alle Register der Gegenwehr gezogen werden - einschließlich massiver Klagen vor dem BVerfG und dem EuG in der Hoffnung auf Inspiration und Rückbesinnung auf basisdemokratische sowie gerechte Prinzipien.

 

Bitte schaut Euch diese beiden kurzen Videobeiträge an - LOHNENSWERT!

TTIP - Freihandeslabkommen USA - EU - ohne Vorbehalte



Geheimes Recht, Großkonzerne kippen politischen Willen



MfG Peter A. Weber