EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und die EU-Kommission: Vom Ersaufen zum Verkaufen

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Ulrich Gellermann
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Verbunden: 22.03.2013 - 15:43
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und die EU-Kommission: Vom Ersaufen zum Verkaufen
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Cecilia Malmström


EU-Kommission: Vom Ersaufen zum Verkaufen


Irgendwie sieht sie harmlos aus, hinter der großen Brille, den glatten Gesichtsflächen und den diffus braunen Haaren, die schwedische EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Draussen, im schönen Mittelmeer, ersaufen Tag für Tag mehr Flüchtlinge. Drinnen, in einer der EU-Büromaschinen, dem Berlaymont-Gebäude in Brüssel, wird zuweilen der Massenmord organisiert. Mit der Agentur FRONTEX zum Beispiel, die - schwer bewaffnet, mit jährlich 90 Millionen Euro, mehr als 20 Flugzeugen, 25 Hubschraubern und 100 Booten - afrikanische Flüchtlinge vom Leben in Europa abhalten soll. Wenn sie dabei zum Tod befördert werden, nun ja, sie waren ja nicht eingeladen. Als die Malmström noch EU-Kommissarin für Inneres war, oder auch "Flüchtlingskommissarin“, wie die FAZ sie kennerisch nannte, rüstete sie die "Grenzschutz-Agentur" FRONTEX heftig auf. Denn, so Malmström, "Migration ist kein Problem".

Nachdem sie das Flüchtlingsproblem vorgeblich durch Aufrüstung gelöst hatte, war die Dame zu noch Höherem berufen: Sie wurde EU-Kommissarin für Handel. Jetzt meldet sie sich zum Auftakt der nächsten TTIP-Geheimrunde in New York: Die negative Debatte über das Abkommen in Deutschland sei geradezu bizarr. Schließlich sei TTIP [hier und hier] ein Projekt aller EU-Staaten. Da sollten doch auch alle an einem Strang ziehen. Und dann der typische Bürokratensatz: "Gerade in Regulierungsfragen wollen wir innovativ sein und Standards für das 21. Jahrhundert setzen." Wer wollte schon gegen Regulierung sein? Kennt man doch von seiner Heizung. Und innovativ, wer könnte denn noch ohne dieses Etikett auf die Straße gehen, man käme sich ja altmodisch vor. Schließlich wollen wir doch alle das 21. Jahrhundert anvisieren, oder Opa?

Wo lernen so rechtschaffen aussehende Menschen wie Frau Malmström diesen Lügensprech?

Denn hinter der biederen "Regulierung" verbirgt sich eine neue Institution, der "Regulatory Cooperation Council". Dort sollen dann künftig US-amerikanische Konzerne ein sehr schönes Mitspracherecht bei der EU-Gesetzgebung bekommen. Die EU-Bürger, die schon jetzt von einer undurchsichtigen Bürokratie regiert werden, hätten künftig eine Drittregierung in den USA hätten, die natürlich über der Erst-Regierung in den jeweiligen Nationen stünde. In der Zeit von Frau Malmström als "Flüchtlingskommissarin" wurde das Mörderwort "Migrationsmanagement" erfunden. So wird Sprache von ihren Inhalten gesäubert. Denn man managt eigentlich eine Art von Waterboarding mittels FRONTEX. Das allerdings klänge schlecht.

Cecilia Malmström ist eine führende Funktionärin der schwedischen "Folkpartiet liberalerna" (Volkspartei Die Liberalen). Die unternehmerfreundliche Partei hatte in einem ihrer Wahlkämpfe die Forderung aufgestellt, Zuwanderer sollten einen Sprachtest absolvieren, um deren Zugang zur schwedischen Staatsbürgerschaft zu erschweren. Das hatte ihre Wählerstimmen fast verdreifacht. So geht Volksbetrug: Die eigentlichen nationalen Interessen werden an die EU delegiert und an die USA verscherbelt, die daraus entstehenden Ängste vor Fremdbestimmung lenkt man auf Asyl oder Arbeit suchende Ausländer, die damit gesammelten Wählerstimmen werden dann dem Mülleimer internationaler Kommissionen übergeben. Dass Frau Malmström bei ihrer frühen Tätigkeit für den schwedischen Großkonzern SKF (knapp 50.000 Mitarbeiter, rund 7,5 Milliarden Euro Umsatz) korrumpiert wurde, ist nicht zu beweisen. Vielleicht ist die Frau auch der üblichen Selbstverdummung von Wichtigtuerei Machtgeilheit erlegen.
 

 

Jetzt in New York, bei der neuen TTIP-Verhandlungsrunde, treffen sich die Verursacher der Flüchtlingsströme und ihre Verwalter: Die USA, deren Kriege und deren Unterstützung von Kriegen Flüchtlinge erzeugen. Und die europäischen Regulatoren der Flüchtlinge. Als sie noch Flüchtlingskommissarin war, kam aus dem Mündchen der Malmström der Satz: "Ich werde um politische Unterstützung und die notwendigen Ressourcen bitten, um mehr Leben zu retten." In diesen Tage sind die Lebensrettungs-Maßnahmen zu besichtigen. Ebenfalls in diesen Tagen mag die Kommissarin keine Zahlen zu den Vorteilen des TTIP [hier und hier] preisgeben: "Weil es schwer ist, den positiven Effekt von Handelsabkommen genau zu beziffern".

So erleben wir die schöne Inkarnation von Ersaufen und Verkaufen in einer Person.

Ulrich Gellermann, Berlin

 

Video 1: Was ist TiSA? Rayk Anders erklärt Euch TiSA kurz und prägnant in knapp 6 Minuten: 



Video 2: TTIP - Freihandelsabkommen - Gefährliche Geheimnisse von 3sat / Dokuhelden DH, Dauer 1:30 (toll gemacht)


 



► Quelle:  RATIONALGALERIE > Artikel



Bild- und Grafikquellen:

 

1. Anna Cecilia Malmström (* 15. Mai 1968 in Stockholm) ist eine europäische Politikwissenschaftlerin und Politikerin der schwedischen liberalen Volkspartei. Sie war von 1999 bis 2006 Abgeordnete im Europaparlament und von 2006 bis 2010 schwedische Europaministerin in der Regierung Reinfeldt. Seit dem 10. Februar 2010 ist sie Mitglied der EU-Kommission. Von Februar 2010 bis Oktober 2014 als EU-Kommissarin für Innenpolitik, von November 2014 an als EU-Kommissarin für Handel.

Foto: ALDE Communication, Feb. 2015. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-ND 2.0). Bildausschnitt geändert (H.S.)

2. "DIE ABKOMMEN TTIP UND TiSA - wie die EU Lohndumping vorantreiben, die Umsetzung von Sozialstandards untergraben und geltendes Recht umgehen will."  Foto: Artsenal Wordpress. Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e. V. > Homepage > Foto aus einem Eventflyer
 

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